HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 420
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 22/21, Beschluss v. 09.03.2021, HRRS 2021 Nr. 420
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 24. September 2020 aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte in den Fällen II. Nr. 1 bis II. Nr. 2601 der Urteilsgründe verurteilt ist; jedoch bleiben die Feststellungen aufrechterhalten;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe;
c) im Ausspruch über die Einziehung des über 2.241,61 € hinausgehenden Betrages und des sichergestellten Notebooks der Marke Lenovo (Asservat Nr. 5.2.3.1), des sichergestellten Mobiltelefons der Marke Huawei ALPL29 (Asservat Nr. 8.1.1.1) sowie der sichergestellten Bankkarte, ausgestellt für M. (Asservat Nr. 8.1.1.23).
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Computerbetrugs in 2609 Fällen jeweils in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt sowie die Einziehung des Wertersatzes von Taterträgen in Höhe von 243.138,36 € und verschiedener Gegenstände angeordnet. Die auf die Rüge einer Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift Folgendes ausgeführt:
„1. Die rechtliche Bewertung der Konkurrenzverhältnisse durch das Landgericht hält der Überprüfung in den Fällen II. Nr. 1 bis II. Nr. 2601 nicht stand. Speichert der Täter - hier durch die Anlage von Kundenkonten bei der B. (vgl. zum eBay-Account: BGH, Beschl. v. 21. Juli 2020 - 5 StR 146/19, Rn. 32) - beweiserhebliche Daten i.S.d. § 269 Abs. 1 StGB und macht er von diesen Daten im Anschluss plangemäß Gebrauch, ist insoweit nur von einer Tat nach § 269 Abs. 1 StGB auszugehen. Dies hat zur Folge, dass die betrügerischen Fahrkartenbestellungen, die der Angeklagte durch die täuschende Verwendung eines Accounts bei der B. begangen hat (§ 263a Abs. 1 StGB), jeweils zur Tateinheit verbunden werden (vgl. BGH, Beschl. v. 21. April 2015 - 4 StR 422/14). Da die Urteilsgründe die erforderlichen Angaben für die Zuordnung der einzelnen Fahrkartenbestellungen zu den Kundenkonten nicht enthalten (UA S. 6 ff.), kommt eine Schuldspruchberichtigung durch das Revisionsgericht (§ 354 Abs. 1 StPO) nicht in Betracht. Dies zieht die Aufhebung des Schuldspruchs und der Einzelstrafen in den Fällen II. Nr. 1 bis II. Nr. 2601 der Urteilsgründe sowie des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich. Da die Gesetzesverletzung allein die Frage der Konkurrenzen betrifft, können die tatsächlichen Feststellungen bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO), wobei widerspruchsfreie ergänzende Feststellungen getroffen werden können. (…)
2. Die Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen II. Nr. 1 bis II. Nr. 2601 entzieht der hierauf gestützten Einziehungsentscheidung über 240.896,75 € (UA S. 91) die Grundlage (vgl. Wiedner in BeckOK StPO, 38. Ed. 1. Oktober 2020, § 353 Rn. 34). Auch die Einziehung des sichergestellten Notebooks der Marke Lenovo, des sichergestellten Mobiltelefons der Marke Huawei ALPL29 sowie der sichergestellten Bankkarte, ausgestellt für M., kann keinen Bestand haben. Der auf § 74 StGB gestützten Einziehungsentscheidung ist nicht zu entnehmen, dass sich die Strafkammer des Umstandes bewusst war, eine Ermessensentscheidung zu treffen (vgl. nur Senat, Beschl. v. 6. August 2020 - 1 StR 208/20).
3. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt.“
Dem schließt sich der Senat an.
HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 420
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede