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HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 751

Bearbeiter: Holger Mann

Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 818/19, Beschluss v. 05.07.2019, HRRS 2019 Nr. 751


BVerfG 2 BvR 818/19 (2. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 5. Juli 2019 (AG Dillingen a.d. Donau)

Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen die formal fehlerhafte „Abweisung“ eines Adhäsionsantrages anstelle des gebotenen Absehens von einer Entscheidung (keine Beeinträchtigung in einer verfassungsrechtlich geschützten Rechtsposition).

§ 406 Absatz 1 Satz 3 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Die Entscheidung eines Tatgerichts, einen Adhäsionsantrag bei Freispruch des Angeklagten teilweise „abzuweisen“, anstatt - wie gesetzlich vorgesehen - insoweit von einer Entscheidung abzusehen, ist zwar formal rechtsfehlerhaft, beeinträchtigt die Adhäsionsklägerin jedoch nicht in einer verfassungsrechtlich geschützten Rechtsposition, wenn eine Umdeutung der Entscheidung in einen dem Gesetz entsprechenden Ausspruch möglich ist und der Klägerin daher die anderweitige Verfolgung ihres weitergehenden Anspruchs offensteht.

Entscheidungstenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

Sie hat keine Aussicht auf Erfolg, weil ein Verfassungsverstoß nicht in einer den Anforderungen nach § 23 Absatz 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Weise dargelegt ist.

Die Beschwerdeführerin beanstandet eine Adhäsionsentscheidung, durch die ihr Antrag auf Verurteilung einer Angeklagten zur Zahlung von Schadensersatz aufgrund Freispruchs abgewiesen wurde, und rügt die Missachtung weiterer, ihr als Adhäsionsklägerin zustehender prozessualer Rechte.

Die prozessuale Handhabung des Adhäsionsverfahrens durch das Amtsgericht Dillingen an der Donau war zwar in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft und zeugt von einer Verkennung der Stellung der Adhäsionsklägerin als Rechtsuchende im Sinne der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BVerfGK 10, 142 <147>). Insbesondere ist der Ausspruch, den Adhäsionsantrag, soweit er nicht zugesprochen wurde, abzuweisen, nicht mit § 406 Absatz 1 Satz 3 StPO vereinbar und daher formal rechtsfehlerhaft. Das Beschwerdevorbringen zeigt aber keine Umstände auf, die eine Umdeutung der rechtsfehlerhaften Entscheidung in eine solche nach § 406 Absatz 1 Satz 3 StPO (vgl. dazu Hilger, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2009, § 406 Rn. 28 m.w.N.) ausschließen oder sonst dazu zwingen, ihr negative Rechtskraftwirkung zuzusprechen. Es ist daher nicht substantiiert dargelegt, dass der Beschwerdeführerin die Möglichkeit genommen ist, ihren weitergehenden Anspruch gemäß § 406 Absatz 3 Satz 3 StPO anderweitig zu verfolgen und sie infolge dessen durch den formal rechtsfehlerhaften Ausspruch über die Teilabweisung ihres Adhäsionsantrags gegenüber einer rechtskonformen Entscheidung im Sinne des § 406 Absatz 1 Satz 3 StPO benachteiligt und in verfassungsrechtlich geschützten Positionen beeinträchtigt wäre. Einer Kostenlast, auch einer solchen für die anderweitige zivilprozessuale Verfolgung ihres Anspruchs, sähe die Beschwerdeführerin sich auch ausgesetzt, wenn das Amtsgericht den weitergehenden Adhäsionsantrag nicht „abgewiesen“, sondern auf der Grundlage des Freispruchs, gegen den verfassungsrechtlich durchgreifende Einwände nicht erhoben sind, von einer Entscheidung entsprechend § 406 Absatz 1 Satz 3 StPO abgesehen hätte.

Von einer weitergehenden Begründung der Entscheidung wird gemäß § 93d Absatz 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 751

Bearbeiter: Holger Mann