HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 723
Bearbeiter: Christoph Henckel
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 80/19, Beschluss v. 07.05.2019, HRRS 2019 Nr. 723
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 29. Oktober 2018 im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Nach den Feststellungen des Landgerichts hielt der Angeklagte in der Nacht vom 10. auf den 11. April 2018 insgesamt 860,8 g Marihuanablüten mit einer Gesamtwirkstoffmenge von 44,8 g THC in einem von ihm allein bewohnten Einzimmerappartement zum gewinnbringenden Weiterverkauf in vier Tranchen vorrätig. Zwei Teilmengen hiervon bewahrte der Angeklagte zusammen mit einer Feinwaage, Druckverschlusstüten und Paketschnüren in einem Rucksack auf, der sich in einem Turmschrank befand. Die beiden weiteren Teilmengen hatte er in einen Schuhkarton gelegt, den er in einem weiteren, wenige Meter vom vorgenannten Schrank entfernten zweiten Turmschrank verwahrte. In eine Nische zwischen diesem Turmschrank und einem daneben stehenden Kleiderschrank hatte der Angeklagte in dem Bewusstsein, hierauf jederzeit zugreifen zu können, einen Baseballschläger aus Aluminium verbracht, der von ihm zur Verletzung von Menschen bestimmt worden war.
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet, soweit sie den Schuldspruch betrifft (§ 349 Abs. 2 StPO). Sie führt aber zur Aufhebung des Urteils im Strafausspruch.
1. Der Schuldspruch wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) weist keinen Rechtsfehler auf. Er wird von den Feststellungen getragen, die auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruhen.
Auch die Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite hält rechtlicher Nachprüfung stand. Allerdings ist in einem Fall, in dem - wie hier hinsichtlich des Baseballschlägers - die Verfügbarkeit eines zur Verletzung von Personen geeigneten und bestimmten Gegenstandes nicht das eigentliche Umsatzgeschäft des Drogenhandels betrifft, der subjektive Tatbestand genau zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 22. August 2012 - 2 StR 235/12 Rn. 19). Den sich hieraus ergebenden Darlegungserfordernissen genügt das Urteil. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht aus der Art des Gegenstands (Baseballschläger aus Aluminium), aus dessen bewusster Positionierung in unmittelbarer Nähe zu den Betäubungsmitteln, aus dessen fehlender Nutzung als Sportgerät und mangels jeglicher Hinweise auf eine andere Funktion die Bestimmung des Baseballschlägers durch den Angeklagten zur Verletzung von Personen hergeleitet (UA S. 11 f.).
2. Demgegenüber hat der Strafausspruch keinen Bestand, weil die Verneinung des Vorliegens eines minder schweren Falls im Sinne von § 30a Abs. 3 BtMG rechtlicher Nachprüfung nicht standhält.
Die Entscheidung, ob ein minder schwerer Fall gegeben ist, erfordert eine Gesamtbetrachtung, bei der alle Umstände zu würdigen sind, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Dabei sind alle wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände gegeneinander abzuwägen. Erst nach dem Gesamteindruck kann entschieden werden, ob der Ausnahmestrafrahmen anzuwenden ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 22. August 2012 - 2 StR 235/12 Rn. 18). Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen des Landgerichts nicht, auf deren Grundlage es das Vorliegen eines minder schweren Falls gemäß § 30a Abs. 3 BtMG verneint hat. Bei der Strafzumessung kommt den tatbestandsbezogenen Umständen bestimmende Bedeutung zu. Dazu gehört hier auch der vom Landgericht nicht in den Blick genommene Umstand, dass der Baseballschläger im Vergleich mit einer Schusswaffe geringeres Gefährdungspotential aufweist (vgl. BGH aaO Rn. 22). Auf diesem Erörterungsmangel beruht der Strafausspruch; der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei einer rechtsfehlerfreien Gesamtwürdigung aller wesentlichen den Angeklagten entlastenden und belastenden Umstände einen minder schweren Fall des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angenommen und eine Freiheitsstrafe von weniger als fünf Jahren verhängt hätte.
3. Einer Aufhebung von Feststellungen zur Strafzumessung bedarf es bei dem hier allein vorliegenden Wertungsfehler nicht (§ 353 Abs. 2 StPO). Der neue Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 723
Externe Fundstellen: NStZ-RR 2019, 253
Bearbeiter: Christoph Henckel