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HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 1224

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 400/19, Beschluss v. 09.10.2019, HRRS 2019 Nr. 1224


BGH 1 StR 400/19 - Beschluss vom 9. Oktober 2019 (LG Essen)

Einziehung (Erlöschen des der Einziehung zugrunde liegenden Anspruchs).

§ 73 StGB; § 73e Abs. 1 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 28. Mai 2019 im Ausspruch über die Einziehung aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhehlerei in acht Fällen, wobei er in sechs Fällen gewerbsmäßig handelte, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Weiter wurde die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 218.240 Euro angeordnet.

Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt wird. Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die Einziehungsentscheidung des Landgerichts begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken und kann daher keinen Bestand haben.

1. Das Landgericht hat die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 218.240 Euro damit begründet, dass der Angeklagte bei den verfahrensgegenständlichen Taten insgesamt 14.080 Stangen unversteuerter Zigaretten erhalten hat, für die er einen vereinbarten Preis von 15,50 Euro pro Stange bezahlt hat. Gleichzeitig stellt das Landgericht aber auch fest, dass im Rahmen einer Durchsuchung beim Angeklagten ein Bargeldbetrag von 32.245 Euro beschlagnahmt werden konnte (UA S. 14). Ebenfalls wurde ein Fahrzeug der Marke Audi A7 gepfändet. Der Angeklagte hat auf die Rückgabe des Bargeldes sowie des Erlöses aus dem Verkauf des Audi A7 verzichtet (UA S. 15).

2. Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht einen teilweisen Ausschluss der Einziehung im Hinblick auf den vom Angeklagten erklärten Verzicht nicht erörtert.

a) Zwar ist das Landgericht zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte aus den verfahrensgegenständlichen Taten die unversteuerten Zigaretten erlangt hat (BGH, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 1 StR 613/14 Rn. 15; Jäger in Klein, AO, 14. Aufl., § 374 Rn. 70). Die insoweit vom Landgericht vorgenommene Bestimmung des Wertes des Erlangten (§ 73 Abs. 1 StGB) im Wege der Schätzung (§ 73d Abs. 2 StGB) an Hand des Einkaufspreises der Zigaretten weist ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.

b) Auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen kann aber nicht beurteilt werden, ob und ggf. welche Folgen der Verzicht des Angeklagten auf das beschlagnahmte Bargeld und den Verkaufserlös aus dem gepfändeten PKW auf die Anordnung der Einziehung hat.

So lässt sich den Urteilsgründen bereits nicht zweifelsfrei entnehmen, auf welcher Grundlage und in welchem Verfahren die Pfändung der Vermögenswerte erfolgt ist und wem gegenüber ein solcher Verzicht auf die gepfändeten Gegenstände erklärt wurde. Soweit der Angeklagte einen wirksamen Verzicht gegenüber den Justizbehörden erklärt hätte, wäre der staatliche Zahlungsanspruch nach § 73 Abs. 1, § 73e Abs. 1 StGB in Höhe des entsprechenden Betrages erloschen und die Einziehung des Wertes von Taterträgen insoweit ausgeschlossen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2019 - 4 StR 590/18 Rn. 18; vom 11. Dezember 2018 - 5 StR 198/18 Rn. 33 und vom 6. März 2019 - 5 StR 546/18 Rn. 8 mwN); bei Anrechnung auf die verkürzten Tabaksteueransprüche käme ein Ausschluss nach § 73e Abs. 1 StGB in Betracht. Für die Berechnung des dann einzuziehenden Wertes von Taterträgen hätte es in diesen Fällen auch ergänzender Feststellungen zum Verkaufserlös des gepfändeten PKW Audi A7 bedurft.

3. Einer Aufhebung der bisherigen Feststellungen des Landgerichts zur Entscheidung über die Einziehung bedarf es nicht, da sie durch den aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Es bedarf aber ergänzender Feststellungen durch das neue Tatgericht.

HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 1224

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede