HRRS-Nummer: HRRS 2008 Nr. 1013
Bearbeiter: Ulf Buermeyer
Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 1198/08, Beschluss v. 26.08.2008, HRRS 2008 Nr. 1013
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 19. Mai 2008 - 1 Ws 98/08 und 1 Ws 99/08 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Damit erledigt sich im Umfang der Stattgabe der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts Konietzke, Weißwasser.
Im Übrigen wird der Prozesskostenhilfe- und Beiordnungsantrag abgelehnt und die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Das Land Sachsen hat dem Beschwerdeführer die Hälfte der notwendigen Auslagen zu erstatten.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Gewährung effektiven Rechtsschutzes im Beschwerdeverfahren gegen Fesselungsanordnungen und Postkontrollen bei Untersuchungsgefangenen.
Der Beschwerdeführer befindet sich in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Görlitz. Gegen ihn läuft ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung.
1. Mit Verfügung vom 10. März 2008 ordnete die Vorsitzende der Strafkammer die Fesselung des Beschwerdeführers "bei notwendig werdenden Aus- und Vorführungen (Gerichtstermin, Arzt, pp.)" an. Einer vom Beschwerdeführer unter dem 6. März 2008 erhobenen, die Fesselung bei Vorführungen zum Landgericht betreffenden Beschwerde half das Landgericht mit Verfügung vom 14. März 2008 nicht ab.
Gegen den Beschwerdeführer sind außerdem Maßnahmen der Postkontrolle verhängt.
2. Im Termin der Hauptverhandlung vor dem Landgericht vom 17. April 2008 legte der Beschwerdeführer gegen "die ursprüngliche Fesselungsanordnung" sowie "die Fesselungsanordnung vom 14.3.08" sowie gegen die Kontrolle seines Briefverkehrs Beschwerde ein, beantragte die Entscheidung der gesamten Strafkammer und rügte die Befangenheit der Vorsitzenden. Dass er bei Vorführungen zu Gericht und Ausführungen zum Arzt gefesselt werde, verletze das Verhältnismäßigkeitsgebot. Die Begleitung durch zwei Beamte reiche völlig aus; Postkontrollen seien in seinem Fall nicht gerechtfertigt.
3. Mit - dem Hauptverhandlungsprotokoll als Anlage beigefügtem - Beschluss vom 21. April 2008 stellte das Landgericht fest, dass eine Entscheidung der Kammer zu den Anträgen des Beschwerdeführers bezüglich der von der Vorsitzenden vorgenommenen Postkontrolle und zu der von ihr angeordneten Fesselung nicht veranlasst sei, da eine Entscheidung hierüber nach dem Gesetz (§ 126 Abs. 2 Satz 3 StPO) ausschließlich der Vorsitzenden obliege.
4. Unter dem 23. April 2008 verfügte die Vorsitzende der Strafkammer - mit dem Vermerk, dass der Beschwerdeführer in der Sitzung vom 17. April 2008 Beschwerde bezüglich der Fesselung und der Postkontrolle eingelegt und eine Entscheidung der Kammer beantragt habe und dass die daraufhin ergangenen Kammerbeschlüsse sowie die Anträge des Beschwerdeführers in Kopie beigefügt seien - die Vorlage des Vorgangs an das Oberlandesgericht. Neben dem genannten Hinweisvermerk enthält die Verfügung folgenden weiteren Vermerk:
"Der Antrag des Angeklagten P. auf Aufhebung der Fesselungsanordnung wird zurückgewiesen. Der gegen die Fesselungsanordnung eingelegten Beschwerde wird nicht abgeholfen. Die Gründe für die Fesselungsanordnung bestehen fort. Der Zweck der Fesselung ist die Verhinderung einer möglichen Flucht, der Fluchtgefahr kann nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen, auch unter Berücksichtigung der Organisation und tatsächlichen Verhältnisse im Wachtmeisterdienst, begegnet werden.
Der Antrag auf Aufhebung bzw. Einschränkung der Postkontrolle wird zurückgewiesen. Die Postkontrolle wird nach Untersuchungshaftvollzugsordnung (Nr. 28 ff.) durchgeführt, eine Einschränkung der Postkontrolle ist nicht angezeigt. Der Beschwerde wird nicht abgeholfen."
Ebenfalls unter dem 23. April 2008 wurde der Beschwerdeführer durch Schreiben der Vorsitzenden entsprechend beschieden und über die Abgabe an das Oberlandesgericht in Kenntnis gesetzt.
5. Mit angegriffenem Beschluss vom 19. Mai 2008 stellte das Oberlandesgericht fest, dass es sich zu einer Entscheidung derzeit nicht veranlasst sehe. Der Beschwerdeführer habe im Hauptverhandlungstermin vom 17. April 2008 gegen die Fesselungsanordnung der Vorsitzenden sowie die Kontrolle seines Briefverkehrs "Beschwerde" eingelegt und "die Entscheidung der gesamten Strafkammer" beantragt. Trotz der Bezeichnung als "Beschwerde" habe das Landgericht dies zutreffend als "Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 238 Abs. 2 StPO" angesehen und hierüber mit Beschluss vom 21. April 2008 entschieden. Der vom Beschwerdeführer eingelegte Rechtsbehelf sei damit erledigt. Die Einlegung eines weiteren Rechtsmittels sei hierin nicht zu sehen. Im Übrigen habe die Vorsitzende mit Verfügung vom 23. April 2008 den Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung beziehungsweise Einschränkung der Postkontrolle zurückgewiesen. Ein hiergegen gerichtetes Rechtsmittel des Beschwerdeführers liege nicht vor.
1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde, die mit einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts Konietzke, Weißwasser, verbunden ist, rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG. Das Landgericht habe sich ohne wirkliche Begründung auf bloße - unzutreffende - Behauptungen gestützt und Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, indem es auf die vom Beschwerdeführer benannten Gründe dafür, dass einer Flucht mit milderen Mitteln als durch Fesselung entgegengewirkt werden könne, nicht eingegangen sei. Durch die Vorlage an das Oberlandesgericht sei das Verfahren verschleppt worden. Das Oberlandesgericht habe zu Recht angenommen, dass die eingelegten Beschwerden als Anträge gemäß § 238 Abs. 2 StPO anzusehen und durch die Entscheidung der Strafkammer erledigt seien. Unzutreffend sei aber die Annahme des Oberlandesgerichts, die Vorsitzende der Strafkammer habe mit ihrer Verfügung vom 23. April 2008 den Antrag zur Postkontrolle zurückgewiesen.
Einen gleichfalls mit der Verfassungsbeschwerde verbundenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 3. Juli 2008 - 2 BvR 1198/08 - abgelehnt.
2. Mit Schreiben vom 1. August 2008 nahm das Sächsische Staatsministerium der Justiz zur Verfassungsbeschwerde Stellung. Die Verfassungsbeschwerde sei schon unzulässig, da sie nicht in einer den Anforderungen des § 92 BVerfGG entsprechenden Art und Weise begründet worden sei. Der Beschwerdeführer beschränke sich lediglich darauf, die Entscheidungen des Oberlandesgerichts pauschal anzugreifen, ohne substantiiert darzulegen, aus welchen Gründen diese mit Verfassungsrecht kollidieren sollen. Außerdem stehe der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde die mangelnde Rechtswegerschöpfung entgegen. Wenn die Fesselungsanordnungen aufgrund von § 238 Abs. 1 StPO ergangen seien, hätte der Beschwerdeführer nach § 304 Abs. 1 StPO Beschwerde zum Oberlandesgericht erheben können. Erachte man die Anordnungen indes als Maßnahme nach § 119 Abs. 5 StPO, wären diese mit den als Beschwerde zu verstehenden Rügen des Beschwerdeführers vom 17. April 2008 wirksam angefochten. Dieser Rechtsbehelf sei zwar durch den Beschluss vom 21. April 2008 verbraucht. Hiergegen sei aber nach § 304 Abs. 1 StPO ebenfalls die Beschwerde zum Oberlandesgericht zulässig. Gleiches treffe auf die mit Verfügung vom 23. April 2008 erfolgte Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Aufhebung beziehungsweise Einschränkung der Postkontrolle zu. Auch hiergegen könne der Beschwerdeführer noch im Wege einer Beschwerde nach § 304 Abs. 1 StPO vorgehen. Auf die Möglichkeit, gegen die Entscheidungen des Landgerichts Rechtsmittel einzulegen, habe das Oberlandesgericht in seinen Beschlüssen vom 2. April 2008 und 19. Mai 2008 ausdrücklich hingewiesen.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 19. Mai 2008 gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Entscheidung der Kammer liegen vor (§ 93c Abs. 1 BVerfGG). Die verfassungsrechtlichen Anforderungen aus Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. BVerfGE 78, 88 <99>; 96, 27 <39>) sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Nach diesen Grundsätzen ist die Verfassungsbeschwerde im Sinne des § 93c Abs. 1 BVerfGG offensichtlich begründet.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sie sich gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 19. Mai 2008 richtet, rechtzeitig eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Die Anforderungen an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde (§§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG) sind erfüllt. Der Beschwerdeführer muss einen Sachverhalt vortragen, der die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung erkennen lässt (vgl. BVerfGE 108, 370 <386 f.>; stRspr) und dem Bundesverfassungsgericht eine verfassungsrechtliche Beurteilung ermöglicht (vgl. BVerfGE 112, 304 <314 f.>; stRspr). Nähere Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung gehört zur notwendigen Begründung der Verfassungsbeschwerde, soweit sie erforderlich ist, um erkennbar zu machen, inwiefern der Beschwerdeführer sich in seinen Grundrechten verletzt sieht (vgl. BVerfGE 101, 331 <345>). Eine zutreffende rechtliche Einordnung des Geschehens ist dem Beschwerdeführer darüber hinaus nicht abverlangt (vgl. etwa zur Entbehrlichkeit ausdrücklicher und korrekter Bezeichnung des als verletzt angesehenen Grundrechts, sofern dem Verfassungsbeschwerdevortrag der Sache nach entnommen werden kann, in welchem Grundrecht der Beschwerdeführer sich verletzt sieht, BVerfGE 47, 182 <187>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 4. Februar 2004 - 1 BvR 1172/02 -, NJW-RR 2004, S. 1153). Die mit der Verfassungsbeschwerde erhobene Rüge eines Verstoßes gegen Art. 19 Abs. 4 GG ist daher nicht deshalb unzureichend begründet, weil der Beschwerdeführer die von ihm ausreichend dargestellten Vorgänge mangels ausreichender Rechtskenntnis strafprozessrechtlich nicht zutreffend zugeordnet und gewürdigt hat.
2. Der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 19. Mai 2008 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz.
a) Zwar gewährleisten weder Art. 19 Abs. 4 GG noch andere Verfassungsbestimmungen einen Instanzenzug. Sehen aber prozessrechtliche Vorschriften ein Rechtsmittel vor, so verbietet Art. 19 Abs. 4 GG den Gerichten eine Auslegung und Anwendung dieser Rechtsnormen, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (vgl. BVerfGE 54, 94 <96 f.>; 77, 275 <284>; 78, 88 <99>; 112, 185 <208>; stRspr). Unter anderem darf einem Rechtsschutzsuchenden der Zugang zu einer gerichtlichen Sachentscheidung nicht aufgrund einer Auslegung seines Rechtsschutzgesuchs verwehrt werden, die dem erkennbar verfolgten Rechtsschutzziel zuwiderläuft (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 6. August 1992 - 2 BvR 89/92 -, NJW 1993, S. 1380 <1381>).
b) Nach diesen Grundsätzen kann der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 19. Mai 2008 keinen Bestand haben. Die Annahme des Oberlandesgerichts, es habe zu einer Entscheidung in der Sache keine Veranlassung, ist nicht nachvollziehbar.
Der Beschwerdeführer hatte seine Rechtsbehelfe gegen die Fesselungsanordnungen und die Anordnung der Postkontrolle ausdrücklich als "Beschwerde" bezeichnet. Schon dies sprach angesichts der gegen richterliche Anordnungen im Vollzug der Untersuchungshaft eröffneten Beschwerdemöglichkeit (§ 119 Abs. 3, 5, 6 Satz 1, § 126 Abs. 2 Satz 3, § 304 Abs. 1 StPO) dafür, dass es sich bei den Anträgen um Beschwerden im Sinne des § 304 Abs. 1 StPO handelte, über die, nachdem das Landgericht ihnen nicht abgeholfen hatte, vom Oberlandesgericht zu entscheiden war (§ 306 Abs. 2 StPO).
Das Oberlandesgericht hat sie stattdessen als Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen eine Sachleitungsanordnung des Vorsitzenden (§ 238 Abs. 2 StPO) ausgelegt, über den das Landgericht mit Beschluss vom 21. April 2008 entschieden habe. Diese Deutung geht nicht nur am ausdrücklichen Inhalt des Beschlusses vom 21. April 2008 - wie an der Auslegung der Anträge durch die Vorsitzende der Strafkammer - vorbei, sondern verfehlt vor allem auch den Sinn des Rechtsschutzbegehrens des Beschwerdeführers.
Das Landgericht hat mit dem Beschluss der Strafkammer vom 21. April 2008 eine Entscheidung über die gegen die Fesselungs- und Postkontrollanordnungen gerichteten Anträge des Beschwerdeführers mit der Begründung abgelehnt, dass die Entscheidung hierüber gemäß § 126 Abs. 2 Satz 3 StPO ausschließlich der Vorsitzenden obliege. Damit hat es nicht gemäß § 238 Abs. 2 StPO über Anträge entschieden, die sich gegen eine auf die Sachleitung bezügliche Anordnung der Vorsitzenden richteten, sondern eine Entscheidung über die gestellten Anträge in der Annahme abgelehnt, dass diese Anträge sich auf richterliche Anordnungen im Vollzug der Untersuchungshaft (§ 119 Abs. 3 StPO) bezogen und dementsprechend nach den hierfür geltenden Bestimmungen die Vorsitzende der Strafkammer zu entscheiden hatte. Hiervon ist auch die Vorsitzende selbst in ihrer Verfügung vom 23. April 2008 ausgegangen. Der "Vermerk", mit dem in dieser Verfügung die Entscheidung der Vorsitzenden über die ausdrücklich als "Beschwerde" bezeichneten Anträge vom 17. April 2008 festgehalten ist, beginnt zwar hinsichtlich beider Antragsgegenstände (Fesselung und Postkontrolle) jeweils mit der Feststellung, dass der Antrag zurückgewiesen werde, hilft aber im Weiteren ausdrücklich der jeweiligen Beschwerde nicht ab. Allein dieser Einordnung als Beschwerde gegen eine nach § 119 Abs. 3 StPO getroffene Maßnahme im Vollzug der Untersuchungshaft entspricht es auch, dass die Vorsitzende den Vorgang, wie gemäß § 306 Abs. 2 StPO für den Fall der Nichtabhilfe geboten, dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt hat.
Eine andere Auslegung ließen die Anträge des Beschwerdeführers auch bei Berücksichtigung seines auf Entscheidung der gesamten Strafkammer gerichteten Antrags nicht zu. Die Annahme, es habe sich um einen Antrag nach § 238 Abs. 2 StPO gehandelt, lief dem erkennbaren Rechtsschutzziel des Beschwerdeführers zuwider. Die im Hauptverhandlungstermin am 17. April 2008 gestellten Anträge betrafen nicht nur die Fesselung im Zusammenhang mit Sitzungen des Landgerichts. Sie richteten sich gegen die Fesselung bei Aus- und Vorführungen aller Art sowie gegen die angeordneten Postkontrollen. Was die Fesselungen angeht, rügte der Beschwerdeführer ausdrücklich sowohl die Fesselung bei Vorführungen zum Landgericht als auch ganz allgemein die Fesselung "bei Ausführungen" und beanstandete unter anderem, dass und wie er bei Ausführungen zu Arztbesuchen gefesselt wird. Die ausdrücklich als "Beschwerde" bezeichneten Anträge beschränkten sich danach offensichtlich nicht auf mögliche Gegenstände einer sachleitenden Anordnung im Sinne des § 238 Abs. 2 StPO. Nichts deutete darauf hin, dass der Beschwerdeführer die angegriffenen Maßnahmen nur insoweit abwehren wollte, als sie im Prinzip - statt Gegenstand einer Anordnung nach § 119 Abs. 3 StPO - auch Gegenstand einer sachleitenden Anordnung im Sinne des § 238 Abs. 2 StPO hätten sein können.
Auch die Annahme des Oberlandesgerichts, es sei zu einer Entscheidung über den die Postkontrolle betreffenden Antrag des Beschwerdeführers nicht berufen, da das Landgericht mit seiner Verfügung vom 23. April 2008 über diesen Antrag entschieden habe und ein hiergegen gerichtetes Rechtsmittel nicht vorliege, ist nicht nachvollziehbar. Abgesehen davon, dass sie zu der vorstehenden - die Deutung als Antrag nach § 238 Abs. 2 StPO und die angeblich diesbezüglich ergangene Entscheidung der Strafkammer betreffenden - Argumentation in unklarem, teilweise widersprüchlichem Verhältnis steht, ist sie auch für sich genommen unverständlich und nicht tragfähig. Weshalb das Gericht den gegen die Postkontrolle gerichteten Antrag vom 17. April 2008 nicht - seiner ausdrücklichen Bezeichnung als "Beschwerde", dem verfolgten Rechtsschutzziel und der verfahrensmäßigen Handhabung durch das Landgericht entsprechend - als gemäß § 306 Abs. 2 StPO ihm vorgelegte Beschwerde (§ 304 Abs. 1 StPO) gegen eine im Vollzug der Untersuchungshaft ergangene Anordnung der Vorsitzenden der Strafkammer (§ 119 Abs. 3 StPO) aufgefasst hat, erschließt sich nicht. Unerfindlich bleibt auch, auf welcher Rechtsgrundlage die Vorsitzende der Strafkammer befugt gewesen sein sollte, mit ihrer Verfügung vom 23. April 2008 abschlägig über den die Postkontrolle betreffenden Antrag zu entscheiden, ohne dass daraus die in § 306 Abs. 2 StPO vorgesehene Pflicht zur Vorlage an das Oberlandesgericht und die Notwendigkeit einer Entscheidung dieses Gerichts folgte.
3. Die Aufhebung und Zurückverweisung (§ 95 Abs. 2 BVerfGG) ist nicht deshalb entbehrlich, weil deutlich absehbar wäre, dass der Beschwerdeführer auch im Falle der Aufhebung und Zurückverweisung mit seinem Begehren letztlich keinen Erfolg haben würde, so dass es an einem schweren Nachteil im Sinne des § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG fehlte (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Dem Beschwerdeführer sind, weil die Verfassungsbeschwerde teilweise erfolgreich ist, die notwendigen Auslagen zur Hälfte zu erstatten (§ 34a Abs. 2 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
HRRS-Nummer: HRRS 2008 Nr. 1013
Bearbeiter: Ulf Buermeyer