HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 210
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 169/15, Beschluss v. 03.12.2015, HRRS 2016 Nr. 210
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 24. Juni 2014 werden als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat beide Angeklagte wegen Untreue in drei Fällen jeweils zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwei Jahren verurteilt. Die Vollstreckung der Strafen hat es zur Bewährung ausgesetzt und von den verhängten Strafen drei Monate wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung für vollstreckt erklärt.
Die dagegen gerichteten, auf mehrere Verfahrensbeanstandungen und auf ausgeführte Sachrügen gestützten Revisionen bleiben ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Die von beiden Beschwerdeführern erhobene und weitgehend gleichartig ausgeführte Rüge, an dem angefochtenen Urteil habe Richterin am Landgericht K. mitgewirkt, obwohl sie wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch zu Unrecht zurückgewiesen worden sei (§ 24 Abs. 2 i.V.m. § 338 Nr. 3 StPO), greift nicht durch.
a) Der Beanstandung liegt im Wesentlichen folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
Das Strafverfahren war ursprünglich außer gegen die beiden Angeklagten auch gegen den mittlerweile rechtskräftig verurteilten jetzigen Zeugen E. sowie gegen einen weiteren gesondert Verfolgten geführt worden. Noch während des Zwischenverfahrens kam es am 21. Januar 2011 zu einem Gespräch zwischen den Mitgliedern der damals zuständigen Strafkammer des Landgerichts, Vertretern der Staatsanwaltschaft sowie den Verteidigern der vormals vier Angeklagten. Die nunmehr abgelehnte Richterin gehörte der Kammer an und nahm an dem Gespräch teil. Darin äußerten sich die Vertreter der Staatsanwaltschaft auch zu bestimmten Strafhöhen für den Fall von Geständnissen. Das Gericht verhielt sich lediglich bezüglich des gesondert Verfolgten zur Straferwartung. Seitens der Verteidigung erfolgten keine Stellungnahmen, es wurde auf die zunächst notwendige Rücksprache mit den Mandanten verwiesen. Über den Inhalt dieses Gesprächs fertigte die frühere Vorsitzende der Strafkammer einen Vermerk, der zu den Akten gelangte.
Nachfolgend kam es zu weiteren Kontakten jedenfalls zwischen der früheren Vorsitzenden und dem Verteidiger des jetzigen Zeugen E. Die Vorsitzende notierte in einem ebenfalls zu den Akten genommenen Vermerk über ein Telefongespräch mit dem Verteidiger am 6. Mai 2011 u.a., dieser habe erklärt, E. sei mit der vom Gericht vorgeschlagenen Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten einverstanden. Am 24. Mai 2011 eröffnete die Strafkammer das Hauptverfahren gegen E. sowie die beiden Angeklagten. Einen Tag später beschloss sie, nach erfolgter Terminsabstimmung mit dem Verteidiger, die Abtrennung des Verfahrens gegen E. In einer noch von der damaligen Vorsitzenden gefertigten Terminsverfügung vom selben Tage war vermerkt, dass die nunmehr abgelehnte Richterin in der auf den 22. Juni 2011 bestimmten Hauptverhandlung gegen E. den Vorsitz führen sollte.
In dieser Hauptverhandlung teilte Richterin am Landgericht K. als Vorsitzende gemäß § 243 Abs. 4 StPO mit, dass außerhalb der Hauptverhandlung Gespräche zwischen dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung zur Vorbereitung einer Verständigung stattgefunden hätten. Dabei habe die Strafkammer für den Fall eines der Anklage entsprechenden Geständnisses eine Gesamtfreiheitsstrafe zwischen drei Jahren und neun Monaten sowie vier Jahren in Aussicht gestellt. Durch ein auf einer Absprache gemäß § 257c StPO beruhendes Urteil vom selben Tage wurde E. u.a. wegen Beihilfe zur Untreue in drei Fällen sowie wegen Bestechungs- und Steuerstraftaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt.
Das Verfahren gegen die Angeklagten war im ersten Rechtsgang durch eine Strafkammer des Landgerichts geführt worden, der die abgelehnte Richterin nicht angehörte. Mit Urteil vom 29. Februar 2012 waren die Angeklagten wegen Untreue in drei Fällen jeweils zu Gesamtfreiheitsstrafen von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Auf deren Revision hin hat der Senat das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen (Senat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 1 StR 532/12).
Am zweiten Tag der Hauptverhandlung vor der nunmehr zuständigen Strafkammer hatte der Vorsitzende mitgeteilt, dass ausweislich der Akten ein Erörterungstermin am „10.02.2012“ nach § 202a StPO stattgefunden habe, der insoweit bislang für die Kammer ersichtlich die Angeklagten betreffend der einzige derartige Termin war und dieser nicht zu einer Verständigung geführt habe (vgl. dazu näher unter 2.a). Im Anschluss daran beantragten die Verteidiger der Angeklagten u.a. die Verlesung des Ergebnisses der Verständigung aus der Sitzungsniederschrift des Verfahrens gegen E. sowie die Einholung von dienstlichen Erklärungen verschiedener an diesem Verfahren Beteiligter. Nach Eingang eines Teils der begehrten Erklärungen stellte die Verteidigerin des Angeklagten M. am dritten Hauptverhandlungstag einen Antrag, der im Wesentlichen auf eine Feststellung abzielte, dass es „nach Aktenlage keinerlei Dokumentation über die Verständigungsgespräche gibt, die zwischen dem damaligen Gericht, der StA und der Verteidigung E. geführt wurden“. Der Vorsitzende teilte daraufhin mit, dass weitergehende Feststellungen im Sinne von § 243 Abs. 4 StPO derzeit weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Wissen der Kammer getroffen werden könnten.
Dies nahmen die Angeklagten zum Anlass, Richterin am Landgericht K. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Die Ablehnung wurde vor allem auf das Verhalten der Richterin als Vorsitzende der für die Hauptverhandlung gegen den jetzigen Zeugen E. zuständigen Strafkammer gestützt. Es wäre ihre Pflicht gewesen, die von der früheren Vorsitzenden versäumte Dokumentation von Verständigungsgesprächen mit der Verteidigung E. nachzuholen. Das gelte selbst dann, wenn sie an diesen Gesprächen nicht persönlich beteiligt gewesen sein sollte. Im Übrigen wäre es ihre Pflicht gewesen, die „bislang versäumte Information“ an die Verteidigung der Angeklagten nachzuholen.
Die Revisionen sehen die Besorgnis der Befangenheit insgesamt darin begründet, dass die abgelehnte Richterin nach Übernahme des Vorsitzes im Verfahren gegen E. die unzureichende Dokumentation der früheren Vorsitzenden nicht nur nicht korrigiert, sondern sich sogar zu eigen gemacht habe und damit im Ergebnis „an einem unter Verstoß gegen das Verständigungsgesetz zustande gekommenen Verständigungsurteil mitgewirkt“ habe. In diesem Verständigungsurteil sei der jetzige Zeuge E. zudem für seine umfassende Aufklärungshilfe mit einer „bereits vor der Eröffnungsentscheidung exakt prognostizierten Strafe bedacht worden“.
Die Strafkammer hat die Ablehnungsgesuche der Angeklagten - ohne Mitwirkung der abgelehnten Richterin - als unbegründet zurückgewiesen.
b) Die Ablehnungsgesuche sind mit Recht verworfen worden. Die Angeklagten konnten, was der Senat nach Beschwerdegrundsätzen zu prüfen hat (st. Rspr.; siehe nur BGH, Beschluss vom 28. Juli 2015 - 1 StR 602/14 Rn. 30), keinen Anlass zur Besorgnis der Befangenheit sowie zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit der abgelehnten Richterin haben.
aa) Die Besorgnis der Befangenheit eines Richters ist bei dem Ablehnenden gegeben, wenn er bei einer verständigen Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die die gebotene Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (BGH, Urteile vom 10. November 1967 - 4 StR 512/66, BGHSt 21, 334, 341; vom 9. Juli 2009 - 5 StR 263/08 [insoweit in BGHSt 54, 39 ff. nicht abgedruckt]; Beschlüsse vom 8. Mai 2014 - 1 StR 726/13, NJW 2014, 2372, 2373; vom 19. August 2014 - 3 StR 283/14, NStZ 2015, 46; vom 28. Juli 2015 - 1 StR 602/14 Rn. 29). Maßstab für die Beurteilung dieser Voraussetzungen ist ein vernünftiger (BGH, aaO, BGHSt 21, 334, 341; BGH, Urteil vom 13. März 1997 - 1 StR 793/96, BGHSt 43, 16, 18 mwN) bzw. verständiger Angeklagter (BGH, Beschlüsse vom 8. März 1995- 5 StR 434/94, BGHSt 41, 69, 71; vom 8. Mai 2014 - 1 StR 726/14, NJW 2014, 2372, 2373; siehe auch BGH, Beschluss vom 18. November 2008 - 1 StR 541/08, NStZ-RR 2009, 85 f.).
Knüpft die Besorgnis der Befangenheit an eine den Verfahrensgegenstand betreffende Vorbefassung der abgelehnten Richter an, ist jenseits gesetzlicher Ausschließungsgründe (vgl. etwa § 22 Nr. 4 und 5; § 23 StPO) dieser Umstand als solcher regelmäßig nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen, wenn und soweit nicht besondere Umstände hinzutreten (st. Rspr.; etwa BGH, Urteil vom 30. Juni 2010 - 2 StR 455/09, NStZ 2011, 44, 46 Rn. 23 mwN; Beschlüsse vom 7. August 2012 - 1 StR 212/12, NStZ-RR 2012, 350 mwN; vom 19. August 2014 - 3 StR 283/14, NStZ 2015, 46; in der Sache nicht anders BGH, Urteil vom 11. Juni 2014 - 2 StR 489/13, NStZ 2014, 660, 662 Rn. 25). Dies gilt nicht nur für die Vorbefassung mit Zwischenentscheidungen im selben Verfahren, etwa die Mitwirkung am Eröffnungsbeschluss oder an Haftentscheidungen, sondern auch für die Befassung eines erkennenden Richters in Verfahren gegen andere Beteiligte derselben Tat (st. Rspr.; etwa BGH, Urteil vom 27. April 1972 - 4 StR 149/72, BGHSt 24, 336, 337; Beschlüsse vom 7. August 2012 - 1 StR 212/12, NStZ-RR 2012, 350; vom 19. August 2014 - 3 StR 283/14, NStZ 2015, 46 mwN). Zu der Vorbefassung in dem vorstehenden Sinne hinzutretende besondere Umstände können etwa dann gegeben sein, wenn frühere Entscheidungen, an denen der jetzt abgelehnte Richter mitgewirkt hat, unnötige oder sachlich unbegründete Werturteile über einen der jetzigen Angeklagten enthalten oder sich der betroffene Richter bei oder in Verbindung mit einer Vorentscheidung in sonst unsachlicher Weise zum Nachteil des Angeklagten geäußert hat (BGH, Beschluss vom 19. August 2014 - 3 StR 283/14, NStZ 2015, 46; vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Mai 2014 - 1 StR 726/14, NJW 2014, 2372, 2373).
Dabei können Rechtsfehler in Entscheidungen bei Vorbefassung mit dem Verfahrensgegenstand für sich genommen eine Ablehnung der mitwirkenden Richter grundsätzlich nicht begründen (BGH, Urteil vom 12. November 2009 - 4 StR 275/09, NStZ 2010, 342 f.; Beschluss vom 8. Mai 2014 - 1 StR 726/14, NJW 2014, 2372, 2373; Cirener in BeckOK-StPO, Ed. 23, § 24 Rn. 12, 12a mwN); etwas Anderes gilt jedoch, wenn die von den abgelehnten Richtern getroffene Entscheidung bzw. die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung sich als rechtlich völlig abwegig erweist oder gar als willkürlich erscheint (BGH, Beschluss vom 10. September 2002 - 1 StR 169/02, BGHSt 48, 4, 8; Urteil vom 12. November 2009 - 4 StR 275/09, NStZ 2010, 342 f.; Beschluss vom 8. Mai 2014 - 1 StR 726/14, NJW 2014, 2372, 2373; Scheuten in KK-StPO, 7. Aufl., § 24 Rn. 8). Besondere Umstände können aber auch dann gegeben sein, wenn sich aus der Art und Weise der Begründung von Zwischenentscheidungen die Besorgnis der Befangenheit ergibt (vgl. Cirener in BeckOK-StPO, aaO, § 24 Rn. 12, 12a).
bb) An diesen Grundsätzen gemessen bestand für einen verständigen Angeklagten kein Grund für die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richterin.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese in ihrer Funktion als Vorsitzende der für das Strafverfahren gegen E. zuständigen Strafkammer gegen § 243 Abs. 4, § 257c StPO oder gegen sonstige Pflichten im Zusammenhang mit einer Verständigung verstoßen hat. Denn jedenfalls sind keine Rechts- oder Verfahrensfehler der abgelehnten Richterin in dem früheren Verfahren vorgetragen oder sonst ersichtlich, die die dort getroffenen Entscheidungen als rechtlich völlig abwegig oder gar als willkürlich erscheinen ließen und deshalb die Besorgnis der Befangenheit in der gegen die Angeklagten geführten Hauptverhandlung begründen könnten.
(1) Die ursprünglich für das Verfahren gegen die Angeklagten und E. zuständige Strafkammer war weder durch den Grundsatz des fairen Verfahrens noch durch sonstige Regelungen des Verfassungs- oder des Strafverfahrensrechts gehindert, das Verfahren betreffende Gespräche mit den Verfahrensbeteiligten getrennt zu führen (siehe nur BGH, Beschluss vom 2. Oktober 2013 - 1 StR 386/13, StV 2014, 513 mwN). Angesichts der bei dem Verurteilten E. anders als bei den Angeklagten vorhandenen Geständnisbereitschaft kann sich aus der Verfahrenstrennung selbst daher keine Besorgnis der Befangenheit ableiten lassen.
Ebenso wenig kann die Erledigung des Verfahrens gegen einen geständigen Angeklagten durch ein auf einer Absprache beruhendes Urteil selbst einen besonderen Umstand im Sinne der dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Befangenheit begründen. Die Entscheidung auf diese Weise entspricht den vom Gesetz eröffneten Möglichkeiten.
(2) Dementsprechend kann auch der Umstand, dass sich die abgelehnte Richterin als Mitglied des E. verurteilenden Spruchkörpers dort auf die Überzeugung von dessen Beihilfe zu den von den Angeklagten begangenen Untreuetaten festgelegt hat, als typische Konstellation einer Vorbefassung die Befangenheit nicht stützen. Denn ein „besonderer Umstand“ im Sinne der dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt darin gerade nicht. Die Situation ist insoweit nicht anders als in einem gegen mehrere Angeklagte einheitlich geführten Verfahren, in dem sich wenigstens einer von diesen zur Überzeugung des Tatgerichts wahrheitsgemäß geständig einlässt und dieses Geständnis auch Grundlage der Überzeugungsbildung im Hinblick auf die nicht geständigen Angeklagten ist.
(3) Der Inhalt des von der Revision des Angeklagten A. vollständig dargelegten Urteils gegen E. trägt die Befangenheit ebenfalls nicht. Weder die gegen E. verhängten Einzelstrafen von jeweils einem Jahr und sechs Monaten für die Beihilfe zu den Untreuetaten der Angeklagten noch die - unter Einbeziehung weiterer Einzelstrafen - gebildete Gesamtstrafe gaben Anlass zur Besorgnis, die zuständige Strafkammer habe unter Verstoß gegen das Gebot schuldangemessenen Strafens E. im Hinblick auf dessen auch die Tatbeteiligung der Angeklagten umfassendes Geständnis unvertretbar milde sanktioniert. Der von der Revision geäußerte Verdacht, es sei E. seitens der Strafkammer gesetzwidrig eine Punktstrafe zugesagt (und verhängt) worden, stützt sich insbesondere auf den handschriftlichen Vermerk der früheren Vorsitzenden vom 6. Mai 2011. Dass eine bestimmte Gesamtfreiheitsstrafe und nicht ein Strafrahmen durch die Strafkammer insgesamt zugesagt worden ist, ergibt sich daraus nicht eindeutig. Die abgelehnte Richterin hat im Rahmen der Mitteilung gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO in dem Verfahren gegen E. einen von der Strafkammer angegebenen Strafrahmen benannt. Angesichts dessen bedarf es keiner Entscheidung, ob die Zusage einer „Punktstrafe“ gegen einen als Belastungszeugen in Frage kommenden (jetzigen oder früheren) Mitangeklagten im Rahmen einer Urteilsabsprache als in schwerer Weise rechtsfehlerhaft oder gar willkürlich erscheinen und deshalb die Besorgnis der Befangenheit bei anderen Angeklagten begründen könnte.
(4) Das zu dem Urteil gegen E. führende Verfahren ansonsten trägt die begründete Besorgnis der Befangenheit angesichts der dafür bei Vorbefassung maßgeblichen besonderen Umstände gleichfalls nicht.
Soweit vor den Beschlüssen über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Abtrennung des Verfahrens gegen E. außer dem gemeinsamen Erörterungstermin (§ 202a StPO) am 21. Januar 2011 weitere Gespräche allein mit dem Verteidiger von E. stattgefunden haben, oblag deren Dokumentation - was die Revision nicht verkennt - der damaligen Vorsitzenden und nicht der jetzt abgelehnten Richterin. Insoweit kommt ein verfahrensfehlerhaftes Verhalten, das die Besorgnis der Befangenheit im jetzigen Verfahren auslösen konnte, durch sie ersichtlich nicht in Betracht.
Nach Übernahme des Vorsitzes durch die abgelehnte Richterin bestanden lediglich Dokumentations- und Mitteilungspflichten in dem ausschließlich noch E. betreffenden Strafverfahren. In der Hauptverhandlung hat sie Mitteilung über außerhalb der Hauptverhandlung geführte Gespräche, den daran Beteiligten und über die von der Strafkammer für den Fall des Geständnisses in Aussicht gestellte Strafunter- und Strafobergrenze gemacht. Selbst wenn diese Mitteilung zur Erfüllung der Pflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO im dortigen Verfahren nicht genügt haben sollte, lässt sich daraus nicht die Besorgnis ableiten, sie habe im hiesigen Verfahren den Angeklagten nicht mehr mit der gebotenen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit gegenüber gestanden. Weder die Art und Weise der Erfüllung der Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 StPO noch die Handhabung von § 257c StPO durch die abgelehnte Richterin erweisen sich als rechtlich völlig unvertretbar oder willkürlich.
Im Übrigen beziehen sich die von der Revision geltend gemachten Verstöße der abgelehnten Richterin bei der Anwendung der Regelungen über Verständigungsgespräche und das Zustandekommen einer Verständigung auf in eine in einem gesonderten Verfahren gegen einen anderen (vormals) Angeklagten getroffene Verständigung. Durch die unzureichende Erfüllung von Transparenz- und Mitteilungspflichten von Verständigungsgesprächen, die allein Mitangeklagte betroffen haben, können die daran nicht beteiligten Angeklagten selbst bei einem einheitlichen Verfahren regelmäßig nicht in eigenen Rechten betroffen sein (vgl. BVerfG [3. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 1. Juli 2014 - 2 BvR 989/14, NStZ 2014, 528 f.; BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 - 4 StR 587/14, NStZ 2015, 417; siehe auch BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 - 1 StR 590/14, NStZ-RR 2015, 379 f.). Angesichts der für die mit einer Vorbefassung in Zusammenhang stehenden Besorgnis der Befangenheit geltenden Maßstäbe wird eine solche aus der Verletzung lediglich gegenüber Dritten bestehenden Pflichten allenfalls in Ausnahmefällen resultieren können.
(5) Auch in der Gesamtschau ergeben sich aus der maßgeblichen Perspektive des verständigen Angeklagten aufgrund des Verhaltens der abgelehnten Richterin in dem früheren Strafverfahren gegen den jetzigen Zeugen E. keine die Besorgnis der Befangenheit tragenden Umstände.
2. Die ebenfalls durch beide Beschwerdeführer weitgehend gleich erhobene Rüge der Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO wegen einer mangelnden Erfüllung der Mitteilungspflicht des jetzigen Vorsitzenden in Bezug auf die im Zwischenverfahren durch die vormals für das noch gemeinsam gegen die Angeklagten und E. geführte Verfahren zuständige Strafkammer geführten Gespräche bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
a) Den Rügen liegt zu einem Teil dasselbe Verfahrensgeschehen wie der vorstehend erörterten Verfahrensbeanstandung zugrunde. Der Vorsitzende der für die neue Verhandlung zuständigen Strafkammer hatte am zweiten Hauptverhandlungstag unter Hinweis auf Blatt 712 der Sachakten festgestellt, dass ein Erörterungsgespräch „am 10.2.2012“ nach § 202a StPO stattgefunden hat, der bezüglich der Angeklagten der bislang einzig ersichtliche und nicht zu einer Verständigung führende Termin gewesen sei. Am dritten und vierten Verhandlungstag teilte der Vorsitzende weitgehend inhaltsgleich jeweils mit, dass weitergehende Feststellungen im Sinne von § 243 Abs. 4 StPO derzeit weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Wissen der Kammer getroffen werden könnten. Am vierten Hauptverhandlungstag ordnete der Vorsitzende die Verlesung des Aktenvermerks der früheren Vorsitzenden vom 21. Januar 2011 an. Dabei erfolgte keine Klarstellung, dass es sich dabei um jenen Vermerk handelte, bezüglich dessen am zweiten Hauptverhandlungstag der 10. Februar 2012 als Datum genannt worden war.
Die Beschwerdeführer machen einerseits geltend, den Mitteilungen des Vorsitzenden könne bereits nicht hinreichend entnommen werden, dass es im Sinne eines Negativattests nach der Zurückverweisung der Sache durch den Bundesgerichtshof keine Verständigungsgespräche mit der im zweiten Rechtsgang zuständigen Strafkammer gegeben habe. Andererseits wird vor allem beanstandet, der wesentliche Inhalt des protokollierten Vermerks hätte bereits zu Beginn der Hauptverhandlung und nicht erst am vierten Hauptverhandlungstag mitgeteilt werden müssen. Eine Heilung des Verstoßes sei dadurch jedenfalls im Hinblick auf die gebotene Information der Öffentlichkeit schon deshalb nicht herbeigeführt worden, weil am ersten Hauptverhandlungstag ein falsches Datum des Erörterungstermins genannt worden und keine ausreichende Klarstellung dahingehend erfolgt sei, dass der nachträglich verlesene Vermerk sich auf den fälschlich in der Erklärung des Vorsitzenden auf den 10. Februar 2012 datierten Termin bezogen habe.
b) An der Zulässigkeit der Verfahrensbeanstandungen bestehen im Hinblick auf die notwendige Klarstellung der Angriffsrichtung (zur Maßgeblichkeit der Angriffsrichtung siehe BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 - 1 StR 620/09, NStZ 2010, 403 f.; näher Cirener in HRRS-Gedächtnisgabe für Widmaier, 2013, S. 27 ff.) Bedenken, indem einerseits auf das Negativattest im Hinblick auf durch die jetzt zuständige Strafkammer selbst geführte mitteilungsbedürftige Gespräche abgestellt und andererseits eine unzureichende Erfüllung der auf einen von der im ersten Rechtsgang zuständigen Kammer durchgeführten Erörterungstermin bezogenen Mitteilungspflicht beanstandet wird. Da eine Verletzung der Mitteilungspflicht hinsichtlich eines Negativattests im zweiten Rechtsgang aber - wie der Generalbundesanwalt in seinen Zuschriften zutreffend aufgezeigt hat - nicht mit der notwendigen Bestimmtheit behauptet wird, verbleibt es bei der Rüge des Verstoßes gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO hinsichtlich des von der vormals zuständigen Strafkammer durchgeführten Erörterungstermins. Jedenfalls eine solche Beanstandung lässt sich beiden Revisionen hinreichend bestimmt entnehmen.
c) Die entsprechenden Rügen greifen in der Sache nicht durch. Der Vorsitzende hätte eine durch § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO eventuell statuierte Pflicht zur Mitteilung über den Inhalt des Erörterungstermins vom 21. Januar 2011 jedenfalls durch die Verlesung des von der Vorsitzenden der vormals zuständigen Strafkammer darüber gefertigten Vermerks inhaltlich erfüllt. Ob nach Zurückverweisung durch das Revisionsgericht eine Pflicht des Vorsitzenden des nunmehr zuständigen Tatgerichts besteht, Erörterungstermine i.S.v. § 202a StPO, die ein im ersten Rechtsgang zuständiges Tatgericht durchgeführt, gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO mitzuteilen, bedarf daher keiner Entscheidung.
aa) Da weitere, die Angeklagten betreffende und auf eine Verständigung ausgerichtete Gespräche im ersten Rechtsgang nicht stattgefunden hatten, wäre durch die Verlesung des Vermerks über den Erörterungstermin einer eventuellen Mitteilungspflicht jedenfalls genügt worden. Der Vermerk gibt den wesentlichen Inhalt des Gesprächs wieder. Er stellt vor allem heraus, dass sich das vormals zuständige Gericht lediglich in Bezug auf einen vormals Mitangeklagten zu einer Straferwartung bei dessen Geständnis verhalten hatte, während die Staatsanwaltschaft solche Straferwartungen in Bezug auf sämtliche damaligen Angeklagten geäußert hatte. Ebenso wird über die Reaktionen aller Verteidiger berichtet. Eine Information darüber, auf wessen Initiative vor der Hauptverhandlung geführte, auf eine mögliche Verständigung bezogene Gespräche zustande gekommen sind, gebietet § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO nicht; es handelt sich dabei nicht um einen zum „wesentlichen Inhalt“ gehörenden Umstand (BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2014 - 1 StR 422/14, NStZ 2015, 293 f.).
bb) Unter den Umständen des konkreten Falls wäre die inhaltliche Erfüllung der Mitteilungspflicht auch nicht rechtsfehlerhaft verspätet erfolgt. Aus dem Wortlaut von § 243 Abs. 4 Satz 1 im Zusammenhang mit Abs. 3 und Abs. 5 Satz 1 StPO („Sodann“) ergibt sich, dass die Mitteilung nach der Verlesung des Anklagesatzes und vor der Vernehmung des Angeklagten zur Sache zu erfolgen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2014 - 5 StR 613/13, NStZ 2014, 287, 289). Innerhalb dieses Zeitrahmens ist vorliegend die vollständige Mitteilung erfolgt. Nachdem der Vorsitzende bereits am zweiten Hauptverhandlungstag festgestellt hatte, dass - ein allerdings von ihm falsch datierter - Erörterungstermin gemäß § 202a StPO durchgeführt worden war, erfolgte am vierten Hauptverhandlungstag vor der Belehrung der Angeklagten gemäß § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO die Verlesung des gesamten Vermerks.
Zwar wird es im Hinblick auf die mit § 243 Abs. 4 StPO verfolgten Zwecke in den Konstellationen des Satzes 1 regelmäßig angezeigt sein, möglichst umgehend nach der Verlesung des Anklagesatzes über vor Beginn der Hauptverhandlung geführte Gespräche gemäß §§ 202a, 212 StPO zu informieren (vgl. insoweit bzgl. § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 - 1 StR 590/14, NStZ-RR 2015, 379 f.). Maßgeblich ist jedoch, dem Angeklagten um der Gewährleistung einer informierten Entscheidung über sein Einlassungsverhalten und der Öffentlichkeit um der Gewährleistung der von ihr ausgehenden Kontrollfunktion (dazu BVerfG [2. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 15. Januar 2015 - 2 BvR 2055/14, NStZ 2015, 172, 173 mwN) willen die gebotene Information über vor der Hauptverhandlung erfolgte verständigungsbezogene Gespräche vor der durch § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO vorgeschriebenen Belehrung zu verschaffen. Da hier nach Verlesung der Anklage bis zum vierten Hauptverhandlungstag auf Verständigung bezogene Gespräche im ersten Rechtsgang sowie das darauf bezogene Ablehnungsgesuch gegen die beisitzende Richterin Gegenstand der Erörterung gewesen sind, wäre einer eventuellen Mitteilungspflicht durch die Verlesung des Vermerks vor der Belehrung gemäß § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO genügt.
cc) Der Erfüllung der Mitteilungspflicht stünde das von der Revision im Hinblick auf die Information der Öffentlichkeit beanstandete Fehlen einer Klarstellung der fälschlichen Benennung des Datums des Vermerks der früheren Vorsitzenden über den Erörterungstermin vom 21. Januar 2011 nicht entgegen.
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besteht ein zentrales Anliegen der vom Gesetzgeber mit dem Verständigungsgesetz verfolgten Regelungskonzeption in der Kontrolle des Verständigungsgeschehens durch die Öffentlichkeit. Dem Gesetzgeber sei es maßgeblich darauf angekommen, die Transparenz der strafgerichtlichen Hauptverhandlung und die Unterrichtung der Öffentlichkeit in der Hauptverhandlung gerade im Falle einer Verständigung zu bewahren; die Verständigung müsse sich nach dem Willen des Gesetzgebers „im Lichte der öffentlichen Hauptverhandlung offenbaren“ (vgl. BVerfGE 133, 168, 214 f., Rn. 81 f. unter Hinweis auf die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/12310, S. 8, 12; BVerfG [2. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 15. Januar 2015 - 2 BvR 2055/14, NStZ 2015, 172, 173).
Die mit der Möglichkeit einer Beobachtung der Hauptverhandlung durch die Allgemeinheit verbundene öffentliche Kontrolle der Justiz erhalte durch die gesetzliche Zulassung der in eine vertrauliche Atmosphäre drängenden Verständigungen zusätzliches Gewicht. Dem habe der Gesetzgeber durch die Mitteilungspflicht in § 243 Abs. 4 StPO Rechnung getragen. Die Öffentlichkeit könne ihre Kontrollfunktion aber nur ausüben, wenn sie die Informationen erhalte, die zur Beurteilung der Angemessenheit einer etwaigen Verständigung erforderlich sind. Nur so bleibt der gerichtliche Entscheidungsprozess transparent und die Rechtsprechung auch in Verständigungsfällen für die Allgemeinheit durchschaubar (BVerfG [2. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 15. Januar 2015 - 2 BvR 2055/14, NStZ 2015, 172, 173 mwN). Zugleich dienten die Transparenzvorschriften des Verständigungsgesetzes dem Schutz des Angeklagten vor einem im Geheimen sich vollziehenden „Schulterschluss“ zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung (vgl. BVerfG [3. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 1. Juli 2014 - 2 BvR 989/14, Rn. 11; BVerfG [2. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 15. Januar 2015 - 2 BvR 2055/14, NStZ 2015, 172, 173). Die Kontrolle durch die Öffentlichkeit solle verhindern, dass „sachfremde, das Licht der Öffentlichkeit scheuende Umstände auf das Gericht und damit auf das Urteil Einfluss gewinnen“ (vgl. BVerfG [2. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 15. Januar 2015 - 2 BvR 2055/14, NStZ 2015, 172, 173 mwN).
(2) Diese Kontrollfunktion der Öffentlichkeit ist durch die fehlende Klarstellung über das Datum des Erörterungstermins und des darüber gefertigten Vermerks nicht in Frage gestellt worden. Die Öffentlichkeit hat in dem durch § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO gebotenen Umfang Kenntnis von der Durchführung einer Erörterung gemäß § 202a StPO und deren Inhalt erhalten. Angesichts des Ablaufs des Verfahrens bis zu der Verlesung des Vermerks lassen sich Missverständnisse über Art und Anzahl mitteilungspflichtiger Erörterungen vor Beginn der Hauptverhandlung im ersten Rechtsgang, die sich auf die Wirksamkeit der Kontrollfunktion hinsichtlich der beiden Angeklagten ausgewirkt haben könnten, sicher ausschließen.
dd) Auf allein den früheren Mitangeklagten E. betreffende, verständigungsbezogene Erörterungen im ersten Rechtsgang könnten sich die Angeklagten nicht stützen (vgl. BVerfG [3. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 1. Juli 2014 - 2 BvR 989/14, NStZ 2014, 528 f.; BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 - 4 StR 587/14, NStZ 2015, 417; siehe auch BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 - 1 StR 590/14, NStZ-RR 2015, 379 f.).
3. Die zum einen auf die Verletzung von § 244 Abs. 2 StPO abzielenden und zum anderen einen Verstoß gegen § 261 StPO beanstandenden Verfahrensrügen im Zusammenhang mit von den Angeklagten unterschriebenen „Memoranda of Unterstanding“ und darin inhaltlich Bezug genommenen „Finders Fee Agreements“ bleiben aus den in den Antragsschriften des Generalbundeanwalts genannten Gründen, die durch die nachfolgenden Schriftsätze der Verteidigung vom 27. Juni 2015 bzw. 6. Juli 2015 nicht in Frage gestellt werden, ohne Erfolg. Das Landgericht hat sich ohne durchgreifenden Verfahrensfehler die Überzeugung der Kenntnis der Angeklagten von dem Inhalt der „Finders Fee Agreements“ verschafft.
Die auf die ausgeführten Sachrügen veranlasste Prüfung des angefochtenen Urteils in sachlich-rechtlicher Hinsicht hat keine den Angeklagten nachteiligen Rechtsfehler ergeben.
HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 210
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede