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HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1313

Bearbeiter: Holger Mann

Zitiervorschlag: BVerfG, 1 BvR 1949/20, Beschluss v. 22.10.2020, HRRS 2020 Nr. 1313


BVerfG 1 BvR 1949/20 (2. Kammer des Ersten Senats) - Beschluss vom 22. Oktober 2020 (LG Braunschweig / AG Braunschweig)

Einstweilige Anordnung gegen die Beschlagnahme der Kamera eines nebenberuflichen Journalisten (Grundrecht auf Pressefreiheit; Dokumentation einer Demonstration; Verdacht einer Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes; wertsetzende Bedeutung der Pressefreiheit bei der Rechtsanwendung; Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; Erfordernis einer Abwägung mit dem konkreten Strafverfolgungsinteresse).

Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG; § 32 Abs. 1 BVerfGG; § 201 StGB; § 94 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Die Beschlagnahme der Kamera eines Journalisten anlässlich der Dokumentation einer Demonstration wegen des Verdachts einer Straftat nach § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist einstweilen außer Vollzug zu setzen, wenn die Gerichte bei der Überprüfung der Maßnahme weder eine mögliche Beeinträchtigung der Pressefreiheit in den Blick genommen noch nachvollziehbar dargelegt haben, inwiefern die Aufrechterhaltung der Beschlagnahme zum Nachweis der möglichen Straftat erforderlich ist.

2. Das Grundrecht auf Pressefreiheit schützt auch nur nebenberuflich tätige Journalisten vor einer Beeinträchtigung bei ihrer Berichterstattung durch strafprozessuale Maßnahmen wie Durchsuchungen und Beschlagnahmen. Die wertsetzende Bedeutung der Pressefreiheit ist dabei auch auf der Rechtsanwendungsebene zu wahren.

3. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind Beeinträchtigungen der Pressefreiheit auch dann in die Gewichtung einzustellen, wenn die Vorschriften der Strafprozessordnung ein pressespezifisches Beschlagnahmeverbot nicht vorsehen. Geboten ist eine Abwägung der Pressefreiheit mit dem sich auf die konkret in Rede stehende Tat beziehenden Strafverfolgungsinteresse.

Entscheidungstenor

1. Die Beschlagnahme der Kamera vom Typ Canon am 2. Juni 2020 durch die Polizeiinspektion Wolfsburg/Helmstedt (Vorgangsnummer 2020 00 610 270), in Verbindung mit dem die Beschlagnahme bestätigenden Beschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom 11. Juni 2020 - 3 Gs 1152/20 -, dem Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom 14. Juli 2020 - 3 Gs 1152/20 - sowie dem Beschluss des Landgerichts Braunschweig vom 27. Juli 2020 - 8 Qs 142/20 - verletzt den Antragsteller in seinem Grundrecht auf Pressefreiheit gemäß Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die Wirksamkeit der Beschlagnahme wird bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache oder bis zu einer erneuten Entscheidung des Landgerichts, längstens jedoch für die Dauer von sechs Monaten, ausgesetzt. Der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Braunschweig wird aufgegeben, dem Antragsteller die Kamera einstweilen herauszugeben.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

2. Das Land Niedersachsen hat dem Antragsteller die notwendigen Auslagen im Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten.

Gründe

Der mit einer Verfassungsbeschwerde verbundene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wendet sich gegen die Beschlagnahme einer Kamera anlässlich der Dokumentation von Demonstrationen am 2. Juni 2020 vor dem Amtsgericht Wolfsburg und einer anschließenden Personenkontrolle durch die Polizei.

I.

1. Der Antragsteller ist nebenberuflicher Journalist und berichtet insbesondere im Bereich des Umwelt- und Naturschutzes über aktuelle Entwicklungen. Er verfügt über einen gültigen Presseausweis. Am 2. Juni 2020 begleitete der Antragsteller ab 9.30 Uhr die angemeldete Versammlung von Umweltaktivisten vom Bahnhof Wolfsburg zum Amtsgericht, in dem ein Strafverfahren gegen Aktivisten verhandelt wurde. Für das Gebiet Niedersachsens galt die Landesverordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 8. Mai 2020. Nach § 2 Abs. 2 der Verordnung hatte jede Person im öffentlichen Raum einen Mindestabstand von 1,5 Meter zu Personen einzuhalten, die nicht dem eigenen Hausstand angehören; Personen aus maximal zwei Haushalten durften diesen Mindestabstand unterschreiten.

Der Antragsteller dokumentierte den Verlauf der Versammlung sowie den anschließenden Polizeieinsatz nach dem Ende der Versammlung. Da die Polizei von Verstößen gegen die Landesverordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ausging, umstellte sie zahlreiche Personen. Zur Feststellung der Identität führte sie einzelne Personen einer sogenannten „Bearbeiterstraße“ zu. Der Antragsteller hielt sich außerhalb der umstellten Personengruppe auf und dokumentierte mit seiner Kamera das polizeiliche Vorgehen. Die eingesetzten Polizeibeamten gelangten zu der Auffassung, der Antragsteller gehöre zu der Gruppe der ehemaligen Demonstranten, und forderten ihn auf, zur Feststellung seiner Identität mitzukommen. Weil der Antragsteller seine Kamera auf Brusthöhe festhielt und die eingesetzten Polizeibeamten den Eindruck hatten, der Antragsteller mache Aufnahmen, forderten sie ihn auf, die Kamera auszuschalten; eine Videoaufnahme verletze die Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes. In der Folge beschlagnahmten sie vor Ort die Ausrüstung des Antragstellers bestehend aus Kamera, Kameratasche, Ersatzakkus, Stativ und USB-Speicherstick. Nach genauerer Durchsuchung der Person des Antragstellers auf der Polizeiinspektion Wolfsburg/Helmstedt beschlagnahmten sie desweiteren eine zur Kamera passende SD-Speicherkarte. Die Ersatzakkus, das Stativ sowie den USB-Speicherstick gab die Staatsanwaltschaft im Laufe des Ermittlungsverfahrens bereits frei.

Mit Beschluss vom 11. Juni 2020 bestätigte die Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts Braunschweig die Beschlagnahme, weil die Gegenstände als Beweismittel für das Verfahren von Bedeutung seien. Der Beschwerde des Antragstellers, in der er auf die Folgen der Beschlagnahme für seine journalistische Tätigkeit verwies, half das Amtsgericht nicht ab. Mit Beschluss vom 14. Juli 2020, der im Wesentlichen aus einer aus der staatsanwaltschaftlichen Stellungnahme geklammerten Passage zur Frage des Vorliegens der Nichtöffentlichkeit des gesprochenen Wortes sowie dem Zusatz bestand, „Das Gericht schließt sich dieser Bewertung nach eigener Prüfung in vollem Umfang an.“, übersandte das Amtsgericht die Akte dem Landgericht Braunschweig. Das Landgericht wies die Beschwerde als unbegründet zurück und führte dazu aus, dass nach den Berichten der eingesetzten Beamten ein Anfangsverdacht einer Straftat nach § 201 StGB bestehe, die benannten Gegenstände als Beweismittel für eine Straftat in Betracht kämen und daher der Beschlagnahme, möglicherweise auch der Einziehung nach § 201 Abs. 5 StGB unterlägen. Ein nichtöffentlich gesprochenes Wort liege vor, da die Polizei einzelne Personen aus der Gruppe herausgeführt habe, um ungestört von weiteren Personen den Sachverhalt klären und die Identität der einzelnen Personen feststellen zu können. Eine „faktische Öffentlichkeit“ sei nicht gegeben gewesen. Für die Frage der Nichtöffentlichkeit seien der Wille des Sprechers und der Zweck und die Eigenart der Unterredung von Bedeutung. Abschließend weist das Landgericht darauf hin, dass der Schutzbereich des § 201 StGB auch von Medienvertretern zu beachten sei und diese insoweit keinen Sonderstatus besäßen. Die Pressefreiheit berechtige nicht zur Begehung von Straftaten. Strafprozessuale Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der möglichen Begehung einer Straftat vorgenommen würden, beeinträchtigten die Pressefreiheit nicht.

2. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem mit der Verfassungsbeschwerde verbundenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Er beantragt, die sofortige Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände an ihn anzuordnen, und rügt eine Verletzung seiner Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG sowie einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Weder das Amts- noch das Landgericht hätten bei der Bestätigung der strafprozessualen Maßnahme das Grundrecht der Pressefreiheit berücksichtigt. Das Amtsgericht habe praktisch begründungslos entschieden und in seinem Nichtabhilfebeschluss auf ihm unbekannte Teile der staatsanwaltschaftlichen Stellungnahme Bezug genommen. Auch das Landgericht habe in der Sache keine Abwägung durchgeführt. Die mehrmonatige Beschlagnahme der Gegenstände sei unverhältnismäßig, da ihm durch die Beschlagnahme die Ausübung seiner journalistischen Tätigkeit unmöglich gemacht werde.

II.

Gemäß § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erwiese sich von vornherein als insgesamt unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfGE 112, 284 <291>). Die vom Bundesverfassungsgericht im Rahmen der Entscheidung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG vorzunehmende Folgenabwägung (vgl. BVerfGE 71, 158 <161>; 88, 185 <186>; 91, 252 <257 f.>; stRspr) führt zu dem Ergebnis, dass die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe überwiegen.

1. Die Verfassungsbeschwerde des journalistisch tätigen Antragstellers ist weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Insbesondere erscheint es nicht ausgeschlossen, dass aufgrund der fortdauernden Beschlagnahme der Kamera das Recht des Antragstellers aus Art. 5 Abs. 1 GG verletzt ist.

a) Auch als nicht hauptberuflicher Journalist ist der Antragsteller Träger des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, da alle im Pressewesen tätigen Personen erfasst sind. Der Schutzbereich reicht sachlich von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen (vgl. BVerfGE 77, 346 <354>; 117, 244 <259>).

b) Die Beschlagnahme der Kameraausrüstung des Antragstellers beeinträchtigt aufgrund der damit verbundenen Störung seiner journalistischen Tätigkeit das Grundrecht des Antragstellers auf Pressefreiheit.

c) Es bestehen nach bisher gehaltenem Vortrag Bedenken hinsichtlich einer hinreichenden Berücksichtigung der Pressefreiheit in den angegriffenen Entscheidungen. Die Anwendung der strafprozessualen Vorschriften dürfte den verfassungsrechtlichen Anforderungen wohl nicht mehr genügen. Die Pressefreiheit ist zwar nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern findet nach Art. 5 Abs. 2 GG ihre Schranken unter anderem in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze. Die Bestimmungen der Strafprozessordnung mit ihrer prinzipiellen Verpflichtung für jeden Staatsbürger, zur Wahrheitsfindung im Strafverfahren beizutragen und die im Gesetz vorgesehenen Ermittlungsmaßnahmen zu dulden, sind als allgemeine Gesetze anerkannt (vgl. BVerfGE 77, 65 <75>; 107, 299 <331 f.>; 117, 244 <261>). Die in den allgemeinen Gesetzen bestimmten Schranken der Pressefreiheit müssen allerdings ihrerseits im Lichte dieser Grundrechtsverbürgungen gesehen werden.

(1) Die Auslegung der Vorschriften des Strafprozessrechts sowie ihre Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür zuständigen Strafgerichte und daher der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen. Nur bei Verletzung spezifischen Verfassungsrechts durch die Fachgerichte kann das Bundesverfassungsgericht eingreifen (vgl. BVerfGE 7, 198 <206 f.>; 18, 85 <92 f.>; 62, 189 <192 f.>; 95, 96 <128>). Es hat daher nur zu prüfen, ob die Fachgerichte Reichweite und Wirkkraft der Grundrechte zutreffend beurteilt haben (vgl. BVerfGE 7, 198 <207>; 11, 343 <349>; 21, 209 <216>). Handelt es sich um Gesetze, die die Pressefreiheit beschränken, ist bei Anwendung und Auslegung des einfachen Rechts das eingeschränkte Grundrecht zu beachten (vgl. BVerfGE 20, 162 <186 f.>; 77, 65 <81 ff.>; 117, 244 <260 ff.>), damit dessen wertsetzende Bedeutung auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt (vgl. BVerfGE 7, 198 <208 f.>; 59, 231 <265>; 71, 206 <214>; stRspr).

(2) Eine strafprozessuale Maßnahme muss von vornherein dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen (vgl. für Durchsuchungen etwa BVerfGE 20, 162 <186 f.>; 42, 212 <219 f.>). Ferner muss gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat erforderlich sein. Schließlich muss der jeweilige Eingriff in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen (vgl. BVerfGE 96, 44 <51>; BVerfGK 5, 289 <291>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Juli 2008 - 2 BvR 2016/06 -, NJW 2009, S. 281 <282>). Stehen Durchsuchungen und Beschlagnahmen bei Pressevertretern in Rede, fällt zusätzlich der mögliche oder wahrscheinliche Eingriff in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ins Gewicht (vgl. BVerfGE 20, 162 <187, 213>). Die Beeinträchtigungen der Pressefreiheit sind auch dann in die Gewichtung einzustellen, wenn die Vorschriften der Strafprozessordnung ein pressespezifisches Beschlagnahmeverbot nicht vorsehen (vgl. BVerfGE 117, 244 <262>); sie sind insbesondere im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 77, 65 <82 f.>; 107, 299 <334>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2000 - 1 BvR 77/96 -). Geboten ist daher eine Abwägung zwischen dem sich auf die konkret zu verfolgenden Taten beziehenden Strafverfolgungsinteresse und der Pressefreiheit (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2000 - 1 BvR 77/96 -; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 1. Februar 2005 - 1 BvR 2019/03 -; siehe auch stattgebender Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. Dezember 2010 - 1 BvR 1739/04 -, Rn. 19).

(3) Es bestehen Zweifel, ob die angegriffenen Entscheidungen diesen Maßstäben noch genügen. Die amtsgerichtlichen Beschlüsse nehmen die in Rede stehende Pressefreiheit nicht in den Blick. Erstmals das Landgericht erkennt in seiner Beschwerdeentscheidung, dass die Pressefreiheit einschlägig ist. Es nimmt sich mit seiner Argumentation, strafprozessuale Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der möglichen Begehung einer Straftat vorgenommen würden, beeinträchtigten die Pressefreiheit (von vornherein) nicht, indes die Möglichkeit, die gebotene Abwägung durchzuführen.

2. Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde weder als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet, sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde später aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 71, 158 <161>; 96, 120 <128 f.>; 117, 126 <135>; stRspr). Nach diesen Maßstäben ist dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im tenorierten Umfang stattzugeben.

Erginge keine einstweilige Anordnung, hätte die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache aber Erfolg, bestünde die Gefahr, dass dem Antragsteller die Ausübung seiner grundrechtlich geschützten Tätigkeit als nebenberuflicher Journalist über Monate erheblich erschwert würde, zumal er glaubhaft dargelegt hat, nicht über die notwendigen Geldmittel zu verfügen, eine vergleichbare Kamera zeitnah erwerben zu können. Dieser Nachteil überwiegt die Nachteile, die entstünden, wenn dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattgegeben würde, der Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache aber der Erfolg versagt bliebe, so dass es vom Ausgang des gegen den Antragsteller geführten Ermittlungs- und gegebenenfalls Strafverfahrens abhinge, ob die Kamera tatsächlich als Tatmittel der Einziehung unterläge. Insbesondere hat das Landgericht seine Feststellung, die Beschlagnahme der Kamera sei weiterhin erforderlich um die Straftat nach § 201 StGB beweisen zu können, nicht nachvollziehbar begründet.

Demgegenüber sind auf der beschlagnahmten SD-Speicherkarte unmittelbar Daten vorhanden, die für die Frage der Verwirklichung des von der Staatsanwaltschaft für einschlägig erachteten Tatbestandes des § 201 StGB im Ermittlungs- und gegebenenfalls Strafverfahren als Beweismittel von Bedeutung sein können. Auch im Hinblick auf die vergleichsweise geringen Kosten einer Ersatzanschaffung erscheint die fortdauernde Beschlagnahme nicht unverhältnismäßig. Dem Beschwerdeführer kann gegebenenfalls eine Kopie mit weiteren Daten auf der Karte ausgehändigt werden oder die Staatsanwaltschaft kann nach Kopie auch die Karte zurückgeben. Dem Beschwerdeführer wird die faktische Fortsetzung seiner journalistischen Tätigkeit durch die Beschlagnahme der Speicherkarte, anders als durch das Fehlen der Kamera, nicht unmöglich gemacht.

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 3 BVerfGG.

HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1313

Bearbeiter: Holger Mann