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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 425

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 434/20, Beschluss v. 25.02.2021, HRRS 2021 Nr. 425


BGH 1 StR 434/20 - Beschluss vom 25. Februar 2021 (LG Ravensburg)

Strafzumessung.

§ 46 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 22. Juni 2020, soweit es diesen Angeklagten betrifft, im gesamten Strafausspruch aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und Einziehungsentscheidungen getroffen. Die gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die Strafzumessung hält der sachlichrechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil eine maßgebliche Erwägung nicht verständlich ist.

a) Das Landgericht hat innerhalb der Gesamtabwägung der strafmildernden mit den straferschwerenden Umständen dem Angeklagten eine Strafrahmenverschiebung nach § 30a Abs. 3 BtMG mit der Erwägung verneint, dass ?keine der Taten in der Gesamtschau aller die Taten und die Person des Angeklagten betreffenden Umstände - gerade auch bei Berücksichtigung der beim Angeklagten vorliegenden narzisstischen Persönlichkeitsmerkmale unterhalb der Schwelle zur Persönlichkeitsstörung - derart nach unten von den üblicherweise vorkommenden Tatbegehungen? abwich, ?dass die Anwendung des milderen Ausnahmestrafrahmens vertretbar, geschweige denn geboten erschien? (UA S. 112). Diese Formulierung begegnet bereits deswegen durchgreifenden Bedenken, weil - auch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Strafzumessungserwägungen - nicht zu erkennen ist, ob das Landgericht diesen Persönlichkeitszug des Angeklagten als straferschwerend oder -mindernd gewertet hat. So wäre etwa auf der einen Seite denkbar, dass das Landgericht den Narzissmus als Vorstufe einer im Sinne des § 21 StGB relevanten Persönlichkeitsstörung als dem Angeklagten günstigen Umstand in die Strafzumessung einstellen wollte. Auf der anderen Seite wäre ein straferschwerendes Gewicht denkbar, wenn das Landgericht darin eine besondere Eigen- und Geltungssucht sowie Rücksichtlosigkeit hätte sehen wollen. Freilich wäre letzteres nur dann eine zulässige strafschärfende Erwägung, wenn dieser Narzissmus - vergleichbar der Art der Lebensführung - in den Taten zum Ausdruck gekommen wäre und damit Rückschlüsse auf eine höhere Tatschuld zugelassen hätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. April 2019 - 4 StR 91/19 Rn. 4; vom 18. September 1989 - 3 StR 315/89 Rn. 3, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 10 und vom 6. März 1987 - 2 StR 597/86 Rn. 5, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 3). Nach alldem nötigt diese Unklarheit zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs. In Anbetracht der Höhe der Strafe kann der Senat nicht ausschließen, dass hierauf das Urteil beruht.

b) Die Feststellungen bleiben von diesem Wertungsfehler unberührt (§ 353 Abs. 2 StPO). Das nunmehr zur Strafzumessung berufene Tatgericht darf neue Feststellungen zugrunde legen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 425

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2021, 168

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede