HRRS-Nummer: HRRS 2011 Nr. 120
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 871/04, Beschluss v. 29.04.2010, HRRS 2011 Nr. 120
Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.
Gegenstand der Verfassungsbeschwerden ist die Frage, ob die Verurteilungen der Beschwerdeführer wegen Hinterziehung der auf der Grundlage von Art. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (ABlEG Nr. L 405 vom 31. Dezember 1992, S. 1; im Folgenden: Verordnung Nr. 3950/92) erhobenen zusätzlichen Abgabe auf Milch nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO in Verbindung mit § 12 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen mit den verfassungsmäßigen Rechten der Beschwerdeführer vereinbar sind.
1. Ab 1964 führte die Europäische Gemeinschaft schrittweise eine gemeinsame Marktorganisation für Milch ein, die Interventionsmaßnahmen zur Stützung des Milchpreises und die Festlegung eines Richtpreises für Milch durch den Rat vorsah (näher Thiele, Das Recht der Gemeinsamen Agrarpolitik der EG, 1997, S. 123 ff.). Um Überschussproduktionen zu vermeiden, wurde bei den Erzeugern oder den Käufern von Kuhmilch für fünf aufeinander folgende Milchwirtschaftsjahre eine zusätzliche Abgabe erhoben, die bei Überschreitung bestimmter Referenzmengen fällig werden sollte. Für jeden Mitgliedstaat wurde eine Gesamtgarantiemenge festgesetzt. Durch Verordnung (EWG) Nr. 3577/90 des Rates vom 4. Dezember 1990 über die für die Landwirtschaft erforderlichen Übergangsmaßnahmen und Anpassungen aufgrund der Herstellung der deutschen Einheit (ABlEG Nr. L 353 vom 17. Dezember 1990, S. 23) erklärte der Gemeinschaftsgesetzgeber die Zusatzabgabenregelung für auf das Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik ab 1. April 1991 anwendbar.
Mit der Verordnung Nr. 3950/92 wurde das Milchquotensystem grundlegend neu geregelt (vgl. Gehrke, Die Milchquotenregelung, 1996, S. 78). Art. 1 der Verordnung Nr. 3950/92 traf die grundlegende Bestimmung über die Erhebung der Abgabe für weitere sieben Milchwirtschaftsjahre ab 1. April 1993 und setzte deren Höhe auf 115 % des Milchrichtpreises fest. Zur Höhe der einzelbetrieblichen Referenzmengen bestimmte Art. 4 Abs. 1, dass diese grundsätzlich der am 31. März 1993 zur Verfügung stehenden Menge entsprechen sollte. Bestimmungen über die Höhe der den Mitgliedstaaten zustehenden Gesamtgarantiemengen fanden sich in den Milchwirtschaftsjahren 1996/1997 bis 1998/1999 in Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3950/92, wobei jeweils Teile der für Deutschland ausgewiesenen Gesamtmengen in einer Fußnote für die neuen Länder vorgesehen waren. Hinsichtlich der Modalitäten der Abgabenerhebung sah Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 1 vor, die bei Überschreitung der Gesamtgarantiemengen fällige Abgabe auf alle Erzeuger zu verteilen, die zur Mengenüberschreitung beigetragen hatten. Art. 2 Abs. 1 UAbs 2 eröffnete den Mitgliedstaaten insofern die Möglichkeit, die Überschreitung von Referenzmengen durch Verrechnung mit ungenutzten Referenzmengen anderer Erzeuger zu kompensieren.
2. Die Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zur Milchmarktordnung erfolgte in Deutschland über das Gesetz zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (heute: Gesetz zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen) vom 31. August 1972 (BGBl I S. 1617; im Folgenden: Marktordnungsgesetz oder MOG). In den Fassungen der Bekanntmachungen vom 27. August 1986 (BGBl I S. 1397) und vom 20. September 1995 (BGBl I S. 1146) ermächtigte § 8 Abs. 1 Satz 1 das Bundesministerium beziehungsweise den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, durch Rechtsverordnung [...], soweit dies zur Durchführung von Regelungen im Sinne des § 1 Abs. 2 hinsichtlich Marktordnungswaren erforderlich ist, Vorschriften zu erlassen über das Verfahren bei der Aufteilung, Zuteilung und Änderung von Garantiemengen, Referenzmengen, Quoten und sonstigen Mindest- oder Höchstmengen im Rahmen von Marktordnungsmaßnahmen (Mengenregelungen) sowie über die Voraussetzungen und die Höhe solcher Mengenregelungen, soweit sie nach den Regelungen im Sinne des § 1 Abs. 2 bestimmt, bestimmbar oder begrenzt sind.
§ 1 Abs. 2 MOG nannte als Regelungen unter anderem Rechtsakte des Rates oder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften aufgrund des EG-Vertrages. § 12 Abs. 2 Satz 1 enthielt eine entsprechende Ermächtigung für den Erlass von Vorschriften über das Verfahren bei Abgaben zu Marktordnungszwecken sowie über die Voraussetzungen und die Höhe dieser Abgaben.
Auf der Grundlage im Wesentlichen dieser Ermächtigungen traf die Verordnung über die Abgaben im Rahmen von Garantiemengen im Bereich der Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. März 1994 (BGBl I S. 586), zuletzt geändert durch die 33. Verordnung zur Änderung der Milch-Garantiemengen-Verordnung vom 25. März 1996 (BGBl I S. 535: im Folgenden: Milch-Garantienmengen-Verordnung oder MGV), nähere Bestimmungen über die Durchführung der Verordnung Nr. 3950/92. § 7b Abs. 1 MGV ermöglichte es den Käufern von Milchprodukten (d. h. den Molkereien), Anlieferungs-Referenzmengen, die im jeweiligen Zwölfmonatszeitraum nicht genutzt worden waren (Unterlieferungen), anderen Milcherzeugern, deren Lieferungen die ihnen zugeteilte Anlieferungs-Referenzmenge überschritten hatten (Überlieferer), nachträglich zuzuteilen. Allerdings statuierte Satz 8 ein Saldierungsverbot zwischen alten und neuen Ländern (vergleiche zum Saldierungsverfahren und zur Abgabenberechnung im Einzelnen Düsing/Kauch, Die Zusatzabgabe im Milchsektor, 2001, S. 123 f., sowie Gehrke, Die Milchquotenregelung, 1996, S. 66 ff.):
Nicht genutzte Anlieferungs-Referenzmengen, die sich auf Betriebe oder Betriebsteile in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet beziehen, dürfen nur anderen Milcherzeugern, deren Betrieb ganz oder teilweise in diesem Gebiet liegt, zugeteilt werden; dies gilt für Anlieferungs-Referenzmengen, die sich auf Betriebe oder Betriebsteile außerhalb dieses Gebietes beziehen, entsprechend.
3. Die Strafbarkeit der Hinterziehung der zusätzlichen Abgabe auf Milch folgte aus § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. September 1995 (BGBl I S. 1146), wonach auf Abgaben zu Marktordnungszwecken, die nach Regelungen im Sinne des § 1 Abs. 2 hinsichtlich Marktordnungswaren erhoben wurden, die Vorschriften der Abgabenordnung - einschließlich des § 370 AO - entsprechend anzuwenden waren. § 35 MOG enthielt ergänzende Vorschriften über die Anwendung der "nach § 12 Abs. 1 Satz 1 anzuwendenden Straf- und Bußgeldvorschriften der Abgabenordnung".
Der Beschwerdeführer zu 1) war Milcherzeuger in Hessen, der Beschwerdeführer zu 2) in Thüringen. Beide lieferten ihre Milch an die Kurhessische Molkereizentrale AG in Bad Wildungen (KMZ). Die Beschwerdeführer wurden auf der Grundlage von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Satz 1 MOG zu Freiheitsstrafen verurteilt, weil sie sich - in unterschiedlicher Weise - daran beteiligten, in den alten Ländern erzeugte Milch als Milch aus den neuen Ländern auszugeben, um von ungenutzten Referenzmengen zu profitieren, die nach § 7b MGV zunächst ausschließlich zugunsten von Erzeugern aus den neuen Ländern zu verwenden waren.
1. a) Jeder Milcherzeuger erhielt von der KMZ einen seiner Erzeugernummer zugeordneten individuellen Codeblock, der bei Abholung der Milch durch die Tankfahrzeuge der KMZ an ein in den Fahrzeugen befindliches Ablesegerät gehalten wurde. Dadurch wurde die abgeholte Milchmenge unter der jeweiligen Erzeugernummer erfasst. Nachdem für das Milchwirtschaftsjahr 1998/1999 abzusehen gewesen war, dass der Beschwerdeführer zu 1) seine Referenzmenge überschreiten, die in den neuen Ländern produzierende Agrargenossenschaft Ballhausen ihre jedoch unterschreiten würde, überließ die Agrargenossenschaft dem Beschwerdeführer einen ihr zugeordneten Codeblock, mit dessen Hilfe dieser seine Milch teilweise erfassen ließ. Zum Schein schlossen der Beschwerdeführer und die Agrargenossenschaft einen tatsächlich nicht durchgeführten "Kuhpachtvertrag" ab. Die betreffenden Milchlieferungen vergütete die KMZ der Agrargenossenschaft, welche die Beträge nach Abzug des sich aus dem Schein-Pachtvertrag ergebenden "Pachtzinses" an den Beschwerdeführer auskehrte. Dieses Vorgehen führte dazu, dass gegen den Beschwerdeführer für das Milchwirtschaftsjahr 1998/1999 eine Milchmengengarantieabgabe von lediglich 2.077,46 DM festgesetzt wurde; in Höhe weiterer 30.837,13 DM, die richtigerweise festzusetzen gewesen wären, unterblieb die Festsetzung (zunächst).
b) Aufgrund dieses Sachverhalts verhängte das Amtsgericht Kassel gegen den Beschwerdeführer mit Urteil vom 20. Januar 2003 wegen Steuerhinterziehung eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Landgericht Kassel verwarf die Berufung des Beschwerdeführers. Die Revision des Beschwerdeführers wurde durch Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 9. März 2004 (veröffentlicht in NStZ-RR 2004, S. 275) verworfen. Das Oberlandesgericht erachtete die in der Revisionsbegründung vorgebrachten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Straftatbestandes nicht für durchgreifend.
2. a) Der Beschwerdeführer zu 2) war Geschäftsführer und Mitinhaber einer in Thüringen ansässigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die die ihr zustehende Referenzmenge ab September 1996 bei weitem nicht ausnutzte. Mit insgesamt 26 hessischen Milcherzeugern, denen eine Überschreitung ihrer Referenzmengen drohte, schloss der Beschwerdeführer zum Schein Pacht- und Dienstleistungsverträge entsprechend dem im Falle des Beschwerdeführers zu 1) verwendeten ab. Der Beschwerdeführer überließ den jeweiligen hessischen Landwirten Codeblöcke der GbR, kassierte für die von den hessischen Landwirten unter den thüringischen Codes gelieferte Milch das Milchgeld von der KMZ und überwies es nach (vereinbartem) Abzug von zehn Pfennig pro Kilogramm Milch an die eigentlichen Erzeuger. Das Handeln des Beschwerdeführers führte dazu, dass in den Milchwirtschaftsjahren 1996/1997 bis 1998/1999 Abgaben in Höhe von insgesamt (umgerechnet) 283.200,74 Euro zu Unrecht (zunächst) nicht festgesetzt wurden.
b) Das Amtsgericht Kassel verurteilte den Beschwerdeführer am 14. Juni 2006 wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Auf die Berufung des Beschwerdeführers ermäßigte das Landgericht Kassel mit Urteil vom 22. Februar 2007 die Freiheitsstrafe auf ein Jahr und sechs Monate und setzte deren Vollstreckung zur Bewährung aus. Das Landgericht wertete das Verhalten des Beschwerdeführers als gemeinschaftliche Steuerhinterziehung in 31 Fällen nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 8 Abs. 2, § 12 MOG.
Mit Urteil vom 23. Oktober 2007 verwarf das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Revision des Beschwerdeführers, da das angefochtene Urteil Rechtsfehler zum Nachteil des Beschwerdeführers nicht erkennen ließe.
Mit den fristgerecht eingegangenen Verfassungsbeschwerden rügen die Beschwerdeführer die Verletzung ihrer Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 103 Abs. 2 und Art. 104 Abs. 1 GG. In diesem Rahmen machen sie geltend, die für die Ermittlung der Höhe der Abgabe im Einzelnen erforderlichen Vorschriften der Milch-Garantiemengen-Verordnung seien wegen Verstoßes gegen das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG und mangels einer hinreichend bestimmten, den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG genügenden Ermächtigungsgrundlage nichtig. Der Beschwerdeführer zu 2) erhebt weitere Grundrechtsrügen (siehe unter 2.).
1. a) Eine Verletzung von Art. 104 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 2 GG leitet der Beschwerdeführer zu 1) zunächst daraus her, dass § 12 Abs. 1 MOG in Verbindung mit § 370 Abs. 1 AO die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Strafnorm jedenfalls im Hinblick auf die durch die Verordnung Nr. 3950/92 geregelte Abgabe auf Milch nicht erfülle. Blankettstrafnormen wie § 370 AO seien zwar grundsätzlich zulässig; vorliegend seien die von Art. 103 Abs. 2 und Art. 104 Abs. 1 GG gezogenen Grenzen jedoch überschritten. § 12 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 MOG sei nicht zu entnehmen, dass Milch zu den Marktordnungswaren gehöre, auf die eine Abgabe erhoben werde. Bei Inkrafttreten des Marktordnungsgesetzes im Jahr 1972 habe es eine solche Abgabe auch noch nicht gegeben. Die im BGBl 1986 I S. 1397 bekannt gemachte Neufassung des § 12 Abs. 1 MOG verweise nun zwar hinsichtlich sämtlicher Abgaben zu Marktordnungszwecken auf die Strafvorschriften der Abgabenordnung. Dass überhaupt eine Abgabe auf Milch erhoben werde, sei im Marktordnungsgesetz aber ebenso wenig geregelt wie die Höhe und die Voraussetzungen der Abgabe. Der Gesetzgeber müsse die Regelungen des Gemeinschaftsrechts, die eine Abgabe vorsehen, benennen, wenn deren Hinterziehung unter Strafe gestellt werden solle; eine pauschale Verweisung auf alle Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft, die sich auf Abgaben zu Marktordnungszwecken bezögen, genüge dem nicht. Die Bezugnahme sei völlig unbestimmt und lasse nicht erkennen, welche Abgaben und welche gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften gemeint seien. Sie könne auch deshalb dem Bestimmtheitsgebot und gleichzeitig dem Demokratieprinzip nicht genügen, weil der Gesetzgeber damit im Voraus auf unbekannte, völlig unvorhersehbare Regelungen verweise.
b) Der Beschwerdeführer zu 1) ist der Auffassung, dass die Strafvorschrift in seinem Fall zudem in einer den Wortlaut überschreitenden Weise ausgelegt und angewendet worden sei. Durch die Verwendung des ihm nicht zustehenden Codeblocks habe der Beschwerdeführer entgegen der Auffassung der Gerichte nicht gegenüber einer Behörde, sondern nur gegenüber der belieferten Molkerei falsche Angaben gemacht. Diese allein sei auch zur Erhebung der Abgabe berechtigt gewesen.
c) Die pauschale Ermächtigung der Exekutive nach §§ 8, 12 MOG, nicht näher bezeichnete, durch § 1 Abs. 2 Nr. 3 MOG dynamisch in Bezug genommene Rechtsakte der Gemeinschaft durch Rechtsverordnung umzusetzen und zu konkretisieren, entspreche schon grundsätzlich nicht dem Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Hier entledige sich der Gesetzgeber unter Verstoß gegen das Demokratieprinzip und gegen den Parlamentsvorbehalt im Voraus seiner Rechtsetzungsbefugnis. Die vorliegend einschlägige Verordnung Nr. 3950/92 enthalte in ihrer maßgeblichen Fassung keine hinreichende Bestimmung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der noch durch den nationalen Verordnunggeber zu treffenden, intensive Grundrechtseingriffe ermöglichenden Regelungen.
d) Zu den Vorschriften, die die Milch-Garantiemengen-Verordnung als Rechtsgrundlagen zitieren müsse, gehörten auch die gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen. Andernfalls könne der Adressat der Regelung nicht überprüfen, ob der Verordnunggeber die Grenzen der Ermächtigung eingehalten habe.
2. Der Beschwerdeführer zu 2) rügt ebenfalls die mangelnde Bestimmtheit des Straftatbestands und die vom Beschwerdeführer zu 1) bereits angesprochenen Verstöße gegen Art. 80 GG. Zudem ist er der Auffassung, § 7b MGV verletze Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG.
a) Da gerade in den hier streitigen Jahren in den neuen Ländern nach den Feststellungen des Gerichts nur Unterlieferungen vorgekommen seien, habe die Regelung des § 7b Abs. 1 Satz 8 in Verbindung mit § 7b Abs. 2 Nr. 1 MGV dazu geführt, dass in den neuen Ländern entweder gar keine oder nur eine sehr geringe Abgabe anfiel. Dies stelle eine Schlechterstellung der Erzeuger aus den alten Ländern dar, denen der geldwerte Vorteil einer Sanierung nicht gewährt werde und sei nicht gerechtfertigt, da diese Form der Differenzierung auch mit den gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen nicht zu vereinbaren gewesen sei.
b) Die Zusatzabgabe habe erdrosselnde Wirkung, weil sie höher sei als das Entgelt, das der Beschwerdeführer als Erzeuger für die angelieferte Milch erhalten könne. Hierdurch sowie durch das gemeinschaftsrechtlich nicht geforderte Saldierungsverbot werde das Recht des Beschwerdeführers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt.
Zu den Verfassungsbeschwerden haben jeweils die Bundesregierung, der Generalbundesanwalt sowie die Präsidentinnen und Präsidenten der Obersten Gerichtshöfe des Bundes mit Ausnahme des Bundesarbeitsgerichts Stellung genommen. Die Bundesregierung hält die Verfassungsbeschwerden für nicht annehmefähig; in Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt ist sie der Auffassung, die Verfassungsbeschwerden seien jedenfalls unbegründet. Die Beschwerdeführer haben zu den Äußerungen ergänzend Stellung genommen.
Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Den Verfassungsbeschwerden kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zu. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen nach den Anforderungen insbesondere des Art. 103 Abs. 2 in Verbindung mit 104 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 48, 48; 75, 329; Beschluss des Vorprüfungsausschusses des Zweiten Senats vom 17. März 1978 - 2 BvR 1086/77 -, RIW/AWD 1979, S. 132 f.) sowie des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 (vgl. BVerfGE 19, 17; 29, 198) und Satz 3 (vgl. BVerfGE 101, 1) GG hinreichend geklärt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerden ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>; 96, 245 <248 ff.>); denn die Verfassungsbeschwerden haben keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Sie sind jedenfalls unbegründet. Zwar greifen die gegen die Beschwerdeführer ergangenen, auf Freiheitsstrafe lautenden Verurteilungen in deren Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG ein. Die Eingriffe sind aber gerechtfertigt.
Die ihnen zugrunde liegenden gesetzlichen Vorschriften sind - soweit sie der Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht unterliegen (dazu I.) - mit dem Grundgesetz vereinbar. Die für die Verurteilung der Beschwerdeführer relevanten Vorschriften des materiellen Abgabenrechts waren formell und materiell verfassungsgemäß. Insbesondere beinhaltete § 7b MGV keinen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 oder Art. 14 Abs. 1 GG und führte auch nicht zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Ungleichbehandlung (II.). Die Vorschrift verfügte über eine hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlage und war auch nicht unter Verstoß gegen das Zitiergebot erlassen worden (III.). Schließlich war der Straftatbestand des § 12 Abs. 1 MOG in Verbindung mit § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO hinreichend bestimmt und verletzte Art. 103 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG nicht (IV.). Auch seine Auslegung und Anwendung im Einzelfall begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die vom Beschwerdeführer zu 2) aufgeworfene Frage, ob die zusätzliche Abgabe durch Milch wegen ihrer "erdrosselnden" Höhe Art. 14 Abs. 1 GG oder andere Grundrechte verletzte, ist einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen. Im Übrigen unterliegen die von den Beschwerdeführern vorgebrachten Rügen der vollen verfassungsgerichtlichen Kontrolle.
1. Das Bundesverfassungsgericht übt seine Grundrechtskontrolle über in Deutschland angewandtes Unionsrecht grundsätzlich nicht mehr aus, solange und soweit die Europäische Union einen wirksamen Schutz der Grundrechte gegenüber der Hoheitsgewalt der Union generell gewährleistet, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist (BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <162 f.>; 123, 267 <399>). Eine innerstaatliche Rechtsvorschrift, die eine Richtlinie in deutsches Recht umsetzt, wird insoweit nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes gemessen, als das Unionsrecht keinen Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben macht (vgl. BVerfGE 118, 79 <95 ff.>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08 - juris, Rn. 182). Entsprechend kann auch eine innerstaatliche Rechtsvorschrift, die nicht zur Umsetzung, sondern zur Ergänzung und Durchführung zwingenden Unionsrechts - wie vorliegend der Verordnung Nr. 3950/92 - erlassen worden ist, insoweit nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes überprüft werden, als sich eine Verfassungsbeschwerde gegen die vom Unionsgesetzgeber getroffenen Festlegungen richtet.
2. a) Danach entzieht sich die Festlegung der Höhe der Zusatzabgabe auf 115% des Milch-Richtpreises einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht; denn sie ergab sich unmittelbar aus Art. 1 der Verordnung Nr. 3950/92, ohne dass insofern dem nationalen Gesetz- oder Verordnunggeber Spielräume eröffnet worden wären.
b) Nicht unionsrechtlich determiniert waren dagegen die in § 7b MGV enthaltenen Saldierungsvorschriften, insbesondere das Saldierungsverbot des Abs. 1 Satz 8 oder der besondere Saldierungsschritt nach Abs. 2 Nr. 1. Eine Verpflichtung des deutschen Gesetzgebers zu einer Trennung der Saldierung zwischen alten und neuen Ländern folgte insbesondere nicht daraus, dass die Verordnung Nr. 3950/92 für die Milchwirtschaftsjahre 1996/1997 bis 1998/1999 jeweils eine gesonderte Gesamtgarantiemenge für die neuen Länder auswies (vgl. dazu Art. 1 der Verordnung <EG> Nr. 614/97 der Kommission vom 8. April 1997 zur Anpassung der Gesamtmengen in Artikel 3 der Verordnung <EWG> Nr. 3950/92 des Rates über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor, ABlEG Nr. L 94 vom 9. April 1997, S. 4; Art. 1 der Verordnung <EG> Nr. 903/98 der Kommission vom 28. April 1998 zur Anpassung der Gesamtmengen in Artikel 3 der Verordnung <EWG> Nr. 3950/92 des Rates über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor, ABlEG Nr. L 127 vom 29. April 1998, S. 8; Art. 1 der Verordnung <EG> Nr. 751/1999 der Kommission vom 9. April 1999 zur Anpassung der Gesamtmengen in Artikel 3 der Verordnung <EWG> Nr. 3950/92 des Rates über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor, ABlEG Nr. L 96 vom 10. April 1999, S. 11). Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, wonach die zuständigen deutschen Behörden den für die neuen Länder bestimmten Teil der Gesamtgarantiemenge "ausschließlich unter diesen Erzeugern aufzuteilen" hatten (vgl. nur EuGH, Urteil vom 8. Mai 2003 - C-268/01 -, Slg. 2003, IO-4353, Rn. 35 ff.), bezieht sich ebenso wie die ihnen folgende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFHE 213, 459 <465>; ebenso Beschluss vom 31. Mai 2006 - VII B 37/05 -, juris, Rn. 18) ausschließlich auf die Zuteilung individueller Referenzmengen, nicht hingegen auf die Frage der Saldierung im Falle von deren Über- und Unterschreitung. Es gab im Text der Verordnung Nr. 3950/92 keinerlei Hinweis, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber eine Einschränkung der Saldierung vorschreiben wollte; Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 2 betonte vielmehr die Entscheidungsfreiheit der Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht. Tatsächlich wurde nach § 7b Abs. 2 Nr. 2 MGV (Bundessaldierung) letzten Endes eine Verrechnung von Lieferungen aus den alten und neuen Ländern durchgeführt.
Die in § 7b MGV enthaltenen Vorschriften über das Saldierungsverbot (Abs. 1 Satz 8) und den besonderen Saldierungsschritt (Abs. 2 Nr. 1) griffen weder in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 noch in den des Art. 12 Abs. 1 GG ein (1.). Soweit sie zu einer Ungleichbehandlung der westdeutschen Milcherzeuger führten, verstieß dies nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG; dazu 2.).
1. Die angegriffenen Vorschriften stellten bereits keinen Eingriff in Rechtspositionen dar, die von Art. 12 Abs. 1 oder Art. 14 Abs. 1 GG geschützt sein könnten. Milch-Referenzmengen, die westdeutschen Milcherzeugern aufgrund der Milch-Garantiemengen-Verordnung 1984 ursprünglich zugeteilt worden waren, wurden durch das Saldierungsverbot nicht berührt; soweit die "eigene", zugeteilte Referenzmenge reichte, durften westdeutsche Milcherzeuger auch nach Einführung des Saldierungsverbotes weiterhin abgabenfrei Milch liefern. Es kann also - weiter - dahinstehen, ob diese Referenzmengen als öffentlich-rechtliche Positionen grundrechtlichen Schutz genossen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 22. November 2007 - 1 BvR 2628/04 -, juris, Rn. 21).
Die aufgrund der Saldierungsregeln bestehende Aussicht, auch über die eigene Referenzmenge hinaus abgabenfrei Milch liefern zu können, stellte eine lediglich faktische Begünstigung dar, da sie davon abhing, dass andere Milcherzeuger die ihnen zustehenden Produktionsrechte nicht ausschöpften. Aber selbst wenn man insofern Art. 12 Abs. 1 oder Art. 14 Abs. 1 GG für einschlägig halten wollte, ließe sich aus § 7b Abs. 1 Satz 8 MGV ein Eingriff nicht herleiten. Die Norm verhinderte aus Sicht westdeutscher Milcherzeuger nämlich lediglich eine Verbesserung von deren Saldierungschancen, die wahrscheinlich eingetreten wäre, wenn man nach Beitritt der neuen Länder die Käufersaldierung unbeschränkt zugelassen hätte. Die bereits bestehenden Möglichkeiten zur Saldierung innerhalb der alten Länder wurden nicht angetastet.
2. a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfGE 112, 268 <279>; stRspr). Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfGE 110, 274 <291>; 117, 1 <30>; 118, 79 <100>; stRspr).
Vorliegend ist ein dem Gesetzgeber angemessenen Gestaltungsspielraum lassender Maßstab anzulegen: Auf wirtschaftspolitischem Gebiet kommt dem Gesetzgeber weitgehende Gestaltungsfreiheit zu (BVerfGE 18, 315 <331>; 50, 290 <338>; 110, 274 <293>). Gleiches gilt allgemein im Bereich gewährender Staatstätigkeit (vgl. BVerfGE 51, 295 <301>; 78, 104 <121>; 112, 164 <175>). Eine entsprechende Prüfung ist auch gegenüber Maßnahmen geboten, die der Bewältigung der Wiedervereinigung Deutschlands dienen (BVerfGE 95, 143 <157 f.>). Letzteres war hier der Fall. Wie die Bundesregierung im Einzelnen dargelegt hat, sollte durch die besonderen Saldierungsregeln für die neuen Länder vor allem der Strukturwandel der Milchwirtschaft gefördert werden. Die in den neuen Ländern neu entstandenen oder umstrukturierten Milchwirtschaftsbetriebe sollten zunächst einmal "gefahrlos" Milch überliefern können, ohne sofort der Erhebung der zusätzlichen Abgabe mit den entsprechenden finanziellen Folgen unterworfen zu werden. Die hier in Rede stehende Ungleichbehandlung hatte keinen Eingriffscharakter (oben 1.), so dass unter freiheitsrechtlichen Gesichtspunkten eine strikte Kontrolle nicht angezeigt ist. Auch eine an personelle Merkmale anknüpfende Ungleichbehandlung (vgl. dazu BVerfGE 88, 87 <96 f.>; 95, 267 <316 f.>; 101, 54 <101>; 110, 274 <291>; 118, 79 <100>) war nicht gegeben; maßgebend für die Frage des Eingreifens des Saldierungsverbotes war vielmehr die Lage des Betriebs oder Betriebsteils, in dem die Milch produziert worden war. Nach alledem könnte vorliegend ein Verfassungsverstoß nur festgestellt werden, wenn eine Ungleichbehandlung zwischen den Milcherzeugern in den alten und neuen Ländern vorläge und die Unsachlichkeit der Differenzierung evident wäre (vgl. BVerfGE 99, 367 <389>; 118, 79 <102>).
b) Das ist jedoch nicht der Fall. Die von der Bundesregierung dargelegte und von den Beschwerdeführern auch als solche nicht angegriffene Zielsetzung des § 7b MGV, den Strukturwandel in den neuen Ländern in der bereits beschriebenen Weise zu erleichtern, ist nachvollziehbar und keinesfalls evident unsachlich. Insbesondere ergibt sich die Unzulässigkeit der Differenzierung entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer nicht daraus, dass diese mit dem Unionsrecht, insbesondere der Verordnung Nr. 3950/92 nicht in Einklang gestanden hätte. Ein Widerspruch des § 7b MGV zum Unionsrecht ist nicht zu erkennen (vgl. ergänzend BFHE 213, 459 <465>).
1. § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Satz 1 MOG als vorliegend in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlagen insbesondere des § 7b MGV genügten jedenfalls in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung Nr. 3950/92 noch den Anforderungen des Bestimmtheitsgebotes nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Ob der Maßstab, den Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG für die hinreichende Bestimmtheit von Inhalt und Ausmaß einer gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass von Verordnungen aufstellt, für den Fall anwendbar ist, dass insoweit eine unionsrechtliche Bindung der Bundesrepublik Deutschland gegeben ist, die den Gestaltungsspielraum des deutschen Gesetzgebers ergreift, kann mithin - weiter - offen bleiben (vgl. BVerfGE 45, 142 <166>; siehe ferner Klink, Pauschale Ermächtigungen zur Umsetzung von Europäischem Umweltrecht mittels Rechtsverordnung, 2005, S. 130 ff. m.w.N.).
a) Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG verlangt, dass der Gesetzgeber selbst die Entscheidungen über Regelungen trifft; er selbst muss die Grenzen einer solchen Regelung festsetzen und angeben, welchem Ziel sie dienen soll (vgl. BVerfGE 2, 307 <334>; 19, 354 <361 ff.>; 23, 62 <72>). Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG ist verletzt, wenn eine Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen so unbestimmt ist, dass nicht mehr vorausgesehen werden kann, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von ihr Gebrauch gemacht werden wird und welchen Inhalt die aufgrund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können (BVerfGE 19, 354 <361 ff.>; 23, 62 <72>). Welche Anforderungen an das Ausmaß der erforderlichen Bestimmtheit im Einzelfall zu stellen sind, hängt von der Intensität der Auswirkungen der Regelung für die Betroffenen und von der Eigenart des geregelten Sachverhalts ab, insbesondere auch davon, in welchem Umfang dieser einer genaueren begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist (vgl. BVerfGE 56, 1 <13>; 58, 257 <277 f.>). Ein Bedürfnis, staatliche Regelungen rasch und allgemeinverbindlich und damit gerade durch Rechtsverordnung zu erlassen, kann insbesondere auch aus der Pflicht zur Umsetzung, Durchführung und Ergänzung inter- oder supranationaler Vorgaben resultieren (vgl. dazu BVerfGE 19, 17 <28 ff.>).
Der Bestimmtheitsgrundsatz verbietet es dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht, Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden. An die tatbestandliche Fixierung dürfen dabei keine nach der konkreten Sachlage unerfüllbaren Anforderungen gestellt werden (vgl. BVerfGE 56, 1 <12 f.>). In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass zur näheren Bestimmung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung auch Rechtsakte außerhalb der eigentlichen Verordnungsermächtigung, insbesondere auch Rechtsakte anderer Normgeber, herangezogen werden können (vgl. BVerfGE 19, 17 <31>). Der Gesetzgeber kann in einer Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen grundsätzlich auch auf Normen und Begriffe des Rechts der Europäischen Union verweisen. Unionsrecht und nationales Recht der Mitgliedstaaten sind zwar zwei verschiedene Rechtsordnungen. Die beiden Rechtsordnungen stehen jedoch nicht unverbunden nebeneinander, greifen vielmehr auf mannigfache Weise ineinander. Diese vielfältige Verschränkung von Unionsrecht und nationalem Recht verbietet es, Verweisungen auf Unionsrecht anders zu beurteilen als Verweisungen auf nationales Recht (vgl. BVerfGE 29, 198 <210>).
Grenzen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers können sich aus den allgemeinen rechtsstaatlichen Anforderungen an den Einsatz von Verweisungen ergeben. Verweisungen sind als vielfach übliche und notwendige gesetzestechnische Methode anerkannt, sofern die Verweisungsnorm hinreichend klar erkennen lässt, welche Vorschriften im Einzelnen gelten sollen und wenn die in Bezug genommenen Vorschriften dem Normadressaten durch eine frühere ordnungsgemäße Veröffentlichung zugänglich sind (vgl. BVerfGE 47, 285 <311>). Auch dynamische Verweisungen sind nicht schlechthin ausgeschlossen, wenngleich ein besonders strenger Prüfungsmaßstab im Einzelfall geboten sein kann. Bei fehlender Identität der Gesetzgeber bedeutet eine dynamische Verweisung mehr als eine bloße gesetzestechnische Vereinfachung; sie führt zur versteckten Verlagerung von Gesetzgebungsbefugnissen und kann daher Bedenken unter bundesstaatlichen, rechtsstaatlichen und demokratischen Gesichtspunkten ausgesetzt sein (BVerfGE 47, 285 <312>).
b) Nach diesen Maßstäben war die sich aus § 8 Abs. 1 und § 12 Abs. 2 MOG ergebende Ermächtigung des Verordnunggebers zum Erlass der Milch-Garantiemengen-Verordnung unter besonderer Berücksichtigung der Eigenart des geregelten Sacherhalts und der Regelungsintensität nach Inhalt, Zweck und Ausmaß in Verbindung mit den Vorschriften der Verordnung Nr. 3950/92 hinreichend bestimmt (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. September 1990 - 2 BvR 848/88 -, juris, Rn. 2 ff., und vom 6. September 1990 - 2 BvR 965/88 -, juris, Rn. 2).
aa) Die Vorschriften des Marktordnungsgesetzes in der Bekanntmachung vom 24. Juni 2005 selbst gaben den Gegenstand (Inhalt) möglicher Verordnungsregelungen an, indem sie den Verordnunggeber zum Erlass von Vorschriften einerseits über das Verfahren bei der Aufteilung, Zuteilung und Änderung von Garantiemengen, Referenzmengen, Quoten und sonstigen Mindest- oder Höchstmengen im Rahmen von Marktordnungsmaßnahmen (Mengenregelungen) sowie über die Voraussetzungen und die Höhe solcher Mengenregelungen (§ 8 Abs. 1 Satz 1), andererseits über das Verfahren bei Abgaben zu Marktordnungszwecken sowie über die Voraussetzungen und die Höhe dieser Abgaben (§ 12 Abs. 1 Satz 1) ermächtigten. Wegen des Zwecks und des Ausmaßes der Ermächtigung verwiesen die Bestimmungen auf die (jeweils umzusetzenden) Regelungen im Sinne des § 1 Abs. 2 MOG, also namentlich auf die Rechtsakte des Rates oder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zur Schaffung und Durchführung der gemeinsamen Organisationen der Agrarmärkte (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 MOG). Sie beschränkten diese Ermächtigung nur insofern, als sie ausschließlich Vorschriften erlaubten, die zur Durchführung dieser EG-Regelungen "erforderlich" waren und den Erlass von Vorschriften über die Voraussetzungen und die Höhe von Mengenregelungen und Abgaben zusätzlich unter die Voraussetzung stellten, dass diese nach den EG-Regelungen bestimmt, bestimmbar oder begrenzt waren (vgl. BVerwGE 121, 382 <388> m.w.N.).
bb) Die Art und Weise, in der § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Satz 1 MOG für die Bestimmung von Zweck und Ausmaß (und damit auch für die nähere Eingrenzung des Inhalts) der dem nationalen Verordnunggeber erteilten Ermächtigung auf gemeinschaftsrechtliche Regelungen verwiesen, ist verfassungsrechtlich noch hinzunehmen. Dass es sich um eine abstrakt gefasste, zudem dynamische Verweisung handelte, stand deren Zulässigkeit zunächst unter dem Gesichtspunkt der Verweisungsklarheit (Transparenz) nicht entgegen. Dynamische Ermächtigungen können ihrer Natur nach auf bestimmte Fundstellen nicht verweisen. Auch unter dem Gesichtspunkt der Publizität sind keine Bedenken ersichtlich. Über § 1 Abs. 2 MOG (siehe insbesondere Nr. 2) war sichergestellt, dass die Verweisung nur Rechtsakte erfasste, die im Bundesgesetzblatt, im Bundesanzeiger oder im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (heute: Amtsblatt der Europäischen Union, vgl. Art. 297 AEUV) veröffentlicht und daher den Normadressaten ohne weiteres zugänglich waren.
Durchgreifende Bedenken bestehen schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Demokratieprinzips, das einer versteckten Verlagerung von Gesetzgebungsbefugnissen Grenzen setzt. Unzulässig wäre danach insbesondere eine pauschale Blankoermächtigung zur Umsetzung von Unionsrecht durch nationale Rechtsverordnung (vgl. Bauer, in: Dreier, GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 80 Rn. 36). Von einer solchen kann im Hinblick auf § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Satz 1 MOG jedoch nicht die Rede sein. Vielmehr stand der (mögliche) Inhalt der von der Verweisung erfassten Normen von vornherein im Wesentlichen fest. Es musste sich um - formal unter § 1 Abs. 2 MOG fallende - Regelungen hinsichtlich Marktordnungswaren im Sinne des § 2 MOG handeln. Deren möglicher Inhalt war weiter dadurch begrenzt, dass § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Satz 1 MOG zunächst nur den Erlass von Verfahrensregelungen im Zusammenhang mit Mengenregelungen und Abgaben zu Marktordnungszwecken gestatteten, mithin sich nur auf Normen bezogen, die auch Mengenregelungen oder Abgaben zu Marktordnungszwecken beinhalteten. Die Entscheidung über die Voraussetzungen und die Höhe der Mengenregelungen oder der Abgaben selbst übertrugen beide Ermächtigungsnormen zudem nur für den Fall an den nationalen Verordnunggeber, dass diese schon nach dem Gemeinschaftsrecht bestimmt, bestimmbar oder jedenfalls der Höhe nach begrenzt waren. Damit hat der parlamentarische Gesetzgeber dafür gesorgt, dass Rechtsverordnungen nur dann und nur insoweit erlassen werden durften, als das Gemeinschaftsrecht bereits die wesentlichen Entscheidungen selbst getroffen hatte.
cc) Zweck und Ausmaß der Ermächtigung zum Erlass der Milch-Garantiemengen-Verordnung konnten der Verordnung Nr. 3950/92 in ihren in den Milchwirtschaftsjahren 1996/1997 bis 1998/1999 geltenden Fassungen in hinreichend bestimmter Weise entnommen werden. Soweit die Beschwerdeführer auch auf spätere Fassungen eingegangen sind, sind diese vorliegend nicht von Bedeutung.
Explizite Aussagen zum Zweck der zu treffenden Regelungen ergaben sich aus den dem Regelungstext vorangestellten Erwägungsgründen der Verordnung Nr. 3950/92. Auch der nationale Verordnunggeber hatte demnach beispielsweise das Ziel der Verringerung des Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage bei Milch und Milcherzeugnissen und der entsprechenden strukturellen Überschüsse zu berücksichtigen und zur Herstellung eines besseren Marktgleichgewichts beizutragen (Erwägungsgrund Nr. 1). Dem Erwägungsgrund Nr. 7 konnte er entnehmen, welche Überlegungen der Entscheidung des Gemeinschaftsgesetzgebers zugrunde lagen, den Mitgliedstaaten Entscheidungsspielräume hinsichtlich des Saldierungsverfahrens einzuräumen. Der elfte Erwägungsgrund erkannte an, dass durch die Anwendung der Regelung zur Stabilisierung der Milcherzeugung die Umstrukturierung der landwirtschaftlichen Betriebe im Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik nicht beeinträchtigt werden durfte und erlaubte damit dem nationalen Verordnunggeber, auch eben diesen Umstrukturierungszweck zu verfolgen.
Das Ausmaß möglicher Regelungen in einer nationalen Rechtsverordnung ergab sich grundsätzlich aus den Bestimmungen der Verordnung Nr. 3950/92, die einen Entscheidungsspielraum für die Mitgliedstaaten enthielten. So überließ die Verordnung es den Mitgliedstaaten, bei der Festsetzung der Abgabe für die Überschreitung der zugeteilten Referenzmengen ungenutzte Referenzmengen anderer Erzeuger zu berücksichtigen; ebenso war es an den Mitgliedstaaten, zu entscheiden, auf welcher Ebene eine eventuelle Neuzuteilung (Saldierung) stattfinden sollte (Art. 2 Abs. 1 UAbs 2). Art. 5 eröffnete die Möglichkeit, die Summe der zugeteilten Referenzmengen linear zugunsten einer einzelstaatlichen Reserve zu verringern, die dann nach objektiven Kriterien wiederum in Form zusätzlicher oder spezifischer Referenzmengen auf die Erzeuger zu verteilen war. Art. 7 sah Regelungsspielräume bei der Festlegung der Kriterien für den Übergang von Referenzmengen bei Verkauf, Verpachtung oder Vererbung vor; Art. 8 schließlich erlaubte verschiedene Maßnahmen zu den insofern ausdrücklich spezifizierten Zwecken der Umstrukturierung der Milcherzeugung und der Verbesserung der Umweltbedingungen. Innerhalb dieser Regelungsspielräume waren die Mitgliedstaaten keinesfalls "völlig frei", wie der Beschwerdeführer zu 1) annimmt; vielmehr hatten sie sich an den oben beschriebenen Zwecken zu orientieren, die teilweise (Art. 8) auch noch näher spezifiziert waren. Art. 5 erforderte für die Festlegung der Zuteilungskriterien hinsichtlich der einzelstaatlichen Reserve zudem das Einvernehmen der Kommission.
Außerdem standen diesen Spielräumen weitgehende Festlegungen der Verordnung Nr. 3950/92 gegenüber, von denen die Mitgliedstaaten nicht abweichen konnten. So regelte Art. 1 der Verordnung die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Erhebung der Milchabgabe und deren Höhe. Art. 2 bestimmte die Abgabeschuldner (Erzeuger) und die Abgabepflichtigen (bei Milchlieferungen: die Abnehmer). Art. 3 regelte die den Mitgliedstaaten zustehenden Gesamtgarantiemengen, Art. 4 enthielt präzise Vorschriften zur Ermittlung der einzelbetrieblichen Referenzmengen. Art. 1 und 2 der Verordnung Nr. 536/93 enthielten detaillierte Bestimmungen zur Berechnung der Abgabe.
dd) Insgesamt ergab sich so aus § 8 Abs. 1 Satz 1 sowie § 12 Abs. 2 Satz 1 MOG jeweils in Verbindung mit der Verordnung Nr. 3950/92 ein noch hinreichend präzises Programm für den nationalen Verordnunggeber, nach dem auch voraussehbar war, was dem Bürger gegenüber zulässig sein sollte. Insbesondere ergab sich ein Mangel an Bestimmtheit auch nicht daraus, dass es dem Verordnunggeber aufgrund der Verordnung Nr. 3950/92 - wie bereits dargelegt - freistand, das Saldierungsverbot des § 7b Abs. 1 Satz 8 und einen besonderen, den neuen Ländern vorbehaltenen Saldierungsschritt nach § 7b Abs. 2 Nr. 1 MGV zu statuieren. Insofern handelte es sich um eine Frage, in der die Regelungsintensität gering war, nachdem Eingriffe in Freiheitsgrundrechte mit dem Saldierungsverfahren nicht verbunden waren und auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes die Einführung eines die neuen Länder bevorzugenden Saldierungsverfahrens nicht zu beanstanden war.
2. Die Gültigkeit der Milch-Garantiemengen-Verordnung lässt sich auch nicht mit dem Argument in Frage stellen, dass der Verordnunggeber nach Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG neben den nationalen Ermächtigungsgrundlagen wie § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Satz 1 MOG auch die von diesen Vorschriften in Bezug genommenen Normen der Verordnung Nr. 3950/92 hätte anführen müssen.
a) Das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG soll nicht nur die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage kenntlich und damit auffindbar machen. Es soll auch die Feststellung ermöglichen, ob der Verordnunggeber beim Erlass der Regelungen von einer gesetzlichen Ermächtigung überhaupt Gebrauch machen wollte. Die Exekutive muss durch Angabe ihrer Ermächtigungsgrundlage sich selbst des ihr aufgegebenen Normsetzungsprogramms vergewissern und hat sich auf dieses zu beschränken. Es kommt daher nicht nur darauf an, ob sie sich überhaupt im Rahmen der delegierten Rechtssetzungsgewalt bewegt, vielmehr muss sich die in Anspruch genommene Rechtssetzungsbefugnis gerade aus den von ihr selbst angeführten Vorschriften ergeben. Außerdem dient Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG der Offenlegung des Ermächtigungsrahmens gegenüber dem Adressaten der Verordnung. Das soll ihm die Kontrolle ermöglichen, ob die Verordnung mit dem ermächtigenden Gesetz übereinstimmt. Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG statuiert insoweit ein rechtsstaatliches Formerfordernis, das die Prüfung erleichtern soll, ob sich der Verordnunggeber beim Erlass der Verordnung im Rahmen der ihm erteilten Ermächtigung gehalten hat (BVerfGE 101, 1 <42>).
b) Hieraus folgt entgegen der auch im Schrifttum und in der Rechtsprechung (vgl. Erbel, DÖV 1989, S. 338 <341 f.>; Kauch/Düsing, AgrarR 2003, S. 69; Nierhaus, in: Bonner Kommentar, Bd. 11, Art. 80 Rn. 327 (November 1998); Schwarz, DÖV 2002, S. 852 <853>; VG Darmstadt, Urteil vom 8. April 2004 - 3 E 1764/01 -, juris, Rn. 16) teilweise vertretenen Auffassung der Beschwerdeführer nicht, dass der Verordnunggeber dann, wenn er sich auf eine nationale Verordnungsermächtigung stützt, die ihrerseits (teilweise) auf unionsrechtliche Vorschriften verweist, neben der nationalen Verordnungsermächtigung grundsätzlich auch diese unionsrechtlichen Vorschriften zitieren müsste (vgl. BVerwGE 118, 70 <72 ff.>; 121, 382 <386>; BFHE 203, 243 <249>; BayVGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - 9 BV 02.3024 -, juris, Rn. 20). Gegen einen solchen Schluss spricht schon der Zweck des Zitiergebots. Der Verordnunggeber weist seine Rechtssetzungsbefugnis bei der Ergänzung und Durchführung von zwingendem Unionsrecht durch nationale Vorschriften vollständig nach und ermöglicht auch die Kontrolle, ob die Grenzen seiner Rechtssetzungsmacht gewahrt sind, wenn er alle - eigenständigen - Ermächtigungsgrundlagen, auf die er die Verordnung stützt, nennt (vgl. BVerfGE 101, 1 <44>). Der Zweck des Zitiergebots ist deshalb grundsätzlich als erfüllt anzusehen, wenn der Verordnunggeber sich auf die Nennung der nationalen Verordnungsermächtigung beschränkt, da diese - und nicht die in Bezug genommenen unionsrechtlichen Vorschriften - regelt, dass der den Mitgliedstaaten verbliebene Gestaltungsspielraum bei der Ergänzung und Durchführung von zwingendem Unionsrecht durch den Verordnunggeber ausgefüllt werden darf. Nur wenn unionsrechtliche Vorschriften, auf die eine nationale Verordnungsermächtigung verwiese, eine oder mehrere zusätzliche eigenständige Ermächtigungsgrundlagen enthielten, wäre der Verordnunggeber nach Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG verpflichtet, auch die entsprechenden unionsrechtlichen Vorschriften zu nennen. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Dass das förmliche Parlamentsgesetz zur Wahrung der Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG sich in gewissen Grenzen des Mittels der Verweisung bedienen darf, zwingt nicht zu einer entsprechend erweiternden Auslegung des Zitiergebots. Diese fände auch keine Grundlage in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 29, 198; 45, 142; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. September 1990 - 2 BvR 848/88 -, juris, und vom 6. September 1990 - 2 BvR 965/88 -, juris).
Der Straftatbestand des § 370 Abs. 1 AO in Verbindung mit § 12 Abs. 1 MOG genügt den Anforderungen des strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes aus Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 GG in noch hinreichender Weise. Dies gilt insbesondere auch, soweit daraus die Strafbarkeit der Hinterziehung der zusätzlichen Abgabe auf Milch nach der Verordnung Nr. 3950/92 in den Milchwirtschaftsjahren 1996/1997 bis 1998/1999 folgte.
1. a) Art. 103 Abs. 2 GG enthält die Verpflichtung des Gesetzgebers, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen. Diese Verpflichtung dient einem doppelten Zweck. Es geht einerseits um den rechtsstaatlichen Schutz des Normadressaten: Jedermann soll vorhersehen können, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist. Art. 103 Abs. 2 GG hat insofern freiheitsgewährleistende Funktion. Andererseits soll sichergestellt werden, dass der Gesetzgeber selbst abstrakt-generell über die Strafbarkeit entscheidet. Insoweit enthält Art. 103 Abs. 2 GG einen strengen Gesetzesvorbehalt, der es der vollziehenden und der rechtsprechenden Gewalt verwehrt, die normativen Voraussetzungen einer Bestrafung festzulegen (vgl. BVerfGE 75, 329 <340 f.>; stRspr).
Allerdings darf das Gebot der Gesetzesbestimmtheit nicht übersteigert werden; die Gesetze würden sonst zu starr und kasuistisch und könnten der Vielgestaltigkeit des Lebens, dem Wandel der Verhältnisse oder der Besonderheit des Einzelfalles nicht mehr gerecht werden. Generalklauseln oder unbestimmte, wertausfüllungsbedürftige Begriffe im Strafrecht sind deshalb nicht von vornherein und immer verfassungsrechtlich zu beanstanden (vgl. BVerfGE 48, 48 <56 f.>; 75, 329 <341 f.>). Auch die Tatsache, dass zur Auslegung eines Strafgesetzes auf andere Gesetze zurückgegriffen werden muss, steht der Bestimmtheit des Strafgesetzes grundsätzlich nicht notwendig entgegen (vgl. BVerfGE 78, 205 <213>). Die Beurteilung der Frage, ob der Tatbestand einer Strafnorm "gesetzlich bestimmt" im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG ist, kann auch davon abhängen, an welchen Kreis von Adressaten sich die Vorschrift wendet. Richtet sie sich ausschließlich an Personen, bei denen aufgrund ihrer Ausbildung oder praktischen Erfahrung bestimmte Fachkenntnisse regelmäßig vorauszusetzen sind und regelt sie Tatbestände, auf die sich solche Kenntnisse zu beziehen pflegen, so begegnet die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe unter dem Gesichtspunkt des Art. 103 Abs. 2 GG dann keinen Bedenken, wenn allgemein davon ausgegangen werden kann, dass der Adressat aufgrund seines Fachwissens imstande ist, den Regelungsinhalt solcher Begriffe zu verstehen und ihnen konkrete Verhaltensanweisungen zu entnehmen (vgl. BVerfGE 48, 48 <57>; stRspr).
b) Dem Gesetzgeber ist es von Verfassungs wegen nicht untersagt, durch ein Blankettstrafgesetz die Beschreibung des Straftatbestandes zu ersetzen durch die Verweisung auf eine Ergänzung im gleichen Gesetz oder in anderen, auch künftigen Normen, die nicht notwendig von derselben rechtsetzenden Instanz erlassen werden (vgl. BVerfGE 14, 245 <252>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Dezember 1991 - 2 BvR 836/85 -, NVwZ-RR 1992, S. 521). Die Voraussetzungen der Strafbarkeit müssen dann entweder im Blankettstrafgesetz selbst oder in dem in Bezug genommenen Gesetz hinreichend deutlich umschrieben sein (vgl. BVerfGE 37, 201 <209>; 75, 329 <342, 344 ff.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Oktober 1990 - 2 BvR 385/87 -, NJW 1992, S. 35; ferner BGHSt 37, 266 <272>). Zudem muss das Blankettgesetz hinreichend klar erkennen lassen, worauf sich die Verweisung bezieht (BVerfGE 48, 48 <55>; 51, 60 <74>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Dezember 1991 - 2 BvR 836/85 -, NVwZ-RR 1992, S. 521).
Verweist der parlamentarische Gesetzgeber auf Rechtsverordnungen, muss er Sorge tragen, dass die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die Art der Strafe für den Bürger schon aus dem Parlamentsgesetz voraussehbar sind und nicht erst aus der Verordnung, auf die verwiesen wird (vgl. BVerfGE 14, 174 <185 f.> m.w.N.; vgl. auch BVerfGE 32, 346 <362>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 21. August 2001 - 2 BvR 1941/00 -, juris, Rn. 4). Droht das Blankettstrafgesetz Freiheitsstrafe an, verlangt Art. 104 Abs. 1 GG darüber hinaus, dass Art und Maß der Strafe im förmlichen Gesetz festgelegt werden und dem Verordnunggeber auch auf tatbestandlicher Seite nur eine gewisse Spezifizierung des Straftatbestandes überlassen wird, was vor allem gerechtfertigt sein kann, wenn wechselnde und mannigfaltige Einzelregelungen erforderlich werden können (vgl. BVerfGE 14, 174 <186 f.>; 14, 245 <251>; 22, 21 <25>; 23, 265 <269>; 75, 329 <342>). Diese Anforderungen lassen sich sinngemäß auf den Fall übertragen, dass förmliche Blankettstrafgesetze auf Vorschriften des Unionsrechts verweisen (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 17. März 1978 - 2 BvR 1086/77 -, RIW/AWD 1979, S. 132 f.). Der Gesetzgeber muss also hier wie im Falle der Verweisung auf Rechtsverordnungen selbst sicherstellen, dass nur materiell wertwidrige Verhaltensweisen als strafbar erfasst werden (vgl. Dannecker, in: Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 1, 12. Aufl. 2006, § 1 Rn. 127); die Gewichtverteilung zwischen Blankettstrafgesetz und konkretisierendem Rechtsakt muss die vorrangige Bestimmungsgewalt des förmlichen Gesetzes wiedergeben (vgl. Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 103 Abs. 2 Rn. 201 <Dezember 1992>).
2. Einer Prüfung nach diesen Maßstäben hält der Straftatbestand des § 12 Abs. 1 MOG (dazu a)) in Verbindung mit § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO (dazu b)) stand.
a) Der den Anwendungsbereich des § 370 Abs. 1 AO (entsprechend) eröffnende Begriff der "Abgabe" in § 12 Abs. 1 MOG war noch hinreichend bestimmt. Dass es sich bei der zusätzlichen Abgabe auf Milch um eine Abgabe zu Marktordnungszwecken handelte, die nach Regelungen im Sinne des § 1 Abs. 2 MOG hinsichtlich Marktordnungswaren erhoben wurde, war für die Normadressaten erkennbar (aa)) und entsprach offensichtlich auch dem Regelungswillen des historischen Gesetzgebers (bb)).
aa) Regelungen im Sinne des § 1 Abs. 2 MOG waren nach dessen Nummern 1, 3 unter anderem die Bestimmungen des EG-Vertrages sowie Rechtsakte des Rates aufgrund dieses Vertrages. Die Verordnung Nr. 3950/92, welche in Art. 1 die zusätzliche Abgabe auf Milch statuierte, beruhte formal auf Art. 249 Abs. 2 und inhaltlich entsprechend ihrer Eingangsformel auf Art. 43 des EG-Vertrages. Somit stellte sie eine Regelung im Sinne des § 1 Abs. 2 MOG dar. Der Ausdruck "Bestimmungen des EG-Vertrages sowie Rechtsakte aufgrund dieses Vertrages" stellte dabei auch einen juristischen Laien nicht vor unzumutbare Verständnisschwierigkeiten. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers zu 1) war der Wortlaut des § 1 Abs. 2 MOG auch nicht in irreführender Weise geeignet, den unzutreffenden Eindruck zu erwecken, § 12 Abs. 1 MOG wolle auch die "Hinterziehung" solcher Abgaben unter Strafe stellen, hinsichtlich derer mangels unmittelbar anwendbarer Abgabenregelung überhaupt keine Abgabenpflicht bestand.
Marktordnungswaren waren nach § 2 MOG unter anderem die Erzeugnisse, die den gemeinsamen Marktorganisationen unterlagen, wobei das Gesetz unter gemeinsamen Marktorganisationen Regelungen zur Schaffung und Durchführung der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte für die in Anhang II des EG-Vertrages aufgeführten Erzeugnisse verstand (§ 1 Abs. 1). In Anhang II des EG-Vertrages fand sich noch in der bis zum 30. April 1999 geltenden Fassung des Vertrages von Maastricht unter anderem die Position "Kapitel 4 - Milch und Milcherzeugnisse ...". Erst mit Inkrafttreten des Vertrages von Amsterdam am 1. Mai 1999 wurde die bisherige Anlage II zur Anlage I (vgl. Gesetz vom 8. April 1998 zum Vertrag von Amsterdam vom 2. Oktober 1997, BGBl II S. 386 <412>; die Bezugnahme in § 1 Abs. 1 MOG wurde durch Art. 4 Nr. 2 Buchstabe b des Gesetzes zur Umsetzung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik vom 21. Juli 2004 <BGBl I S. 1763> mit Wirkung zum 1. August 2004 angepasst). Somit war jedenfalls während des Tatzeitraums (Milchwirtschaftsjahre 1996/1997 bis 1998/1999) ohne weiteres für die Adressaten erkennbar, dass es sich bei Milch um eine Marktordnungsware handelte.
Aus Regelungszusammenhang und Inhalt der Verordnung Nr. 3950/92 ergab sich schließlich, dass die zusätzliche Abgabe nach Art. 1 zum Zweck der Marktordnung erhoben wurde. Auch ohne nähere Kenntnis der Verordnung Nr. 3950/92 und ihrer Erwägungsgründe war schon bei oberflächlicher Befassung mit dem Milchquotensystem erkennbar, dass die Abgabe schon ihrer Höhe nach Milcherzeuger davon abhalten sollte, die ihnen zugewiesenen Referenzmengen zu überschreiten. Eben diese für die Milcherzeuger ungünstige Ausgestaltung war es, die die Beschwerdeführer zu ihrem strafbaren Handeln bewegte. Nicht zu überzeugen vermag die Ansicht des Beschwerdeführers zu 1), das Merkmal "zu Marktordnungszwecken" sei unbestimmt, weil nicht klar sei, ob der Marktordnungszweck das einzige Ziel der Regelung sein müsse. Dem Wortlaut nach ist ein Marktordnungszweck erforderlich, die Verfolgung von Nebenzwecken schadet nicht. Zudem ist im konkreten Fall der zusätzlichen Abgabe auf Milch ein zum Marktordnungszweck hinzutretender Nebenzweck nicht zu erkennen. Insbesondere verfolgte die zusätzliche Abgabe auf Milch keinen Strafzweck; der vom Beschwerdeführer zu 1) angestrengte Vergleich einer Hinterziehung der zusätzlichen Abgabe auf Milch mit der Nichtzahlung einer Geldstrafe liegt neben der Sache.
bb) Es ist nach alledem auch nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Erstreckung des § 12 Abs. 1 MOG auf die zusätzliche Abgabe auf Milch vom Willen des parlamentarischen Gesetzgebers umfasst war. Der Gesetzgeber konnte aufgrund des Verweises auf den Anhang II des EG-Vertrages ebenso wie die Adressaten der Regelung voraussehen, welche Waren im Einzelnen Gegenstand einer von § 12 Abs. 1 MOG, § 370 Abs. 1 AO erfassten Abgabenerhebung werden konnten. Im Übrigen war jedenfalls im Jahr 1986, als § 12 MOG eine seiner zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung im Wesentlichen bereits entsprechende Form erhielt, die Milchabgabenregelung bereits eingeführt und wurde in der amtlichen Begründung auch genannt (vgl. BTDrucks 10/5236 S. 6, 13 zu § 8 MOG <Zählung vor der Neufassung BGBl 1986 I S. 1397>). Dass der Gesetzgeber mit dem allgemeinen Verweis auf die Abgabenordnung gerade auch die kriminalpolitische Entscheidung treffen wollte, den Anwendungsbereich des Steuerhinterziehungstatbestands zu erweitern, ergibt sich ergänzend aus § 35 MOG.
b) Eine sowohl unter dem Gesichtspunkt der Erkennbarkeit für die Adressaten (aa)) wie hinsichtlich der Wahrung der parlamentarischen Verantwortung (bb)) hinreichend bestimmte Umschreibung des tatbestandlichen Unrechts ließ sich § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO auch dann entnehmen, wenn die Tatbestandsmerkmale der steuerlich erheblichen Tatsachen und der Steuerverkürzung mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs (vgl. BVerfGE 37, 201 <208 f.>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 21. März 1989 - 2 BvR 162/89 u.a. -, juris, Rn. 2, und der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Juni 1994 - 2 BvR 1084/94 -, juris, Rn. 3; BGHSt 20, 177 <180>; 34, 272 <282>) als Blankettmerkmale aufgefasst wurden, die auf das materielle Abgabenrecht - hier also die Vorschriften der Verordnung Nr. 3950/92 und der Milch-Garantiemengen-Verordnung - verwiesen und durch dieses ausgefüllt wurden. Es kann daher offen bleiben, ob die Tatbestandsmerkmale des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO sich auch als normative Merkmale verstehen lassen, die bereits für sich genommen eine vollständige, hinreichend bestimmte Umschreibung des tatbestandlichen Unrechts enthalten, wie dies im Schrifttum zunehmend vertreten wird (vgl. Hellmann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 370 AO Rn. 47 <November 2001>; Dannecker, in: Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 1, 12. Aufl. 2006, § 1 Rn. 149; Gribbohm/Utech, NStZ 1990, S. 209 <210>).
aa) Insbesondere das Tatbestandsmerkmal der Steuerverkürzung wird insofern durch die materiellen Abgabengesetze ausgefüllt, als die Frage, ob und in welchem Umfang eine Steuerverkürzung eingetreten ist, sich aus dem Vergleich zwischen der Steuer, die aufgrund unwahrer Angaben festgesetzt wurde und der Steuer, die zu erheben gewesen wäre, wenn anstelle der unrichtigen die der Wahrheit entsprechenden Angaben zugrunde gelegt worden wären, beantwortet (vgl. Gast-de Haan, in: Klein, Abgabenordnung, 9. Aufl. 2006, § 370 Rn. 5, 52 sowie BGH, Urteil vom 30. Juli 1985 - 1 StR 284/85 -, juris, Rn. 19).
Die insoweit erforderliche Publizität war durch Veröffentlichung der einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften im Amtsblatt der EG gewahrt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Dezember 1991 - 2 BvR 836/85 -, NVwZ-RR 1992, S. 521 <522>, sowie Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, 2001, S. 264 ff.). Entgegen kritischer Stimmen in der Literatur (vgl. etwa Satzger, a.a.O., S. 267 sowie derselbe, Internationales und Europäisches Strafrecht, 2. Aufl. 2008, S. 122 f.) lässt sich ein genereller Einwand gegen Verweisungen von Blankettvorschriften auf Unionsrecht jedenfalls vorliegend auch nicht daraus herleiten, dass bei der Auslegung des europäischen Rechts gegebenenfalls die Fassungen der verschiedenen Amtssprachen zu berücksichtigen sind. Im hier interessierenden Fall der Verordnung Nr. 3950/92 sind Anhaltspunkte für konkrete, mehrsprachigkeitsbedingte Unklarheiten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
Für die in Betracht kommenden Adressaten der Norm - nämlich Landwirte und andere beruflich mit der Milcherzeugung und der entsprechenden Abgabenerhebung in Berührung kommenden Personen - waren die Strafbarkeitsvoraussetzungen in hinreichender Weise erkennbar. Wer das Quotensystem nach Marktordnungsgesetz, Verordnung Nr. 3950/92 und Milch-Garantiemengen-Verordnung nicht wenigstens der Sache nach kannte, stand von vornherein nicht in Gefahr, sich wegen unlauterer Beteiligung daran strafbar zu machen. Das Verhalten der Beschwerdeführer wies deutliche Merkmale betrügerischer Handlungen auf.
bb) Die Verweisung auf das materielle Abgabenrecht führte vorliegend auch nicht zu einem Verlust der parlamentarischen Verantwortung für die Entscheidung über die Grenzen der Strafbarkeit; die insoweit in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannten Beschränkungen hatte der Gesetzgeber eingehalten.
Auf der Rechtsfolgenseite waren Art und Maß der Strafe entsprechend den aus Art. 103 Abs. 2 und Art. 104 Abs. 1 GG folgenden Anforderungen für Gesetze mit Androhung von Freiheitsstrafe abschließend im formellen Gesetz festgelegt; hier bestanden keinerlei Entscheidungsspielräume für Gemeinschaftsgesetzgeber oder nationalen Verordnunggeber. Aber auch auf der Tatbestandsseite gingen die dem Gemeinschaftsgesetzgeber und dem nationalen Verordnunggeber verbleibenden Einflussmöglichkeiten über eine verfassungsrechtlich zulässige Spezifizierung jedenfalls nicht hinaus.
Das von § 370 Abs. 1 AO geschützte Rechtsgut ist das öffentliche Interesse am rechtzeitigen und vollständigen Aufkommen der von der Norm erfassten Steuern (vgl. Gast-de Haan, in: Klein, Abgabenordnung, 9. Aufl. 2006, § 370 Rn. 2 m.w.N.). Über § 12 Abs. 1 MOG wurde das öffentliche Interesse am rechtzeitigen und vollständigen Aufkommen der gemeinschaftsrechtlich geregelten Abgaben auf Marktordnungswaren zu Marktordnungszwecken einbezogen, wobei dieser allgemeine parlamentarische Wille - wie bereits dargelegt - den konkreten Fall der zusätzlichen Abgabe auf Milch erfasste. Anhaltspunkte, dass es insofern für den parlamentarischen Gesetzgeber eine Rolle spielte, ob das im konkreten Fall hinterzogene Abgabenaufkommen im Ergebnis auch tatsächlich dem Gemeinschaftshaushalt zugeflossen wäre, bestehen nicht; die in der Entgegnung des Beschwerdeführers zu 1) auf die eingegangenen Stellungnahmen angestellten Überlegungen in dieser Hinsicht gehen daher ins Leere.
§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erschöpft sich auch nicht in einer bloßen Weiterverweisung auf das Abgabenrecht, sondern lässt somit einen bestimmten Unrechtstyp deutlich erkennen, indem er die tatbestandliche Handlung ("wer den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht") wie den Taterfolg ("und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt") in einer allgemeinverständlichen, einer Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. Hellmann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 370 AO Rn. 47 <November 2001> m.w.N.) zugänglichen Weise ausführt.
Dem Wortlaut des § 370 Abs. 1 AO - hier in Verbindung mit § 12 Abs. 1 MOG - ließ sich eine normative Wertbestimmung durch den parlamentarischen Gesetzgeber (vgl. Dannecker, in: Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 1, 12. Aufl. 2006, § 1 Rn. 127) mithin ebenso entnehmen wie eine Umschreibung des strafrechtlich relevanten Verhaltens (vgl. Tiedemann, Tatbestandsfunktionen im Nebenstrafrecht, 1969, S. 258 ff.). Danach war sichergestellt, dass nur materiell wertwidrige Verhaltensweisen von der Norm erfasst wurden und die Gewichtverteilung zwischen Blankettstrafgesetz und konkretisierendem Rechtsakt gab die vorrangige Bestimmungsgewalt des förmlichen Gesetzes wieder.
Der somit verfassungsmäßige Straftatbestand ist von den im Falle der Beschwerdeführer entscheidenden Strafgerichten in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender, insbesondere nicht gegen Art. 103 Abs. 2 GG verstoßender Weise, angewendet worden.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
HRRS-Nummer: HRRS 2011 Nr. 120
Bearbeiter: Karsten Gaede