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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 147

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 285/21, Beschluss v. 16.12.2021, HRRS 2022 Nr. 147


BGH 1 StR 285/21 - Beschluss vom 16. Dezember 2021 (LG Traunstein)

Rücknahme der Revision.

§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO

Entscheidungstenor

1. Es wird festgestellt, dass das Rechtsmittel des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 19. April 2021 wirksam zurückgenommen worden ist.

2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, schwerer räuberischer Erpressung, Betrugs, unerlaubten Führens einer Schusswaffe, unerlaubten Besitzes von Munition und Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und einen Vorwegvollzug bestimmt. Hiergegen hat der Wahlverteidiger des Angeklagten fristgerecht Revision eingelegt und diese mit der Sachrüge begründet. Mit am 22. November 2021 beim Bundesgerichtshof eingegangenem Schreiben vom 18. November 2021 hat der Angeklagte erklärt, dass er seine Revision zurücknehme, wenn es möglich sei, dass er im Dezember 2021 in den Maßregelvollzug komme.

Nach Hinweis auf die Unwirksamkeit der vom Angeklagten bedingt erklärten Rücknahme der Revision hat der Angeklagte mit [an das Landgericht gerichtetem] Schreiben vom 2. Dezember 2021, beim Bundesgerichtshof eingegangen am 6. Dezember 2021, mitgeteilt, dass er auf Rat seines Verteidigers diesem gegenüber am 1. Dezember 2021 schriftlich erklärt habe, dass das Revisionsverfahren weitergeführt werden und der Senat entscheiden solle. Nach nochmaliger Überlegung sei er nun aber zu dem endgültigen Entschluss gelangt, dass er die Revision zurücknehmen wolle; an der gegenüber seinem Verteidiger am 1. Dezember 2021 abgegebenen Erklärung wolle er nicht mehr festhalten. Seinen - zwischenzeitlich als Pflichtverteidiger beigeordneten - Verteidiger akzeptiere er nicht mehr als seinen Anwalt. Er nehme seine Revision hiermit zurück.

Mit am 7. Dezember 2021 beim Bundesgerichtshof eingegangenem Schreiben vom selben Tage leitete der Verteidiger des Angeklagten dem Bundesgerichtshof die vom Angeklagten am 1. Dezember 2021 abgegebene Erklärung zu, auf der eine weitere (handschriftliche) Erklärung des Angeklagten vom 3. Dezember 2021 aufgebracht ist, mit der dieser mitteilt, dass er am 3. Dezember 2021 nochmals mit seinem Verteidiger gesprochen habe und er „nunmehr unwiderruflich“ erkläre, dass die Revision nicht zurückgenommen werden solle; sein Schreiben vom 2. Dezember 2021 und die darin erklärte Rücknahme seien „gegenstandslos“. Mit weiterem Schreiben vom 3. Dezember 2021, beim Bundesgerichtshof eingegangen am 10. Dezember 2021, teilte der Angeklagte mit, er habe das Schreiben vom 2. Dezember 2021 im Zustand der Verwirrung und Panik verfasst, weil er gedacht habe, das Revisionsverfahren stehe einer Therapie entgegen.

2. Der Angeklagte hat seine Revision mit Schreiben vom 2. Dezember 2021 wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 StPO). Da dies allerdings vom Angeklagten durch seine nachfolgenden Schreiben in Zweifel gezogen wird, stellt der Senat die eingetretene Rechtsfolge durch deklaratorischen Beschluss fest (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Juni 2021 - 2 StR 27/21 Rn. 2 und vom 20. Februar 2017 - 1 StR 552/16 Rn. 8 mwN).

Der Angeklagte hat seine Revision mit am 6. Dezember 2021 beim Bundesgerichtshof eingegangenem Schreiben vom 2. Dezember 2021 wirksam zurückgenommen. Mit der von ihm - unbedingt abgegebenen - Erklärung vom 2. Dezember 2021 hat er ausdrücklich und unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er das Rechtsmittel zurücknimmt. Diese Rücknahmeerklärung ist unwiderruflich und unanfechtbar (BGH, Beschluss vom 8. Juni 2021 - 2 StR 27/21 Rn. 3 mwN; Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, 64. Aufl., § 302 Rn. 9 mwN) und hat daher trotz der nachfolgenden Erklärungen des Angeklagten, er wolle an seinem Rechtsmittel festhalten, sein Schreiben vom 2. Dezember 2021 sei „gegenstandslos“, Bestand. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte bei Abgabe der Rücknahmeerklärung nicht in der Lage gewesen sein könnte, seine Interessen vernünftig wahrzunehmen, seinen Willen frei zu bilden und zu erklären sowie die Bedeutung seiner Erklärung zu verstehen, liegen - auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Angeklagten in seinem am 10. Dezember 2021 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Schreiben vom 3. Dezember 2021 - nicht vor; der Inhalt des Schreibens des Angeklagten vom 2. Dezember 2021, das dieser nach einem Gespräch mit seinem Verteidiger über die Frage der Revisionsrücknahme verfasst hat, lässt erkennen, dass der Angeklagte seine Entscheidung über die Revisionsrücknahme nach einer gründlichen Abwägung getroffen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 147

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede