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HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 729

Bearbeiter: Holger Mann

Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 1884/17, Beschluss v. 15.05.2019, HRRS 2019 Nr. 729


BVerfG 2 BvR 1884/17 (2. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 15. Mai 2019 (BGH / LG Frankfurt am Main)

Pflicht der Ermittlungsbehörden zur Aktenvollständigkeit (fehlende Mitteilung an den Ermittlungsrichter über Hintergrundermittlungen; Recht auf ein faires Verfahren; besondere Anforderungen an strafprozessuale Beweisverwertungsverbote; Darlegungsanforderungen in einer Verfassungsbeschwerde).

Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG; Art. 20 Abs. 3 GG; § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG; § 92 BVerfGG

Leitsätze des Bearbeiters

1. Zwar begegnet es unter dem Gesichtspunkt der Aktenvollständigkeit Bedenken, wenn die Ermittlungsbehörden Hintergrundermittlungen zunächst nicht aktenkundig machen und damit dem Ermittlungsrichter einen unvollständigen Sachverhalt unterbreiten.

2. Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren wegen der Verwertung der Erkenntnisse aus der richterlich angeordneten Ermittlungsmaßnahme ist jedoch nicht substantiiert dargelegt, wenn der Beschuldigte sich nicht hinreichend mit den spezifischen, verfassungsrechtlich anerkannten Anforderungen an strafprozessuale Beweisverwertungsverbote auseinandersetzt.

Entscheidungstenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht gegeben sind. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Beschwerdeführer hat eine Verletzung seines Rechts auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG nicht in einer den Begründungs- und Substantiierungsanforderungen nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG (vgl. BVerfGE 130, 1 <21>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 1. März 2000 - 2 BvR 2017/94 u.a. -, Rn. 10) genügenden Weise dargetan.

Zwar begegnet das Vorgehen der Ermittlungsbehörden, die in Frankfurt geführten, unter dem Gesichtspunkt des Gebotes der Aktenwahrheit und der Aktenvollständigkeit, dem auch Staatsanwaltschaft und Polizei verpflichtet sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juli 2016 - 2 BvR 2474/14 -, Rn. 19 ff.), verfassungsrechtlichen Bedenken.

Der Beschwerdeführer setzt sich jedoch nicht hinreichend mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auseinander, wann von Verfassungs wegen die Verwertung von Beweisen unzulässig ist (vgl. BVerfGE 130, 1 <22 ff.; 28 ff.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 1. März 2000 - 2 BvR 2017/94 u.a. -, Rn. 10). Seine Begründung erschöpft sich insoweit darin, die disziplinierende Wirkung auf die Ermittlungspersonen und damit das Allgemeininteresse an rechtmäßigem Behördenhandeln hervorzuheben, ohne aber den spezifischen, verfassungsrechtlich anerkannten Anforderungen an strafprozessuale Beweisverwertungsverbote Rechnung zu tragen, wonach selbst die Verwertung rechtsfehlerhaft gewonnener Beweise nicht stets unzulässig ist (vgl. BVerfGE 130, 1 <29 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. November 2010 - 2 BvR 2101/09 -, Rn. 43 ff.).

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 729

Bearbeiter: Holger Mann