hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 234

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, AK 75/17, Beschluss v. 11.01.2018, HRRS 2018 Nr. 234


BGH AK 75-77/17 - Beschluss vom 11. Januar 2018

Dringender Tatverdacht wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen (Dauerdelikt; Tateinheit; Tatmehrheit; Handlungen vor Versuchsbeginn; Zäsur); Plünderungen; nichtinternationaler bewaffneter Konflikt; Konkurrenzverhältnis zwischen kriegswaffenrechtlichem Dauerdelikt und Kriegsverbrechen gegen das Eigentum; Fortdauer der Untersuchungshaft.

§ 52 StGB; § 53 StGB; § 129a StGB; § 129b StGB; § 22a Abs. 1 Nr. 6 KWKG; § 9 VStGB

Leitsatz des Bearbeiters

Setzt der Täter eine Kriegswaffe als Tatmittel einer allgemeinen Straftat ein, verwirklicht er diese und das Kriegswaffendelikt tateinheitlich (§ 52 StGB). Für die Zeit vor Beginn des Versuchs der allgemeinen Straftat gilt: Fasst der Täter den konkreten Entschluss zu der allgemeinen Straftat bereits bei der ersten Handlung des Kriegswaffendelikts, so besteht bis zur Beendigung der Straftat Tateinheit. Entschließt er sich hierzu erst später, so erfährt das Dauerdelikt eine Zäsur. Die vorausgegangene, (allein) das KWKG verletzende Betätigung sowie die nachfolgende, gegen das KWKG und zugleich ein sonstiges Strafgesetz verstoßende Handlung bilden sachlich-rechtlich (wie auch verfahrensrechtlich) je eine selbständige Tat (§ 53 StGB); der nachfolgende Verstoß gegen das KWKG und derjenige gegen das sonstige Strafgesetz stehen dabei materiellrechtlich in Tateinheit.

Entscheidungstenor

Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.

Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.

Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach den allgemeinen Vorschriften zuständigen Gericht übertragen.

Gründe

I.

Die Beschuldigten wurden am 12. Juni 2017 jeweils auf Grund Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 30. Mai 2017 festgenommen und befinden sich seit dem 13. Juni 2017 ununterbrochen in Untersuchungshaft.

Gegenstand des gegen den Beschuldigten A. K. erlassenen Haftbefehls (2 BGs 710/17) ist der Vorwurf, er habe in der Zeit zwischen dem 8. November 2012 und Anfang Juli 2013 in Ra's al Ain (Syrien) durch drei rechtlich selbständige Handlungen sich als Mitglied an einer Vereinigung im Ausland beteiligt, deren Zwecke und Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 VStGB) zu begehen, und in zwei Fällen zugleich über Kriegswaffen die tatsächliche Gewalt ausgeübt, ohne dass der Erwerb der tatsächlichen Gewalt auf einer Genehmigung nach dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen beruht habe oder eine Anzeige nach § 12 Abs. 6 Nr. 1 oder § 26a KWKG erstattet worden sei, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1, 2, §§ 52, 53 StGB, § 22a Abs. 1 Nr. 6 KWKG i.V.m. (V.) „Nr. 29 a“ der Anlage zu § 1 Abs. 1 KWKG (Kriegswaffenliste).

Gegenstand der gegen die Beschuldigten S. und M. K. erlassenen Haftbefehle (2 BGs 713/17, 2 BGs 712/17) ist jeweils der Vorwurf, sie hätten in der Zeit zwischen dem 8. November 2012 und Juli 2013 in Ra's al Ain durch drei rechtlich selbständige Handlungen sich als Mitglied an einer Vereinigung im Ausland beteiligt, deren Zwecke und deren Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 VStGB) zu begehen, und in zwei Fällen zugleich über Kriegswaffen die tatsächliche Gewalt ausgeübt, ohne dass der Erwerb der tatsächlichen Gewalt auf einer Genehmigung nach dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen beruht habe oder eine Anzeige nach § 12 Abs. 6 Nr. 1 oder § 26a KWKG erstattet worden sei, sowie in einem dieser beiden Fälle außerdem gemeinschaftlich handelnd im Zusammenhang mit einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen, die sich rechtmäßig in einem Gebiet aufgehalten hätten, vertrieben sowie geplündert, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1, 2, § 25 Abs. 2, §§ 52, 53 StGB, § 22a Abs. 1 Nr. 6 KWKG i.V.m. (V.) „Nr. 29 a“ der Anlage zu § 1 Abs. 1 KWKG (Kriegswaffenliste), §§ 1, 8 Abs. 1 Nr. 6, § 9 Abs. 1 VStGB.

II.

Die Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft und ihre Fortdauer über sechs Monate hinaus liegen für sämtliche Beschuldigte vor.

1. Die Beschuldigten sind der ihnen in den Haftbefehlen vom 30. Mai 2017 angelasteten Taten dringend verdächtig.

a) Nach dem bisherigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:

aa) Die „Jabhat alNusra“

Die „Jabhat alNusra“ („Jabhat alnusra liahli ashsham“ [Hilfsfront für das Volk Großsyriens]) wurde Ende 2011 von Abu Muhammad al Jawlani und anderen syrischen Mitgliedern der seinerzeitigen Organisation „Islamischer Staat im Irak“ (ISI) im Auftrag deren Anführers Abu Bakr al Baghdadi in Syrien gegründet und sollte als Ableger der irakischen Organisation im Nachbarland operieren. Die Gründung wurde im Januar 2012 in einem im Internet veröffentlichten Video bekannt gegeben. Zwischen den zwei Gruppierungen kam es im April 2013 zum Bruch, als al Baghdadi die Vereinigung der Teilorganisationen ISI und Jabhat al Nusra im neu ausgerufenen „Islamischen Staat im Irak und Großsyrien“ (ISIG) verkündete. Al Jawlani wies dies als Anführer der Jabhat al Nusra zurück, betonte die Eigenständigkeit seiner Gruppierung und legte den Treueeid auf den Emir der Kern al Qaida, Ayman alZ awahiri, ab; sie fungierte danach als Regionalorganisation von al Qaida in Syrien.

Gemäß einer Videoverlautbarung al Jawlanis vom 28. Juli 2016 benannte sich die Jabhat al Nusra um in „Jabhat Fath al Sham“ (Front zur Eroberung Großsyriens) und löste sich einvernehmlich von der Kern al Qaida. Im Januar 2017 schloss sich die Jabhat Fath al Sham wiederum mit anderen jihadistischen Gruppierungen zu dem Bündnis „Hai'a Tahrir al Sham“ (Vereinigung zur Befreiung Großsyriens) zusammen. In diesem al Qaida nahen Bündnis, dessen militärische Führung al Jawlani übernahm, soll die Vereinigung vollständig aufgegangen sein.

Ziel der Jabhat al Nusra war der Sturz des Assad Regimes in Syrien, das sie durch einen islamischen Staat auf der Grundlage ihrer eigenen Interpretation der Sharia ersetzen wollte. Darüber hinaus erstrebte sie die „Befreiung“ des historischen Großsyrien, das heißt Syriens einschließlich von Teilen der südlichen Türkei, des Libanon, Jordaniens, Israels und der palästinensischen Gebiete. Diese Ziele verfolgte die Vereinigung mittels militärischer Operationen, aber auch durch Sprengstoffanschläge, Selbstmordattentate, Entführungen, gezielte Tötungen von Angehörigen des syrischen Militär- und Sicherheitsapparats und nicht am Konflikt beteiligten Zivilisten. Insgesamt werden der Gruppierung mehr als 2.000 Anschläge zugerechnet, bei denen mindestens 10.000 Menschen getötet wurden.

Die Jabhat al Nusra war militärisch-hierarchisch organisiert. Dem Anführer al Jawlani war ein aus fünf bis sechs Personen gebildeter Shura Rat zugeordnet. Unterhalb dieser Führungsebene standen die Kommandeure der insgesamt aus mehreren Tausend Personen bestehenden kämpfenden Einheiten, die ihrerseits in die vor Ort agierenden Kampfgruppen untergliedert waren. Ihre militärische Ausbildung erhielten die Kämpfer in einem verzweigten Netz von Trainingslagern. Daneben gab es Hinweise auf sogenannte „Sharia Komitees“ in den von der Organisation kontrollierten Gebieten, die religiöse Angelegenheiten regelten und den Aufbau eines eigenen Justiz- und Verwaltungssystems vorantrieben. Für ihre Öffentlichkeitsarbeit bediente sie sich einer eigenen Medienstelle, über die sie im Internet Verlautbarungen, Operationsberichte und Anschlagsvideos verbreitete. Darüber hinaus unterhielt sie ein Netzwerk von „Korrespondenten“ in Syrien, die ihre Berichte über Twitter-Kanäle veröffentlichten.

bb) Die Tathandlungen der Beschuldigten

(1) Am 8. November 2012 brach in dem Heimatort der Beschuldigten, Ra's al Ain, einer Stadt in der syrischen Provinz Hasaka mit rund 50.000 bis 60.000 Einwohnern, der bewaffnete Konflikt zwischen Rebellen und syrischen Regierungstruppen mit einem Angriff auf das Gebäude der Militärsicherheit aus. Alsbald beteiligte sich die Jabhat al Nusra an den Auseinandersetzungen. Da sie innerhalb kurzer Zeit einen großen Teil der Kämpfer stellte, traten ihr auch Mitglieder anderer Gruppierungen bei. Nachdem die Vereinigung die in Ra's al Ain aufhältigen Mitarbeiter und Unterstützer des syrischen Staatsapparats getötet oder vertrieben und im westlichen, arabischen Teil der Stadt die Gebietsherrschaft übernommen hatte, wollte sie ihren Machtbereich auf den nordöstlichen Teil der Stadt ausdehnen; dieser war überwiegend von Kurden bewohnt, die die Jabhat al Nusra als Verbündete des Assad-Regimes ansah. In der Folge kam es ab dem 19. November 2012 zu wiederholten bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen ihr und der „Yekîneyên Parastina Gel“ (YPG; kurdische Volksverteidigungseinheiten), die schließlich am 17. Juli 2013 Ra's al Ain unter ihre Kontrolle brachte.

(2) Auch die drei Beschuldigten schlossen sich jedenfalls kurze Zeit nach Beginn des Konflikts mit den syrischen Regierungstruppen der Jabhat al Nusra an, gliederten sich in die Struktur der Organisation ein und unterwarfen sich ihrer Befehlsstruktur. Die Brüder betätigten sich im Zeitraum bis zum 17. Juli 2013 für die Vereinigung wie folgt:

(a) Der Beschuldigte A. K. beförderte mit seinem PKW, einem Toyota Pickup, Kämpfer zu den Kampfeinsätzen; auf der Ladefläche des Fahrzeugs war ein Dreibeinmaschinengewehr montiert, über das er die tatsächliche Gewalt ausübte. Etwa Ende November/Anfang Dezember 2012 fuhr der Beschuldigte mit seinem mit dem Maschinengewehr ausgerüsteten Pickup in den nordöstlichen Teil von Ra's al Ain. Von seinem Bruder K. K. sowie weiteren bewaffneten Kämpfern begleitet, forderte er die dort lebende - überwiegend kurdische - Bevölkerung auf, ihre Häuser und Wohnungen aufzugeben und die Stadt zu verlassen.

Des Weiteren verkaufte der Beschuldigte A. K. für die Jabhat al Nusra Dieselkraftstoff; dabei hatte er ein vollautomatisches Sturmgewehr des Typs AK 47 (Kalaschnikow) in Besitz. In der Zeit von Ende 2012 bis Juni 2013 leistete er am Eingang zu dem vornehmlich von Kurden bewohnten Stadtviertel mehrmals Wachdienste an einem Kontrollposten der „Religionspolizei“, die unter der Leitung seines Bruders K. K. stand. Auch hierbei war er mit dem AK 47 bewaffnet.

(b) Der Beschuldigte S. K. nahm für die Jabhat al Nusra an Kampfhandlungen gegen die YPG teil. Darüber hinaus verrichtete auch er an einem Kontrollposten der „Religionspolizei“ Wachdienste. Dabei übte er jeweils ebenfalls die tatsächliche Gewalt über ein vollautomatisches Sturmgewehr des Typs AK 47 aus.

(c) Der Beschuldigte M. K. stellte den Kämpfern der Jabhat al Nusra sein an der Grenze zu dem überwiegend von Kurden bewohnten Stadtviertel gelegenes Wohnhaus zur Verfügung; von dem Dach des Gebäudes wurde auf die kurdische Seite geschossen. Zudem fuhr der Beschuldigte Kämpfer mit seinem PKW, einem Mazda, zu Patrouillenfahrten durch die Stadt. Auch er leistete an einem von der „Religionspolizei“ eingerichteten Kontrollposten Wachdienste und übte dabei die tatsächliche Gewalt über ein vollautomatisches Sturmgewehr des Typs AK 47 aus.

(d) Etwa Ende November/Anfang Dezember 2012 fassten die Beschuldigten S. und M. K. sowie weitere Mitglieder der Jabhat al Nusra, unter anderem ihr Bruder K. K., den Entschluss, Mitarbeiter oder Sympathisanten des Assad-Regimes aus dem Ort zu vertreiben und ihren Besitz an sich zu nehmen. Die drei Brüder fuhren gemeinsam mit einer Gruppe von 20 bis 25 weiteren Kämpfern der Jabhat al-Nusra zu dem syrischen Staatsbeamten M. N., nahmen ihn fest und vertrieben die restliche Familie aus Ra's al Ain, ohne ihr Gelegenheit zu geben, ihr Hab und Gut mitzunehmen. Die Familie N. leistete keinen Widerstand, weil die Beschuldigten S. und M. K. sowie die übrigen Vereinigungsmitglieder mit Sturmgewehren (Kalaschnikows) bewaffnet waren. Anschließend plünderte die Gruppe das Anwesen, indem auf Geheiß der beiden Beschuldigten sowie ihres Bruders das gesamte brauchbare Inventar, das im Besitz der Familie N. stand, auf Pickups verladen und weggebracht wurde, um der Vereinigung die Sachherrschaft darüber zu verschaffen.

b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus Folgendem:

Bezüglich der außereuropäischen terroristischen Vereinigung Jabhat al Nusra gründet er sich auf Gutachten des Islamwissenschaftlers Dr. S. und sonstige Dokumente, die der Generalbundesanwalt in dem Stehordner „Strukturerkenntnisse“ zu dieser Organisation zusammengetragen hat. Erkenntnisse zu den die Jabhat al Nusra betreffenden jüngeren Entwicklungen sind namentlich in dem Behördenzeugnis des Bundesamts für Verfassungsschutz vom 13. Oktober 2016 sowie dem Auswertebericht „Zwischenbericht März 2017" des Bundeskriminalamts und dessen Vermerk vom 27. Juni 2017 dargelegt (s. Bl. 202 ff., 223 ff., 250 ff.). Zu den Ereignissen in Ra's al Ain in den Jahren 2012 und 2013, insbesondere der Rolle der Jabhat al Nusra, hat der Sachverständige Dr. S. unter dem 12. Juni 2017 gutachterlich Stellung genommen (vgl. Bl. 267 ff.); die Zentrale Kriminalinspektion L. hat diesbezüglich mit Vermerk vom 8. November 2017 allgemein zugängliche Quellen ausgewertet.

Die Beschuldigten haben sich bisher nicht zur Sache eingelassen. Der dringende Tatverdacht hinsichtlich der ihnen zur Last liegenden einzelnen Handlungen beruht in erster Linie auf einer Vielzahl von Zeugenaussagen, die sich im Wesentlichen wechselseitig bestätigen und ergänzen. Insoweit besonders bedeutsam sind die Bekundungen der Zeugen M. G., M. A., S. M., A. M. sowie J. H. ; namentlich auf dessen Aussage stützt sich die Schilderung der Geschehnisse um die Familie des syrischen Staatsbeamten M. N. Den dringenden Tatverdacht verfestigende Angaben haben die Zeugen Su. M., L. S., O. H., K. A., Y. A., M. H. und L. H. gemacht. Bestätigt wird der Verdacht der Mitgliedschaft in der Jabhat al Nusra, zumindest was den Beschuldigten M. K. betrifft, durch ein von diesem gegen Mitternacht des 20. Mai 2017 geführtes 45-minütiges Telefongespräch sowie eine in den sozialen Medien sichergestellte Lichtbilddatei. Wegen der Einzelheiten der Beweisführung wird Bezug genommen auf die Ausführungen in den Haftbefehlen vom 30. Mai 2017, den zugrundeliegenden Haftbefehlsanträgen des Generalbundesanwalts jeweils vom 29. Mai 2017 (Haftsachakte A. K. Bl. 17 ff.; Haftsachakte S. K. Bl. 19 ff.; Haftsachakte M. K. Bl. 15 ff.), dem „Vorläufigen Abschlussbericht“ der Zentralen Kriminalinspektion L. vom 6. Dezember 2017 (Sachakte Band 8 „Nachlieferungen“ Bl. 143 ff.) und der Zuleitungsschrift des Generalbundesanwalts vom 7. Dezember 2017.

c) In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

aa) Der Beschuldigte A. K. ist dringend verdächtig der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlicher Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1, §§ 52, 53 StGB, § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KWKG).

Der Beschuldigte A. K. hat sich mit hoher Wahrscheinlichkeit an der außereuropäischen terroristischen Vereinigung Jabhat al Nusra als Mitglied im Sinne von § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB beteiligt. Bei einem Maschinengewehr und einem vollautomatischen (Sturm-)Gewehr handelt es sich um Kriegswaffen nach § 1 Abs. 1 KWKG i.V.m. Anlage (Kriegswaffenliste) Teil B Abschnitt V Nr. 29 Buchst. a und c, so dass der jeweilige unmittelbare Besitz nach ungenehmigtem derivativen Erwerb den Straftatbestand des § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KWKG erfüllt (zum hier nicht einschlägigen § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. b KWKG [originärer Erwerb] vgl. MüKoStGB/Heinrich, 3. Aufl., § 22a KWKG Rn. 75 ff.; Steindorf/Heinrich, Waffenrecht, 10. Aufl., § 22a KWKG Rn. 8, 8b).

Die zwei während des Aufenthalts bei der Jabhat al Nusra begangenen Kriegswaffendelikte stehen zueinander in Tatmehrheit; denn nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte A. K. - wenigstens teilweise - gleichzeitig die tatsächliche Gewalt über das Maschinengewehr und das vollautomatische Gewehr ausübte (s. BGH, Beschluss vom 10. August 2017 - AK 35 u. 36/17, juris Rn. 37; MüKoStGB/Heinrich, 3. Aufl., § 22a KWKG Rn. 107; Steindorf/Heinrich aaO, Rn. 22). Da die zwei Verstöße gegen das KWKG der Förderung der Zwecke und der Tätigkeit der Jabhat al Nusra dienten, liegt zu beiden materiellrechtlichen Taten jeweils idealkonkurrierend eine mitgliedschaftliche Beteiligung an dieser Vereinigung vor. Das Organisationsdelikt der § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB verklammert diese beiden Taten indes nicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, BGHSt 60, 308, 311 f., 319 f.; vom 20. Dezember 2016 - 3 StR 355/16, juris Rn. 5).

Der gegen den Beschuldigten A. K. erlassene Haftbefehl umfasst in tatsächlicher Hinsicht keine mitgliedschaftlichen Beteiligungshandlungen, die nicht zugleich den Tatbestand des § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KWKG erfüllen. Das Verbringen der Kämpfer zu den Kampfeinsätzen sowie die versuchte Räumung eines kurdischen Wohngebiets nahm der Beschuldigte unter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über das Maschinengewehr vor; bei dem Verkauf des Dieselkraftstoffs und den Wachdiensten führte er für jedermann sichtbar das Sturmgewehr mit sich. Zwar erhebt der Haftbefehl in rechtlicher Hinsicht einen derartigen Vorwurf (von ansonsten straflosen Beteiligungshandlungen), weil er den dringenden Verdacht einer dritten realkonkurrierenden - isolierten - mitgliedschaftlichen Beteiligung aufführt. Derartige weitere Betätigungsakte, die ausschließlich nach § 129a Abs. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB strafbar wären, werden jedoch nicht geschildert und sind auch sonst nicht ersichtlich.

bb) Überdies sind dringend verdächtig

- der Beschuldigte S. K. der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung in drei Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlicher Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe, davon in einem Fall zudem in Tateinheit mit einem Kriegsverbrechen gegen Eigentum und sonstige Rechte in Form der Plünderung,

- der Beschuldigte M. K. der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit einem Kriegsverbrechen gegen Eigentum und sonstige Rechte in Form der Plünderung und mit vorsätzlicher Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe sowie in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlicher Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1, § 25 Abs. 2, §§ 52, 53 StGB, § 9 Abs. 1 VStGB, § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KWKG).

Für beide Beschuldigte trägt dies die Fortdauer der Untersuchungshaft. Somit kann offen bleiben, ob auch ein dringender Tatverdacht hinsichtlich des - im jeweiligen Haftbefehl aufgeführten - Kriegsverbrechens gegen Personen in Form der Vertreibung nach § 8 Abs. 1 Nr. 6 VStGB besteht und wie eine solche Straftat konkurrenzrechtlich zu bewerten wäre.

(1) Der oben unter II. 1. a) bb) (2) (d) geschilderte Sachverhalt erfüllt den Straftatbestand des § 9 Abs. 1 Variante 1 VStGB.

Bei den kriegerischen Auseinandersetzungen, die in den Jahren 2012 und 2013 in Syrien auch in der Provinz Hasaka stattfanden, handelt es sich um einen nichtinternationalen bewaffneten Konflikt (zu den Voraussetzungen s. BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - 3 StR 57/17, NJW 2017, 3667, 3668; Beschlüsse vom 17. Juni 2010 - AK 3/10, BGHSt 55, 157, 166; vom 17. November 2016 - AK 54/16, juris Rn. 23; MüKoStGB/Geiß/Zimmermann, 3. Aufl., § 8 VStGB Rn. 96 ff.). Indem die Beschuldigten S. und M. K. - gemeinschaftlich handelnd mit ihrem Bruder K. K. und den weiteren Kämpfern der Jabhat al Nusra - unter Ausnutzung des Zerfalls der staatlichen Ordnungsstrukturen mittels gewaltsamen Auftretens in der Gruppe (Festnahme, Einschüchterung) das gesamte brauchbare Inventar vom Anwesen des syrischen Staatsbeamten M. N. entwendeten, plünderten sie dieses (zu den Voraussetzungen vgl. MüKoStGB/Ambos, 3. Aufl., § 9 VStGB Rn. 6; ferner MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 125a Rn. 28; S/S/Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 125a Rn. 13, jeweils mwN). Dementsprechend liegt auch der erforderliche Zusammenhang zwischen der Wegnahme und dem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt vor (s. MüKoStGB/Ambos, 3. Aufl., Vor §§ 8 ff. VStGB Rn. 34 ff., § 9 VStGB Rn. 4). Zudem richtete sich die völkerrechtlich nicht gerechtfertigte Tat gegen Sachen der gegnerischen Partei (s. hierzu MüKoStGB/Ambos, 3. Aufl., § 9 VStGB Rn. 7, 10, 12 ff.); M. N. gehörte dem Staatsapparat an, den die Jabhat alNusra mit Waffengewalt bekämpfte. Die Plünderung des Anwesens ist den Beschuldigten als Mittätern gemäß § 25 Abs. 2 StGB, § 2 VStGB zuzurechnen. Sie hatten Tatherrschaft inne, indem sie vor Ort waren und die Kämpfer zur Wegnahme der Sachen anwiesen; als Mitglieder der begünstigten Jabhat al Nusra hatten sie außerdem ein Tatinteresse.

Ob der betreffende den Beschuldigten S. und M. K. zur Last liegende Lebenssachverhalt (s. II. 1. a) bb) (2) (d)) auch den Straftatbestand des § 8 Abs. 1 Nr. 6 VStGB (Kriegsverbrechen gegen Personen in Form der Vertreibung) verwirklicht, bedarf, wie oben ausgeführt, im Haftprüfungsverfahren keiner Klärung. Insbesondere kommt es hier nicht darauf an, ob es sich auch bei den Familienangehörigen des Staatsbediensteten - nicht nur bei diesem selbst - um nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen im Sinne des § 8 Abs. 6 Nr. 2 VStGB handelt (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2016 - 3 StR 435/16, NStZ 2017, 699, 700).

(2) Des Weiteren haben sich auch die Beschuldigten S. und M. K. mit hoher Wahrscheinlichkeit an der außereuropäischen terroristischen Vereinigung Jabhat al Nusra als Mitglieder im Sinne von § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB beteiligt. Das jeweils in ihrem Besitz befindliche AK 47 stellt als vollautomatisches Gewehr gemäß § 1 Abs. 1 KWKG i.V.m. Anlage (Kriegswaffenliste) Teil B Abschnitt V Nr. 29 Buchst. c eine Kriegswaffe dar, woraus sich, wie oben dargelegt, eine - mutmaßliche - Strafbarkeit nach § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KWKG ergibt.

(3) Die den Beschuldigten S. und M. K. zur Last liegenden Taten sind konkurrenzrechtlich wie folgt zu bewerten:

(a) Für das Verhältnis des kriegswaffenrechtlichen Dauerdelikts gemäß § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KWKG zum Kriegsverbrechen nach § 9 Abs. 1 VStGB gilt:

Setzt der Täter eine Kriegswaffe als Tatmittel einer allgemeinen Straftat ein, verwirklicht er diese und das Kriegswaffendelikt tateinheitlich (§ 52 StGB). Für die Zeit vor Beginn des Versuchs der allgemeinen Straftat ist entsprechend der von der Rechtsprechung zum allgemeinen Waffenrecht entwickelten Grundsätze zu differenzieren: Fasst der Täter den konkreten Entschluss zu der allgemeinen Straftat bereits bei der ersten Handlung des Kriegswaffendelikts, so besteht bis zur Beendigung der Straftat Tateinheit. Entschließt er sich hierzu erst später, so erfährt das Dauerdelikt eine Zäsur. Die vorausgegangene, (allein) das KWKG verletzende Betätigung sowie die nachfolgende, gegen das KWKG und zugleich ein sonstiges Strafgesetz verstoßende Handlung bilden sachlich-rechtlich (wie auch verfahrensrechtlich) je eine selbständige Tat (§ 53 StGB); der nachfolgende Verstoß gegen das KWKG und derjenige gegen das sonstige Strafgesetz stehen dabei materiellrechtlich in Tateinheit (vgl. - zum Waffenrecht - BGH, Urteile vom 16. März 1989 - 4 StR 60/89, BGHSt 36, 151, 154; vom 15. April 1998 - 2 StR 670/97, NStZ-RR 1999, 8, 9; Beschlüsse vom 7. Februar 1996 - 5 StR 9/96, BGHR WaffG § 53 Abs. 1 Konkurrenzen 3; vom 27. Mai 1998 - 5 StR 717/97, BGHR WaffG § 53 Abs. 1 Konkurrenzen 7; vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, BGHSt 60, 308, 316 f.; ferner BGH, Beschlüsse vom 18. Februar 1999 - 5 StR 45/99, BGHR WaffG § 53 Abs. 1 Konkurrenzen 8; vom 21. März 2001 - 1 StR 48/01, NJW 2001, 3200, 3203; vom 27. Dezember 2011 - 2 StR 380/11, BGHR WaffG § 53 Abs. 1 Konkurrenzen 9; Erbs/Kohlhaas/Lampe, Strafrechtliche Nebengesetze, 217. EL, § 22a KWKG Rn. 28). Darüber hinaus liegt nach materieller Beendigung der allgemeinen Straftat in dem anschließenden Kriegswaffendelikt eine weitere sachlich-rechtlich selbständige Handlung (vgl. - zum Waffenrecht - BGH, Urteile vom 16. März 1989 - 4 StR 60/89, aaO; vom 15. April 1998 - 2 StR 670/97, aaO; ferner BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, aaO, S. 317).

Infolgedessen sind auf der Grundlage des dringenden Tatverdachts für die Beschuldigten S. und M. K. drei Straftaten nach dem KWKG gegeben, erstens der Besitz des vollautomatischen Gewehrs bis zur Plünderung des Anwesens, zweitens das Führen dieser Kriegswaffe während dieses Kriegsverbrechens sowie drittens der weitere Besitz der Waffe nach dem Abtransport der Beute.

(b) Durch jede der drei den Beschuldigten S. und M. K. angelasteten Taten betätigten sie sich zugleich mitgliedschaftlich für die Jabhat al Nusra. Die Straftaten nach § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KWKG stehen daher jeweils in Tateinheit mit dem Organisationsdelikt der § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB, wobei bei einer der Taten idealkonkurrierend das Kriegsverbrechen gemäß § 9 Abs. 1 VStGB hinzutritt. Das Organisationsdelikt verklammert diese drei - jeweils noch gegen andere Strafgesetze verstoßenden - Taten nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, aaO, S. 319 f.).

(c) Der gegen den Beschuldigten M. K. erlassene Haftbefehl führt - anders als derjenige, der gegen den Beschuldigten S. K. vollzogen wird - einen mitgliedschaftlichen Betätigungsakt für die Jabhat al Nusra auf, der nicht zugleich den Straftatbestand des § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KWKG verwirklicht. Der Beschuldigte M. K. stellte nach Aktenlage sein Wohnhaus Kämpfern der Vereinigung zur Verfügung; dies tat er - mangels entgegenstehender Anhaltspunkte - unabhängig von seiner Sachherrschaft über die Kriegswaffe. Da er die Beteiligungshandlung somit nur gelegentlich des kriegswaffenrechtlichen Dauerdelikts ausführte und eine bloße zeitliche Überschneidung keine Tateinheit begründet (s. BGH, Beschluss vom 11. August 2000 - 3 StR 235/00, NStZ 2000, 641; MüKoStGB/Heinrich, 3. Aufl., § 52 WaffG Rn. 140; S/S/Sternberg-Lieben/Bosch, StGB, 29. Aufl., Vor §§ 52 ff. 90), ist diesem Beschuldigten eine weitere (vierte) sachlich-rechtlich selbständige Tat (allein) der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung vorzuwerfen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. August 2017 - AK 35 u. 36/17, juris Rn. 39).

cc) Auf die Taten, derer die drei Beschuldigten dringend verdächtig sind, ist deutsches Strafrecht anwendbar. Dies folgt für die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung unmittelbar aus § 129b Abs. 1 Satz 2 Variante 4 StGB (zum Strafanwendungsrecht im Einzelnen s. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2016 - AK 52/16, juris Rn. 33 ff.), für das Kriegsverbrechen gegen Eigentum und sonstige Rechte in Form der Plünderung aus § 1 VStGB sowie für die vorsätzliche Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB; denn letztgenannte Taten sind auch nach syrischem Recht mit Strafe bedroht (§ 39 i.V.m. § 41 des syrischen Präsidialerlasses Nr. 51 vom 24. September 2001).

dd) Die nach § 129b Abs. 1 Satz 2, 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung liegt hinsichtlich der Jabhat al Nusra vor.

2. Bei den Beschuldigten besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO.

Sie haben im Fall ihrer Verurteilung jeweils empfindliche, einen hohen Fluchtanreiz begründende Strafen zu erwarten. Dem von der Straferwartung ausgehenden Fluchtanreiz stehen keine ausreichenden fluchthindernden Umstände gegenüber. Die Beschuldigten reisten erst in den Jahren 2013 und 2014 nach Deutschland ein. Sie leben hier zwar mit ihren Familien. Jedoch verfügen sie nicht nur noch über Kontakte in ihr Heimatland, sondern haben dort auch - gemeinsam - ein beträchtliches Vermögen.

Überdies ist - erst recht - der Haftgrund der Schwerkriminalität gemäß § 112 Abs. 3 StPO, auch bei der gebotenen restriktiven Handhabung der Vorschrift (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 112 Rn. 37 mwN), gegeben.

3. Eine - bei verfassungskonformer Auslegung auch im Rahmen des § 112 Abs. 3 StPO mögliche - Außervollzugsetzung des Haftbefehls (§ 116 StPO) ist unter den gegebenen Umständen nicht erfolgversprechend.

4. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) liegen vor; der außergewöhnliche Umfang der Ermittlungen und deren besondere Schwierigkeit haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft:

Die Sachakten umfassen mittlerweile 24 Stehordner. Die Ermittlungen gestalteten sich - auch nach Erlass der Haftbefehle - aufwendig. Zahlreiche in verschiedenen Teilen Deutschlands aufhältige Zeugen wurden vernommen. Aus den Aussagen ergaben sich Erkenntnisse zu weiteren Auskunftspersonen, wodurch auch deren zeugenschaftliche Einvernahme notwendig wurde. Auch mussten Zeugen wiederholt befragt werden, um die Angaben auf Widersprüche prüfen zu können. Aus einem Brief des Beschuldigten A. K. ergab sich ein Hinweis auf einen Entlastungszeugen, den Zeugen I. K., dessen Personalien ermittelt werden konnten, so dass er am 1. Dezember 2017 vernommen wurde (Sachakte Band 8 „Nachlieferungen“ Bl. 90 ff.). Darüber hinaus wurden sichergestellte elektronische Datenträger ausgewertet, wozu eine umfangreiche Übersetzungstätigkeit aus der arabischen Sprache erforderlich war. Auf dem iPhone des Beschuldigten A. K. waren 516 Kontakte vorhanden, die überprüft wurden, sowie eine Web-Historie von 2.390 Einträgen, die ausgelesen wurde. 280 WhatsApp-Chats und 20.269 Lichtbilddateien, die auf dem Mobiltelefon des Beschuldigten S. K. gespeichert waren, wurden ausgewertet. Ferner wurden Finanzermittlungen durchgeführt, dabei Konten gesichtet, Grundbuchauskünfte eingeholt und Geschäftsunterlagen geprüft.

In Anbetracht dessen ist das Ermittlungsverfahren bislang mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden.

5. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht nach alledem für keinen der Beschuldigten außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Fall einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 234

Bearbeiter: Christian Becker