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HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 285

Bearbeiter: Holger Mann

Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 107/16, Beschluss v. 16.02.2016, HRRS 2016 Nr. 285


BVerfG 2 BvR 107/16 (2. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 16. Februar 2016 (BGH / LG Dresden)

Absprachen im Strafverfahren (verfassungsrechtliche Bedenken gegen Verständigungsgespräche während eines unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindenden Verfahrensabschnitts; Kontrolle des Verständigungsgeschehens durch die Öffentlichkeit; Transparenzpflicht).

Art. 2 Abs. 1 GG; Art. 20 Abs. 3 GG; § 257b StPO; § 257c StPO; § 171b Abs. 1 GVG

Leitsatz des Bearbeiters

Die Auffassung des Bundesgerichtshofs, wonach in nichtöffentlicher Hauptverhandlung geführte Verständigungsgespräche in so enger Beziehung zur Einlassung des Angeklagten stehen, dass sie von dem für die Dauer seiner Einlassung erfolgten Ausschluss der Öffentlichkeit umfasst sind (BGH, Beschluss vom 12. November 2015 - 5 StR 467/15 [= HRRS 2016 Nr. 32]), begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken.

Entscheidungstenor

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Zwar begegnen der Auffassung des Bundesgerichtshofs, wonach die in nichtöffentlicher Hauptverhandlung erfolglos geführten Verständigungsgespräche in so enger Beziehung zur Einlassung des Beschwerdeführers standen, dass sie von dem auf § 171b GVG gestützten Ausschluss der Öffentlichkeit „für die Dauer seiner Einlassung“ umfasst waren, verfassungsrechtliche Bedenken. Denn der Bundesgerichtshof hat bei seiner Entscheidung nicht erkennbar die besondere Bedeutung der Kontrolle des Verständigungsgeschehens durch die Öffentlichkeit berücksichtigt (vgl. BVerfGE 133, 168 <214 ff. Rn. 80 ff.>). Ob insoweit ein Verfassungsverstoß vorliegt, kann jedoch letztlich offenbleiben. Denn die Verfassungsbeschwerde geht nicht auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts ein, wonach das Urteil nicht auf einem etwaigen Transparenzverstoß beruhe, weil das Vorliegen einer gesetzeswidrigen Absprache oder diesbezüglicher Gesprächsbemühungen mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne. Da die Ausführungen des Bundesgerichtshofs ausdrücklich nur ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts erfolgten, hätte sich der Beschwerdeführer mit dieser - verfassungsrechtlich grundsätzlich tragfähigen - Argumentation indes substantiiert auseinandersetzen müssen (vgl. BVerfGE 105, 252 <264>; BVerfGK 14, 402 <417>).

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 285

Bearbeiter: Holger Mann