HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 218
Bearbeiter: Stephan Schlegel
Zitiervorschlag: BVerfG, 1 BvR 519/08, Beschluss v. 09.07.2008, HRRS 2009 Nr. 218
Die Beschlüsse des Landgerichts Dresden vom 21. Dezember 2007 und vom 30. Januar 2008 - 14 Qs 7/07 - verletzen die Beschwerdeführer in ihren Grundrechten aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 und Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes.
Die Entscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Dresden zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Freistaat Sachsen hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren angeordnete Beschlagnahme sämtlicher Exemplare einer Jugendzeitschrift.
1. Die Beschwerdeführerin zu 1) ist Herausgeberin der Jugendzeitschrift "perplex". Der Beschwerdeführer zu 2) ist Verantwortlicher im Sinne des Pressegesetzes dieser Zeitschrift.
Die erste Ausgabe der Zeitschrift "perplex" wurde mit der Begründung beschlagnahmt, es bestehe der Verdacht eines strafbaren Verstoßes gegen jugendschutzrechtliche Vorschriften. Im Dezember 2007 wurde die insgesamt 16 Seiten umfassende Folgeausgabe veröffentlicht, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens war.
Auf Seite 2 der Zeitschrift befindet sich das Vorwort, in dem sich die Redaktion mit der Beschlagnahme der Erstausgabe auseinandersetzt. Darin heißt es zu dem Beschlagnahmebeschluss:
"[...] Der Beschluß... ist ein schlagender Beweis für die Umwandlung des früheren deutschen Rechtsstaates in einen bundesrepublikanischen Linksstaat. Man hat es hier mit einem neuen Totalitarismus im Gewande des 'Kampfes gegen Rechts' zu tun. Wir werden den dreisten Rechtsmißbrauch des Jugendschutzgesetzes nicht hinnehmen und alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um der Aushöhlung der Meinungsfreiheit entgegenzutreten. [...]"
Unter dem Vorwort ist eine Karikatur des Oberstaatsanwalts abgebildet, der die Beschlagnahme veranlasst hatte. Die Karikatur zeigt den Oberstaatsanwalt auf einer Bühne. An seinen Händen sind Bindfäden befestigt, die von einer großen Hand gehalten werden. Die Bildüberschrift lautet:
"Es ist bezeichnend, daß wieder einmal ein Oberstaatsanwalt gegen uns aktiv wurde, der schon zu DDR-Zeiten Staatsanwalt war und es - mit Beförderung - auch heute noch ist."
In dem Heft befindet sich zudem ein Artikel mit der Überschrift "Arbeit, Familie, Vaterland - Wir wollen Zukunft!". Dieser Artikel lautet auszugsweise:
"Die Regierenden haben unser Land heruntergewirtschaftet. Unser Volk muß einen Niedergang sondergleichen erleben. Die deutsche Jugend sieht einer düsteren Zukunft entgegen. Die Polit-Bonzen dagegen reden alles schön. [...] Tatsächlich haben uns die Polit-Bonzen nichts mehr zu sagen. Sie machen sich nur wichtig und kassieren ihre dicken Diäten - dafür, daß sie Knechte des Kapitals sind und das Volk mit ihrem Geschwätz ruhigstellen. [...]
Wenn wir jungen Deutschen heute noch eine Zukunft haben wollen, dann müssen wir jetzt handeln! [...] Wir müssen anfangen, politischen Widerstand zu leisten. Wir müssen das einfordern, was unserem Volk wieder eine Zukunft gibt: einen nationalen Staat und eine soziale Gemeinschaft, die dem Leben wieder Sicherheit gibt.
Wir brauchen die nationale und soziale Wende. Das Volk muß das Großkapital vom Sockel stoßen und sich die Macht zurückholen, damit wir unser Leben wieder in die Hand nehmen und es nach unseren Bedürfnissen gestalten können. Wir jungen Deutschen müssen nur unsere Zukunft endlich einfordern! [...]"
Ein weiterer Artikel mit der Überschrift "Armut ist kein Schicksal - Wehr Dich!" lautet auszugsweise:
"Die etablierten Parteien von CDU bis PDS sind dabei, unseren Sozialstaat kaputt zu machen, weil sie jedes Jahr Milliardenbeträge für Ausländer und das Ausland verschleudern. Viele Deutsche sind verzweifelt, weil sie einfach keine Arbeit finden oder von ihrer Arbeit kaum die Familie ernähren können. [...]
Der Skandal ist: Geld ist in diesem Land genügend vorhanden, es ist nur ungerecht verteilt. [...] Geld wäre da, aber es wird für nichtdeutsche Aufgaben zweckentfremdet: Milliardensummen werden jedes Jahr für Auslandseinsätze der Bundeswehr, Nettozahlungen an die Europäische Union sowie Asylbetrüger und arbeitslose Ausländer vergeudet.
Die Lösung: Geld muß in Deutschland endlich wieder für deutsche Aufgaben ausgegeben werden - für Familienpolitik, Arbeit und Bildung. Wenn der Sozialstaat fürs eigene Volk erhalten bleiben soll, darf Deutschland nicht länger als Weltsozialamt mißbraucht werden.
Von den regierenden Polit-Bonzen haben wir nicht viel zu erwarten. Egal, ob sie sich christlich, liberal, sozial oder links nennen, die Ergebnisse ihrer volksfeindlichen Politik sind immer die selben: mehr Armut, mehr Ausländer, mehr Abwanderung. Die Polit-Bonzen kümmern sich einen Dreck um das, was das Volk will; sie sind allein Befehlsempfänger des Großkapitals. [...]
Sozial ist nur der, der für das Volk eintritt. Sozial geht nur national! Die zunehmende Armut kann nur beseitigt werden, wenn man die Ursachen und die Verursacher bekämpft: die Globalisierung, die Profitgier, die Raubtierkapitalisten und ihre politischen Helfershelfer. Wir brauchen den Nationalstaat, der uneingeschränkt die Interessen des Volkes vertritt und die Wirtschaft vor dem Ausverkauf schützt. [...]"
Unter der Überschrift "Deutschland läßt sich nicht verbieten" setzt sich die Redaktion erneut mit der Beschlagnahme der Erstausgabe der Zeitschrift "perplex" sowie mit Forderungen nach einem Verbot der NPD auseinander. Dieser Artikel lautet auszugsweise:
"[...] Natürlich ist der Vorwurf der ‚Jugendgefährdung' absurd; die Begründung in dem Beschlagnahmebeschluß des Amtsgerichts Dresden sachlich unbegründet und der Gerichtsbeschluß selbst rechtswidrig. Aber: Recht ist heute, was den Mächtigen nützt.
Wir sind nun gespannt, ob sich der Oberstaatsanwalt S., der schon zu DDR-Zeiten als Staatsanwalt ein Systemling war, nun auch ein zweites Mal erdreistet, einen rechtswidrigen Beschluß zu beantragen und sich auch diesmal ein Richter findet, der einen - unserer Ansicht nach - rechtswidrigen Beschluß ausstellt. Wir werden uns dann wieder mit juristischen Mitteln zur Wehr setzen.
Genauso wie gegen uns als jugendliche Zeitungsmacher vorgegangen wird, versucht man sich der NPD als einziger echter Opposition politisch bequem zu entledigen. [...]
Dagegen kann man angesichts der katastrophalen Politik der Blockparteien die Frage aufwerfen, ob es nicht die Blockparteien selbst sind, die die verfassungsmäßige Ordnung beseitigen, z.B. durch den Ausverkauf des Volksvermögens, planmäßige Überfremdung durch Ausländer und die Auflösung des Staates in einem supranationalen Gebilde wie der Europäischen Union. Warum diskutiert die ach so 'freie' und 'kritische' Presse nicht einmal diese Frage öffentlich?
Es bleibt die Erkenntnis, daß die 'gelenkte Demokratie' nicht nur im fernen Rußland, sondern auch in der Bundesrepublik unschöne Wirklichkeit werden kann. Opposition ist den Herrschenden auch hierzulande unbequem. Wenn ihnen die Argumente ausgehen, lassen sie die Staatsanwaltschaft in Aktion treten. Ist das der Rechtsstaat und die Gewaltenteilung, wie wir es an den Schulen gelehrt bekommen? Wohl kaum! [...]"
2. Die Staatsanwaltschaft Dresden beantragte, sämtliche Exemplare der zweiten Ausgabe der Zeitschrift "perplex" gemäß § 111b Abs. 1 StPO zur Vorbereitung einer Einziehung nach § 74d Abs. 1 StGB zu beschlagnahmen. Das Amtsgericht wies den Antrag zurück.
a) Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ordnete das Landgericht mit dem angegriffenen Beschluss vom 21. Dezember 2007 die Beschlagnahme antragsgemäß an. Die vorsätzliche Verbreitung der Zeitschrift in Kenntnis ihres Inhalts verwirkliche nach vorläufiger Einschätzung der Kammer die Straftatbestände der § 90a Abs. 1 Nr. 1, § 130 und § 185 StGB.
Durch den Inhalt des Heftes würden die Bundesrepublik Deutschland und ihre verfassungsmäßige Ordnung beschimpft und böswillig verächtlich gemacht (§ 90a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Im Zusammenhang mit anderen Textpassagen des Heftes drücke insbesondere die Formulierung, man habe es nun mit einem neuen Totalitarismus im Gewande des "Kampfes gegen Rechts" zu tun, eine besonders verletzende Missachtung und Herabwürdigung der Bundesrepublik und ihrer freiheitlich-demokratischen Grundordnung aus. Die Behauptungen, "Polit-Bonzen" seien Knechte des Kapitals oder Befehlsempfänger des Großkapitals, wenn es um Macht gehe, dann ließen die Herrschenden alle demokratischen Grundsätze fallen und die "gelenkte Demokratie" könne nicht nur im fernen Russland, sondern auch in der Bundesrepublik unschöne Wirklichkeit werden, sprächen der Bundesrepublik die soziale und demokratische Rechtsstaatlichkeit ab. Die Forderungen nach einem Nationalstaat oder nach einer nationalen und sozialen Wende und die Aufforderung, junge Deutsche müssten sich die Macht zurückholen, griffen den Bestand der Bundesrepublik und ihrer Verfassungsgrundsätze massiv an. In der Gesamtschau dieser Textpassagen würden die freiheitliche demokratische Grundordnung als nicht existent und die Bundesrepublik als minderwertige Staatsform dargestellt, die durch einen nationalen Sozialstaat ersetzt werden müsse. Der Inhalt des Heftes sei nicht lediglich als von Art. 5 GG geschützte scharfe und unsachliche Kritik zu bewerten, da er über Entstellungen, Übertreibungen und Geschmacklosigkeiten deutlich hinausgehe und die freiheitlich-demokratische Grundordnung in ihren Grundsätzen berühre.
Aufgrund der Karikatur des Oberstaatsanwalts S. als Marionette und seiner Bezeichnung als "Systemling" bestehe zudem der dringende Verdacht einer nach § 185 StGB strafbaren Beleidigung.
Schließlich hätten die fremdenfeindlichen Äußerungen, wie etwa Milliardenbeträge würden für Ausländer und das Ausland "verschleudert", Geld werde für nichtdeutsche Aufgaben "zweckentfremdet" und an "Asylbetrüger und Ausländer vergeudet", und die Forderung, Geld müsse in Deutschland wieder für deutsche Aufgaben ausgegeben werden, sowie die Parole "sozial geht nur national" volksverhetzenden Charakter im Sinne von § 130 StGB.
b) Die Beschwerdeführer beantragten die Nachholung rechtlichen Gehörs gemäß § 311a StPO und lehnten die an dem Beschluss vom 21. Dezember 2007 beteiligten Richter wegen Befangenheit ab.
Das Landgericht wies die Ablehnung der beteiligten Richter mit dem angegriffenen Beschluss vom 23. Januar 2008 zurück. Der Beschwerdeführer zu 2) legte hiergegen sofortige Beschwerde ein, die das Oberlandesgericht als unbegründet verwarf. Das Ablehnungsgesuch sei unzulässig gewesen, da es erst nach Erlass des Beschlagnahmebeschlusses und damit verspätet gestellt worden sei.
Das Landgericht wies mit dem angegriffenen Beschluss vom 30. Januar 2008 den auf § 311a StPO gestützten Antrag auf Aufhebung des Beschlagnahmebeschlusses zurück. Auch bei einer im Lichte von Art. 5 GG angezeigten restriktiven Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 90a StGB stellten die in der Zeitschrift veröffentlichten Äußerungen nicht lediglich eine straflose ablehnende scharfe Kritik am Staat dar, sondern berührten die freiheitliche demokratische Grundordnung in ihren Grundsätzen.
3. Die Beschwerdeführer rügen in erster Linie eine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 GG.
4. Die sächsische Staatsregierung hat von einer Stellungnahme zu der Verfassungsbeschwerde abgesehen.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Entscheidung an und gibt ihr nach § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG statt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist insoweit zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführer aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Art. 5 Abs. 3 GG angezeigt. Die für die Beurteilung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits beantwortet. Die Verfassungsbeschwerde ist überwiegend zulässig und im Umfang ihrer Zulässigkeit offensichtlich begründet.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist überwiegend zulässig. Unzulässig ist sie allerdings insoweit, als die Beschwerdeführer sich auch gegen den Beschluss vom 23. Januar 2008 wenden, mit dem ihr Befangenheitsgesuch zurückgewiesen wurde. Hinsichtlich dieser Rüge genügt die Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht den Anforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG.
Das Vorbringen der Beschwerdeführer zu dem Beschluss vom 23. Januar 2008 erschöpft sich im Wesentlichen darin, eine Besorgnis der Befangenheit aus der von ihnen gerügten materiellen Rechtswidrigkeit des Beschlagnahmebeschlusses herzuleiten. Der bloße Umstand, dass ein Spruchkörper eine rechts- oder auch verfassungswidrige Entscheidung getroffen haben mag, begründet jedoch noch nicht zwingend oder auch nur regelmäßig Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Mitglieder dieses Spruchkörpers. Zudem hat das Oberlandesgericht in seiner Entscheidung über die sofortige Beschwerde ausgeführt, das Ablehnungsgesuch der Beschwerdeführer sei bereits unzulässig gewesen, da es erst nach dem Erlass des Beschlagnahmebeschlusses und damit verspätet gestellt worden sei. Danach wäre es für die Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer letztlich auf eine denkbare Besorgnis der Befangenheit überhaupt nicht angekommen. Hiermit setzen sich die Beschwerdeführer nicht auseinander.
2. Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie offensichtlich begründet. Der Beschluss vom 21. Dezember 2007, mit dem die Beschlagnahme angeordnet wurde, und der Beschluss vom 30. Januar 2008, mit dem diese Anordnung bestätigt wurde, verletzen das durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Grundrecht der Beschwerdeführer auf freie Meinungsäußerung sowie die durch Art. 5 Abs. 3 GG gewährleistete Kunstfreiheit der Beschwerdeführer.
a) Die Beschlagnahme sämtlicher Exemplare der zweiten Ausgabe der Zeitschrift "perplex" greift in die Meinungs- und die Kunstfreiheit der Beschwerdeführer ein.
Durch die Beschlagnahme wird den Beschwerdeführern die Verbreitung der in der Zeitschrift enthaltenen Meinungsäußerungen, deren Äußerung von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt wird, wegen ihres Inhalts zeitweise unmöglich gemacht. Soweit die Beschlagnahme auch an die in der Zeitschrift abgedruckte Karikatur anknüpft, verbietet sie die Verbreitung eines durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Kunstwerks. Insoweit geht die Kunstfreiheit der Meinungsfreiheit als speziellere Norm vor (vgl. BVerfGE 75, 369 <377>).
Ob daneben auch ein Eingriff in die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Pressefreiheit vorliegt, bedarf hier keiner Entscheidung. Hieraus würde sich jedenfalls im Ergebnis keine abweichende Beurteilung ergeben, da die Meinungs- und die Pressefreiheit gleichermaßen Einschränkungen nach Maßgabe von Art. 5 Abs. 2 GG zugänglich sind.
b) Der in der Beschlagnahme liegende Grundrechtseingriff ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.
aa) Zwar sind die Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und letztlich auch Art. 5 Abs. 3 GG nicht schrankenlos gewährleistet. Jedoch ergeben sich aus ihnen verfassungsrechtliche Anforderungen an die Auslegung und Anwendung der für die Anordnung der Beschlagnahme maßgeblichen strafrechtlichen Normen.
(1) Die Meinungsfreiheit erfordert auf den Stufen der Normauslegung und Normanwendung eine Abwägung zwischen der Bedeutung einerseits der Meinungsfreiheit und andererseits des Rechtsguts, in dessen Interesse sie eingeschränkt werden soll (vgl. BVerfGE 93, 266 <292 ff.>). Zudem ergeben sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG Anforderungen an die Deutung umstrittener Äußerungen. Der Äußernde darf in der Freiheit seiner Meinungsäußerung nicht aufgrund von Meinungen eingeengt werden, die er zwar hegen oder bei anderer Gelegenheit geäußert haben mag, aber im konkreten Fall nicht kundgegeben hat (vgl. BVerfGE 82, 43 <52 f.>). Gerichtliche Entscheidungen, die den Sinn der umstrittenen Äußerung erkennbar verfehlen und darauf ihre rechtliche Würdigung stützen, verstoßen gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit. Dasselbe gilt, wenn ein Gericht bei mehrdeutigen Äußerungen die zu einer repressiven Sanktion führende Bedeutung zugrundelegt, ohne vorher die anderen möglichen Deutungen mit schlüssigen Gründen ausgeschlossen zu haben (vgl. BVerfGE 93, 266 <295 f.>; 107, 275 <282>; 114, 339 <349 f.>).
Bei der Auslegung und Anwendung insbesondere des im Ausgangsverfahren herangezogenen § 90a StGB als einer Staatsschutznorm ist besonders sorgfältig zwischen einer - wie verfehlt auch immer erscheinenden - Polemik und einer Beschimpfung oder böswilligen Verächtlichmachung zu unterscheiden, weil Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gerade aus dem besonderen Schutzbedürfnis der Machtkritik erwachsen ist und darin unverändert seine Bedeutung findet (vgl. BVerfGE 93, 266 <293>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juli 1998 - 1 BvR 287/93 -, NJW 1999, S. 204 <205>). Die Verfassung verbietet eine Auslegung des § 90a StGB, derzufolge bereits eine scharfe Kritik am Staat und eine Propaganda für - sei es auch verfassungsfeindliche - politische Programme unter Strafe gestellt wird. Erst wenn diese Kritik über die Propagierung bestimmter politischer Ziele hinaus den Staat beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verunglimpft, kann die Grenze zur Strafbarkeit überschritten sein (vgl. BVerfGE 47, 198 <231 ff.>). Dementsprechend kann in der bloßen Aufforderung zu einer - gewaltfreien - Beseitigung der bestehenden staatlichen Ordnung und zu deren Ersetzung durch ein anderes politisches System noch kein tatbestandsmäßiges Verhalten im Sinne des § 90a StGB gesehen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 2002 - 3 StR 446/01 -, NStZ 2002, S. 592 <593>; BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2002 - 3 StR 270/02 -, NStZ 2003, S. 145 <146>; vgl. ferner BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. März 2001 - 1 BvQ 13/01 -, NJW 2001, S. 2069 <2070>; Hörnle, Grob anstößiges Verhalten, 2005, S. 261 ff.).
(2) Kommt es zu einem Konflikt zwischen der Kunstfreiheit und dem durch § 185 StGB strafrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht, so erfordert die Kunstfreiheit eine Interpretation des betroffenen Kunstwerks, die den spezifischen Wirkungsbedingungen von Kunst Rechnung trägt (vgl. zu literarischen Werken BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 - 1 BvR 1783/05 -, NJW 2008, S. 39 <41 f.>). Insbesondere bei Kunstwerken mit satirischem und karikierendem Gehalt erfordert die rechtliche Beurteilung eine Ermittlung des Aussagekerns des Kunstwerks, damit sodann der Aussagekern und seine Einkleidung gesondert daraufhin überprüft werden können, ob sie eine Kundgabe der Missachtung gegenüber der karikierten Person enthalten (vgl. BVerfGE 75, 369 <377 f.>).
(3) Es besteht kein Anlass, im vorliegenden Fall die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Deutung von Meinungsäußerungen und Kunstwerken sowie an die Auslegung und Anwendung von Normen, die die Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Art. 5 Abs. 3 GG einschränken können, deshalb zurückzunehmen, weil das Landgericht mit der Beschlagnahme eine nur vorläufige Maßnahme getroffen hat, die auf einer gleichfalls nur vorläufigen Beurteilung der Rechtslage beruht hat. Gegenstand der verfassungsrechtlichen Überprüfung ist hier allein die strafrechtliche Würdigung eines feststehenden Sachverhalts, an die für die umstrittene Beschlagnahme keine geringeren Anforderungen zu stellen sind als an eine strafrechtliche Verurteilung aufgrund der von dem Landgericht herangezogenen Äußerungsdelikte.
bb) Nach diesen Maßstäben genügen die angegriffenen Beschlüsse, mit denen das Landgericht die Beschlagnahme angeordnet und bestätigt hat, in offensichtlicher Weise nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
(1) Die Ausführungen, mit denen das Landgericht den Verdacht einer Straftat nach § 90a Abs. 1 Nr. 1 StGB begründet hat, stehen bereits mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Deutung von Meinungsäußerungen nicht in Einklang. In der Folge kann die - von dem Landgericht ohnehin nur rudimentär vorgenommene - Abwägung des grundrechtlich geschützten Äußerungsinteresses der Beschwerdeführer mit gegenläufigen öffentlichen Interessen, die durch § 90a StGB geschützt werden, den verfassungsrechtlichen Anforderungen gleichfalls nicht genügen.
(a) Das Landgericht zitiert zunächst einige Satzteile, in denen der Bundesrepublik die soziale und demokratische Rechtsstaatlichkeit abgesprochen werde. Es fehlt jedoch an jeder Begründung dafür, dass die angeführten Zitate eine derartige Deutung tragen. Eine solche Deutung drängt sich auch keinesfalls derart auf, dass eine nähere Auseinandersetzung mit anderen möglichen Interpretationen entbehrlich wäre.
Die meisten der angeführten Passagen enthalten Angriffe auf die in der Bundesrepublik Regierenden. Diese werden als "Polit-Bonzen" und "Knechte des Kapitals" oder "Befehlsempfänger des Großkapitals" bezeichnet. Zudem heißt es in der Zeitschrift, wenn es um die Macht gehe, dann ließen die Herrschenden alle demokratischen Grundsätze fallen. Indes schützt § 90a StGB nicht die Persönlichkeitsrechte von Angehörigen staatlicher Organe, sondern verbietet eine Beschimpfung des Staates und seiner Ordnung selbst. Eine Äußerung, die sich ausdrücklich nur auf staatliche Funktionsträger bezieht, kann allenfalls in Ausnahmefällen als Angriff auf die bestehende staatliche Ordnung angesehen werden, da eine solche Deutung das verfassungsrechtlich besonders gewichtige Interesse an einer Meinungsäußerung einzuschränken droht, die die Ausübung politischer Macht kritisiert (vgl. Fischer, StGB, 55. Aufl., 2008, § 90a Rn. 4; Stree/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., 2006, § 90a Rn. 6; beide m.w.N.). Die von dem Landgericht zugrunde gelegte Deutung der Äußerungen hätte daher einer besonderen Begründung bedurft, die der angegriffene Beschluss nicht enthält.
Soweit das Landgericht darauf abstellt, in der Zeitschrift sei die Rede von einem neuen Totalitarismus im Gewande des "Kampfes gegen Rechts", ist gleichfalls nicht ohne weiteres ersichtlich, dass diese Äußerung auf die Bundesrepublik selbst und ihre staatliche Ordnung zu beziehen ist und die Staatsform der Bundesrepublik als minderwertig dargestellt wird. Es kann sich insoweit auch um eine Kritik am Vorgehen staatlicher Funktionsträger handeln, das an den Verfassungsgrundsätzen der Bundesrepublik gemessen wird. In dieser Deutung würde die zitierte Äußerung nicht die Bundesrepublik und ihre Verfassungsgrundsätze angreifen, sondern vielmehr ein Verhalten einzelner Amtsträger kritisieren, das diesen Grundsätzen nach Auffassung des sich Äußernden nicht genügt. Das Landgericht hat sich mit dieser Deutungsalternative nicht auseinandergesetzt.
Die weiteren von dem Landgericht angeführten Äußerungen, der frühere deutsche Rechtsstaat habe sich in einen bundesrepublikanischen Linksstaat gewandelt und die "gelenkte Demokratie" könne nicht nur im fernen Russland, sondern auch in der Bundesrepublik unschöne Wirklichkeit werden, beziehen sich demgegenüber zwar ihrem Wortlaut nach auf die Bundesrepublik als Ganzes. Jedoch erscheint die Interpretation des Landgerichts, dass damit der Bundesrepublik die soziale und demokratische Rechtsstaatlichkeit abgesprochen wird, zumindest nicht ohne weiteres zwingend. Die beiden zitierten Textstellen können auch als Kritik an Missständen verstanden werden, deretwegen die gegenwärtige politische Lage in der Bundesrepublik hinter dem Idealbild eines sozialen und demokratischen Rechtsstaats zurückbleibt, ohne dass ihr diese Eigenschaft schlechthin abgesprochen würde. Auch insoweit hat sich das Landgericht mit der Deutungsalternative nicht auseinandergesetzt.
(b) Das Landgericht führt weiter aus, die Forderung nach einem Nationalstaat und nach einer nationalen und sozialen Wende sowie die Aufforderung, junge Deutsche müssten sich die Macht zurückholen, greife den Bestand der Bundesrepublik und ihrer Verfassungsgrundsätze massiv an.
Diese Ausführungen sind teilweise bereits darum nicht nachvollziehbar, weil sich eine Aufforderung, junge Deutsche müssten sich die Macht zurückholen, in der Zeitschrift nicht findet. Die von dem Landgericht wohl in Bezug genommene Textpassage lautet vielmehr richtig:
"Das Volk muß das Großkapital vom Sockel stoßen und sich die Macht zurückholen, damit wir unser Leben wieder selbst in die Hand nehmen und es nach unseren Bedürfnissen gestalten können. Wir jungen Deutschen müssen nur unsere Zukunft endlich einfordern!"
Diese Textpassage hat einen anderen Gehalt als das von dem Landgericht angeführte Fehlzitat. Die Deutung des Landgerichts kann schon deshalb keinen Bestand haben.
Im Übrigen geht das Landgericht nicht darauf ein, dass die bloße Forderung nach einer Beseitigung der bestehenden staatlichen Ordnung und ihrer Verfassungsgrundsätze sowie nach der Ersetzung dieser Ordnung durch eine andere von § 90a StGB nicht unter Strafe gestellt wird. Das Landgericht führt selbst nicht aus, dass in den zitierten Textstellen über eine solche Forderung hinausgehend die staatliche Ordnung der Bundesrepublik geschmäht würde. Unter welchen Voraussetzungen ein Aufruf zum Umsturz wegen seiner Form oder wegen der von dem Aufrufenden geforderten Art und Weise des Umsturzes als tatbestandsmäßig im Sinne des § 90a StGB angesehen werden kann, bedarf angesichts dessen hier keiner Entscheidung.
(c) Schließlich lässt das Landgericht den Kontext der von ihm zitierten Äußerungen außer Acht. Zumindest einige dieser Äußerungen stehen jedoch in einem Zusammenhang, der es in gesteigertem Maße begründungsbedürftig erscheinen lässt, dass sich aus den Zitaten eine Verächtlichmachung der Bundesrepublik und ihrer verfassungsmäßigen Ordnung ergeben soll.
So folgt auf die von dem Landgericht zitierten Äußerungen zur Umwandlung des deutschen Rechtsstaats in einen bundesrepublikanischen Linksstaat und zu einem neuen Totalitarismus des "Kampfes gegen Rechts" unmittelbar der Satz:
"Wir werden den dreisten Rechtsmißbrauch des Jugendschutzgesetzes nicht hinnehmen und alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um der Aushöhlung der Meinungsfreiheit entgegenzutreten."
In diesem Zusammenhang erscheint eine Interpretation der Äußerungen dahingehend möglich und naheliegend, dass nicht die rechtsstaatliche Ordnung der Bundesrepublik als solche angegriffen werden soll, sondern ein Verhalten bestimmter Machtträger, das mit dieser Ordnung nicht zu vereinbaren ist. Danach würden die angeführten Äußerungen nicht eine Abwertung der Bundesrepublik, sondern allenfalls bestimmter Funktionsträger enthalten. Mit dieser Interpretationsmöglichkeit hat das Landgericht sich nicht auseinandergesetzt.
Auch die Passage, in der auf die Möglichkeit einer "gelenkten Demokratie" in der Bundesrepublik hingewiesen wird, steht in einem Kontext, der zumindest besonders begründungsbedürftig erscheinen lässt, dass hierin eine Verächtlichmachung der Bundesrepublik und ihrer verfassungsmäßigen Ordnung gesehen werden kann. Dieser Passage folgen die Sätze:
"Opposition ist den Herrschenden auch hierzulande unbequem. Wenn ihnen die Argumente ausgehen, lassen sie die Staatsanwaltschaft in Aktion treten. Ist das der Rechtsstaat und die Gewaltenteilung, wie sie es an den Schulen gelehrt bekommen? Wohl kaum!"
Der Kontext auch dieser von dem Landgericht zitierten Äußerung lässt demnach eine Deutung zu, derzufolge diese Äußerung sich nicht gegen die bestehende staatliche Ordnung, sondern gegen ein Verhalten von Funktionsträgern richtet, das dieser Ordnung zuwiderläuft. Auch mit dieser Deutungsalternative hat das Landgericht sich nicht auseinandergesetzt.
(2) Die Ausführungen, mit denen das Landgericht den Verdacht einer Volksverhetzung im Sinne des § 130 StGB begründet, genügen gleichfalls nicht annähernd den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Deutung von Äußerungen und an die Zuordnung der betroffenen gegenläufigen Interessen.
Das Landgericht zählt lediglich einzelne Äußerungen auf und kennzeichnet diese als fremdenfeindlich. Sodann stellt das Landgericht fest, die aufgeführten Äußerungen hätten volksverhetzenden Charakter, ohne dies zu begründen oder auch nur anzugeben, welchen der in § 130 StGB enthaltenen Straftatbestände es für verwirklicht hält.
Dieses Vorgehen entspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht. Das Landgericht durfte zum einen nicht offenlassen, an welchem der Tatbestände des § 130 StGB es die zitierten Äußerungen misst, da die unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen für die Konkretisierung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Auslegung und Anwendung der Norm von Bedeutung sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 12. November 2002 - 1 BvR 232/97 -, NJW 2003, S. 660 <662>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. März 2008 - 1 BvR 1753/03 -, unter II 2 b). Zum anderen hätte das Landgericht die zitierten Textpassagen unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben deuten müssen. An einer solchen Deutung fehlt es in den angegriffenen Beschlüssen mit Blick auf § 130 StGB vollständig.
(3) Schließlich stehen auch die Ausführungen, mit denen das Landgericht den Verdacht einer Beleidigung (§ 185 StGB) zum Nachteil von Oberstaatsanwalt S. begründet, mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht in Einklang. Die Begründung des Landgerichts erschöpft sich wiederum darin, zwei Passagen aus der Zeitschrift anzuführen und diesen ohne Begründung einen beleidigenden Inhalt zuzuschreiben.
Die Ausführungen des Landgerichts genügen hinsichtlich der Bezeichnung des Oberstaatsanwalts als "Systemling" jedenfalls nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Abwägung der Interessen, die für und gegen eine Unterdrückung der Äußerung sprechen. Das Landgericht hat die Meinungsfreiheit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Prüfung von § 185 StGB nicht erwähnt. Auch in der Sache ist nicht erkennbar, dass das Landgericht den durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten grundrechtlichen Schutz des Äußerungsinteresses der Beschwerdeführer erkannt hat. Im Rahmen der von Verfassungs wegen erforderlichen Abwägung wäre zu berücksichtigen gewesen, dass die Bezeichnung als "Systemling" sich im Zusammenhang einer Kritik an der Beschlagnahme der Erstausgabe der Zeitschrift "perplex" und an dem Umgang staatlicher Organe mit Rechtsextremisten allgemein findet. Insofern hätte das Landgericht zumindest erwägen müssen, ob es sich um eine Äußerung zu einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage handelt, für deren Zulässigkeit eine Vermutung streitet (vgl. BVerfGE 93, 266 <294 f.>; stRspr). Hierzu hat das Landgericht keine Ausführungen gemacht.
Soweit das Landgericht den Verdacht einer Beleidigung aus der Karikatur eines Staatsanwalts herleitet, hat es sich nicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Deutung künstlerischer Äußerungen auseinandergesetzt, durch die sich Dritte in ihrem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt sehen. Insbesondere hat das Landgericht nicht den Aussagekern der Karikatur ermittelt und ihn sowie die karikative Einkleidung getrennt voneinander daraufhin überprüft, ob sie eine Kundgabe der Missachtung des Staatsanwalts enthalten.
Selbst wenn im Übrigen das Landgericht den Verdacht einer Beleidigung tragfähig begründet hätte, wäre in der Folge zu fragen gewesen, ob die Beschlagnahme sämtlicher Exemplare der Zeitschrift allein aufgrund dieses Verdachts dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügte. Mit dieser Frage hat sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt, da es davon ausgegangen ist, dass der Inhalt der Zeitschrift auch gegen andere Strafgesetze verstößt. Diese rechtliche Würdigung des Landgerichts genügt jedoch - wie ausgeführt - gleichfalls nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
c) Die angegriffenen Beschlüsse beruhen auch auf den Verfassungsverstößen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Landgericht von einer Beschlagnahmeanordnung abgesehen hätte, wenn es die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Deutung der beanstandeten Äußerungen sowie an die Abwägung der widerstreitenden Rechtsgüter beachtet hätte.
3. Die Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Art. 5 Abs. 3 GG führt zur Aufhebung der angegriffenen Beschlüsse und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. In der Folge bedarf keiner Entscheidung, ob das Landgericht dadurch, dass es den Anforderungen an die Deutung von Meinungsäußerungen und Kunstwerken sowie an die Zuordnung der für und gegen eine Unterdrückung solcher Inhalte sprechenden Interessen offenkundig und in gewichtigem Ausmaß nicht gerecht geworden ist, auch gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Willkürverbot verstoßen hat.
4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34 a Abs. 2 BVerfGG, die Festsetzung des Wertes des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. auch BVerfGE 79, 357 <361 ff.>; 79, 365 <366 ff.>).
HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 218
Bearbeiter: Stephan Schlegel