HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 1264
Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 6 StR 477/21, Beschluss v. 19.10.2021, HRRS 2021 Nr. 1264
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 1. Juni 2021 wird als unbegründet verworfen; jedoch wird das Urteil im Adhäsionsausspruch aufgehoben, soweit die Ersatzpflicht des Angeklagten für künftige immaterielle Schäden der Adhäsionsklägerin festgestellt worden ist; auch insoweit wird von einer Entscheidung abgesehen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels, die insoweit durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und die der Neben- und Adhäsionsklägerin in der Revisionsinstanz erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Das hiergegen gerichtete Rechtsmittel des Angeklagten hat lediglich in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen versagt es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
1. Rechtlich nicht bedenkenfrei hat das Landgericht aus der Aussage des Angeklagten in seiner polizeilichen Vernehmung vom 11. Mai 2018 für diesen nachteilige Schlüsse gezogen. Dort hatte der Angeklagte angegeben, er sei zur Tatzeit nicht am Tatort gewesen und könne sich nicht vorstellen, wie seine DNA an das T-Shirt des Opfers und an einen im Bereich des Tatorts gefundenen Zigarettenstummel gekommen sei (UA S. 17). In einer solchen Erklärung liegt keine Angabe zur Sache, die zulasten des Angeklagten gewertet werden dürfte (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteil vom 2. April 1987 - 4 StR 46/87, BGHSt 34, 324, 325 f.; LR-StPO/Sander, 27. Aufl., § 261 Rn. 121 mit zahlreichen Nachweisen).
Der Fehler hat sich jedoch nicht ausgewirkt (§ 337 Abs. 1 StPO). Denn das Landgericht hat sich die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten tragend aufgrund der von ihm in rechtsfehlerfreier Würdigung als glaubhaft angesehenen Aussage der Nebenklägerin gebildet, die unter anderem im Verletzungsbild und dem psychischen Zustand der Nebenklägerin unmittelbar nach der Tat sowie in weiteren Beweisanzeichen ihre Bestätigung gefunden hat. Eine Aussage-gegen-Aussage-Konstellation hat mit Blick auf die genannten, außerhalb der Aussage der Nebenklägerin liegenden Beweismittel (vgl. LR-StPO/Sander, aaO, § 261 Rn. 107 mwN) hier nicht vorgelegen.
2. Der Feststellungsausspruch betreffend die Ersatzpflicht des Angeklagten für künftige immaterielle Schäden der Adhäsionsklägerin war aufzuheben, weil ein hinreichendes Feststellungsinteresse nicht dargetan ist (vgl. BGH, Beschluss vom 12. November 2019 - 3 StR 436/19, BGHR StPO § 406 Feststellungsurteil 1). Der Senat sieht insoweit in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO von einer Entscheidung ab (§ 406 Abs. 1 Satz 3 StPO).
HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 1264
Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede