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HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 1336

Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 6 StR 77/23, Beschluss v. 18.04.2023, HRRS 2023 Nr. 1336


BGH 6 StR 77/23 - Beschluss vom 18. April 2023 (LG Halle)

Gesamtstrafe, Einzelstrafe (Berücksichtigung der psychischen Folgen für das Tatopfer).

§ 46 StGB; § 54 Abs. 1 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 5. Oktober 2022 wird

a) das Verfahren im Fall III.2 der Urteilsgründe eingestellt; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last,

b) das Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und mit Herstellen kinderpornografischer Schriften in zwei Fällen, des Herstellens jugendpornografischer Schriften in 13 Fällen, davon in zwölf Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, und des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in drei Fällen schuldig ist.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und mit Herstellen kinderpornografischer Schriften in drei Fällen, wegen Herstellens jugendpornografischer Schriften in 13 Fällen, davon in zwölf Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, und wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt teilweise zur Einstellung des Verfahrens und hat insoweit im Schuldspruch den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO.

Der Senat stellt das Verfahren im Fall III.2 der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO aus prozessökonomischen Gründen ein, weil sich den Urteilsgründen nicht entnehmen lässt, dass die nackt in der Dusche stehende Nebenklägerin eine unnatürlich geschlechtsbetonte Körperhaltung einnahm (§ 184b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung) oder die Lichtbildaufnahme ihre nackten Genitalien sexuell aufreizend wiedergab (§ 184b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c StGB aF). Der dadurch bedingte Wegfall der Freiheitsstrafe von sechs Monaten lässt den Bestand der Gesamtfreiheitsstrafe unberührt. Angesichts der verbleibenden Freiheitsstrafen - viermal zwei Jahre, fünfmal ein Jahr und sechs Monate, einmal ein Jahr, sechsmal zehn Monate und zweimal sechs Monate - schließt der Senat aus, dass das Landgericht ohne die weggefallene Strafe auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte.

Es gefährdet den Bestand des Strafausspruchs auch nicht, dass das Landgericht die psychischen Folgen für die Nebenklägerin nicht nur bei der Gesamtstrafe, sondern auch bei den Einzelstrafen zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt hat, ohne zugleich festzustellen, dass diese tatsächlich in den jeweiligen Taten wurzeln (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Juli 1993 - 4 StR 316/93, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Tatauswirkungen 7; vom 6. April 2016 - 2 StR 306/15 Rn. 3; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 1207). In Anbetracht der übrigen, rechtsfehlerfreien Strafzumessungserwägungen, insbesondere der tateinheitlichen Verwirklichung von zwei oder drei Straftatbeständen und der Vornahme sexueller Handlungen, die mit dem Eindringen in den Körper verbunden waren, erweisen sich die verhängten Strafen und die daraus gebildete Gesamtstrafe jedenfalls nicht als unangemessen hoch.

HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 1336

Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede