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HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 1329

Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 6 StR 114/23, Beschluss v. 04.10.2023, HRRS 2023 Nr. 1329


BGH 6 StR 114/23 - Beschluss vom 4. Oktober 2023 (LG Schweinfurt)

Verfahrensrüge: Angabe der den Mangel enthaltenden Tatsachen (Rüge des Verstoßes gegen ein Beweisverwertungsverbot: Zeitpunkt der Bestellung eines Pflichtverteidigers, Vernehmungen und Gegenüberstellungen vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers, Vortrag zum Stand der Ermittlungen zum Zeitpunkt der Vernehmungen).

§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO; § 261 StPO; § 68a JGG; § 68b JGG

Entscheidungstenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Schweinfurt vom 27. Oktober 2022 werden als unbegründet verworfen.

Die Beschwerdeführer haben die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen, der Angeklagte K. auch die Kosten seines Rechtsmittels. Es wird davon abgesehen, den Angeklagten Ki. und E. die Kosten ihrer Rechtsmittel aufzuerlegen.

Gründe

Gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO muss der Beschwerdeführer im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darlegen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Dies gilt auch, wenn ein Verstoß gegen ein Beweisverwertungsverbot gerügt wird (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2023 - 6 StR 417/22, NStZ-RR 2023, 284; vom 27. September 2018 - 4 StR 135/18, NStZ-RR 2019, 26; vom 8. August 2018 - 2 StR 131/18, NStZ 2019, 107; jeweils mwN).

Hinsichtlich der Rügen der Verletzung von § 261 StPO i.V.m. § 68a JGG genügt das Revisionsvorbringen der Angeklagten K. und E. diesen Anforderungen schon deshalb nicht, weil zum Stand der Ermittlungen zum Zeitpunkt der Vernehmungen des Angeklagten E. nicht vorgetragen wird. Der Senat konnte daher nicht prüfen, ob die Voraussetzungen von § 68b Nr. 2 JGG vorlagen und eine Vernehmung des Angeklagten E. ausnahmsweise ohne vorherige Pflichtverteidigerbestellung zulässig war. Eine erhebliche Gefährdung eines Strafverfahrens im Sinne von § 68b Nr. 2 JGG kann vorliegen, wenn die Vernichtung von Beweismitteln oder die Beeinflussung von Zeugen droht, sofern nicht sofort die Vernehmung stattfindet (vgl. BT-Drs. 19/13829, 39; Eisenberg/Kölbel, JGG, 24. Aufl., § 68b Rn. 5). Trotz des Ausnahmecharakters von § 68b Nr. 2 JGG war hier eine Prüfung erforderlich, weil sich aus den Urteilsgründen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Ermittlungen durch konkrete Verdunkelungshandlungen der Angeklagten erschwert wurden.

HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 1329

Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede