HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 566
Bearbeiter: Stephan Schlegel
Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 820/06, Beschluss v. 29.05.2006, HRRS 2006 Nr. 566
Die Beschlüsse des Landgerichts Mannheim vom 10. März 2006 und vom 6. Dezember 2005 - 24 Qs 10/05 -, des Amtsgerichts Mannheim vom 15. September 2005 - 42 Gs 1943/05 - und des Bundesgerichtshofs vom 17. November 2004 - 3 BGs 160/04 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 14 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Beschlüsse werden aufgehoben.
Die Sache wird an das Landgericht Mannheim zurückverwiesen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Die Bundesrepublik Deutschland und das Land Baden-Württemberg haben dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen je zur Hälfte zu erstatten.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen eine Arrestanordnung in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren.
1. Gegen den Beschwerdeführer wurde wegen des Verdachts der Förderung der Entwicklung von Atomwaffen ermittelt. Ihm wurde vorgeworfen, an der Entwicklung und Lieferung von Gasultrazentrifugen an Libyen beteiligt gewesen zu sein, die dort zur Urananreicherung mit dem Ziel verwendet werden sollten, eine Atombombe zu bauen.
2. a) Der Bundesgerichtshof ordnete mit dem angegriffenen Beschluss vom 17. November 2004 auf einen am selben Tage gestellten Antrag den dinglichen Arrest in Höhe von rund 2,6 Mio. € in das Vermögen des Beschwerdeführers an. Der Bundesgerichtshof legte das dem Beschwerdeführer angelastete Tatgeschehen dar und führte aus, "nach den Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes und der Polizei in Malaysia" habe der Beschwerdeführer eine Vergütung zumindest in Höhe des Arrestbetrages für die Vermittlung der Herstellung von Bauteilen und für Schulungsmaßnahmen erhalten.
b) Das Amtsgericht erhöhte mit dem angegriffenen Beschluss den Arrestbetrag auf rund 28 Mio. €. Der in Malaysia vernommene Zeuge T. habe schlüssig und nachvollziehbar bekundet, der Beschwerdeführer habe eine Vergütungsvereinbarung über den Arrestbetrag geschlossen. Den erzielten Gewinn habe der Beschwerdeführer in zahlreichen Immobiliengeschäften auf verschiedenen Kontinenten versteckt.
c) Der Beschwerdeführer erhob Beschwerde. Er rügte eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG und wandte ein, es sei nicht nachvollziehbar, auf welchen Erkenntnissen der Arrestbetrag beruhe. Über die Beweisgrundlagen sei der Beschwerdeführer bislang nicht informiert worden. Nur eine Zeugenaussage sei ihm übersandt worden. Jener Zeuge habe indes teils unbestimmt, andernteils offensichtlich unrichtig ausgesagt.
Auf ein Akteneinsichtsgesuch des Beschwerdeführers verwies die Staatsanwaltschaft auf § 147 Abs. 2 StPO und übersandte das Protokoll einer weiteren Zeugenvernehmung. Das Landgericht übersandte drei Aktenordner. Der Beschwerdeführer reichte einen weiteren Schriftsatz ein, mit dem er seine Beschwerde weiter begründete und beantragte, ihm die Aussage eines weiteren Zeugen und ein Schriftstück vorzulegen, auf das einer der Zeugen sich beziehe.
d) Das Landgericht verwarf die Beschwerde mit dem ersten der angegriffenen Beschlüsse. Es zitierte unter anderem aus der Aussage des Zeugen T., der die Höhe der Vergütung bekundet und ausgesagt habe, das Geld sei an eine Reihe von Firmen geflossen, die dem Beschwerdeführer und dessen Zulieferern gehörten. Diese Bekundungen seien detailgetreu, von Insiderkenntnissen geprägt und gegenüber den Bekundungen anderer Zeugen widerspruchsfrei.
e) Nachdem die Beschwerdeentscheidung ergangen war, erhielt der Verteidiger nach Erhebung der Anklage die Ermittlungsakten und den Hinweis, dass Verschluss-Sachen und Beweismittel im Gerichtsgebäude eingesehen werden könnten. Eine erste Verfassungsbeschwerde nahm die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung an, weil der Rechtsweg nicht erschöpft war (Beschluss vom 18. Januar 2006 - 2 BvR 62/06 -). Der Beschwerdeführer müsse die verweigerte Akteneinsicht im Verfahren nach § 33 a StPO geltend machen.
f) Diesen Antrag stellte der Beschwerdeführer, und das Landgericht lehnte mit dem zweiten der angegriffenen Beschlüsse eine Aufhebung des Arrestes ab. Die Würdigung der Aussage des Zeugen T. müsse der Hauptverhandlung vorbehalten bleiben.
g) Auf Grund des Arrestes wurden Pfändungen und eine Sicherungshypothek angeordnet, deren Gesamtwert die Staatsanwaltschaft mit 1,8 Mio. € veranschlagt.
3. Der Beschwerdeführer hat Verfassungsbeschwerde erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.
Art. 14 Abs. 1 GG sei verletzt. Eine richterliche Überprüfung der Arrestanordnung habe nicht stattgefunden; das belege bereits die kurze, zwischen Antragseingang und Entscheidung verstrichene Zeit. Es sei unzureichend, den angeblichen Zufluss einer Vergütung und deren Höhe allein auf polizeiliche Vernehmungsprotokolle oder Berichte über polizeiliche Vernehmungen im Ausland zu stützen. An wen etwaige Zahlungen gerichtet worden sein könnten, ergebe sich nicht einmal aus den Bekundungen der Zeugen.
Art. 103 Abs. 1 GG sei verletzt, weil eine vollständige Akteneinsicht verweigert worden sei. Nur eine Offenlegung wenigstens aller Zeugenvernehmungen hätte die Prüfung erlaubt, ob die Arrestbeschlüsse im Akteninhalt eine ausreichende Grundlage finden.
Gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens sei verstoßen worden, indem die Beteiligung eines Verteidigers an den Zeugenvernehmungen im Ermittlungsverfahren ausgeschlossen worden sei. Wenn um Rechtshilfe ersuchte Staaten eine solche Beteiligung ausgeschlossen hätten, seien die Vernehmungen unverwertbar.
1. Die Bundesregierung und das Justizministerium Baden-Württemberg hatten Gelegenheit zur Äußerung. Sie haben eine Stellungnahme nicht abgegeben.
2. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten 613 Js 17967/05 der Staatsanwaltschaft Mannheim vorgelegen.
Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Zu dieser Entscheidung ist die Kammer berufen, weil das Bundesverfassungsgericht die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden hat (§ 93c Abs. 1 BVerfGG).
Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG.
1. a) Der dingliche Arrest und die auf seiner Grundlage ergehende Pfändung (§§ 111 d, 111 f StPO) sind als staatlicher Zugriff auf das Vermögen am Maßstab des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zu messen. Sie erlauben zwar nicht die endgültige Entziehung des Eigentums, beschränken aber die Nutzungs- und Verfügungsmöglichkeiten in einschneidender Weise. An ihre Zumutbarkeit und an das Verfahren ihrer Anordnung sind besondere Anforderungen zu stellen. Zu berücksichtigen ist, dass das möglicherweise strafbar erlangte Vermögen zu einem Zeitpunkt sichergestellt wird, in dem lediglich ein Tatverdacht besteht und noch nicht über die Strafbarkeit entschieden worden ist. Das Eigentumsgrundrecht verlangt in diesen Fällen eine Abwägung des Sicherstellungsinteresses des Staates mit der Eigentumsposition des Betroffenen.
Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt eine Wechselbeziehung zwischen dem Gewicht des Eingriffs und den Anforderungen an seine Anordnung. Je intensiver der Staat mit Sicherungsmaßnahmen in den vermögensrechtlichen Freiheitsbereich eingreift, desto höher sind die Anforderungen an die Rechtfertigung dieses Eingriffs. Wird durch die Sicherungsmaßnahme nahezu das gesamte Vermögen der Verfügungsbefugnis des Betroffenen entzogen, so fordert der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine besonders sorgfältige Prüfung und eine eingehende Darlegung der maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der Anordnung (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03 -, StV 2004, S. 409 <410>; BVerfGK 5, 217 <220>).
b) Der Gewährleistungsgehalt des Art. 14 Abs. 1 GG wird bei der Arrestanordnung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren durch die Gestaltung des gerichtlichen Verfahrens gesichert. Zur Gewährleistung des Eigentumsrechts sieht die Strafprozessordnung einen Richtervorbehalt vor (§ 111 e Abs. 1 Satz 1 StPO). Nicht nur die entsprechenden Normen des Prozessrechts, sondern auch der Schutz des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG verlangen vom Ermittlungsrichter und dem Rechtsmittelgericht, dass sie die tatsächlichen Grundlagen einer Arrestanordnung selbst ermitteln und ihre rechtliche Auffassung unabhängig von der Exekutive gewinnen und begründen. Eine Bindung der Gerichte an die im Verfahren der Exekutive getroffenen Feststellungen und Wertungen wird dadurch ausgeschlossen. Vielmehr müssen die eigene richterliche Prüfung der Voraussetzungen des Eingriffs und die umfassende Abwägung zur Feststellung seiner Angemessenheit mit auf den Einzelfall bezogenen Ausführungen dargelegt werden. Schematisch vorgenommene Anordnungen oder formelhafte Bemerkungen in den Beschlussgründen vertragen sich mit dieser Aufgabe nicht (vgl. BVerfGE 15, 275 <282>; 84, 34 <49>; 101, 106 <123>; 107, 299 <325> ; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03 -, a.a.O.; BVerfGK 5, 217 <220>).
Wird im Wege vorläufiger Sicherungsmaßnahmen das gesamte oder nahezu das gesamte Vermögen der Verfügungsbefugnis des Betroffenen entzogen, fordert der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht lediglich eine Vermutung, dass es sich um strafrechtlich erlangtes Vermögen handelt; vielmehr bedarf dies einer besonders sorgfältigen Prüfung und einer eingehenden Darlegung der dabei maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen in der Anordnung, damit der Betroffene dagegen Rechtsschutz suchen kann (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03 -, a.a.O.; BVerfGK 5, 292 <301>).
c) Nicht nur in Bezug auf das Verfahren, auch inhaltlich stellt das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG Anforderungen an die Beschränkung des Eigentums bei der Anordnung eines Arrestes.
Gegenstand der Sicherungsmaßnahme ist nur der Vermögensvorteil, der dem Verfall unterliegen könnte, den also der Täter oder Teilnehmer für die Tat oder aus ihr erlangt hat (§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB). Der Erlös aus einer Straftat unterliegt danach nur dann dem Verfall, wenn der Täter zumindest zeitweise eine faktische (Mit-)Verfügungsgewalt innegehabt hat. Der Vermögenszuwachs muss dem Täter auf irgendeine Weise wirtschaftlich zu Gute kommen. Das kann nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden, wenn der Täter als Beauftragter, Vertreter oder Organ einer juristischen Person gehandelt hat und der Vorteil aus der Straftat in deren Vermögen fließt. Regelmäßig ist vielmehr davon auszugehen, dass die juristische Person über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die von dem Privatvermögen des Beauftragten, Vertreters oder Organs zu trennen ist.
Der Zufluss in das Gesellschaftsvermögen einer Kapitalgesellschaft stellt daher trotz abstrakter Zugriffsmöglichkeit nicht ohne weiteres auch zugleich einen privaten Vermögensvorteil der zur Geschäftsführung berufenen Personen dar. In solchen Fällen ist vorrangig die Anwendung des § 73 Abs. 3 StGB zu erwägen. Die Gesellschaft ist als Verfallsbeteiligte am Verfahren zu beteiligen, oder es ist ein selbständiges Verfallsverfahren gegen sie zu führen (§§ 442 Abs. 2 Satz 1, 431, 440 StPO). Die pauschale Annahme eines Vermögensvorteils auch beim Organ der durch die Tat begünstigten Gesellschaft oder einer gesamtschuldnerischen Haftung in Bezug auf eine Verfallsanordnung findet in den Vorschriften des § 73 Abs. 1 und 3 StGB keine Stütze, und eine so begründete Arrestanordnung kann am Maßstab des Art. 14 Abs. 1 GG keinen Bestand haben (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03 -, a.a.O., S. 410 f.; BVerfGK 5, 217 <221 f.>).
Zur Begründung einer Verfallsanordnung oder einer Sicherungsmaßnahme gegen den als Organ handelnden Täter bedarf es einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, ob dieser selbst etwas erlangt hat, das zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz geführt hat. Eine tatsächliche oder rechtliche Vermutung spricht dafür nicht. Vielmehr bedarf es einer Darlegung der besonderen, den Zugriff auf das Vermögen des Täters rechtfertigenden Umstände. Sie können etwa darin liegen, dass der Täter die Gesellschaft nur als einen formalen Mantel seiner Tat nutzt, eine Trennung zwischen der eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft aber nicht vornimmt, oder darin, dass jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird. Wird der Vermögensvorteil hingegen von der Gesellschaft vereinnahmt, so kann nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden, dass der wirtschaftliche Wert der Geschäftsanteile im Privatvermögen des Täters mit jeder Zahlung oder jeder zurückgewiesenen Forderung steigt oder dass sich der Zufluss auf die Höhe einer späteren Entnahme aus dem Gesellschaftsvermögen jedenfalls auswirkt. In solchen Fällen sind die Verfallsanordnung und die sie sichernden Maßnahmen gegen die Gesellschaft zu richten (vgl. BVerfGK 5, 217 <222>).
2. Die zur Anordnung des Arrestes gegen den Beschwerdeführer ergangenen Beschlüsse werden diesen Anforderungen nicht gerecht.
Die beträchtliche Höhe des Arrestbetrages von rund 28 Mio. € legt die Annahme nahe, dass es sich um eine an das gesamte Vermögen des Betroffenen heranreichende oder es sogar übersteigende Summe handeln könnte. Dies gilt umso eher, da die befassten Gerichte voraussetzen, von dem gesamten Betrag habe der Beschwerdeführer über die Hälfte zur Begehung der vorgeworfenen Tat ausgeben müssen. Bestätigt wird die Vermutung für ein erhebliches Gewicht des Eingriffs dadurch, dass es der Staatsanwaltschaft bis zur Erhebung der Anklage lediglich gelungen ist, Vermögenswerte von rund 1,8 Mio. € mit Sicherungsmaßnahmen auf Grund des Arrestes zu belegen.
Zur Anordnung eines Arrestes dieses Gewichts genügen die ergangenen Beschlüsse nicht. Schon die Annahme, der Beschwerdeführer habe einen Betrag in der genannten Höhe erhalten, ist unzureichend dargelegt. Es ist von Verfassungs wegen nicht hinnehmbar, diese Annahme auf die Aussage eines einzigen Zeugen zu stützen, offensichtliche Zweifel gegenüber der Glaubhaftigkeit dieser Aussage aber nicht zu erörtern. Die angegriffenen Beschlüsse nennen nur eine einzige Erkenntnisquelle zu der fraglichen Zahlung und der Höhe des Betrages, nämlich die Aussage des Zeugen T. Dieser Zeuge, der vor der Polizei in Malaysia ausgesagt habe, soll aber die Zahlung nicht angeordnet, durchgeführt oder entgegengenommen haben. Als Quelle seines Wissens nenne er, so das Landgericht in der Beschwerdeentscheidung, eine von dem Beschwerdeführer erstellte und dem Zeugen zur Kenntnis gelangte Kostenberechnung, die Kosten der Tatbegehung und veranschlagten Gewinn auf insgesamt 55 Mio. DM summiert habe. Es bleibt also bereits offen, ob diese von dem Beschwerdeführer möglicherweise aufgestellten Berechnungen eine Entsprechung in tatsächlich geleisteten Zahlungen gefunden haben. Auf diese Problematik geht aber keines der befassten Gerichte ein.
Formelhaft wird die Aussage des Zeugen T. als schlüssig und nachvollziehbar bewertet (Beschluss des Amtsgerichts, Bl. 2) und mitgeteilt, am Wahrheitsgehalt bestünden keine Zweifel (Beschluss des Landgerichts, Bl. 3), obwohl der Zeuge zugleich als ein Mittelsmann im Netzwerk der Tatverdächtigen beschrieben wird, als Vermittler und Beschaffer (Beschluss des Bundesgerichtshofes, Bl. 3). Das Gewicht des Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG lässt es als unverzichtbar erscheinen, dass die anordnenden Gerichte durch eingehende Darlegungen in den Beschlussgründen deutlich werden lassen, dass sie sich mit den Einwänden befasst haben, der Zeuge könnte als selbst Tatverstrickter, der mit empfindlicher Strafe zu rechnen hat, der Neigung nachgehen, seinen eigenen Beitrag dadurch zu entwerten zu suchen, dass er die Beteiligung anderer gewichtig erscheinen lässt, etwa auch durch die Schilderung einer unzutreffend hohen Vergütung, die die Rolle des Empfängers bedeutender aussehen lassen kann, als es der Wirklichkeit entspricht.
Gleichfalls allein auf die mit offensichtlichen, aber unerörtert gebliebenen Zweifeln belasteten Aussage des Zeugen T. stützen die befassten Gerichte die Angabe, die gezahlte Vergütung, der der Arrestbetrag entspricht, sei an eine Reihe von Firmen geflossen, die dem Beschwerdeführer oder seinen Zulieferern gehörten (Beschluss des Landgerichts, Bl. 2). Es ist nach den dargestellten Sorgfaltsmaßstäben unzureichend, auf eine Begründung zu verzichten, weshalb an Unternehmen gezahlte Beträge dem Beschwerdeführer wirtschaftlich so zugerechnet werden könnten, dass sich gegen ihn, nicht aber gegen die Unternehmen, eine Verfallsanordnung richten könnte. Die angegriffenen Beschlüsse lassen die Art der Beteiligung des Beschwerdeführers an den Unternehmen offen und ebenso seine Möglichkeiten, auf das dort vereinnahmte Geld zuzugreifen.
Schließlich genügt es den Sorgfaltsanforderungen bei einer Anordnung eines Arrestes in dieser Höhe nicht, wenn sich die Gerichte hier allein auf eine schriftliche Zeugenaussage stützen und gleichzeitig darauf verzichten, sich die Finanzermittlungsakten in diesem Verfahren von der Staatsanwaltschaft vorlegen zu lassen, zumal die Staatsanwaltschaft gemäß § 199 Abs. 2 Satz 2 StPO ohnehin verpflichtet ist, diese mit der Anklageerhebung dem Gericht vorzulegen.
3. Da die angegriffenen Beschlüsse Art. 14 Abs. 1 GG verletzen, kommt es auf die weiteren von dem Beschwerdeführer erhobenen Rügen nicht mehr an.
Die angegriffenen Entscheidungen sind aufzuheben und die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG), das noch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben wird.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 566
Externe Fundstellen: NStZ 2006, 639; StV 2006, 449
Bearbeiter: Stephan Schlegel