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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 1044

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 27/21, Beschluss v. 08.06.2021, HRRS 2021 Nr. 1044


BGH 2 StR 27/21 - Beschluss vom 8. Juni 2021 (LG Frankfurt am Main)

Zurücknahme der Revision (ausdrückliche Ermächtigung des Verteidigers: Form); Kostenbeschwerde (Zuständigkeit).

§ 302 Abs. 2 StPO; § 464 Abs. 3 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Für die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten ist eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben, so dass sie auch mündlich erteilt werden kann. Für ihren Nachweis genügt eine anwaltliche Versicherung.

Entscheidungstenor

Es wird festgestellt, dass das Rechtsmittel des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 1. Juli 2020 wirksam zurückgenommen worden ist.

Gründe

1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet, einen Vorwegvollzug bestimmt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen hat der Pflichtverteidiger Rechtsanwalt M. fristgerecht Revision eingelegt und diese mit der Sachrüge begründet. Nachdem dieser Pflichtverteidiger mit Schriftsatz vom 4. November 2020 erklärt hatte, die Revision werde namens und im Auftrag des Mandanten zurückgenommen, und auf Nachfrage des Landgerichts zusammen mit dem weiteren Pflichtverteidiger anwaltlich versichert hat, zur Revisionsrücknahme ausdrücklich ermächtigt worden zu sein, hat das Landgericht mit Beschluss vom 16. November 2020 die Kosten der Revision dem Angeklagten auferlegt. Mit bei Gericht am 25. November 2020 eingegangenem Schreiben vom gleichen Tag hat der Angeklagte „Beschwerde“ gegen diesen Beschluss eingelegt und erklärt, die Revisionsrücknahme sei ohne seine Einwilligung veranlasst worden, er wolle die Revision aufrechterhalten.

2. Die Revision des Angeklagten wurde durch seinen Pflichtverteidiger wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 StPO). Da dies in Zweifel steht, stellt der Senat die eingetretene Rechtsfolge durch deklaratorischen Beschluss fest (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 2017 - 1 StR 552/16 Rn. 8 mwN).

Der Pflichtverteidiger Rechtsanwalt M. war zur Rechtsmittelrücknahme ermächtigt. Im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung lag die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten vor. Für diese ist eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben, so dass sie - wie hier - auch mündlich erteilt werden kann. Für ihren Nachweis genügt die vorliegende anwaltliche Versicherung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Februar 2017 - 1 StR 552/16 Rn. 9 und vom 12. Juli 2000 - 3 StR 257/00, NStZ 2001, 104 je mwN). Die durch den Pflichtverteidiger erklärte Rechtsmittelrücknahme ist daher wirksam und als Prozesshandlung weder widerruflich noch anfechtbar.

3. Über die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den isolierten Kostenbeschluss des Landgerichts vom 16. November 2020 hat der Senat nicht zu befinden. Gemäß § 464 Abs. 3 Satz 3 StPO hat das Revisionsgericht über die Kostenbeschwerde nur zu entscheiden, wenn gegen das tatrichterliche Urteil Revision in der Hauptsache und gleichzeitig sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung eingelegt wird. Daran fehlt es, wenn der Tatrichter nach ihm gegenüber erklärter Revisionsrücknahme eine selbständige Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens trifft. Der Umstand, dass der Senat deklaratorisch über die Wirksamkeit der Rechtsmittelrücknahme entscheidet, ändert daran nichts. Die Sache ist daher wegen der Kostenbeschwerde dem zuständigen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorzulegen.

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 1044

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß