hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2008 Nr. 586

Bearbeiter: Stephan Schlegel

Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 1866/03, Beschluss v. 04.03.2008, HRRS 2008 Nr. 586


BVerfG 2 BvR 1866/03 (3. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 4. März 2008 (LG Kiel/AG Rendsburg)

Durchsuchung wegen Verdachts eines Verstoßes gegen handwerksrechtliche Vorschriften (Anforderungen an den Durchsuchungsbeschluss; Substantiierung des Tatverdachts; Abgrenzung zwischen Grundtatbestand nach der Handwerksordnung und Qualifikation nach dem Schwarzarbeitsgesetz; Verhältnismäßigkeit); Unverletzlichkeit der Wohnung.

Art. 13 Abs. 1 GG; § 102 StPO; § 105 StPO; § 117 Abs. 1 Nr. 1 HwO; § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG a.F.

Leitsätze des Bearbeiters

1. Umfangreiche Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit einer Durchsuchungsmaßnahme sind zwar weder im Durchsuchungsbeschluss noch in der Beschwerdeentscheidung grundsätzlich und stets von Verfassungs wegen geboten. Erforderlich ist aber, dass erkennbar ist, dass eine Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Berücksichtigung der Schwere des Tatverdachtes stattgefunden hat. Daran fehlt es, wenn im Qualifikationsverhältnis stehende Normen unterschiedlicher Schwere (hier: § 117 Abs. 1 Nr. 1 HwO einerseits, § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG a.F. andererseits) zugleich oder alternativ benannt werden.

2. Zur Begründung des Tatverdachts bei § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG a.F. gehört die Darlegung der Ausführung von Dienst- oder Werkleistungen in erheblichem Umfang. Um diesen Anfangsverdacht verfassungsgemäß begründen zu können, ist erforderlich, dass Feststellungen getroffen werden, die nach einfachem Recht die Anwendung des Qualifikationstatbestands nachvollziehbar machen.

3. Die einmalige Ausführung von handwerklichen Leistungen vermag einen hinreichenden Anfangsverdacht für die Ausübung von Dienst- oder Werkleistungen "in erheblichem Umfang" im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG a.F. nicht zu begründen.

Entscheidungstenor

Der Beschluss des Landgerichts Kiel vom 17. September 2003 - 37 Qs OWi 69/03 - und der Beschluss des Amtsgerichts Rendsburg vom 14. Mai 2003 - 17 Gs 222/03 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 13 Absätze 1 und 2 des Grundgesetzes.

Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Kiel zurückverwiesen.

Das Land Schleswig-Holstein hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Anordnung der Durchsuchung seiner Wohn- und Geschäftsräume in einem Ermittlungsverfahren wegen handwerksrechtlicher Verstöße.

I.

Der Beschwerdeführer betreibt seit Januar 1994 ein Gewerbe für "Holz- und Bautenschutz". Eine Eintragung mit einem Handwerk in die Handwerksrolle bestand nicht. Im Januar 2003 wurde der Beschwerdeführer von einem seiner Kunden, bei dem er Isolierungsarbeiten am Dach ausführte, wegen des Verdachts des Betrugs angezeigt. Im weiteren Fortgang des Ermittlungsverfahrens wurde der Betrugsvorwurf jedoch fallen gelassen, und der Beschwerdeführer nur noch wegen handwerksrechtlicher Verstöße verfolgt.

1. Mit angegriffenem Beschluss vom 14. Mai 2003 ordnete das Amtsgericht wegen "des Verdachts eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit in Verbindung mit § 117 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks" die Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Beschwerdeführers an. Es sei zu vermuten, dass die Durchsuchung zur Auffindung von "Beweismitteln, insbesondere Verträgen, Auftragsbestätigungen, Rechnungen, Quittungen, Kontoauszügen und sonstigem allgemeinem Schriftverkehr, sowie Hard- und Software", führen werde. Für das Unternehmen des Beschwerdeführers, das im Vollhandwerk tätig sei, existiere keine Eintragung in der Handwerksrolle. Es existiere lediglich eine Eintragung für "Holz- und Bautenschutz" in der Anlage B der Handwerksrolle für minderhandwerkliche Tätigkeiten. Es bestehe der Verdacht, dass der Beschwerdeführer diversen Vollhandwerken wie dem Wärme-, Kälte-, Schallschutzisolierhandwerk und dem Dachdeckerhandwerk nachgehe.

2. Mit angegriffenem Beschluss vom 17. September 2003 verwarf das Landgericht die von dem Beschwerdeführer gegen den Durchsuchungsbeschluss eingelegte Beschwerde als unbegründet. Der Durchsuchungsbeschluss enthalte die verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Angaben, nämlich den vorgeworfenen Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG und die Umschreibung der ihm vorgeworfenen Tathandlung als Ausübung von diversen Vollhandwerken, ohne mit diesen Handwerken in die Handwerksrolle eingetragen zu sein. Zwar wäre es wünschenswert gewesen, wenn der amtsgerichtliche Beschluss den Anlass für die Durchsuchung - die Ausführung von Arbeiten bei dem Zeugen L. - benannt hätte, notwendig sei dies zur erforderlichen angemessenen Umgrenzung des Grundrechtseingriffs aber nicht. Die aufzufindenden Beweismittel seien genauestens umschrieben. Die Durchsuchungsanordnung sei auch verhältnismäßig. Bei Verstößen gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit handle es sich auch nicht um eine Bagatelle, was bereits aus dem Sanktionsrahmen deutlich werde, der eine Geldbuße von bis zu 100.000 € vorsehe.

II.

Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung seiner Rechte aus Art. 12, Art. 13, Art. 14, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 GG.

Er ist der Auffassung, die Verpflichtung zur Eintragung in die Handwerksrolle sei wegen eines Verstoßes gegen Art. 12 GG verfassungswidrig. Die in dem Gesetz zur Ordnung des Handwerks und dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit enthaltenen Ordnungswidrigkeitstatbestände verstießen gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Der Verstoß gegen eine verfassungswidrige Norm dürfe nicht verfolgt und nicht zum Anlass einer Durchsuchung genommen werden.

Zudem hätten die Gerichte nicht geprüft, ob die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tätigkeiten im Rahmen eines zulässigen unerheblichen Nebenbetriebs im Sinne des § 3 HwO ausgeübt worden seien. Ferner sei zu erwägen gewesen, ob es sich bei den ihm vorgeworfenen handwerklichen Leistungen nicht um ebenfalls zulassungsfreie minderhandwerkliche Tätigkeiten gehandelt habe.

Ein hinreichender Tatverdacht im Hinblick auf eine Ordnungswidrigkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG (Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Februar 1995) habe nicht bestanden. Hierzu sei erforderlich, dass der Betroffene in erheblichem Umfang handwerkliche Dienst- und Werkleistungen erbringt, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein. Der Beschwerdeführer sei aber lediglich auf einer Baustelle angetroffen worden. In diesem Fall komme ein Vorwurf nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG nicht in Betracht. Die Fachgerichte hätten nicht hinreichend zwischen den Tatbeständen des § 117 Abs. 1 HwO (Gesetz zur Ordnung des Handwerks in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1998) und des § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG differenziert. Der Durchsuchungsbeschluss sei zudem viel zu unbestimmt. Er enthalte keinerlei Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs und nenne keine Beweisgründe. Dies lasse eine eigenverantwortliche richterliche Prüfung nicht erkennen und gestatte es dem Beschwerdeführer auch nicht, sich sachgerecht gegen den Deliktsvorwurf zu verteidigen und die Durchsuchung seinerseits zu kontrollieren. Außerdem seien Durchsuchungen zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten grundsätzlich unverhältnismäßig.

Weiter wird die Verletzung europarechtlicher Vorschriften gerügt.

III.

1. Das Ministerium für Justiz, Arbeit und Europa des Landes Schleswig-Holstein hat eine Stellungnahme des Landgerichts Kiel übermittelt. Das Landgericht ist der Auffassung, dass die angegriffene Beschwerdeentscheidung der Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung und dem im Ermittlungsverfahren verfügbaren Erkenntnisstand entsprochen habe. Die Durchsuchung sei gerade Mittel der Kenntniserlangung. Europarechtliche Bezüge des Sachverhalts seien nicht erkennbar.

2. Dem Bundesverfassungsgericht hat der Verwaltungsvorgang vorgelegen.

IV.

Die Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Zu dieser Entscheidung ist die Kammer berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet ist (§ 93c Abs. 1 BVerfGG).

Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG, weil der empfindliche Eingriff einer Durchsuchung vorschnell und auf unzureichender Verdachtsgrundlage angeordnet wurde und der Durchsuchungsbeschluss nicht den aus Art. 13 Abs. 1 GG folgenden Begründungsanforderungen genügt.

1. a) Der gerichtliche Durchsuchungsbeschluss dient auch dazu, die Durchführung der Eingriffsmaßnahme messbar und kontrollierbar zu gestalten (vgl. BVerfGE 20, 162 <224>; 42, 212 <220>; 103, 142 <151>). Dazu muss der Beschluss insbesondere den Tatvorwurf so beschreiben, dass der äußere Rahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist. Dies versetzt den von der Durchsuchung Betroffenen zugleich in den Stand, die Durchsuchung seinerseits zu kontrollieren und etwaigen Ausuferungen im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten von vornherein entgegenzutreten (vgl. BVerfGE 42, 212 <221>; 103, 142 <151 f.>). Um die Durchsuchung rechtsstaatlich zu begrenzen, muss der Richter die aufzuklärende Straftat, wenn auch kurz, doch so genau umschreiben, wie es nach den Umständen des Einzelfalls möglich ist (vgl. BVerfGE 20, 162 <224>; 42, 212 <220 f.>). Der Schutz der Privatsphäre, die auch von übermäßigen Maßnahmen im Rahmen einer an sich zulässigen Durchsuchung betroffen sein kann, darf nicht allein dem Ermessen der mit der Durchführung der Durchsuchung beauftragten Beamten überlassen bleiben (vgl. BVerfGE 42, 212 <220>).

b) Das Gewicht des Eingriffs verlangt als Durchsuchungsvoraussetzung Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen. Ein Verstoß gegen diese Anforderungen liegt vor, wenn sich sachlich zureichende plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht mehr finden lassen (vgl. BVerfGE 44, 353 <371 f.>; 59, 95 <97>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20. April 2004 - 2 BvR 2043/03 u.a. -, NJW 2004, S. 3171 <3172>).

c) Die Durchsuchung bedarf vor allem einer Rechtfertigung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie muss im Blick auf den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zweck Erfolg versprechend sein. Ferner muss gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat erforderlich sein. Schließlich muss der jeweilige Eingriff in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen. Der Richter darf die Durchsuchung nur anordnen, wenn er sich auf Grund eigenverantwortlicher Prüfung der Ermittlungen überzeugt hat, dass die Maßnahme verhältnismäßig ist (vgl. BVerfGE 96, 44 <51>).

Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme differieren nach der Schwere der im Raum stehenden Ordnungswidrigkeit. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit beinhaltet deshalb, dass die jeweilige Rechtsgrundlage der Ordnungswidrigkeit genannt werden muss. Nur so wird erkennbar, welcher Tatvorwurf erhoben wird und mit welcher Sanktion zu rechnen ist.

2. Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen werden die angegriffenen Beschlüsse nicht gerecht.

a) Der Durchsuchungsbeschluss benennt und umschreibt die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat als "Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit in Verbindung mit § 117 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks", und erläutert weiter, der Beschwerdeführer habe diverse Vollhandwerke (Wärme-, Kälte-, Schallschutzisoliererhandwerk, Dachdeckerhandwerk) ausgeübt. Worauf sich diese Annahme stützt, lässt sich weder den angegriffenen Beschlüssen noch den Verwaltungsakten entnehmen. Eine weitere Konkretisierung des Tatvorwurfs, insbesondere hinsichtlich des von den Ermittlungsbehörden angenommenen Tatzeitraums, erfolgt auch nicht durch die Umschreibung der aufzufindenden Beweismittel. Dies wäre aber bei der Suche nach Geschäftsunterlagen zur Begrenzung der Maßnahme erforderlich gewesen. Schließlich enthält der Durchsuchungsbeschluss keine weiteren Angaben zu den dem Tatverdacht zugrunde liegenden Tatsachen. Zwar ist die Angabe von Indiztatsachen, auf die der Verdacht gestützt wird, in einem Durchsuchungsbeschluss nicht in jedem Fall zwingend erforderlich. Dies gilt aber nur, wenn auch auf andere Weise der Begrenzungsfunktion genügt wird. Dies ist hier entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht der Fall.

b) Die Formulierung des angegriffenen Beschlusses lässt befürchten, dass eine hinreichende Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den anordnenden Richter nicht stattgefunden hat. Umfangreiche Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit einer Durchsuchungsmaßnahme sind zwar weder im Durchsuchungsbeschluss noch in der Beschwerdeentscheidung grundsätzlich und stets von Verfassungs wegen geboten. In Anbetracht dessen, dass das Amtsgericht die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat als "Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit in Verbindung mit § 117 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks" bezeichnete, ist davon auszugehen, dass eine differenzierte Verhältnismäßigkeitsprüfung nach der Schwere der Tat nicht stattgefunden hat.

Wenn auch zwischen den vom Amtsgericht in Betracht gezogenen Normen - § 117 Abs. 1 Nr. 1 HwO (in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1998) und § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG (in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Februar 1995) - ein Verhältnis der Gesetzeskonkurrenz in Form eines Qualifikationstatbestandes besteht, so reicht es nicht aus, beide Normen zugleich oder alternativ zu nennen. Denn gemäß § 117 Abs. 1 Nr. 1 HwO (in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1998) handelt ordnungswidrig, wer entgegen § 1 HwO ein Handwerk als stehendes Gewerbe selbständig betreibt, wobei die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 10.000 € geahndet werden kann. Dagegen handelt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG (in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Februar 1995) ordnungswidrig, wer Dienst- oder Werkleistungen in erheblichem Umfang erbringt, indem er ein Handwerk als stehendes Gewerbe selbständig betreibt, ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein. Hier sieht der Gesetzgeber in § 1 Abs. 2 SchwarzArbG einen Bußgeldrahmen von bis zu 100.000 € vor. Angesichts der unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen und Bußgeldhöhen handelt es sich um unterschiedliche Regelungen zu Taten mit einem ebenfalls unterschiedlichen Unrechtsgehalt. Zur Begründung des Tatverdachts bei § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG gehört die Darlegung der Ausführung von Dienst- oder Werkleistungen in erheblichem Umfang. Um diesen Anfangsverdacht verfassungsgemäß begründen zu können, ist erforderlich, dass Feststellungen getroffen werden, die nach einfachem Recht die Anwendung des Qualifikationstatbestands nachvollziehbar machen.

Dies ist hier nicht der Fall. Die einmalige Ausführung von handwerklichen Leistungen vermag einen hinreichenden Anfangsverdacht für die Ausübung von Dienst- oder Werkleistungen "in erheblichem Umfang" im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG nicht zu begründen. Dass die Annahme des "erheblichen Umfangs" im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG hier lediglich auf Vermutungen und nicht auf Tatsachen beruhte, belegt auch die in dem Antrag auf Erlass des Durchsuchungsbeschlusses gewählte Formulierung "Es muss hier gesagt werden, dass Herr B. vermutlich seit mindestens 01.1994 diversen Vollhandwerken ... nachgeht".

3. Auf die Vereinbarkeit des für die Eintragung in die Handwerksrolle in der Regel erforderlichen Befähigungsnachweises für das Handwerk mit dem Grundgesetz kommt es nach alledem ebenso wenig an wie auf die weiteren von dem Beschwerdeführer geltend gemachten Grundrechtsrügen. Denn die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer jedenfalls in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG, so dass der Verfassungsbeschwerde schon aus diesem Grund stattzugeben ist.

V.

Die angegriffenen Beschlüsse sind aufzuheben (§ 95 Abs. 2 BVerfGG). Die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen.

VI.

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

HRRS-Nummer: HRRS 2008 Nr. 586

Bearbeiter: Stephan Schlegel