HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 520
Bearbeiter: Holger Mann
Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 1480/23, Beschluss v. 08.03.2024, HRRS 2024 Nr. 520
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Anordnung einer verdeckten Fesselung bei einer Ausführung zum Erhalt der Lebenstüchtigkeit des sicherungsverwahrten Beschwerdeführers.
1. Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Landgerichts Kassel vom 7. Juni 1999 wegen schweren Raubes, versuchten Raubes und wegen versuchten Diebstahls mit Waffen sowie wegen Diebstahls in sechs Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünfzehn Jahren verurteilt. Seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wurde angeordnet. Das Landgericht ging auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens davon aus, dass bei dem Beschwerdeführer eine antisoziale Persönlichkeitsstörung vorliege, die nicht den Schweregrad einer anderen seelischen Abartigkeit gemäß § 20 StGB erreiche. Es bestehe eine sehr hohe Rückfallgefahr für Straftaten mit einer erheblichen Gefahr für die Allgemeinheit.
Die Gesamtfreiheitsstrafe hatte der Beschwerdeführer am 28. Juni 2008 vollständig verbüßt. Seitdem wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt.
2. Während der Fortdauer der Sicherungsverwahrung wurden mehrere psychiatrische, psychologische und kriminalprognostische Gutachten erstellt. Den vorgelegten Auszügen ist zu entnehmen, dass die Sachverständigen dem Beschwerdeführer bis ins Jahr 2018 eine Persönlichkeitsstörung, ein hohes Rückfallrisiko und einen hohen Behandlungs- und Kontrollbedarf attestierten. So ging der Sachverständige Dr. (…) noch in seinem Gutachten vom 18. Februar 2018 davon aus, dass bei dem Beschwerdeführer eine psychische Störung vorliege. Eine Ausnahme bildete der Sachverständige Prof. Dr. Dr. (…), der in einer Stellungnahme vom 2. Juni 2015 empfahl, den Beschwerdeführer unverzüglich und ohne Auflagen in den offenen Vollzug zu überstellen sowie von dort unverzüglich zu entlassen. Es liege zwar eine dissoziale Persönlichkeitsstörung vor, die aber für die Kriminalprognose irrelevant sei. Prof. Dr. Dr. (…) war auch der letzte Sachverständige, mit dem der Beschwerdeführer ein persönliches Gespräch führte. Sämtliche folgende Gutachten wurden, weil der Beschwerdeführer ein Explorationsgespräch ablehnte, nach Aktenlage erstellt.
a) In einer kriminalprognostischen Stellungnahme vom 28. Mai 2019 kam die Fachpsychologin für Rechtspsychologie Frau Dr. (…) erstmals nicht mehr zu einem eindeutigen Ergebnis. Die Diagnose einer dissozialen Persönlichkeitsstörung sei ohne eine Exploration des Beschwerdeführers mit Schwierigkeiten verbunden, und aufgrund der dünnen Datenlage könne der aktuelle Stand einer möglicherweise vorhandenen Problematik nur vorsichtig eingeschätzt werden. Auch sie war der Auffassung, es bestehe weiterhin ein hohes allgemeines beziehungsweise zumindest ein Rückfallrisiko im oberen Durchschnitt und der Beschwerdeführer sei für den offenen Vollzug ungeeignet, wobei die Ergebnisse aufgrund der fehlenden Exploration vorsichtig zu interpretieren seien. Trotz der schlechten Legalprognose seien eine Flucht- oder Missbrauchsgefahr aber nicht erkennbar und Vollzugslockerungen somit vertretbar.
b) Die Fachpsychologin für Rechtspsychologie Prof. Dr. (…) erstellte am 31. August 2020 ein kriminalprognostisches psychologisches Gutachten, in dem sie zu dem Ergebnis kam, die Diagnose einer dissozialen Persönlichkeitsstörung könne mangels Exploration und mangels entsprechenden Verhaltens in der Anstalt nicht mehr positiv gestellt werden. Es sei denkbar, den Beschwerdeführer zu bestimmten Aktivitäten in Begleitung von Mitarbeitern, zu denen Kontakt bestehe, ungefesselt auszuführen. Die Sachverständige betonte mehrfach, dass sich aufgrund des fehlenden Explorationsgesprächs zu vielen relevanten Punkten keine validen Angaben machen ließen. Aus den Akten ergäben sich keine Hinweise auf dissoziales Verhalten. Aus dem aktuellen Vollzugsverhalten ließen sich keine Wahrscheinlichkeiten ableiten, mit deren Hilfe positiv zu belegen sei, dass der Beschwerdeführer erneut Straftaten begehen werde. Eine gegebenenfalls noch vorliegende Gefährlichkeit könne darin bestehen, dass dissoziale Aspekte beim Beschwerdeführer noch stärker vorhanden seien, als sie unter den aktuellen Bedingungen sichtbar würden. Ein Problem stelle insbesondere seine Rigidität dar.
c) In einer weiteren kriminalprognostischen Stellungnahme vom 5. Juli 2021 kam Frau Dr. (…) erneut zu dem Schluss, dass sich weiterhin die Diagnose einer Persönlichkeits- oder Verhaltensstörung gemäß gängiger Klassifikationssysteme nicht feststellen lasse. Es gebe keine Änderung im Verhalten des Beschwerdeführers. Weiterhin zeigten sich die viel beschriebene Rigidität in seiner Haltung, die Ablehnung gegenüber behandlerischen Maßnahmen, das Misstrauen gegenüber den Behandlern und die fehlende Kooperationsbereitschaft. Dieser Anteil seiner Unflexibilität spreche für die Vermutung einer psychischen Beeinträchtigung. Eine Diagnose gemäß ICD-10 Klassifikation könne weder angenommen noch ausgeschlossen werden. Auch eine antisoziale Persönlichkeitsstörung gemäß DSM-5 könne nicht sicher angenommen werden. Selbst ohne eigene Untersuchung spreche aber einiges dafür, dass sich eine vormals antisoziale Verhaltensbereitschaft im Rahmen der langjährigen Haft- und Unterbringungsdauer abgeschwächt habe. Eine Veränderung der Gefahrenprognose sei nicht zu erwarten.
3. Der Beschwerdeführer begehrte mit einem Antrag vom 28. Juli 2021 eine ungefesselte Ausführung in ein Imkereizubehörgeschäft. Er wolle sich neu einkleiden, daher sei eine gefesselte Ausführung nicht sinnvoll. Zu diesem Zeitpunkt nahm der Beschwerdeführer ausweislich des Vollzugs- und Behandlungsplans vom 26. Mai 2021 am sogenannten „Bienenprojekt“ teil und nutzte das sportliche Angebot der Justizvollzugsanstalt. Abgesehen davon lehnte er aber alle anderen Angebote der Justizvollzugsanstalt - wie schon seit Jahren - ab.
4. Die Justizvollzugsanstalt beschied seinen Antrag zunächst nicht, woraufhin der Beschwerdeführer am 2. November 2021 einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim Landgericht stellte. Seit über 13 Jahren verweigere ihm die Justizvollzugsanstalt qualifizierte Wiedereingliederungsmaßnahmen und Erprobungen trotz Überschreitens der Zehn-Jahres-Frist und zahlreicher Gutachten, die die ungefesselte Erprobung empfohlen hätten. Insbesondere die Sachverständige Frau Dr. (…) habe nachvollziehbar dargelegt, dass im Rahmen von ungefesselten Ausführungen keine Flucht- oder Missbrauchsgefahr bestehe.
5. Mit Bescheid vom 28. Dezember 2021 genehmigte die Justizvollzugsanstalt die Ausführung, lehnte den Antrag aber im Hinblick auf die Durchführung ohne (verdeckte) Fesselung ab. Beim Beschwerdeführer bestehe nach wie vor eine Persönlichkeitsstörung und er weigere sich fortwährend, Einblicke in seine Persönlichkeit zu gewähren und an einer Aufarbeitung der vielfachen kriminogenen Faktoren mitzuwirken. Deshalb sei die Gefahrenprognose unverändert und aufgrund dessen die Absprachefähigkeit in Bezug auf die Durchführung von vollzugsöffnenden Maßnahmen nicht ausreichend gegeben. Auf die einer Flucht vorbeugende Fesselung könne daher nicht verzichtet werden. Gegenüber dem Landgericht erklärte die Justizvollzugsanstalt mit Schreiben vom selben Tag, der Beschwerdeführer lasse keine Gespräche zu, die inhaltlich über die Entlassungsplanung und das Bienenprojekt hinausgingen. Er verweigere seit dem Januar 2019 jegliche Durchführung vollzugsöffnender Maßnahmen sowie Vorführungen vor Gericht, da diese bisher nicht ungefesselt durchgeführt worden seien. So verschließe er sich auch in diesem Punkt jeglichem Erkenntnisgewinn.
6. Dem trat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 7. Januar 2022 entgegen. Seine - von der Justizvollzugsanstalt in Abrede gestellte - Absprachefähigkeit habe er in über 100 Aus- und Vorführungen sowie Besuchsüberstellungen erschöpfend unter Beweis gestellt. Hierzu legte er eine Übersicht über seine Abwesenheiten im Zeitraum vom 13. November 2008 bis zum 14. November 2018 sowie zwei Ausführungsberichte vom 5. März 2013 und vom 10. April 2013 vor. Die Justizvollzugsanstalt führe auch keine tragfähigen Anhaltspunkte für die Annahme einer Persönlichkeitsstörung oder einer Fluchtgefahr an. Eine Persönlichkeitsstörung liege ausweislich des Gutachtens der Frau Prof. Dr. (…) vom 31. August 2020 gerade nicht vor.
7. In einer Stellungnahme vom 9. Februar 2022 führte die Justizvollzugsanstalt aus, auch im Hinblick darauf, dass ein Anprobieren von Kleidung mit der verdeckten Fesselung wohl nicht möglich sei, könne auf eine Fesselung nicht verzichtet werden. Der Beschwerdeführer sei körperlich außerordentlich fit und uneingeschränkt aktionsfähig und daher ungefesselt jederzeit in der Lage, einen Fluchtversuch zu unternehmen, der keine unerhebliche Erfolgschance haben dürfte. Es liege an ihm, durch eine offene und konstruktive Kommunikation und Behandlung eine Basis für eine Erprobung in vollzugsöffnenden Maßnahmen zu bieten.
8. Der Beschwerdeführer nahm mit Schreiben vom 4. März 2022 erneut Stellung und führte wiederum aus, die Justizvollzugsanstalt führe keine konkreten aktuellen Umstände an, die eine Fesselung rechtfertigten. Insbesondere sei er aufgrund einer Operation an den Bandscheiben und einer Schädigung seines rechten Sprunggelenks körperlich eingeschränkt. Die Teilnahme an Behandlungsmaßnahmen sei keine gesetzliche Voraussetzung für den Verzicht auf die Fesselung, zumal bei ihm mangels Vorliegens einer psychischen Störung überhaupt kein Behandlungsbedarf bestehe, wie durchgehend sachverständig aufgezeigt worden sei.
9. Das Landgericht wies den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit Beschluss vom 13. April 2022 zurück, der allerdings auf die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers vom Oberlandesgericht mit Beschluss vom 20. Oktober 2022 aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen wurde. Das Oberlandesgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung unzureichend seien. Der angefochtene Beschluss teile die auf konkreten Tatsachen beruhende Annahme der Fluchtgefahr nicht im ausreichenden Maße mit.
10. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2022 trug der Beschwerdeführer seine Rechtsansicht erneut vor und ergänzte, gegen ihn würden besondere Sicherungsmaßnahmen verhängt, obwohl das Landgericht bereits mehrfach festgestellt habe, dass dies rechtswidrig sei. So sei bereits in einem Beschluss des Landgerichts vom 8. August 2011 die allgemeine Fesselungsanordnung aufgehoben worden. Die Justizvollzugsanstalt habe die Praxis allerdings fortgeführt und in einem inoffiziellen Datenblatt „Ausführungsmodalitäten“ weiterhin vermerkt, dass er bei Ausführungen zu fesseln sei. Das Landgericht habe sodann in einem Beschluss vom 21. Januar 2021 festgestellt, dass dies eine erneute allgemeine Fesselungsanordnung darstelle, die rechtswidrig sei. Über diese beiden Beschlüsse setze sich die Justizvollzugsanstalt nach wie vor hinweg, indem sie weiterhin eine pauschale Fesselungsanordnung praktiziere und der entsprechende Vermerk auch weiterhin auf dem Datenblatt „Ausführungsmodalitäten“ stehe.
11. Die Justizvollzugsanstalt verwies in einer Stellungnahme vom 27. Dezember 2022 ebenfalls auf ihre bisherigen Ausführungen und legte den Vollzugsplan vom 15. Juni 2022 vor. Dort heißt es unter „Behandlungsverlauf und Aussichten“, der Kontakt des Beschwerdeführers zu den Fachdiensten müsse als nicht tragfähig bezeichnet werden. Zum Sozialdienst habe er bedarfsorientiert und damit gelegentlich Kontakt. Mit dem zuständigen psychologischen Dienst spreche er weiterhin nicht. Bei zufälligen Begegnungen gebe er sich freundlich. Aufgrund der Verweigerungshaltung sei es derzeit nach wie vor nicht möglich, einen tieferen Einblick in das Denken und Fühlen des Beschwerdeführers zu gewinnen. Eine Aufarbeitung der kriminogenen Persönlichkeitsfaktoren, wie sie in den Sachverständigengutachten beschrieben seien, habe nicht stattgefunden. Sein Verhalten lasse auf rigide Denkstrukturen, Verantwortungsabwehr und eine feindselige Grundhaltung schließen. Er wisse genau, was er tun müsse, um bezüglich weiterer Lockerungen, nämlich dem Wegfall der Fesselung, oder allgemein im Vollzug weiterzukommen, entscheide sich aber seit Jahren bewusst dagegen. Unter „Behandlungsbereiche und -maßnahmen“ ist festgehalten, dass das Vollzugsverhalten des Beschwerdeführers beanstandungslos sei. Er halte sich an die Regeln und an die Hausordnung. Impulsives oder grenzüberschreitendes Verhalten liege nicht vor. In dem Abschnitt „Vollzugsöffnende Maßnahmen“ heißt es, der Beschwerdeführer sei eine „black box“. Er halte sich körperlich fit und sei daher in der Lage, eine Flucht zu versuchen. Eine konkrete Entlassungsperspektive habe er nicht vorzuweisen.
12. Mit angegriffenem Beschluss vom 4. Mai 2023 wies das Landgericht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung erneut zurück. Es zitierte zur Darstellung des Sachverhalts aus dem Anlassurteil des Landgerichts Kassel vom 7. Juni 1999, aus den oben genannten Sachverständigengutachten sowie aus drei Vollzugsplänen. Zur Begründung der Zurückweisung wurde ausgeführt, die Anordnung der verdeckten Fesselung sei rechtmäßig ergangen, da die Justizvollzugsanstalt zu Recht davon ausgegangen sei, dass beim Beschwerdeführer eine Fluchtgefahr vorliege, der allein mit einer Bewachung durch zwei Vollzugsbeamte nicht begegnet werden könne. Die Gefahr sei vor allem begründet in seiner fast vollständig fehlenden Beteiligung an Behandlungsmaßnahmen. Zudem habe er seit Jahren ihm angebotene Ausführungen aufgrund der jeweils angeordneten Fesselung abgelehnt, sodass die Justizvollzugsanstalt ihn nicht außerhalb der gesicherten Umgebung der Anstalt habe beobachten können. Der Beschwerdeführer sei daher in seinem Verhalten nicht einschätzbar. Aus dem niedrigen Behandlungsstand schließe die Justizvollzugsanstalt in nicht zu beanstandender Weise auf eine Perspektivlosigkeit, aus der eine erhöhte Entweichungsgefahr resultiere. Zudem habe die Justizvollzugsanstalt in nicht zu beanstandender Weise geschlussfolgert, dass die Persönlichkeitsstörung weiterhin Bestand habe. Es handele sich dabei auch um eine Einzelfallentscheidung, bei der das Ermessen fehlerfrei ausgeübt worden sei. Der Beschwerdeführer habe es selbst in der Hand, durch eine Änderung seines Verhaltens zukünftige Ausführungen auch ungefesselt durchführen zu können. Soweit er auf frühere Beschlüsse des Landgerichts Marburg verweise, verkenne er, dass Maßnahmen im Einzelfall anhand konkreter Tatsachen bewertet werden müssten und mithin in einzelnen Entscheidungen divergierende, den Umständen entsprechende Ergebnisse möglich seien.
13. Auch gegen diesen Beschluss ging der Beschwerdeführer mit einer Rechtsbeschwerde vor.
14. Mit angegriffenem Beschluss vom 29. August 2023 verwarf das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Rechtsbeschwerde als unzulässig. Von einer Begründung wurde abgesehen, „im Hinblick auf die Rechtsweggarantie“ aber angemerkt, dass es sich bei der Entscheidung über die Modalitäten einer bewilligten Ausführung um eine Ermessensentscheidung der Justizvollzugsanstalt handele, die sich stets nach den Umständen des Einzelfalls richte, weshalb keine allgemeingültigen Leitsätze hierfür aufgestellt werden könnten. Da der Beschwerdeführer eine gefesselte Ausführung kategorisch verweigere und eine Erprobung insoweit nicht möglich gewesen sei, sei es nicht zu beanstanden, dass die Justizvollzugsanstalt ihm ungefesselte Ausführungen als nächste Stufe vollzugsöffnender Maßnahmen bisher nicht anbiete. Die Fluchtgefahr sei weiterhin als besonders hoch einzuordnen. Die Gewährung von vollzugsöffnenden Maßnahmen setze voraus, dass sich der Beschwerdeführer absprachefähig zeige. Zwar setze dies nicht zwingend die Teilnahme an Therapiemaßnahmen voraus, denn von einer Therapieverweigerung dürfe nicht automatisch auf eine mangelnde Eignung für Vollzugslockerungen geschlossen werden. Beim Beschwerdeführer sei aber keinerlei vertrauensvolle oder zumindest verlässliche Zusammenarbeit − auch nicht in Teilbereichen − erkennbar.
15. Der Beschwerdeführer erhob am 21. September 2023 Anhörungsrüge, die das Oberlandesgericht mit angegriffenem Beschluss vom 10. Oktober 2023 zurückwies. Er könne mit seinem Vorwurf, das Oberlandesgericht habe sämtliche Sachverständigengutachten missachtet, durch eigene Laienerwägungen ersetzt und seinen Vortrag ignoriert, nicht durchdringen. Das gesamte Vorbringen sei bei der Entscheidung bedacht und gewürdigt, jedoch nicht für durchgreifend erachtet worden. Art. 103 Abs. 1 GG gebiete es nicht, jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden, zumal letztinstanzliche Entscheidungen keiner Begründung bedürften. Dass der Beschwerdeführer die tatsächlichen und rechtlichen Bewertungen des Senats nicht teile, finde im Rahmen der Gehörsrüge keine Berücksichtigung.
Mit seiner am 12. Oktober 2023 fristgemäß erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die rubrizierten Beschlüsse und rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 1 Abs. 1 und Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 1 und 3, Art. 103 Abs. 1 und Art. 104 Abs. 1 GG.
Das Landgericht habe die Verpflichtung der Justizvollzugsanstalt zur Durchführung einer ungefesselten Ausführung unter Missachtung seiner Amtsaufklärungspflicht abgelehnt. Es habe die Falschbehauptungen der Justizvollzugsanstalt ohne eigene Ermittlung übernommen, obwohl er diese alle widerlegt habe. Hierdurch sei er in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt. Das Oberlandesgericht habe im angegriffenen Beschluss vom 29. August 2023 sein Vorbringen und seine substantiierten Tatsachenbeweise ebenfalls völlig ignoriert. Die angegriffenen Beschlüsse verletzten ihn in seinem Anspruch auf willkürfreie Entscheidung der Gerichte aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG. Die Fachgerichte hätten in den gerügten Beschlüssen eine Rechtslage vorgetäuscht, die so nie existiert habe. Durch diese Rechtsbeugung sei ihm ein faires Verfahren verweigert worden. Die Gerichte wichen grundlegend von Recht und Gesetz ab, indem sie eine Persönlichkeitsstörung annähmen, ohne dass eine solche je diagnostiziert worden sei. Ohne eine solche Diagnose bestehe für ihn auch kein Anlass, in eine Perspektivlosigkeit zu verfallen. Eine Perspektivlosigkeit, die durch eine Erprobungsverhinderung durch die Justizvollzugsanstalt kreiert würde, wäre an sich auch verfassungswidrig, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse die Wiedererlangung der Freiheit eine realisierbare Chance sein. Die fachgerichtlichen Entscheidungen verletzten ihn in seinem Recht auf Resozialisierung. Ihm würden seit über 15 Jahren alle Maßnahmen zur Wiedereingliederung und Resozialisierung durchgehend grundlos verweigert, obwohl alle Sachverständigen seit Antritt der Sicherungsverwahrung die Einleitung von vollzugsöffnenden Maßnahmen als einzig indizierte Behandlungsmaßnahme forderten. Er habe mit seinem unbeanstandeten Vollzugsverhalten seit 30 Jahren alles Menschenmögliche getan, um seine Absprachefähigkeit und Zuverlässigkeit aufzuzeigen. Mehr könne von ihm nicht verlangt werden. Die bisher praktizierte Fesselung bei sämtlichen Ausführungen sei eindeutig rechtswidrig und schließe jede prognoserelevante Erprobung oder Resozialisierung aus.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe im Sinne des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor, weil die Verfassungsbeschwerde unzulässig ist.
Der Beschwerdeführer hat die Möglichkeit einer Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten nicht in einer den Substantiierungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG entsprechenden Weise aufgezeigt (vgl. zum diesbezüglichen Maßstab BVerfGE 88, 40 <45>; 129, 269 <278>; 130, 1 <21>; 149, 86 <108 f. Rn. 61>; 151, 67 <84 f. Rn. 49> - Erreichbarkeit des Ermittlungsrichters; stRspr).
1. Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Rüge, die Fachgerichte hätten die Sachverständigengutachten missachtet, Tatsachen- und Rechtsvortrag des Beschwerdeführers nicht zur Kenntnis genommen und insoweit Art. 19 Abs. 4 GG verletzt.
a) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet dem Bürger die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>). Die fachgerichtliche Überprüfung grundrechtseingreifender Maßnahmen kann die rechtsstaatlich gebotene Beachtung des geltenden Rechts und den effektiven Schutz der berührten materiellen Rechte nur gewährleisten, wenn sie auf zureichender Aufklärung des jeweiligen Sachverhalts beruht (vgl. BVerfGE 101, 275 <294 f.>). Das gilt auch für die gerichtliche Überprüfung eingreifender Maßnahmen im Strafvollzug. Das Rechtsstaatsprinzip, die materiell berührten Grundrechte und das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG sind verletzt, wenn grundrechtseingreifende Maßnahmen im Strafvollzug von den Gerichten ohne zureichende Sachverhaltsaufklärung als rechtmäßig bestätigt werden (vgl. BVerfGK 9, 460 <463 f.>; 13, 472 <476>; 17, 429 <430 f.>; jeweils m.w.N.).
b) Ausgehend von diesen Maßstäben ist eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG nicht ersichtlich.
Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer die Sachverständigengutachten nur auszugsweise vorlegt und seine Interpretation der dortigen Ergebnisse vorträgt, verkennt er, dass die Gerichte gerade nicht gehalten sind, sachverständige Aussagen unkritisch zu übernehmen. Sie sind nicht verpflichtet, einer gutachterlichen Einschätzung zu folgen, sondern schulden auf Grundlage der sachverständigen Beratung eine eigenständige rechtliche Beurteilung (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. März 2023 - 2 BvR 829/21 -, Rn. 67). Dem werden die angegriffenen Entscheidungen gerecht. Weder das Landgericht noch das Oberlandesgericht haben die Sachverständigengutachten „missachtet“, sondern sich in ihren Beschlüssen damit auseinandergesetzt. So hat das Landgericht im angegriffenen Beschluss vom 4. Mai 2023 aus den oben genannten Gutachten zitiert und dazu ausgeführt, dass die Justizvollzugsanstalt insbesondere die Empfehlung der Sachverständigen Dr. (…) aufgegriffen und in der streitgegenständlichen Fesselungsanordnung berücksichtigt habe. Auch das Oberlandesgericht stellt auf die beim Beschwerdeführer „bislang zu stellende Gefährlichkeitsprognose“ ab, woraus zu folgern ist, dass es die Sachverständigengutachten gerade nicht missachtet hat.
Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Fachgerichte den übrigen Vortrag des Beschwerdeführers ignoriert hätten. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, die Gerichte hätten zu einem anderen Ergebnis kommen müssen, wenn sie ihrer Entscheidung seinen Vortrag zugrunde gelegt hätten, und schließt daraus, dass sein Vortrag nicht zur Kenntnis genommen worden sei. Dieser Schluss ist weder zwingend, noch gibt es dafür objektive Anhaltspunkte. Der Anspruch auf zureichende Sachverhaltsaufklärung enthält nicht auch einen Anspruch darauf, mit der eigenen Rechtsmeinung durchzudringen.
2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch unsubstantiiert, soweit sich der Beschwerdeführer durch die Fesselungsanordnung in weiteren Grundrechten verletzt sieht.
Gemäß § 50 Abs. 1 des Hessischen Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes (HSVVollzG) können gegen Untergebrachte auch außerhalb der Einrichtung besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach deren Verhalten oder aufgrund des seelischen Zustands in erhöhtem Maße die Gefahr der Entweichung, von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht. Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind gemäß § 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 HSVVollzG unter anderem Fesselungen zulässig. Nach § 50 Abs. 4 HSVVollzG ist die Fesselung bei einer Ausführung von Untergebrachten, deren Eignung für vollzugsöffnende Maßnahmen nach § 13 Abs. 3 HSVVollzG nicht festgestellt ist, auch dann zulässig, wenn die vorgesehene Bewachung durch Bedienstete nicht ausreicht, die Gefahr einer Entweichung oder eines Angriffs auf Personen zu beseitigen.
Die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts sind grundsätzlich Aufgabe der Fachgerichte. Sie unterliegen der verfassungsrechtlichen Prüfung nur dahingehend, ob sie die Grenzen zur Willkür überschreiten oder die Bedeutung eines Grundrechts grundsätzlich verkennen (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>; 30, 173 <196 f.>; 57, 250 <272>; 74, 102 <127>). Diesen Maßstäben halten die angegriffenen Entscheidungen stand. Die Fachgerichte sind vertretbar davon ausgegangen, dass gemäß § 50 Abs. 4, Abs. 1 HSVVollzG bei dem Beschwerdeführer nach seinem Verhalten beziehungsweise aufgrund seines seelischen Zustands in erhöhtem Maße Fluchtgefahr besteht (a) und die vorgesehene Bewachung durch Bedienstete nicht ausreicht, um die Fluchtgefahr zu beseitigen (b). Auch unter dem Gesichtspunkt des Resozialisierungsgebots sind die angegriffenen Entscheidungen von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (c).
a) Der Beschwerdeführer stützt seine Verfassungsbeschwerde ganz wesentlich auf den Vorwurf, die Fachgerichte hätten eine Persönlichkeitsstörung angenommen und die Fluchtgefahr damit begründet, obwohl eine psychische Störung oder Persönlichkeitsstörung bei ihm nie diagnostiziert worden sei. Dabei verkennt er bereits, dass die Gerichte nicht maßgeblich auf eine etwaige Persönlichkeitsstörung abstellen, sondern vielmehr auf seine fehlende Einschätzbarkeit aufgrund seiner Verweigerungshaltung und auf eine daraus zu folgernde Perspektivlosigkeit.
aa) Zunächst ist festzustellen, dass auch die Annahme, beim Beschwerdeführer liege eine psychische Störung vor, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Ob die Merkmale einer psychischen Störung im Einzelfall erfüllt sind, haben die Gerichte eigenständig zu prüfen. Auch wenn die Frage regelmäßig nur auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens zu beantworten sein wird, obliegt die rechtliche Beurteilung der von den Sachverständigen ermittelten medizinischen oder psychologischen Tatsachen allein den Gerichten (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. September 2011 - 2 BvR 1516/11 -, Rn. 39 m.w.N.). Die Fachgerichte haben ihrer Entscheidung die aktuellen Gutachten der Sachverständigen Dr. (…), Dr. (…) und Prof. Dr. (…) zugrunde gelegt. Dort wird teilweise noch sicher eine psychische Störung angenommen (so Dr. […]), teilweise gelangen die Gutachterinnen zu dem Ergebnis, eine Diagnose könne mangels Exploration nicht sichergestellt werden, es seien aber Anhaltspunkte für ein Fortbestehen der Störung vorhanden (so Dr. […] und Prof. Dr. […]). Es bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, aufgrund dieser Datenlage vom Fortbestehen einer Persönlichkeitsstörung auszugehen. Aktuelle Entwicklungen in der Persönlichkeitsstruktur des Beschwerdeführers sind zwar nicht ermittelt worden. Das liegt aber nur daran, dass er sich fortdauernd weigert, einen Einblick in sein Innenleben zu gewähren. Da die Verweigerung einer Exploration allein seiner Sphäre zuzuordnen ist, ist es auch nicht zu beanstanden, wenn die Fachgerichte aufgrund mangelnder neuer Erkenntnisse zu seinen Lasten davon ausgehen, dass die mehrfach diagnostizierte Persönlichkeitsstörung fortbesteht.
bb) Die Gerichte begründen die Annahme einer Fluchtgefahr in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ganz wesentlich mit der fast vollständig fehlenden Teilnahme des Beschwerdeführers an Behandlungsmaßnahmen, dem fehlenden Kontakt zu den Mitarbeitern der Anstalt, der Ablehnung der Erprobung in gefesselten Ausführungen und der daraus resultierenden fehlenden Einschätzbarkeit.
Zwar dürfen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Vollzugslockerungen nicht ohne zwingenden Grund - etwa auf der Grundlage pauschaler Wertungen oder mit dem Hinweis auf eine nur abstrakte Flucht- oder Missbrauchsgefahr - versagt werden (vgl. BVerfGE 128, 326 <381>) und ist dem Beschwerdeführer zuzugeben, dass vorliegend die Begründung der Fluchtgefahr eher allgemein gehalten ist. Es sind keine konkreten Anhaltspunkte genannt wie etwa vorangegangene Vorfälle, bestimmte Verhaltensweisen oder sonstige Verdachtsmomente, sondern die Gerichte stellen auf eine Art Dauergefahr aufgrund des gesamten Verhaltens des Beschwerdeführers ab. Soweit sie auf die fast vollständig fehlende Beteiligung an Behandlungsmaßnahmen verweisen, ist dem Beschwerdeführer weiterhin zuzugeben, dass er zur Teilnahme an solchen Maßnahmen nicht verpflichtet ist. Allerdings sind die Gerichte nicht gehindert, aus der Verweigerung von Behandlungsmaßnahmen Schlüsse in Bezug auf die Einschätzbarkeit und Absprachefähigkeit des Betroffenen zu ziehen.
Deshalb stellt die Annahme einer Fluchtgefahr im Fall des Beschwerdeführers keine willkürliche Entscheidung dar. So ist die Wahrnehmung des Behandlungsangebots weder von der Justizvollzugsanstalt noch von den Fachgerichten zur unbedingten Voraussetzung ungefesselter Ausführungen gemacht worden. Entscheidend für die Beurteilung des Vorliegens einer Fluchtgefahr ist vielmehr die aus der Verweigerung des Kontaktes zu Anstaltsmitarbeitern resultierende fehlende Einschätzbarkeit des Beschwerdeführers. Dieser lässt nicht zu, dass sich Dritte eine Vorstellung von seiner Gedanken- und Gefühlswelt machen können. Daher ist auch völlig offen, wie er sich bei einer (ungefesselten) Ausführung verhalten würde. Er hätte allem Anschein nach gute Aussichten auf die Bewilligung einer ungefesselten Ausführung, wenn er zunächst wieder die Angebote der Justizvollzugsanstalt annehmen würde, gefesselt an Ausführungen teilzunehmen und seine Vertrauenswürdigkeit und Absprachefähigkeit erneut unter Beweis zu stellen. Die vom Beschwerdeführer für seine Absprachefähigkeit in Bezug genommenen beiden Ausführungen im Jahr 2013 können aufgrund des erheblichen Zeitablaufs keine hinreichende Grundlage für die Annahme einer ausreichenden Absprachefähigkeit mehr sein.
cc) Auch mit der Begründung, es bestehe angesichts der Perspektivlosigkeit des Beschwerdeführers Fluchtgefahr, weil eine Entlassung aus der Sicherungsverwahrung für ihn aufgrund seines Verhaltens zur Zeit nicht in Sicht sei, setzt er sich nicht hinreichend auseinander. Zwar mag er diese Begründung als „zynisch“ kritisieren, zumal er der Justizvollzugsanstalt die Schuld an dieser Perspektivlosigkeit gibt. Dennoch ist allein relevant, ob für die Annahme einer Fluchtgefahr konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Dass die von dem Beschwerdeführer nicht entkräftete Darstellung der Justizvollzugsanstalt, er verbaue sich seine Entlassungsperspektive zunehmend damit, dass er an der Behandlung nicht teilnehme und gefesselte Ausführungen verweigere, was wiederum die Entweichungsmotivation erhöhe, sachwidrig oder nicht nachvollziehbar wäre, ist nicht ersichtlich.
b) Aus denselben Gründen ist auch die Annahme der Fachgerichte, eine Bewachung allein reiche aufgrund der fehlenden Einschätzbarkeit und Absprachefähigkeit des Beschwerdeführers nicht aus, vertretbar und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
c) Die Fesselungsanordnung verletzt den Beschwerdeführer auch nicht in seinem Grundrecht auf Resozialisierung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
aa) Das Grundrecht auf Resozialisierung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, den Strafvollzug auf das Ziel auszurichten, dem Inhaftierten ein zukünftiges straffreies Leben in Freiheit zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 116, 69 <85 f.> m.w.N.; stRspr). Besonders bei langjährig im Vollzug befindlichen Personen erfordert dies, aktiv den schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzugs entgegenzuwirken und ihre Lebenstüchtigkeit zu erhalten und zu festigen (vgl. BVerfGE 45, 187 <238>; 64, 261 <277>; 98, 169 <200>; 109, 133 <150 f.>; BVerfGK 17, 459 <462>; 19, 306 <315>; 20, 307 <312>; stRspr). Das Interesse des Gefangenen, vor den schädlichen Folgen aus der langjährigen Inhaftierung bewahrt zu werden und seine Lebenstüchtigkeit im Falle der Entlassung aus der Haft zu behalten, hat ein umso höheres Gewicht, je länger die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe bereits andauert (vgl. BVerfGE 64, 261 <272 f.>; 70, 297 <315>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. September 2019 - 2 BvR 1165/19 -, Rn. 16 m.w.N.). Gerade bei Gefangenen, die die Voraussetzungen für vollzugslockernde Maßnahmen im eigentlichen Sinne noch nicht erfüllen, dienen Ausführungen dem Erhalt und der Festigung der Lebensfähigkeit und -tüchtigkeit (vgl. BVerfGK 17, 459 <462>; 19, 306 <315 f.>; 20, 307 <312>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. September 2019 - 2 BvR 1165/19 -, Rn. 18). Bei diesen kann es daher, selbst wenn noch keine konkrete Entlassungsperspektive besteht, jedenfalls geboten sein, zumindest Lockerungen in Gestalt von Ausführungen dadurch zu ermöglichen, dass die Justizvollzugsanstalt einer von ihr angenommenen Flucht- oder Missbrauchsgefahr durch geeignete Sicherheitsvorkehrungen entgegenwirkt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. September 2019 - 2 BvR 1165/19 -, Rn. 18 m.w.N.). Im Rahmen von Ausführungen kommen als Sicherheitsvorkehrungen, soweit erforderlich, neben der Begleitung durch Bedienstete zusätzliche Weisungen und Auflagen wie etwa die verhältnismäßige Anordnung einer (verdeckten) Fesselung in Betracht (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. September 2019 - 2 BvR 650/19 -, Rn. 21).
bb) Der Beschwerdeführer hat nicht dargelegt, dass die Fachgerichte die Tragweite seines Resozialisierungsrechts bei ihren Entscheidungen verkannt hätten.
Er nennt zwar einzelne Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Resozialisierungsgebot, ohne diese aber konkret zu seinem Fall in Bezug zu setzen oder aufzuzeigen, inwiefern sich hieraus für ihn ein Anspruch auf ungefesselte Ausführungen ergeben könnte. Stattdessen verweist er immer wieder auf sein unbeanstandetes vollzugliches Verhalten und die in den Sachverständigengutachten empfohlenen Lockerungen und zieht daraus den - unzutreffenden - Schluss, dass ihm ohne ungefesselte Ausführungen die Erprobung verweigert werde und er ohne Erprobung keine Entlassungsperspektive habe. Das wiederholte Angebot der Justizvollzugsanstalt, zur Erprobung in einem ersten Schritt gefesselte Ausführungen vorzunehmen, bei deren beanstandungsfreiem Verlauf perspektivisch gegebenenfalls auch ungefesselte Ausführungen durchgeführt werden können, schlägt er mit dem Argument aus, er sei bereits ausreichend in gefesselten Ausführungen erprobt. Dies ist aber − wie auch die Fachgerichte betonen − nicht der Fall.
cc) Die Auffassung der Fachgerichte, die von der Justizvollzugsanstalt vorgesehene stufenweise Durchführung von Ausführungen − zunächst gefesselt und bei entsprechender erfolgreicher Durchführung gegebenenfalls auch ungefesselt − sei rechtlich nicht zu beanstanden, entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Vorgehen bei Vollzugslockerungen.
(1) Die Sicherungsverwahrung muss Vollzugslockerungen vorsehen und Vorgaben zur Entlassungsvorbereitung enthalten, wobei der Freiheitsorientierung möglichst weitgehend Rechnung zu tragen ist (vgl. BVerfGE 109, 133 <166>; 117, 71 <108>). Insbesondere bei lang andauernden Freiheitsentziehungen zeigt sich typischerweise in besonderem Maße die Notwendigkeit, in sorgfältig gestuftem Vorgehen durch Lockerungen die Resozialisierungsfähigkeit des Betroffenen zu testen und ihn schrittweise auf die Entlassung vorzubereiten (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. April 2009 - 2 BvR 2009/08 -, Rn. 28 ff., 39 m.w.N.; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. März 2023 - 2 BvR 829/21 -, Rn. 91). Neben der Verantwortung der Vollzugsbehörde steht die Eigenverantwortung des Untergebrachten für die Durchsetzung seines Freiheitsgrundrechts und seines Resozialisierungsanspruchs. Sie verlangt, dass er die Möglichkeit, sich (weitergehende) Lockerungen zu erstreiten, nutzt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. April 2009 - 2 BvR 2009/08 -, Rn. 31 ff. m.w.N.). Ebenso ist grundsätzlich zu erwarten, dass er gewährte Lockerungen in Anspruch nimmt (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. März 2023 - 2 BvR 829/21 -, Rn. 92).
(2) Der Beschwerdeführer verweigert seit August 2013 die Durchführung von Ausführungen zum Erhalt der Lebenstüchtigkeit und seit 2019 die Durchführung jeglicher vollzugsöffnender Maßnahmen. Wie die Fachgerichte zu Recht ausführen, ist unter diesen Umständen eine Erprobung nicht möglich. Der Beschwerdeführer hat nicht dargelegt und es ist auch sonst nicht ersichtlich, wieso gerade in seinem Fall das stufenweise Vorgehen bei Vollzugslockerungen eine Verletzung seines Resozialisierungsrechts darstellen soll.
Unter diesen Umständen ist ein Anspruch des Beschwerdeführers auf eine ungefesselte Ausführung nicht hinreichend dargetan. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass der Beschwerdeführer es selbst in der Hand hat, sich absprachefähig zu zeigen und in den stets angebotenen gefesselten Ausführungen zu erproben. Nach einer erfolgreichen Erprobung in gefesselten Ausführungen und entsprechender Mitarbeit des Beschwerdeführers erscheint es angesichts seiner langjährigen Inhaftierung verfassungsrechtlich geboten, ihm als nächste Lockerungsstufe auch ungefesselte Ausführungen zu ermöglichen.
3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 520
Bearbeiter: Holger Mann