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HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 294

Bearbeiter: Stephan Schlegel

Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 231/06, Beschluss v. 15.02.2006, HRRS 2006 Nr. 294


BVerfG 2 BvR 231/06 (1. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 15. Februar 2006 (BGH)

Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde; Willkürverbot; gesetzlicher Richter (Revisionsgericht; keine Anmaßung tatrichterlicher Befugnisse bei der Feststellung fehlenden Beruhens eines Beweiswürdigungsfehlers); Nichtannahmebeschluss.

Art. 3 Abs. 1 GG; Art. 101 Abs. 1 GG; § 337 StPO; § 90 Abs. 2 BVerfGG; § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG

Entscheidungstenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, da ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt.

Die Verfassungsbeschwerde ist teilweise unzulässig, darüber hinaus unbegründet.

Unzulässig ist sie, soweit sie rügt, die Billigung der knapp gehaltenen Darstellung der Rückenverletzung des Geschädigten im tatrichterlichen Urteil durch den Bundesgerichtshof sei willkürlich. Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde nicht ausreichend begründet. Sie setzt sich nicht, wie erforderlich, mit den Gründen des Strafsenats für seine Entscheidung auseinander (vgl. BVerfGE 105, 252 <264>). Diese Gründe lassen sich der Antragsschrift des Generalbundesanwalts entnehmen. Der Generalbundesanwalt hatte ausgeführt, dass es angesichts des von Zeugen beobachteten Tatablaufs - des wahllosen Einstechens auf den Geschädigten auf dem Zwischengeschoss - den Bestand des Urteils nicht gefährde, dass das Landgericht sich nicht ausführlicher zu Art und Ausmaß der beim Geschädigten festgestellten Rückenverletzung verhalten habe.

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen die Verwerfung der gegen den Schuldspruch des landgerichtlichen Urteils gerichteten Revision des Beschwerdeführers trotz Feststellung eines Beweiswürdigungsfehlers wendet, ist sie unbegründet. Entgegen der im Beschwerdevorbringen geäußerten Auffassung hat sich der Bundesgerichtshof bei seiner Entscheidung keine tatrichterlichen Befugnisse angemaßt und dadurch den Beschwerdeführer seinem gesetzlichen Richter entzogen. Den Schuldspruch des angefochtenen Urteils hat der Strafsenat nicht als Folge einer eigenen Beweiswürdigung aufrechterhalten. Der Schuldspruch hat Bestand, weil der Bundesgerichtshof auf Grund der von ihm als Revisionsgericht vorzunehmenden rechtlichen Prüfung ein Beruhen des Urteils auf dem festgestellten Beweiswürdigungsfehler verneint hat (§ 337 StPO).

Die Annahme eines fehlenden Ursachenzusammenhangs zwischen Rechtsfehler und Schuldspruch ist hier auch nicht willkürlich. Es ist nicht objektiv sachfremd, dass der Bundesgerichtshof mit Blick auf die Urteilsgründe die Feststellungen zum Geschehen auf dem Zwischengeschoss und zum Vortatverhalten als tragend für den Schuldspruch wegen Totschlags und die damit einhergehende Ablehnung einer Rechtfertigung des Beschwerdeführers durch Notwehr angesehen hat.

Notwendige rechtliche Folge der Verwerfung der gegen den Schuldspruch gerichteten Revision war das Aufrechterhalten der vom Landgericht getroffenen Feststellungen mit Ausnahme der in Fortfall gebrachten Feststellungen zum Geschehen vor der Wohnungstür des Beschwerdeführers. Da die partielle Revisionsverwerfung von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden ist, kann das Aufrechterhalten der den Schuldspruch tragenden Feststellungen den Beschwerdeführer nicht in seinem Anspruch auf ein faires Strafverfahren verletzt haben.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 294

Bearbeiter: Stephan Schlegel