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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 133

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 320/21, Beschluss v. 28.10.2021, HRRS 2022 Nr. 133


BGH 4 StR 320/21 - Beschluss vom 28. Oktober 2021 (LG Essen)

Schwere Brandstiftung (Wohnung: Entwidmung, Aufgabe einer einzelnen Wohnung; Zerstörung einer Untereinheit).

§ 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Die brandbedingte Zerstörung und die damit einhergehende Aufgabe einer einzelnen Wohnung durch dessen Bewohner vermag nicht die Entwidmung eines von mehreren Personen bewohnten Gebäudes als taugliches Tatobjekt der schweren Brandstiftung herbeizuführen. Denn die Zerstörung einer Untereinheit ändert nichts an der typischen Gefahrenlage, der § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB zu begegnen bestimmt ist.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 19. April 2021 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Der Verurteilung wegen schwerer Brandstiftung gemäß § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB steht nicht entgegen, dass der Angeklagte lediglich seine von ihm allein bewohnte, in einem Mehrfamilienhaus belegene Wohnung durch die Brandlegung zerstören wollte und sein Vorsatz ein Übergreifen des Brandes auf das weitere Gebäude nicht umfasste. Eine den Tatbestand ausschließende Entwidmung des Gebäudes zu Wohnzwecken ist damit nicht eingetreten.

Zwar kann ein Gebäude dadurch, dass es von seinen Bewohnern tatsächlich als Wohnung aufgegeben wird, seine Qualität als Tatobjekt einer schweren Brandstiftung verlieren. Der Aufgabewille braucht nicht durch eine vor der Brandlegung nach außen erkennbar gewordene Handlung manifest geworden zu sein; es kann vielmehr bereits genügen, dass er erst in der Brandlegung selbst zum Ausdruck kommt (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - 3 StR 54/07, NStZ 2008, 99; Beschlüsse vom 28. Juli 2020 - 2 StR 594/19, NStZ-RR 2021, 48, 49; vom 29. August 2019 - 2 StR 295/19, NStZ 2020, 426 f.; je mwN). Eine solche Entwidmung kommt indes nur in Betracht, wenn der Entschluss zur Aufgabe des Wohnzwecks von sämtlichen Bewohnern gefasst wird und sich auf das gesamte Gebäude bezieht. Denn Schutzobjekt des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB ist das Gebäude in seiner Gesamtheit und nicht die einzelne Wohnung innerhalb desselben. Auf diese Untereinheit des Gebäudes kommt es nur auf der Ebene des tatbestandsmäßigen Erfolges an, insofern die Zerstörung der Wohnung ein teilweises Zerstören des Gebäudes im Sinne des § 306a Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 StGB darstellt. Die brandbedingte Zerstörung und die damit einhergehende Aufgabe einer einzelnen Wohnung durch dessen Bewohner vermag indes nicht die Entwidmung eines von mehreren Personen bewohnten Gebäudes als taugliches Tatobjekt der schweren Brandstiftung herbeizuführen. Denn die Zerstörung einer Untereinheit ändert nichts an der typischen Gefahrenlage, der § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB zu begegnen bestimmt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 2021 - 3 StR 247/21, NJW 2021, 3205 Rn. 11).

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 133

Externe Fundstellen: StV 2022, 442

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß