HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 812
Bearbeiter: Stephan Schlegel
Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 583/06, Beschluss v. 07.07.2006, HRRS 2006 Nr. 812
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund nicht gegeben ist (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Ihr kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zu, und sie dient auch nicht der Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten des Beschwerdeführers; denn sie hat keine Aussicht auf Erfolg.
Die Gestaltung des Strafverfahrens, die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts, die Auslegung des Straf- und Strafprozessrechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind allein Sache der dafür zuständigen Strafgerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen. Das Bundesverfassungsgericht kann nur dann eingreifen, wenn die Gerichte Verfassungsrecht verletzt haben. Dies ist aber nicht schon dann der Fall, wenn eine Entscheidung, am Straf- oder Strafprozessrecht gemessen, objektiv fehlerhaft ist. Der Fehler muss gerade in der Nichtbeachtung von Grundrechten liegen. Das ist in der Regel erst dann der Fall, wenn ein Fehler sichtbar wird, der auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs beruht oder wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 95, 96 <128>).
1. Die Annahme der Fachgerichte, es lägen dringende Gründe für eine Täterschaft des Beschwerdeführers im Sinne von § 299 Abs. 2 StGB vor, ist nicht objektiv sachfremd und daher nicht willkürlich. Die Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht wird dabei dadurch erschwert, dass der Beschwerdeführer den vom Landgericht ausdrücklich in Bezug genommenen Beschluss vom 15. Dezember 2004 weder vorgelegt noch dessen Inhalt wiedergegeben hat (§ 23 Abs. 1, § 92 BVerfGG). Das Landgericht hat sich mit den Einwänden des Beschwerdeführers eingehend und beanstandungsfrei auseinandergesetzt. Von Verfassungs wegen waren die Fachgerichte nicht gehalten, von der keineswegs fern liegenden Annahme abzurücken, die Zahlungen an die Ehefrau des Mitbeschuldigten H. seien zumindest auch im Hinblick auf dessen Einsatz für den Beschwerdeführer geleistet worden. Die Version des Beschwerdeführers, die im Übrigen ebenfalls auf eine für die B. AG nachteilige Beeinflussung der Wettbewerbslage hinausläuft, erscheint keineswegs zwingend.
Bezogen auf die angenommene Wettbewerbssituation hat sich das Landgericht ausdrücklich auf die Angaben unterschiedlicher Zeugen gestützt. Abgesehen davon, dass die Verdachtsprüfung im Einzelnen nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts ist, ist eine Überprüfung der Annahmen der Fachgerichte hier auch schon deshalb ausgeschlossen, weil der Beschwerdeführer den Inhalt der einzelnen Zeugenangaben nicht oder nur pauschal mitgeteilt hat und sich im Wesentlichen auf seine eigene Beweiswürdigung beschränkt.
2. Die Fortdauer des dinglichen Arrestes ist von Verfassungs wegen - auch weil der Vortrag teilweise hinter den Begründungsanforderungen (§ 23 Abs. 1, § 92 BVerfGG) zurück bleibt - noch hinnehmbar. Liegen - wie hier - dringende Gründe für die Annahme der Voraussetzungen für den später anzuordnenden Verfall vor, gelten die gesetzlichen Fristen des § 111 b Abs. 3 StPO nicht (vgl. OLG Köln, StV 2004, S. 121 <122>, 413 mit Anmerkung Marel; Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl. 2005, § 111 b Rn. 8). Bei ihrer Entscheidung haben die Gerichte aber zu berücksichtigen, dass dem Betroffenen auch durch die vorläufige Maßnahme ein erheblicher Nachteil zugefügt wird. Für die Zeit der Aufrechterhaltung der Maßnahme ist seine wirtschaftliche Handlungsfreiheit unter Umständen gravierend beeinträchtigt. Mittelbare Beeinträchtigungen, etwa im Beruf oder bei der Kreditwürdigkeit, sind auch nach einer eventuellen Aufhebung der Maßnahme und einer strafrechtlichen Entschädigung irreparabel (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Januar 2006 - 2 BvR 1075/05 -, NJW 2006, S. 1048). Der lediglich vorläufig wirkende und nicht endgültig sichernde dingliche Arrest darf die Eigentumspositionen des hiervon Betroffenen nicht unbefristet beeinträchtigen. Die Dauer wird durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begrenzt. Mit der den Eigentumseingriff intensivierenden Fortdauer der Maßnahme, wachsen von Verfassungs wegen die Anforderungen an die Rechtfertigung der Anspruchssicherung (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juni 2005 - 2 BvR 1822/04 -, EuGRZ 2005, S. 430 <434 f.>; Meyer-Goßner, a.a.O.).
Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist einerseits die Stärke des Tatverdachts und damit die Dringlichkeit des später anzunehmenden Verfalls zu berücksichtigen sowie andererseits die von der Maßnahme ausgehende Belastung für den Betroffenen und die Verfahrensdauer. Dient die Anordnung des dinglichen Arrestes der Sicherung des späteren Verfalls gemäß §§ 73 ff. StGB kommt den staatlichen Belangen größeres Gewicht zu als im Fall der Rückgewinnungshilfe, weil die Maßnahme auf die endgültige Abschöpfung der Vermögensvorteile gerichtet ist und nicht lediglich der vorübergehenden Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche Dritter dient (vgl. dazu Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juni 2005 - 2 BvR 1822/04 -, EuGRZ 2005, S. 430 <434 f.>; Marel, StV 2004, S. 414 f.).
Vorliegend fällt zu Gunsten des Beschwerdeführers ins Gewicht, dass der dingliche Arrest im Zeitpunkt der letzten fachgerichtlichen Entscheidung bereits rund eineinhalb Jahre bestand und es nach den Feststellungen des Landgerichts zu Verfahrensverzögerungen von insgesamt mehr als sieben Monaten gekommen ist, die nicht als unerheblich angesehen werden können. Das Landgericht hat diese ausdrücklich benannt und in seiner Abwägung berücksichtigt. Die Annahme des späteren Verfalls der Vermögensgegenstände durfte beanstandungsfrei als dringend angesehen werden. Zwar ist der Beschwerdeführer dadurch erheblich betroffen, dass ihm die Verfügung über wesentliche Vermögensgegenstände erschwert oder gar unmöglich geworden ist und ihm Aufträge entgangen sind; andererseits ist seinem Vortrag nicht zu entnehmen, in welchem Maße sich die wirtschaftliche Situation seines Unternehmens tatsächlich verschlechtert hat. Allein die Angabe, dass die Übernahme von Aufträgen mit einem Vorfinanzierungsbedarf in der Größenordnung von 300.000 € nicht mehr möglich sei, ist insoweit nicht aussagekräftig, weil unbekannt bleibt, in welchem Maße Geschäftsabschlüsse dieses Umfangs die bisherige Geschäftstätigkeit prägten und deren Ausbleiben möglicherweise durch die Hereinnahme einer größeren Anzahl kleinerer Aufträge kompensiert worden sein könnte. Anhaltspunkte dafür, dass die wirtschaftliche Existenz des Beschwerdeführers, vor allem der Fortbestand seines Unternehmens, in Zweifel stünde, sind seinem Vortrag nicht zu entnehmen.
Der Beschwerdeführer hat auch nicht mitgeteilt, ab wann und auf Grund welcher Umstände die Ermittlungsbehörden von einer außerordentlichen Betroffenheit des Beschwerdeführers hätten ausgehen müssen. Die Unternehmenskennzahlen des bereits bei Anordnungserlass selbstständig tätigen Beschwerdeführers sind nicht bekannt, sodass nicht beurteilt werden kann, ob allein die Höhe des Arrestbetrages entsprechende Annahmen nahe legen musste.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 812
Bearbeiter: Stephan Schlegel