HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 254
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 512/18, Beschluss v. 18.12.2018, HRRS 2019 Nr. 254
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 25. Juni 2018
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren Raubes schuldig ist;
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer Vorverurteilung gemäß § 55 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Sein Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Die Verfahrensrügen haben aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Erfolg.
Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Nachprüfung des Urteils führt zu einer Abänderung des Schuldspruchs sowie zur Aufhebung des Strafausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen.
1. Keinen Rechtsfehler lässt der Schuldspruch gegen den Angeklagten wegen schweren Raubes erkennen. Die Beweiswürdigung zur grundsätzlichen Täterschaft des Angeklagten weist entgegen dem Revisionsvorbringen keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil auf. Vielmehr hat die Strafkammer ihre entsprechende Überzeugung tragfähig auf die an einer Maskierung gesicherten DNA-Spuren und die Angaben zweier Mittäter gestützt. Zudem sind auch die subjektiven Voraussetzungen des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) StGB durch die Urteilsgründe belegt. Dass die Mittäter des Angeklagten Gegenstände mit sich führten, um den anwesenden Wohnungsinhaber hiermit zu fesseln, lag nach den von der Strafkammer festgestellten Gesamtumständen derart nahe, dass ein dahingehender gemeinsamer Tatplan keiner näheren Beweiswürdigung bedurfte. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Tatbeteiligten das gesamte Objekt zu durchsuchen und Stehlgut in mindestens vier mitgebrachten Plastiksäcken mitzunehmen gedachten, was einen größeren Aufwand und den ungestörten Einsatz vereinter Kräfte nahelegte.
2. Hingegen kann der Schuldspruch wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung keinen Bestand haben. Nach den Feststellungen verübte der Angeklagte die dem Geschädigten anfänglich versetzten Faustschläge nicht selbst. Dies taten vielmehr drei andere Tatbeteiligte, ohne dass diese gemeinschaftlich begangene Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) dem Angeklagten als Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden könnte.
a) Zwar hat die Strafkammer einen gemeinsamen Tatplan festgestellt, der die Körperverletzung des Geschädigten durch Faustschläge umfasste. Diese Feststellung wird aber in der Beweiswürdigung nicht belegt. Das Landgericht hat seine entsprechende Überzeugung lediglich pauschal unter Verweis auf die objektiven Umstände bejaht. Dies genügt an dieser Stelle nicht. Denn körperlicher Widerstand durch den allein anwesenden 71-jährigen Geschädigten gegen die insgesamt fünf Tatbeteiligten, den es durch „gezielte Faustschläge“ (UA S. 4 f.) zu verhindern galt, war im Vorfeld nicht zu erwarten. Deshalb versteht es sich nicht von selbst, dass der gemeinsame Tatplan das ausdrückliche oder stillschweigende Einverständnis des Angeklagten - und sei es in Form von Gleichgültigkeit gegenüber der Ausführungsweise (vgl. UA S. 6) - mit einer (gefährlichen) Körperverletzung berechtigt anwesender Personen umfasste. Die mitgeteilten Zeugenaussagen von zwei gesondert verfolgten Tatbeteiligten stützen das Beweisergebnis des Landgerichts nicht. Dagegen spricht vielmehr, dass die am Tatort eintreffende Tochter des Wohnungsinhabers körperlich unversehrt blieb, obgleich sie sich drei Tatbeteiligten gegenüber sah. Das Landgericht hätte auch diesen Umstand erörtern und mithin seine Überzeugung näher begründen müssen.
b) Die tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung kann sich auch nicht auf eine sukzessive Mittäterschaft stützen. Diese setzt voraus, dass ein weiterer Beteiligter in Kenntnis und Billigung des von einem anderen begonnenen Handelns in das tatbestandsmäßige Geschehen als Mittäter eingreift und sich mit dem (oder den) anderen vor Beendigung der Tat zu gemeinschaftlicher weiterer Ausführung verbindet (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Januar 2018 - 3 StR 451/17, StV 2018, 717, 718 mwN). Hieran fehlt es nach den Urteilsgründen schon mangels zusätzlicher Körperverletzungshandlungen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 2018 - 4 StR 621/17, juris).
3. Der Senat schließt mit Blick auf die besonderen Gesamtumstände einschließlich der in den Urteilsgründen mitgeteilten bisherigen Zeugenaussagen aus, dass ein neuer Tatrichter Feststellungen treffen könnte, die eine Beteiligung des Angeklagten an der Körperverletzung des Geschädigten trügen. Der Senat ändert folglich entsprechend § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch dahin ab, dass die tateinheitliche Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung entfällt (vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. Juli 2016 - 3 StR 165/16, juris Rn. 7 [insoweit nicht abgedruckt in NStZ-RR 2016, 334 f.]).
4. Dies bedingt die Aufhebung des Strafausspruchs. Das Landgericht hat die tateinheitlich begangene gefährliche Körperverletzung bei der Bemessung der Freiheitsstrafe von zehn Jahren strafschärfend berücksichtigt (UA S. 18).
Der Senat hebt auch die dem Strafausspruch zugehörigen Feststellungen auf. Denn dieser hätte - worauf für die neue Hauptverhandlung hinzuweisen ist - noch aus einem anderen Grund keinen Bestand haben können. Das angefochtene Urteil lässt keine Überprüfung zu, ob die Strafkammer die Voraussetzungen einer Aufklärungshilfe des Angeklagten nach § 46b StGB zu Recht verneint hat. Die vom Landgericht abgelehnte Wesentlichkeit der Aufklärungshilfe ist ein Rechtsbegriff, der revisionsgerichtlicher Prüfung unterliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2016 - 5 StR 26/16, BGHR StGB § 46b Voraussetzungen 5 Rn. 10). Für diese Prüfung werden weder die Angaben des Angeklagten bei seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung noch die Verdachtslage gegen die Mittäter hinreichend genau mitgeteilt. Denn eine wesentliche Aufklärungshilfe kann bereits vorliegen, wenn die Aussage des Täters zumindest eine sicherere Grundlage für die Aburteilung von Tatbeteiligten schafft, indem sie den Strafverfolgungsbehörden die erforderliche Überzeugung vermittelt, dass ihre bisherigen Erkenntnisse zutreffen (vgl. BGH aaO mwN; SSW-StGB/Eschelbach, 4. Aufl., § 46b Rn. 26). Dies hat das Landgericht nicht erkennbar bedacht und mit seinen Ausführungen nicht ausgeschlossen.
Dass der Angeklagte seine Tatbeteiligung bestritten hat, steht der Anwendung des § 46b Abs. 1 StGB nicht entgegen, sondern ist gegebenenfalls bei der Prüfung eines minder schweren Falls (§ 250 Abs. 3 StGB) und bei dessen Verneinung im Rahmen der Ermessensausübung nach § 46b Abs. 2 StGB zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2012 - 3 StR 83/12, NStZ-RR 2012, 201; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 46b Rn. 13).
Aufklärungsbemühungen des Angeklagten können darüber hinaus allgemein strafmildernd zu berücksichtigen sein.
HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 254
Externe Fundstellen: NStZ-RR 2019, 73 ; StV 2019, 446
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede