HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 895
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 126/22, Beschluss v. 26.07.2022, HRRS 2022 Nr. 895
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 9. Februar 2022 aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
1. Das Landgericht hat den Angeklagten im ersten Rechtsgang wegen Betäubungsmitteldelikten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat der Senat mit Urteil vom 29. Juli 2021 (3 StR 445/20) das Urteil des Landgerichts im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der bewaffneten Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowie der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist. Zudem hat er das erstinstanzliche Urteil in den Aussprüchen über die Einzelstrafe für die hier erstgenannte Tat und die Gesamtstrafe aufgehoben, jedoch die jeweils zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen worden.
Mit Urteil vom 9. Februar 2022 hat das Landgericht den Angeklagten nunmehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die nicht ausgeführte allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2. Das Landgericht hat die neu festgesetzte Einzelstrafe dem Strafrahmen des § 30a Abs. 2 BtMG entnommen. Von einer eigenständigen Prüfung des Vorliegens eines minder schweren Falles im Sinne des § 30a Abs. 3 BtMG hat die Strafkammer mit der Begründung abgesehen, die Ablehnung eines minder schweren Falles durch das im ersten Rechtsgang ergangene Urteil sei bindend, weil der Bundesgerichtshof die dort getroffenen Feststellungen zum Strafausspruch aufrechterhalten habe.
Das ist rechtsfehlerhaft. Die Aufrechterhaltung der Feststellungen durch die Entscheidung des Senats vom 29. Juli 2021 erstreckt sich allein auf die der Strafzumessung im ersten Urteil zu Grunde gelegten Tatsachen. Die Wertungsentscheidung, ob die betreffende Tat der bewaffneten Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als minder schwerer Fall gemäß § 30a Abs. 3 BtMG einzustufen ist, hätte das Landgericht daher im neuen Rechtsgang auf der Basis der Feststellungen des früheren Urteils und der ergänzend hierzu getroffenen weiteren strafzumessungsrelevanten Feststellungen eigenständig neu treffen müssen.
Das angefochtene Urteil beruht auf diesem Rechtsfehler. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Strafkammer, hätte sie die Prüfung eines minder schweren Falles vorgenommen, einen solchen bejaht und damit zu einer geringeren Bestrafung des Angeklagten gelangt wäre. Die neu festgesetzte Einzelstrafe und die Gesamtfreiheitsstrafe haben daher keinen Bestand.
Die vom Landgericht ergänzend getroffenen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).
HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 895
Bearbeiter: Christian Becker