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HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 1242

Bearbeiter: Holger Mann

Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 825/23, Beschluss v. 21.09.2023, HRRS 2023 Nr. 1242


BVerfG 2 BvR 825/23 (3. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 21. September 2023 (OLG Frankfurt am Main)

Verletzung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz durch erheblich verzögerte Entscheidung des Oberlandesgerichts im besonderen Haftprüfungsverfahren (Sechs-Monats-Haftprüfung; überlange Verfahrensdauer aus von dem Beschuldigten nicht zu vertretenden Gründen; Unterbleiben der Neun-Monats-Prüfung; Anspruch auf Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit; keine feste zeitliche Grenze; Umstände des Einzelfalls; Freiheitsgrundrecht; Unschuldsvermutung; Rechtsschutzbedürfnis; fortbestehendes Feststellungsinteresse nach Anordnung der Haftfortdauer).

Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG; Art. 19 Abs. 4 GG; Art. 104 GG; Art. 5 Abs. 4 EMRK; § 121 StPO; § 122 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Ein Oberlandesgericht verletzt das Recht eines Beschuldigten auf effektiven Rechtsschutz, wenn es im Verfahren über die besondere Haftprüfung nach den §§ 121, 122 StPO erst etwa sechs Monate nach (rechtzeitiger) Vorlage der Akten über die Haftfortdauer entscheidet und dem Beschuldigten damit faktisch nicht zuletzt auch die Möglichkeit der weiteren Nachprüfung nach neun Monaten nimmt. Von dem Beschuldigten nicht zu vertretende Gründe - wie eine längerfristige Erkrankung des Vorsitzenden und des Berichterstatters, die verzögerte Bestellung einer Vertretungsrichterin, deren urlaubs- oder familiär bedingte Abwesenheit oder Belastung mit anderen Verfahren - sind dabei nicht geeignet, eine Verzögerung der Entscheidung über mehrere Monate zu rechtfertigen.

2. Das Recht auf effektiven Rechtsschutz eröffnet dem Einzelnen einen substantiellen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle bezüglich eines ihn betreffenden Handelns oder Unterlassens der öffentlichen Gewalt. Wirksamer Rechtsschutz bedeutet auch Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit, wobei die Angemessenheit der Dauer eines Verfahrens nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen ist.

3. Der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erlangt im Hinblick auf Eingriffe in das Freiheitsgrundrecht besondere Bedeutung. Bei einem Haftprüfungsverfahren ist außerdem Art. 5 Abs. 4 EMRK zu berücksichtigen, der bestimmt, dass die Gerichte innerhalb kurzer Frist über die Rechtmäßigkeit einer Freiheitsentziehung zu entscheiden haben. Wenngleich insoweit eine feste zeitliche Grenze nicht existiert, sondern die Umstände des Einzelfalls - darunter die Schwierigkeit des Verfahrens, das Verhalten der Behörden und Gerichte sowie des Festgenommenen und die Bedeutung der Rechtssache für diesen - entscheidend sind, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Dies gilt mit Blick auf die Unschuldsvermutung insbesondere in einem anhängigen Strafverfahren.

4. Das Rechtsschutzbedürfnis für die (verfassungsgerichtliche) Feststellung einer Verletzung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz durch die überlange Dauer eines Haftprüfungsverfahrens besteht auch dann fort, wenn das Gericht zwischenzeitlich die Haftfortdauer angeordnet hat; denn es steht die Gewährleistung von Rechtsschutz im Zusammenhang mit der Überprüfung eines Freiheitsentzugs in Rede, der seinerseits einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff darstellt. Eine Pflicht zur Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls begründet der Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG für sich genommen allerdings nicht.

Entscheidungstenor

Es wird festgestellt, dass die überlange Dauer des Haftprüfungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main - 1 HEs 623-625/22 - den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) verletzt.

Das Land Hessen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000 Euro (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

A.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein gerichtliches Untätigbleiben im besonderen Haftprüfungsverfahren gemäß §§ 121, 122 StPO. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat erst am 26. Juni 2023 eine Entscheidung über die Haftfortdauer getroffen, obwohl sich der Beschwerdeführer seit dem 30. Juni 2022 in Untersuchungshaft befindet und dem Gericht die Akten vor Ablauf der Sechsmonatsfrist vorgelegt worden sind.

I.

1. Der Beschwerdeführer geriet in den Verdacht diverser Wirtschaftsstraftaten. Im Februar 2021 leitete die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main ein Ermittlungsverfahren gegen ihn ein. Nach umfangreichen Ermittlungen erließ das Amtsgericht Frankfurt am Main am 14. Juni 2022 auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl. Außerdem ergingen Haftbefehle gegen zwei Tatgenossen des Beschwerdeführers. Am 30. Juni 2022 wurden der Beschwerdeführer und die beiden Tatgenossen verhaftet und die Haftbefehle in Vollzug gesetzt. Seither befindet sich der Beschwerdeführer ununterbrochen in Untersuchungshaft.

2. Mit Verfügung vom 13. Dezember 2022 übersandte die Staatsanwaltschaft die Akten über das Amtsgericht Frankfurt am Main und die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main zum Zwecke der besonderen Haftprüfung nach §§ 121, 122 StPO und beantragte die Fortdauer der Untersuchungshaft gegen den Beschwerdeführer und die beiden Tatgenossen. Die Übersendungsverfügung der Generalstaatsanwaltschaft datiert vom 27. Dezember 2022. Mit Schreiben vom 9. Januar 2023 nahm der Beschwerdeführer gegenüber dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main zur Übersendungsverfügung der Generalstaatsanwaltschaft Stellung und beantragte die Aufhebung des Haftbefehls, hilfsweise dessen Außervollzugsetzung unter Auflagen.

3. Mit Schreiben vom 29. März 2023 bat der Beschwerdeführer das Oberlandesgericht um Mitteilung, bis wann mit einer Entscheidung über seine Untersuchungshaft zu rechnen sei.

Das Oberlandesgericht teilte mit Schreiben vom Folgetag mit, dass der Berichterstatter längerfristig krankheitsbedingt verhindert sei. Der Unterzeichnerin liege das Verfahren seit dem 24. März 2023 zur Bearbeitung in Vertretung vor. Angesichts eigener vorrangig zu bearbeitender Haftsachen und anstehenden Urlaubs sei derzeit nicht absehbar, wann eine Entscheidung ergehen werde.

II.

Die am 16. Juni 2023 beim Bundesverfassungsgericht eingegangene Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Nichtentscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main im gesetzlichen Haftprüfungsverfahren. Zudem hat sich der Beschwerdeführer zunächst gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 14. Juni 2022 gewandt, dessen Aufhebung er beantragt hat. Weiter hat er die Verfassungsbeschwerde mit dem Antrag verbunden, im Wege der einstweiligen Anordnung den Haftbefehl aufzuheben. Er rügt die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und Art. 19 Abs. 4 GG.

Die andauernde Untätigkeit des Oberlandesgerichts, eine Entscheidung im Rahmen des Haftprüfungsverfahrens gemäß §§ 121, 122 StPO zu treffen, verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG. Die Sechsmonatsprüfung vor dem Oberlandesgericht sei eine zentrale verfahrensrechtliche Vorgabe, die dem Schutz des Freiheitsgrundrechts diene und das Grundrecht durch strikte Anforderungen an das Verfahren schütze. Die Ausführungen des Oberlandesgerichts im Schreiben vom 30. März 2023 ließen erkennen, dass das Gericht nicht nur die Notwendigkeit der Einhaltung der Sechsmonatsfrist an sich, sondern auch die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung eines Grundrechtseingriffs verkenne, indem es offenbar davon ausgehe, Krankheit, Urlaub und andere vordringlich zu bearbeitende Haftsachen seien zur Rechtfertigung der Verfahrensverzögerung geeignet.

Weiter verletze ihn die andauernde Untätigkeit des Oberlandesgerichts in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG auf Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes. Art. 19 Abs. 4 GG fordere, dass Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit gewährt werde. Die Effektivität des Rechtswegs im gesetzlichen Haftprüfungsverfahren sei bereits unmittelbar verletzt, wenn das vorgesehene Verfahren gemäß § 121 Abs. 2 StPO nicht beachtet werde. Sei eine Fortdauerentscheidung nach sechs Monaten der Untersuchungshaft ordnungsgemäß erfolgt, ordne § 122 Abs. 4 Satz 2 StPO eine erneute Prüfung unter erhöhtem Begründungsaufwand nach weiteren drei Monaten an. Durch das Ruhen der Sechsmonatsfrist bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts gemäß § 121 Abs. 3 Satz 1 StPO werde der Anlauf einer neuen Frist verhindert. Dadurch werde ihm die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Neun- und der bei Einhalten der Verfahrensvorschriften bereits am 30. Juni 2023 anstehenden Zwölfmonatsprüfung genommen.

III.

1. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat nach Zustellung der Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 26. Juni 2023 die Fortdauer der Untersuchungshaft gegen den Beschwerdeführer und seine Tatgenossen angeordnet.

2. a) Mit Schreiben vom 28. Juni 2023 hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main zur Verfassungsbeschwerde Stellung genommen. Der zuständige 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts sei durch die seit November 2022 währende, sich als langfristig herausstellende Erkrankung eines Beisitzers sowie die Erkrankung des Vorsitzenden vom 24. März 2023 bis 25. April 2023 erheblich belastet. Der ebenfalls mit Haftsachen befasste 2. Strafsenat sei wegen der längerfristigen nur teilweisen Dienstfähigkeit des dortigen Vorsitzenden nicht zur Entlastung des 1. Strafsenats in der Lage. Unter dem 25. Januar 2023 habe der Vorsitzende des 1. Strafsenats Überlastung angezeigt. Das Präsidium des Oberlandesgerichts habe daraufhin in seiner Sitzung vom 30. Januar 2023 beschlossen, dass zum 1. März 2023 vorübergehend eine zusätzliche Abordnungsstelle eingerichtet und dem 1. Strafsenat zugewiesen werde. Außerdem habe das Präsidium in seiner Sitzung vom 22. Mai 2023 dem 1. Strafsenat mit Wirkung zum 23. Mai 2023 weitere 0,25 Arbeitskraftanteile zugewiesen. Der eingangs erwähnte Beisitzer des 1. Strafsenats sei bis zum heutigen Tage erkrankt. Zudem sei eine weitere Beisitzerin im Zeitraum vom 8. Mai 2023 bis zum 2. Juni 2023 erkrankt gewesen, was zu einer massiven zusätzlichen Belastung des 1. Strafsenats geführt habe.

b) Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hat sich mit Zuschrift vom 28. Juni 2023 zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geäußert. Dieser stelle sich aufgrund der inzwischen vorliegenden Entscheidung des Oberlandesgerichts als überholt dar und könne nicht auf ein etwaig fortbestehendes schutzwürdiges Interesse an einer verfassungsrechtlichen Überprüfung gestützt werden. Deshalb könne dahinstehen, ob der Haftbefehl des Amtsgerichts vom 14. Juni 2022 überhaupt als tauglicher Beschwerdegegenstand in Betracht komme und ob sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel einer Aufhebung dieses Haftbefehls auch deshalb als unzulässig darstellen könnte, weil damit nicht nur die Vorwegnahme der Hauptsache - die zeitnahe Herbeiführung einer Entscheidung des Oberlandesgerichts - sondern ein darüberhinausgehendes Ziel verfolgt worden sei.

c) Das Hessische Ministerium der Justiz hat über die Hessische Staatskanzlei mit Schreiben vom 29. Juni 2023 mitgeteilt, dass ihm keine Hinweise auf Bearbeitungsrückstände oder -verzögerungen in dem betroffenen Senat vorlägen. Das Hessische Ministerium der Justiz arbeite mit Hochdruck an einer angemessenen personellen Ausstattung des Oberlandesgerichts insgesamt. Der konkrete Einsatz der personellen Verstärkung obliege dem Präsidium des Gerichts und sei seitens des Ministeriums nicht steuerbar. Mit Schreiben vom 10. Juli 2023 teilte das Ministerium ergänzend mit, dass es sich der Stellungnahme des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof anschließe.

d) Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main hat mit Schreiben vom 28. Juni 2023 auf die Abgabe einer Stellungnahme verzichtet.

IV.

Mit Schriftsatz vom 24. Juli 2023 hat der Beschwerdeführer den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung aufgrund des Haftfortdauerbeschlusses vom 26. Juni 2023 für erledigt erklärt und zurückgenommen. Die Verfassungsbeschwerde hat er mit der Maßgabe aufrechterhalten, festzustellen, dass ihn die Nichtentscheidung des Oberlandesgerichts bis zum 26. Juni 2023 in seinem Grundrecht auf Freiheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG und auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt habe.

Es bestehe weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis. Eine Erledigung führe nicht zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde, wenn das verfassungsgerichtliche Verfahren dazu dienen könne, einer drohenden Wiederholungsgefahr zu begegnen, eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen, oder wenn ein tiefgreifender Grundrechtseingriff vorliege. Hier bestehe Wiederholungsgefahr. Entsprechend dem Beschluss des Oberlandesgerichts vom 26. Juni 2023 finde die nächste Haftprüfung am 26. September 2023 statt. Es bestehe die dringende Besorgnis, dass es erneut zu einer monatelang andauernden Nichtentscheidung des Oberlandesgerichts kommen werde. Die Stellungnahmen des Oberlandesgerichts und der Hessischen Staatskanzlei seien nicht geeignet, diese Besorgnis auszuräumen. Das Oberlandesgericht sehe die gerichtsinterne Überlastungssituation offensichtlich immer noch als rechtfertigenden Grund für einen Eingriff in das Freiheitsgrundrecht und in das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz an. Außerdem liege ein tiefgreifender Grundrechtseingriff vor, weil gerade im Bereich der persönlichen Freiheit die Auswirkungen eines Grundrechtsverstoßes besonders folgenschwer seien.

V.

Dem Bundesverfassungsgericht haben die Verfahrensakten in Abschrift - teilweise in elektronischer Form - vorgelegen.

Daraus ergibt sich, dass die Verfahrensakten am 28. Dezember 2022 auf der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts eingingen. Am Folgetag versandte der Vorsitzende des 1. Strafsenats eine Abschrift der Übersendungsverfügung an die Beteiligten und gab Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Woche. Am 9. Januar 2023 ging die Stellungnahme des Beschwerdeführers ein. Am 24. Januar 2023 wurde die Stellungnahme dem Vorsitzenden vorgelegt. Er verfügte am Folgetag, eine Kopie des Schriftsatzes per Fax an die Generalstaatsanwaltschaft zur Kenntnis und etwaiger Stellungnahme zu senden und forderte bei der Staatsanwaltschaft Aktennachgänge an. Am 9. Februar 2023 verfügte ein Richter die Wiedervorlage der Akte an den Vorsitzenden nach dessen Rückkehr.

Nach der Sachstandsanfrage des Beschwerdeführers vom 29. März 2023, welche die nun zuständige Richterin am Folgetag wie unter I. 3. dargestellt beantwortete, stellte die Richterin am 13. April 2023 in einem Aktenvermerk die dem Beschwerdeführer mitgeteilten Gründe für die Verzögerung nochmals dar und führte ergänzend eine Corona-Erkrankung in ihrer Familie an.

B.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr nach § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG statt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

I.

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

1. Sie richtet sich gegen einen tauglichen Beschwerdegegenstand, weil sich der Beschwerdeführer gegen die Nichtentscheidung des Oberlandesgerichts und damit gegen ein Unterlassen der öffentlichen Gewalt nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 13 Nr. 8a, § 90 Abs. 1 BVerfGG wendet.

2. Der zwischenzeitlich ergangene Haftfortdauerbeschluss des Oberlandesgerichts vom 26. Juni 2023 steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrags nicht entgegen. Er führt nicht zum Entfallen des Rechtsschutzbedürfnisses für die Verfassungsbeschwerde.

a) Zwar lässt sich ein Rechtsschutzbedürfnis nicht mit der Behauptung der Verletzung des Freiheitsgrundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 GG begründen. Mit Beschluss vom 26. Juni 2023 hat das Oberlandesgericht Haftfortdauer angeordnet und damit entschieden, dass der Eingriff in das Freiheitsgrundrecht des Beschwerdeführers gerechtfertigt ist. Für eine Rüge des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 GG stellt allein der Haftfortdauerbeschluss den zutreffenden Anknüpfungspunkt für eine Verfassungsbeschwerde dar. Eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen den Haftfortdauerbeschluss entzöge dem weiteren Vollzug der Untersuchungshaft die Grundlage. Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine dahinter zurückbleibende Verfassungsbeschwerde gegen die Nichtentscheidung des Oberlandesgerichts mit dem Ziel der bloßen Feststellung der Verletzung des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 GG ist weder dargetan noch ersichtlich.

b) Der Beschwerdeführer hat jedoch ein fortdauerndes Rechtsschutzbedürfnis an der Feststellung, dass ihn die überlange Dauer des Haftprüfungsverfahrens in seinem Recht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt. Insoweit entfällt das Rechtsschutzbedürfnis nicht dadurch, dass der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde gegen den Haftfortdauerbeschluss vom 26. Juni 2023 hätte erheben können. Denn der Haftfortdauerbeschluss trifft keine Aussage über eine Verletzung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG. Es ist verfassungsrechtlich auch nicht geboten, dass ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG wegen überlanger Dauer des Haftprüfungsverfahrens für sich genommen eine Pflicht zur Aufhebung des Haftbefehls oder zu dessen Außervollzugsetzung begründet. Für den Fall einer verspäteten Aktenvorlage unter Überschreitung der sogenannten Sechsmonatsfrist ist in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt, dass eine solche Pflicht nicht besteht (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 21. August 2007 - 3 OBL 86/07 <42>, 3 OBL 86/07, 3 Ws 486/07 -, juris, Rn. 11; BGH, Beschluss vom 18. Mai 2022 - 3 StR 181/21 -, juris, Rn. 39; Gärtner, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl. 2019, § 121 Rn. 41). Das Bundesverfassungsgericht hat diese fachgerichtliche Rechtsprechung nicht beanstandet (vgl. BVerfGE 42, 1 <9 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Januar 2023 - 2 BvR 1343/22 -, Rn. 5). Es ist nicht ersichtlich, weshalb verfassungsrechtlich etwas anderes gelten sollte, wenn die Verzögerung nicht bei der Vorlage der Akten, sondern bei deren Bearbeitung durch das Oberlandesgericht eingetreten ist, erst recht, wenn - wie hier - die Sechsmonatsfrist formell nicht überschritten wird, weil gemäß § 121 Abs. 3 Satz 1 StPO der Fristenlauf bei einer fristgerechten Aktenvorlage ruht. Der Haftfortdauerbeschluss vom 26. Juni 2023 lässt deshalb das Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellung der Verletzung des Art. 19 Abs. 4 GG unberührt.

c) Das Rechtsschutzbedürfnis ist auch nicht dadurch entfallen, dass das Oberlandesgericht mit seinem Beschluss vom 26. Juni 2023 den vom Beschwerdeführer beanstandeten Zustand einer unterbliebenen Entscheidung im besonderen Haftprüfungsverfahren beendet hat. Trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels besteht ein Bedürfnis nach gerichtlicher Entscheidung fort, wenn das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage in besonderer Weise schutzwürdig ist (vgl. BVerfGE 9, 89 <93 f.>; 10, 302 <308>; 53, 152 <157 f.>; 58, 208 <219>; 83, 24 <29 f.>; 104, 220 <230>). Das ist der Fall, wenn wegen des zugrundeliegenden Sachverhalts eine Wiederholungsgefahr für die grundrechtliche Beeinträchtigung besteht (vgl. BVerfGE 69, 257 <266>; 81, 208 <213>; 104, 220 <233>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Dezember 2008 - 2 BvR 1043/08 -, Rn. 15), die Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff fortwirkt (vgl. BVerfGE 81, 138 <140>; 96, 27 <40>; 104, 220 <233>) oder der Grundrechtseingriff tiefgreifend ist (vgl. BVerfGE 96, 27 <40>; 104, 220 <233>; 134, 33 <54 Rn. 52>; 149, 293 <316 Rn. 59>). Ob vorliegend eine Gefahr besteht, dass sich eine solche Verzögerung bei folgenden Haftprüfungsverfahren wiederholt, kann dahinstehen. Jedenfalls hat das Oberlandesgericht dadurch, dass es über Monate hinweg im Haftprüfungsverfahren des § 121 Abs. 1, § 122 StPO nicht entschieden hat, tiefgreifend in das Recht des Beschwerdeführers auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG eingegriffen, weil es um Rechtsschutz im Zusammenhang mit der Überprüfung eines Freiheitsentzugs geht, der seinerseits einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff darstellt (vgl. BVerfGE 53, 152 <157 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Juni 2018 - 2 BvR 631/18 -, Rn. 27). Der Beschwerdeführer hat daher ein fortbestehendes schutzwürdiges Interesse an einer nachträglichen verfassungsrechtlichen Überprüfung und gegebenenfalls einer hierauf bezogenen Feststellung der Verfassungswidrigkeit dieses Grundrechtseingriffs durch das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 9, 89 <92 ff.>; 32, 87 <92>; 53, 152 <157 f.>; 91, 125 <133>; 104, 220 <234 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 22. April 2021 - 2 BvR 320/20 -, Rn. 23).

3. Der Beschwerdeführer hat den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde beachtet. Fachgerichtliche Rechtsbehelfe gegen die Untätigkeit des Oberlandesgerichts standen ihm nicht zur Verfügung. Eine reine Untätigkeitsbeschwerde sieht die Strafprozessordnung nicht vor (vgl. Zabeck, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 9. Aufl. 2023, § 304 Rn. 3). Eine Verzögerungsrüge gemäß § 198 Abs. 3 GVG kam nicht in Betracht, weil es sich bei dem besonderen Haftprüfungsverfahren gemäß §§ 121, 122 StPO um ein bloßes Zwischenverfahren handelt, das einer isolierten Betrachtung unter Verzögerungsgesichtspunkten nicht zugänglich ist (vgl. Kreicker, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2018, § 198 GVG Rn. 24). Ein amtsgerichtlicher Haftprüfungsantrag nach § 117 Abs. 1 StPO schied ebenfalls aus, weil dem besonderen Haftprüfungsverfahren nach §§ 121, 122 StPO grundsätzlich der Vorrang zukommt (vgl. Gericke, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 9. Aufl. 2023, § 122 Rn. 11). Daher genügte der Beschwerdeführer dem Grundsatz der Subsidiarität dadurch, dass er sich durch eine Sachstandsanfrage um die Vermeidung weiterer Verzögerungen bemüht hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Dezember 2009 - 2 BvQ 84/09 -, Rn. 2).

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.

Die überlange Dauer des Haftprüfungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG.

1. a) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet nicht nur ein Individualgrundrecht; er enthält auch eine objektive Wertentscheidung (vgl. BVerfGE 58, 1 <40>). Sie verpflichtet den Gesetzgeber, einen wirkungsvollen Rechtsschutz unabhängig von individuellen Berechtigungen sicherzustellen. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes verlangt aber nicht nur, dass jeder potentiell rechtsverletzende Akt der Exekutive in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht der richterlichen Prüfung unterstellt ist; vielmehr müssen die Gerichte den betroffenen Rechten auch tatsächliche Wirksamkeit verschaffen (vgl. BVerfGE 35, 263 <274>; 40, 272 <275>; 67, 43 <58>; 84, 34 <49>; 143, 216 <224 f. Rn. 20>; stRspr). Der Zugang zu einer gerichtlichen Entscheidung in der Sache darf daher - vorbehaltlich verfassungsunmittelbarer Schranken - in keinem Fall ausgeschlossen, faktisch unmöglich gemacht oder in unzumutbarer, durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 10, 264 <268>; 44, 302 <305>; 143, 216 <225 f. Rn. 21>). Auf die Gewährleistung eines dermaßen wirkungsvollen Rechtsschutzes hat der Einzelne einen verfassungskräftigen Anspruch (vgl. BVerfGE 149, 346 <363 Rn. 34>). Der Bürger hat demnach einen substantiellen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle bezüglich des ihn betreffenden Handelns oder Unterlassens der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 40, 272 <275>). Wirksamer Rechtsschutz bedeutet auch Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit. Die Angemessenheit der Dauer eines Verfahrens ist nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles zu bestimmen (vgl. BVerfGE 55, 349 <369>).

b) Der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erlangt im Hinblick auf Eingriffe in das Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 GG besondere Bedeutung. Bei einem Haftprüfungsverfahren ist außerdem Art. 5 Abs. 4 EMRK zu berücksichtigen.

aa) Die Europäische Menschenrechtskonvention ist als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte heranzuziehen (vgl. BVerfGE 111, 307 <317 f.>; 128, 326 <366 ff.>; 148, 296 <351 Rn. 128>; 149, 293 <328 Rn. 86>; 158, 1 <36 Rn. 70> — Ökotox-Daten). Eine schematische Parallelisierung der Aussagen des Grundgesetzes mit denen der Europäischen Menschenrechtskonvention ist allerdings nicht verlangt (vgl. BVerfGE 128, 326 <366, 392 f.>; 156, 354 <397 Rn. 122> — Vermögensabschöpfung). Bei der Heranziehung der Europäischen Menschenrechtskonvention sind die Leitentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu berücksichtigen, auch wenn sie nicht denselben Streitgegenstand betreffen, denn der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kommt eine faktische Orientierungs- und Leitfunktion für die Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention über den konkret entschiedenen Einzelfall hinaus zu (vgl. BVerfGE 111, 307 <320>; 128, 326 <368>; 148, 296 <351 f. Rn. 129>).

bb) Im Sinne einer solchen, funktionsanalogen Adaption der Gewährleistungsgehalte der Europäischen Menschenrechtskonvention kommt den aus Art. 5 Abs. 4 EMRK folgenden Verfahrensgarantien und der insoweit einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Haftbeschwerdeverfahren besondere Bedeutung zu (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 18. September 2018 - 2 BvR 745/18 -, Rn. 46). Dies hat nach Sinn und Zweck für das von Amts wegen stattfindende besondere Haftprüfungsverfahren der §§ 121, 122 StPO ebenso zu gelten, wenngleich der Wortlaut des Art. 5 Abs. 4 EMRK auf einen Antrag des Betroffenen Bezug nimmt.

Art. 5 Abs. 4 EMRK gewährt jeder Person, die festgenommen oder der die Freiheit entzogen ist, das Recht zu beantragen, dass ein Gericht innerhalb kurzer Frist über die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung entscheidet und ihre Entlassung anordnet, wenn die Freiheitsentziehung nicht rechtmäßig ist. Wenngleich eine feste zeitliche Grenze nicht existiert, sondern die Umstände des Einzelfalls, unter anderem die Schwierigkeit des Verfahrens, das Verhalten der innerstaatlichen Behörden und Gerichte sowie der festgenommenen Person und die Bedeutung der Rechtssache für den Betroffenen entscheidend sind, ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. EGMR, Patalakh v. Germany, Urteil vom 8. März 2018, Nr. 22692/15, § 33). Bei einem anhängigen Strafverfahren muss zügig über die Rechtmäßigkeit der Haft entschieden werden, damit die festgenommene Person vollen Umfangs in den Genuss der Unschuldsvermutung kommt (vgl. EGMR, Patalakh v. Germany, Urteil vom 8. März 2018, Nr. 22692/15, § 33).

2. Diesen Maßstäben ist das Oberlandesgericht nicht gerecht geworden, indem es bis zum 26. Juni 2023 eine Entscheidung im besonderen Haftprüfungsverfahren unterlassen hat.

a) Das Oberlandesgericht hat dadurch in das Grundrecht des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG eingegriffen. Die Verfahrensakten sind am 28. Dezember 2022 und damit vor Ablauf der Sechsmonatsfrist zur Haftprüfung an das Oberlandesgericht gelangt. Nach Eingang der Stellungnahme des Beschwerdeführers am 9. Januar 2023 vergingen bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Haftfortdauer am 26. Juni 2023 mehr als fünf Monate. § 122 Abs. 4 Satz 2 StPO sieht demgegenüber vor, dass die Prüfung, ob die Voraussetzungen der Untersuchungshaft weiter vorliegen, spätestens nach drei Monaten zu wiederholen ist. Zwar ruht gemäß § 121 Abs. 3 StPO der Fristenlauf des § 121 Abs. 1 StPO bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts, sodass dem Beschwerdeführer formell keine der in §§ 121, 122 StPO vorgeschriebenen Prüfungen verwehrt worden ist. Indem die Entscheidung des Oberlandesgerichts aber erst knapp sechs Monate nach Ablauf der Sechsmonatsfrist des § 121 Abs. 1 StPO ergangen ist, hat das Oberlandesgericht durch die überlange Verfahrensdauer dem Beschwerdeführer faktisch nicht nur die gemäß § 121 Abs. 1, § 122 StPO vorgesehene Sechsmonatsprüfung, sondern auch die durch § 122 Abs. 4 StPO vorgeschriebene Nachprüfung nach neun Monaten genommen.

b) Die vom Oberlandesgericht angeführten Gründe für die Verzögerung rechtfertigen den Eingriff in das Recht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG nicht. Bei den in der Antwort auf die Sachstandsanfrage des Beschwerdeführers am 30. März 2023 angeführten und im Aktenvermerk vom 13. April 2023 festgehaltenen Gründen für die Nichtbearbeitung handelt es sich sämtlich um solche, die der Beschwerdeführer nicht zu vertreten hat und die nicht geeignet sind, eine Verzögerung der Entscheidung über mehrere Monate zu rechtfertigen. Das gilt für den Verweis der Richterin auf ihren bevorstehenden Urlaub und die Corona-Erkrankung in ihrer Familie ebenso wie für den Hinweis auf vorrangig zu bearbeitende „eigene“ Haftsachen. Dass die Richterin erst am 24. März 2023 für das Verfahren vertretungsweise zuständig wurde, rechtfertigt die Verzögerung ebenfalls nicht, weil es in der gerichtsinternen Sphäre liegt, dass auf die seit November 2022 bestehende Erkrankung eines Beisitzers erst im März reagiert wurde. Unabhängig davon sind von der Zuweisung des Verfahrens an die neue Richterin am 24. März 2023 bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts am 26. Juni 2023 noch einmal mehr als drei Monate vergangen. Damit hat das Oberlandesgericht versäumt, dem Recht des Beschwerdeführers auf Durchführung der besonderen Haftprüfung nach § 122 StPO praktische Wirksamkeit zu verschaffen, weil es ihm den gesetzlich vorgesehenen Rechtsschutz nicht innerhalb angemessener Zeit gewährt hat.

III.

Es ist daher gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG festzustellen, dass die überlange Dauer des Haftprüfungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main - 1 HEs 623-625/22 - den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt.

C.

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34 Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswertes für die anwaltliche Tätigkeit stützt sich auf § 37 Abs. 2 Satz 2, § 14 Abs. 1 RVG in Verbindung mit den Grundsätzen über die Festsetzung des Gegenstandswertes im verfassungsrechtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <368 ff.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 26. Januar 2011 - 1 BvR 1671/10 -, Rn. 8). Im Hinblick auf die objektive Bedeutung der Sache ist ein Gegenstandswert von 10.000 Euro angemessen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 1242

Bearbeiter: Holger Mann