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HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 614

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 337/14, Urteil v. 15.04.2015, HRRS 2015 Nr. 614


BGH 1 StR 337/14 - Urteil vom 15. April 2015 (LG München I)

Vortäuschen einer Straftat (falsche Darstellung einer tatsächlich begangenen Tat: anderes Gepräges der Tat, Gesamtbetrachtung); Betrug (Vermögensschaden: schadensgleiche Vermögensgefährdung beim gutgläubigen Erwerb von Eigentum: Prozessrisiko und Risiko einer sofortigen Sicherstellung durch [polnische] Polizeibeamte).

§ 145d Abs. 1 StGB; § 263 Abs. 1 StGB; Art. 103 Abs. 2 GG

Leitsätze des Bearbeiters

1. Das Prozessrisiko, nach gutgläubigem Erwerb einer Sache von dem vorherigen Eigentümer auf Herausgabe verklagt zu werden, führt regelmäßig nicht zur vollständigen Entwertung der Eigentümerposition und damit zu einer schadensgleichen Vermögensgefährdung in diesem Umfang. Anderes gilt indes, wenn der Geschädigte ein Fahrzeug zwar erwirbt, das Eigentum wegen der konkreten Umstände der Übereignung indes völlig wertlos war. So liegt der Fall, wenn ein KFZ übereignet wird, das dem Eigentümer auf der Basis einer GPS-Ortung und unter Zuhilfenahme polnischer Polizeibehörden umgehend wieder entzogen werden soll und das Eigentum nur auf der Basis vorgelegter gefälschter Fahrzeugpapiere übertragen wurde.

2. Im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG ist der Vermögensschaden - auch in Fällen schadensgleicher Vermögensgefährdung - der Höhe nach zu beziffern; zudem ist seine Ermittlung in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise in den Urteilsgründen darzulegen (vgl. BVerfGE 130, 1).

3. Beim Straftatbestand des Vortäuschens einer Straftat (§ 145d StGB) handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, mit dem die zur Strafverfolgung berufenen Behörden vor ungerechtfertigter Inanspruchnahme und vor Veranlassung zu unnützen Maßnahmen geschützt werden sollen (so BGHSt 6, 251, 255). Für eine Strafbarkeit gemäß § 145d StGB genügt es deshalb, wenn eine tatsächlich begangene Tat durch die Anzeige ein im Kern anderes Gepräge erhält.

4. Ob dies der Fall ist, muss im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls geklärt werden. Hierbei ist insbesondere maßgeblich, ob die für die angezeigte Tat scheinbar notwendigen und die tatsächlich erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen im Zusammenhang stehen oder erstere sich letztlich als unnütz erweisen. Es kann auch maßgeblich sein, ob die Ermittlungsbehörden durch die unrichtigen Angaben in der Strafanzeige in erheblichem Umfang mehr belastet wurden, als sie dies bei richtiger Schilderung des Sachverhalts wären.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten M. gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 19. Februar 2014 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung und mit Vortäuschen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Der geständige Angeklagte beanstandet diese Verurteilung mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

Nach den Feststellungen des Landgerichts vereinbarte der Angeklagte M., der „tatsächliche Inhaber“ der A. GmbH, mit dem anderweitig Verfolgten Mu. etwa Anfang April 2012, einen an die B. GmbH sicherungsübereigneten Pkw BMW X6 in betrügerischer Weise an eine noch zu bestimmende Person im Ausland zu verkaufen. Das Fahrzeug sollte zunächst formal an einen Mittelsmann vermietet und anschließend durch einen weiteren Mittelsmann unter Vorlage gefälschter Fahrzeugpapiere veräußert sowie an den Käufer übergeben werden. Danach sollte der Angeklagte M. das Fahrzeug bei der Polizei als unterschlagen melden und sodann zusammen mit Mu. mittels GPS-Ortung unter Einschaltung der örtlichen Polizeibehörden zurückerlangen. Das Rückzahlungsbegehren des Erwerbers würde infolge der verwendeten Falschpersonalien ins Leere laufen. Den Verkaufserlös abzüglich der Aufwendungen für den zweiten Mittelsmann wollten sich Mu. und der Angeklagte M. teilen.

In Ausführung dieses Tatplans vermietete der Angeklagte das Fahrzeug, das sich in seinem Besitz befand, für die A. GmbH „formal“ an den anderweitig Verfolgten F. Dieser übergab den Pkw sodann absprachegemäß an Mu., der ihn über ein Internet-Verkaufsportal zum Verkauf anbot. In einem sich hieraus ergebenden telefonischen Kontakt einigte sich Mu. mit dem Ehemann der in Polen lebenden Geschädigten Ma. auf einen Kaufpreis von 42.000 Euro, zu zahlen in Form einer Anzahlung und im Übrigen in bar bei der Fahrzeugübergabe in Mü. Mindestens bei einem der hierbei geführten Telefonate war der Angeklagte M. anwesend.

Die Geschädigte leistete am 18. April 2012 per W. eine Anzahlung von 1.000 Euro. Die Veräußerung und Übergabe des Fahrzeugs an sie in Mü. nahm der anderweitig Verfolgte Z. am 20. April 2012 unter Vorspiegelung seiner Eigentümerstellung vor. Er übernahm gegen ein Entgelt von 5.000 Euro die Rolle des Verkäufers und übergab der Geschädigten den Pkw mit von Mu. beschafften gefälschten Fahrzeugpapieren, wobei er ihr zum Identitätsnachweis einen auf den fiktiven Namen „Pl.“ lautenden gefälschten slowenischen Reisepass vorlegte. Von der Geschädigten erhielt er für das Fahrzeug im Gegenzug weitere 41.000 Euro in bar. Die Geschädigte überführte den Pkw sodann zu ihrem Wohnort in Polen.

Der Angeklagte M. veranlasste seine Tochter Al., am Folgetag bei der Polizeiinspektion Bo. Anzeige wegen Unterschlagung des Fahrzeugs zu erstatten. Sie ging dabei von der Unterschlagung durch einen Mieter aus. Unmittelbar danach fuhren der Angeklagte M. und Mu. dem gemeinsamen Tatplan entsprechend nach Polen und ermittelten mittels GPS den Standort des Fahrzeugs. Sodann ließ der Angeklagte M. als vermeintlicher Geschädigter einer Unterschlagung das Fahrzeug durch die polnische Polizei sicherstellen und verbrachte es zurück nach Deutschland. Von Mu. erhielt er aus dem Verkaufserlös nach Abzug der Entlohnung des Z. mindestens 17.500 Euro. Rückzahlungen an die Geschädigte erfolgten nicht.

II.

Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Vortäuschens einer Straftat in mittelbarer Täterschaft (§ 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB i.V.m. § 25 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2 StGB) wird von den Feststellungen getragen.

a) Nach den Urteilsfeststellungen ließ der Angeklagte das Fahrzeug durch seine gutgläubige Tochter Al., die von einer Unterschlagung durch einen Mieter ausging, bei der Polizeiinspektion Bo. als durch diesen unterschlagen melden. Mithin bezog sich die Strafanzeige auf eine Unterschlagung durch einen Mieter, obwohl in Wirklichkeit der Angeklagte M. die Unterschlagung des Fahrzeugs zum Nachteil der B. GmbH, an die das Fahrzeug sicherungsübereignet war, begangen hatte. Die Mitwirkung des anderweitig Verfolgten F. beschränkte sich darauf, über das Fahrzeug „formal“ einen Mietvertrag mit der A. GmbH zu schließen und das vom Angeklagten M. erhaltene Fahrzeug an Mu. weiterzugeben.

b) Beim Straftatbestand des Vortäuschens einer Straftat (§ 145d StGB) handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt (vgl. Schönke/Schröder-Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 145d Rn. 1 mwN), mit dem die zur Strafverfolgung berufenen Behörden vor ungerechtfertigter Inanspruchnahme und vor Veranlassung zu unnützen Maßnahmen geschützt werden sollen (so bereits BGH, Urteil vom 9. Juli 1954 - 1 StR 677/53, BGHSt 6, 251, 255). Für eine Strafbarkeit gemäß § 145d StGB genügt es deshalb, wenn eine tatsächlich begangene Tat durch die Anzeige ein im Kern anderes Gepräge erhält (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 145d Rn. 5b; Schönke/Schröder-Sternberg-Lieben, aaO Rn. 1).

Ob dies der Fall ist, muss im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls geklärt werden. Hierbei ist insbesondere maßgeblich, ob die für die angezeigte Tat scheinbar notwendigen und die tatsächlich erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen im Zusammenhang stehen oder erstere sich letztlich als unnütz erweisen (vgl. MüKo-StGB/Zopfs, 2. Aufl., § 145d Rn. 25). Zum Teil wird es für eine Strafbarkeit schon als ausreichend erachtet, wenn die Ermittlungsbehörden durch die unrichtigen Angaben in der Strafanzeige in erheblichem Umfang mehr belastet wurden, als sie dies bei richtiger Schilderung des Sachverhalts wären (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 8. Mai 1987, NStZ 1987, 558, 559 sowie OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24. August 1992, MDR 1992, 1166, 1167).

Beides liegt hier bei der Anzeige gegen einen Mieter vor, weil der Verdacht auf eine Person gelenkt wurde, die das Fahrzeug nicht selbst unterschlagen hatte. Der Umstand, dass hinsichtlich des Fahrzeugs, auf das sich die Anzeige bezog, tatsächlich eine Unterschlagung, nämlich zum Nachteil der B. GmbH, begangen worden war, steht dem nicht entgegen. Denn die angezeigte Tat wäre eine gegenüber der tatsächlich begangenen in ihrem Grundcharakter gänzlich andere Tat, deren Aufklärung andere Ermittlungsmaßnahmen erfordern würde. Bei einer solchen Anzeige bestand die naheliegende Möglichkeit, dass von den Ermittlungsbehörden unnötige, kapazitätsbindende Maßnahmen ergriffen werden. Auf die Einzelheiten der Strafanzeige kommt es insoweit - entgegen der Auffassung der Revision - nicht an.

Der Umstand, dass das Landgericht die Voraussetzungen des Tatbestands der falschen Verdächtigung (§ 164 StGB), gegenüber dem der Straftatbestand des Vortäuschens einer Straftat subsidiär ist (§ 145d Abs. 1 StGB a.E.), nicht geprüft hat, beschwert den Angeklagten ersichtlich nicht.

2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Betrugs (§ 263 Abs. 1 StGB) hat ebenfalls Bestand.

a) Der Angeklagte täuschte die Geschädigte darüber, dass er von vornherein keine Gegenleistung für den Kaufpreis erbringen, sondern sich das Fahrzeug nach Kaufpreiszahlung unter Einsatz einer GPS-Ortung und unter Mithilfe polnischer Polizeibeamte alsbald wieder verschaffen wollte. Gegen die geplante polizeiliche Sicherstellung sollte sie sich aufgrund der ihr übergebenen gefälschten Fahrzeugpapiere nicht wehren können. Hierüber irrte sich die Geschädigte bei der Bezahlung des Kaufpreises als Gegenleistung für die Übergabe von Fahrzeug und Fahrzeugpapieren.

b) Hierdurch ist der Geschädigten ein täuschungsbedingter Vermögensschaden in Höhe des vollen Kaufpreises entstanden.

aa) Ein Vermögensschaden tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des Gesamtwerts seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung; st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13 Rn. 31, BGHSt 60, 1; BGH, Beschlüsse vom 16. Juni 2014 - 4 StR 21/14 Rn. 24; vom 19. Februar 2014 - 5 StR 510/13, wistra 2014, 270; vom 29. Januar 2013 - 2 StR 422/12, NStZ 2013, 711; vom 25. Januar 2012 - 1 StR 45/11 Rn. 75, BGHSt 57, 95, 113; vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 201, jeweils mwN; Urteil vom 27. Juni 2012 - 2 StR 79/12, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 77).

Ausgehend vom juristisch-ökonomischen Vermögensbegriff (vgl. dazu Fischer, StGB, 62. Aufl., § 263 Rn. 90) ist bei der Schadensbestimmung zu beachten, dass bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auch die hohe Wahrscheinlichkeit späterer Verluste als „schadensgleiche Vermögensgefährdung“ das Vermögen unmittelbar mindert. Maßgeblich ist insoweit eine angesichts aller Umstände des Einzelfalls getroffene Prognose im Zeitpunkt der Vermögensverfügung (vgl. Begemeier/Wölfel, JuS 2015, 307).

Im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG ist der Vermögensschaden - auch in Fällen schadensgleicher Vermögensgefährdung - der Höhe nach zu beziffern; zudem ist seine Ermittlung in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise in den Urteilsgründen darzulegen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 3 StR 115/11, NStZ 2013, 37; BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 und 2 BvR 1857/10 Rn. 176, BVerfGE 130, 1 sowie betreffend den Straftatbestand der Untreue BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08, 2 BvR 105/09 und 2 BvR 491/09 Rn. 151, BVerfGE 126, 170, 211 f.).

bb) Diesen Anforderungen an die Schadensbestimmung halten die Urteilsgründe im Ergebnis stand. Sie belegen, dass der Geschädigten ein Schaden in Höhe des gesamten Kaufpreises von 42.000 Euro entstanden ist.

(1) Allerdings legen die Urteilsfeststellungen nahe, dass die Geschädigte mit Übergabe des Fahrzeugs das Eigentumsrecht daran erworben hat. Damit hat sie rechtlich die volle Gegenleistung für den Kaufpreis erhalten.

Zwar erwarb die Geschädigte das Fahrzeug wegen der vorangegangenen Sicherungsübereignung an eine Bank von einem Nichtberechtigten. Sie konnte gleichwohl das Eigentum unter den Voraussetzungen des § 932 BGB gutgläubig vom Nichtberechtigten erwerben, weil das Fahrzeug nicht im Sinne des § 935 BGB abhandengekommen war (vgl. zum gutgläubigen Erwerb von Kraftfahrzeugen unter Vorlage gefälschter Zulassungsbescheinigungen BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 3 StR 115/11, NStZ 2013, 37 unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 23. Mai 1966 - VIII ZR 60/64, BB 1966, 720 f.; OLG München, Urteil vom 26. Mai 2011 - 23 U 434/11, juris Rn. 20 ff.; MüKo-BGB/Oechsler BGB, 6. Aufl., § 932 Rn. 56). Die Absicht des Angeklagten M., sich den Besitz an dem Fahrzeug mit Hilfe der polnischen Polizeibehörden umgehend wieder zu verschaffen, steht einer wirksamen Übereignung des Fahrzeugs nicht entgegen.

(2) Die Urteilsfeststellungen belegen jedoch, dass sich das von der Geschädigten erworbene Eigentum bei der beim Vermögensdelikt des Betrugs gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise (vgl. BVerfG aaO) als völlig wertlos erwies. Damit fehlt es wirtschaftlich an einer Gegenleistung. Mit der Benennung des Kaufpreises ist der Schaden hier auch hinreichend beziffert. Es gefährdet den Bestand des Urteils somit nicht, dass das Landgericht die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs nicht ausdrücklich in den Blick genommen und das von der Geschädigten erlangte Eigentumsrecht wirtschaftlich bewertet hat.

(a) Maßgeblich für die (wirtschaftliche) Bewertung von Leistung und Gegenleistung ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, hier also der Zahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges und der Fahrzeugpapiere. Ausgehend von der geplanten Vorgehensweise des Angeklagten M. zur Wiedererlangung des Fahrzeugs war dem von der Geschädigten erworbenen Eigentumsrecht zum Verfügungszeitpunkt kein wirtschaftlicher Wert beizumessen.

(b) Der Senat verkennt dabei nicht, dass das Prozessrisiko, nach gutgläubigem Erwerb einer Sache von dem vorherigen Eigentümer auf Herausgabe verklagt zu werden, regelmäßig nicht zur vollständigen Entwertung der Eigentümerposition und damit zu einer schadensgleichen Vermögensgefährdung in diesem Umfang führt (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 3 StR 115/11, NStZ 2013, 37; Urteil vom 8. Mai 1990 - 1 StR 52/90, JR 1990, 517, 518; Beschluss vom 15. Januar 2003 - 5 StR 525/02, wistra 2003, 230; Begemeier/Wölfel, JuS 2015, 307, 309).

(c) Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich jedoch grundsätzlich von dem drohenden Verlust des erworbenen Gegenstandes auf der Grundlage einer zu erwartenden Herausgabeklage. Denn nach dem Tatplan des Angeklagten M. sollte die Geschädigte das Fahrzeug nicht erst als Folge eines Zivilprozesses verlieren, sondern auf der Grundlage einer sofortigen Sicherstellung durch Polizeibeamte. Ihr Eigentumsrecht konnte die Geschädigte im Hinblick auf die ihr unter Angabe unrichtiger Verkäuferdaten übergebenen gefälschten Fahrzeugpapiere gegenüber den von Mu. und dem Angeklagten M. instrumentalisierten polnischen Polizeibeamten nicht nachweisen. Für die Möglichkeit einer erfolgreichen späteren Herausgabeklage der Geschädigten bestanden schon deshalb keine Anhaltspunkte, weil das Fahrzeug von der Polizei nicht an die Bank, sondern an die Täter - mit ungewissem weiterem Verbleib - herausgegeben werden sollte. Einer solchen Möglichkeit kam daher zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung kein wirtschaftlicher Wert zu. Damit erlangte die Geschädigte bei wirtschaftlicher Betrachtung zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung lediglich eine für sie im Ergebnis wertlose kurzfristige Besitzposition an dem Fahrzeug für die Überführungsfahrt nach Polen.

(d) Die angesichts des Tatplans unter Einschaltung mehrerer Tatbeteiligter äußerst fern liegende Möglichkeit, dass der u.a. wegen mehrfachen Bandenbetrugs (§ 263 Abs. 5 StGB) vorbestrafte Angeklagte M. nach der Übergabe des Fahrzeugs mit falschen Fahrzeugpapieren die geplante Rückholung des Fahrzeugs aus freien Stücken doch noch unterlassen hätte, führt weder zur Wertung der Täuschung der Geschädigten als bloße Vorbereitungshandlung noch zu einer anderen Bewertung der von der Geschädigten erlangten Eigentümerposition als als wirtschaftlich wertlos.

3. Die Verurteilung des Angeklagten M. wegen in Mittäterschaft begangener Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB) hat ebenfalls Bestand.

Nach den Urteilsfeststellungen übergab der gesondert Verfolgte Z. der Geschädigten die gefälschten Fahrzeugpapiere, die er zuvor von Mu. erhalten hatte, entsprechend dem gemeinsamen Tatplan (UA S. 14). Hierdurch wird eine gemeinschaftliche Tatbegehung mit dem Angeklagten M. hinreichend zum Ausdruck gebracht. Arbeitsteiliges Vorgehen genügt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. November 1988 - 3 StR 481/88, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Gebrauchmachen 1; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 267 StGB Rn. 48 mwN). Die Tatbestandsvariante des Gebrauchmachens von einer unechten oder verfälschten Urkunde ist kein eigenhändiges Delikt (BGH aaO).

III.

Die Nachprüfung der Strafzumessung auf die Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 614

Externe Fundstellen: NStZ 2015, 514; StV 2016, 158

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel