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HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 1337

Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 6 StR 387/23, Beschluss v. 04.10.2023, HRRS 2023 Nr. 1337


BGH 6 StR 387/23 - Beschluss vom 4. Oktober 2023 (LG Stralsund)

Strafzumessung (Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot: Anlastung der Tatbegehung als solche).

§ 46 Abs. 3 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 24. März 2023 im Strafausspruch aufgehoben; die zugehörigen Feststellungen bleiben jedoch aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Strafausspruch hält rechtlicher Überprüfung in zweifacher Hinsicht nicht stand.

Zum einen hat das Landgericht sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der Strafbemessung im engeren Sinne „die Tatausführung selbst“ zum Nachteil des Angeklagten gewertet, „da er ohne erkennbaren Anlass für den Geschädigten, mit dem er kurz zuvor noch freundschaftlich miteinander getrunken hatte, ohne erkennbares Motiv zugestochen hat“. Diese Erwägung lässt besorgen, dass das Landgericht dem Angeklagten entgegen § 46 Abs. 3 StGB die Tatbegehung als solche angelastet hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. November 2008 - 4 StR 196/08 Rn. 6; vom 27. November 2019 - 5 StR 467/19 Rn. 5 f.; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 692 mwN).

Zum anderen ermöglichen die Feststellungen zu den Verurteilungen des Angeklagten vom 24. und 25. Oktober 2022 nicht die revisionsrechtliche Prüfung, ob das Landgericht zu Recht die nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe (§ 55 Abs. 1 StGB) unerörtert gelassen hat.

2. Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die dem Strafausspruch zugrundeliegenden Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO); sie können um ihnen nicht widersprechende ergänzt werden.

HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 1337

Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede