Bearbeiter: Rocco Beck
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 536/91, Urteil v. 10.12.1991, HRRS-Datenbank, Rn. X
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 28. März 1991, soweit es ihn betrifft,
1. im Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung dahin geändert, dass der Angeklagte K der Steuerhinterziehung in sieben Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit einer weiteren Steuerhinterziehung, schuldig ist,
2. mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) im Schuldspruch im Fall II 5 der Urteilsgründe (Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage).
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den 50 Fällen II 2 c bb der Urteilsgründe (Lohnsteuerhinterziehungen) und
c) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
II. Die weitergehende Revision wird verworfen.
III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 56 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit einer weiteren Steuerhinterziehung, gemeinschaftlichen Betruges, Urkundenfälschung und Anstiftung zur Falschaussage zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Das Verfahren gegen ihn wegen Umsatzsteuerhinterziehung für 1979 und wegen Lohnsteuerhinterziehung für 1979 bis einschließlich Februar 1981 hat es wegen Verjährung eingestellt. Wegen weiterer Tatvorwürfe hat es den Angeklagten freigesprochen. Die Revision des Angeklagten hat in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Erörterung bedürfen nur die von der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen.
1. Soweit der Angeklagte wegen Anstiftung zur Falschaussage verurteilt wurde, hat die Revision mit einer Verfahrensrüge Erfolg. Sie beanstandet zu Recht, daß der Zeuge S. entgegen einem gesetzlichen Vereidigungsverbot vereidigt worden ist.
Zur Vernehmung und Vereidigung des Zeugen kam es wie folgt:
Der Angeklagte hatte sich nach Einleitung des Steuerermittlungsverfahrens im Jahre 1986 Rechnungsformulare und Quittungsvordrucke der Firmengruppe M. besorgt, die er ausfüllen ließ und selbst mit falschem Namen unterschrieb oder von einer Zeugin mit falschem Namen unterschreiben ließ, um Ausgaben an Subunternehmer vorzutäuschen (UA S. 57 f). Die ausgefüllten Schriftstücke reichte er am 17. April 1986 beim Finanzamt Dortmund-West ein. Da die Echtheit dieser Rechnungen und Quittungen in der Hauptverhandlung bezweifelt wurde, sprach der Angeklagte den Zeugen S. an, ob er bereit sei, zu seinen Gunsten vor Gericht eine falsche Aussage zu machen. Der Zeuge willigte ein und erhielt vom Angeklagten 1000 DM. Der Angeklagte instruierte ihn, Rechnungen und Quittungen der M.- Gruppe in der Hauptverhandlung wiederzuerkennen und auszusagen, daß er von einem Vorarbeiter des Angeklagten das quittierte Geld erhalten habe. Der Angeklagte ließ von seinem gutgläubigen Verteidiger einen entsprechenden Beweisantrag stellen, so daß S. am 15. August, 24. August und 19. September 1990 als Zeuge gehört wurde. Dabei machte er die mit dem Angeklagten besprochenen falschen Angaben. Er blieb nach § 60 Nr. 2 StPO unvereidigt.
Mit Schreiben an das Gericht vom 1. Oktober 1990 gestand der Zeuge die Falschaussage ein, wurde daraufhin am 26. Oktober 1990 erneut geladen und berichtigte seine Aussage. An diesem Tag wurde er vereidigt. Die Anordnung des Vorsitzenden lautete: "Der Zeuge S. soll seine Aussage beschwören. Ein Vereidigungsverbot gemäß § 60 Nr. 2 StPO (Strafvereitelung) besteht nicht, weil die vorherige Zusage einer falschen Aussage nur eine straflose Vorbereitungshandlung, aber keine versuchte oder vollendete Strafvereitelung ist".
Der Zeuge hätte nicht vereidigt werden dürfen, weil er bei seiner zweiten Vernehmung der versuchten Strafvereitelung verdächtig war. Er hatte bei seiner früheren, am 12. September abgeschlossenen Vernehmung bewußt unwahre Angaben gemacht, um den Angeklagten zu entlasten. Damit erfüllte er den Tatbestand der versuchten Strafvereitelung und durfte nach § 60 Nr. 2 StPO auf seine spätere Aussage nicht vereidigt werden (vgl. BGHSt 34, 68, 69 f). Daß der Zeuge am 26. Oktober 1990 eine wahre Aussage gemacht hat, also von der Tat zurückgetreten ist, läßt das Vereidigungsverbot nach § 60 Nr. 2 unberührt (vgl. BGHR StPO § 60 Nr. 2 Tatbeteiligung 3; Pelchen in KK, 2. Aufl., § 60 Rdn. 20).
Es ist nicht auszuschließen, daß die Verurteilung des Angeklagten wegen Anstiftung zur Falschaussage auf diesem Verfahrensfehler beruht. Aus der eigenen Einlassung des Angeklagten folgt zwar, daß er nach Entlastungszeugen gesucht und dem S. 1000 DM gezahlt hat. Die wesentlichen Feststellungen zum eigentlichen Tatgeschehen beruhen aber nur auf der Aussage des Zeugen (UA S. 112 f).
2. Das Landgericht hat zu Unrecht 50 rechtlich selbständige Taten der Lohnsteuerhinterziehung angenommen. Insoweit machte sich der Angeklagte nur einer fortgesetzten Lohnsteuerhinterziehung schuldig.
a) Nach den Feststellungen machte sich der Angeklagte 1978 im Baugewerbe selbständig. Er gründete eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren eigentlicher Inhaber er allein war, und im Jahre 1981 eine GmbH, die die Geschäfte der GbR nahtlos fortführte. Auch an der Bauausführung oder der Art und Weise der Steueranmeldungen änderte sich dadurch nichts.
Der Angeklagte hatte von Anfang an vor, nur einen Teil der beschäftigten Arbeitnehmer bei den Sozialversicherungs- und Unfallversicherungsträgern sowie den Zusatzversorgungskassen und dem Finanzamt anzumelden. Die nichtangemeldeten Arbeitnehmer sollten als Schwarzarbeiter beschäftigt werden (UA S. 13). Für die angemeldeten Arbeitnehmer wurde ein Lohnbuch geführt, das Grundlage für die Abrechnungen war; welcher Arbeitnehmer in das Lohnbuch eingetragen wurde, bestimmte der Angeklagte allein (UA S. 16). Das Verhältnis der angemeldeten Arbeitnehmer zu den erzielten Umsätzen hielt der Angeklagte über den gesamten Anklagezeitraum überwiegend gleich (UA S. 78).
Lohnsteuern wurden nur für die angemeldeten Arbeitnehmer abgeführt. Die Schwarzarbeiter erhielten ihr Entgelt wochenweise voll und ohne Abzüge, brutto = netto, ausgezahlt. In der Zeit von März 1981 bis Oktober 1985 hinterzog der Angeklagte über 1.722.000,-- DM Lohnsteuer.
b) Das Landgericht hat eine fortgesetzte Lohnsteuerhinterziehung verneint, weil der für einen Fortsetzungszusammenhang erforderliche, auf einen Gesamterfolg gerichtete Gesamtvorsatz mangels Vorhersehbarkeit der weiteren Entwicklung nicht gegeben sei. Es hat deshalb jede monatliche Lohnsteueranmeldung nach § 41 a Abs. 2 EStG als rechtlich selbständige Tat gewertet. Diese rechtliche Würdigung trifft nach Auffassung des Senats nicht zu.
aa) Ein Fortsetzungszusammenhang setzt neben den objektiven Erfordernissen - Gleichartigkeit des verletzten Rechtsguts, gleichartige Tatbegehung und enger räumlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Teilstücken des Gesamtgeschehens - einen Gesamtvorsatz voraus, der sämtliche Teile der geplanten Handlungsreihe in den wesentlichen Grundzügen ihrer künftigen Gestaltung umfaßt und den späteren Verlauf zwar nicht in allen Einzelheiten, aber mindestens insoweit vorweg begreift, als das zu verletzende Rechtsgut und sein Träger, ferner Ort, Zeit und ungefähre Art der Tatbegehung in Betracht kommen (BGHSt 37, 45, 47 m.w.N.). Der Entschluß, künftig bei sich bietenden Gelegenheiten beliebig oft Straftaten gleicher Art zu begehen, begründet allein noch keinen Gesamtvorsatz (BGHSt 37, 45, 47; 36, 105, 110; 36, 320, 321; 2, 163, 167; BGHR StGB vor § 1/fortgesetzte Handlung Gesamtvorsatz 30 und 33).
Dieser Gesamtvorsatz muß auf einen Gesamterfolg gerichtet sein (BGHSt 26, 4, 7 f; 16, 124, 128 f; 12, 148, 155 f; BGHR AO § 370 Abs. 1 Gesamtvorsatz 3 und 9) . Wann ein Gesamterfolg vorliegt, läßt sich nicht schematisch beurteilen. Dies hängt von den jeweiligen Gesamtumständen und der besonderen Sachlage ab. Auf einen Gesamterfolg richtet sich der Vorsatz nicht nur dann, wenn das Ergebnis der Gesamttat, etwa im Sinne einer bestimmten Schadenshöhe, von vornherein ins Auge gefaßt wird. Ein Gesamtvorsatz kommt auch in Betracht, wenn der Täter das Ergebnis der Einzelakte nicht in allen Einzelheiten vorhersehen kann und die Dauer seiner Tat nicht von Anfang an bestimmt ist. Voraussetzung ist dabei, daß sich der Täter bei seinen Manipulationen nicht jeweils neu auf die Verhältnisse eingestellt hat (BGHSt 37, 45, 47; 36, 320, 321; BGHR StGB vor § 1/fortgesetzte Handlung Gesamtvorsatz 25; BGH Urteil vom 10. Mai 1990 - 4 StR 680/89 - S. 8). Er muß sein weiteres Verhalten in den wesentlichen Punkten so in seine Vorstellung aufgenommen haben, daß die Höhe des Schadens für einen überschaubaren Zeitraum bestimmbar ist. In Fällen der Steuerhinterziehung bedeutet dies, daß die Steuern, die der Täter hinterziehen will, nach Höhe und Zeiträumen ungefähr abzuschätzen sind (BGHR AO § 370 Abs. 1 Gesamtvorsatz 9, in BGHSt 37, 266 nicht abgedruckt; BGH NStZ 1991, 541). Denn der Tatentschluß muß nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (so schon BGHSt 12, 148, 155 f im Anschluß an das Reichsgericht) den späteren Ablauf der einzelnen Teilakte nicht in allen Einzelheiten umfassen, sondern nur die ungefähre Begehungsart vorweg begreifen; einer Begrenzung der beabsichtigten Tatdauer und der Zahl der Einzelakte bedarf es nicht (vgl. BGHSt 26, 4, 7 f; 16, 124, 128 f; 12, 148, 155 f; BGHR AO § 370 Abs. 1 Gesamtvorsatz 6 m.w.N.).
Dementsprechend haben auch in jüngerer Zeit verschiedene Senate des Bundesgerichtshofs eine fortgesetzte Handlung bejaht, obwohl der Gesamterfolg der Tat nicht von Anfang an feststand (BGHR StGB vor § 1/fortgesetzte Handlung Gesamtvorsatz 16 ( - 1 StR 203/89 - Lieferantenbetrug) und 28 ( - 1 StR 538/89 - Angestelltenbestechlichkeit); Urteil des 2. Senats vom 17. Juli 1991 - 2 StR 627/90 (Abfallablagerung); BGHR AO § 370 Abs. 1 Gesamtvorsatz 6 ( - 3 StR 24/89 - Umsatzsteuerhinterziehung) und 9 ( - 3 StR 90/90 - Einkommensteuerhinterziehung); BGH NStZ 1991, 541 ( - 5 StR 113/91 - institutionalisierte Umsatzsteuerhinterziehung); BGH, Beschluß vom 24. Juli 1991 - 5 StR 184/91 - (institutionalisierte Umsatz-, Gewerbe- und Einkommensteuerhinterziehung); BGH, Beschluß vom 17. September 1991 - 5 StR 362/91 - (Umsatzsteuerhinterziehung, Lohnsteuerhinterziehung und Beitragsbetrug)).
Soweit Entscheidungen des 4. Senats des Bundesgerichtshofs, in denen eine fortgesetzte Handlung verneint wurde (vgl. BGHR StGB vor § 1/fortgesetzte Handlung Gesamtvorsatz 18, 19 bis 22, 29), auf das Kriterium des Gesamterfolges allgemein hinweisen, ist nicht zum Ausdruck gebracht, daß an eine Abkehr vom Begriff des Gesamterfolges, wie ihn der Senat im Einklang mit der früheren Rechtsprechung versteht, gedacht war.
bb) Hier unterliegt es keinem Zweifel, daß die von der Rechtsprechung für einen Gesamtvorsatz geforderte Kenntnis von dem zu verletzenden Rechtsgut und seinem Träger sowie Ort und Zeit der Tatbegehung vorlag.
Der Erörterung bedarf nur, ob, wie die Strafkammer verneint hat, sich der Gesamtvorsatz auch auf einen Gesamterfolg erstreckte. Nach den aufgezeigten Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dies der Fall.
Der Gesamtvorsatz des Angeklagten erstreckte sich seit Gründung der ersten Firma darauf, die Finanzbehörden über die Zahl der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer zu täuschen, so daß die Bezüge der Schwarzarbeiter nicht der Lohnsteuer unterworfen würden. In dem Bestreben, dieses Ziel zu erreichen, umfaßte sein Vorsatz die geplante Handlungsreihe in den wesentlichen Grundzügen ihrer künftigen Gestaltung. Der Angeklagte hatte von Anfang an vor, umsatzabhängig nur einen bestimmten Anteil der von ihm gezahlten Löhne zu versteuern. Sein Vorsatz erschöpfte sich also nicht nur in einer allgemeinen Vorstellung, je nach Entwicklung und Art seiner Umsätze und der Arbeitnehmerzahl unrichtige Steuererklärungen abzugeben. Daß der Angeklagte den Umfang seiner Umsätze und damit die Anzahl der von ihm beschäftigten Schwarzarbeiter nicht in Einzelheiten vorhersehen konnte und daß die Dauer seines steuerunehrlichen Verhaltens nicht von Anfang an bestimmt war, steht, wie ausgeführt, der Annahme eines Gesamtvorsatzes nicht entgegen. Insoweit waren sämtliche ab März 1981 abgegebenen Lohnsteueranmeldungen vom Gesamtvorsatz abgedeckt.
Der Senat kann, der Anregung der Revision folgend, den Schuldspruch ändern. Es erscheint ausgeschlossen, daß sich der Angeklagte gegenüber dem Vorwurf, die Lohnsteuerhinterziehungen durch eine Tat im Rechtssinne begangen zu haben, anders als geschehen hätte verteidigen können. Diese Änderung bedingt die Aufhebung der in den 50 Fällen festgesetzten Einzelstrafen.
3. Keinen Erfolg hat die Revision, soweit sie beanstandet, daß das Landgericht das Verfahren wegen Umsatzsteuerhinterziehung für das Jahr 1980 nicht wegen Verjährung eingestellt hat.
a) Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte von Anfang an vor, nur einen Teil der erzielten Umsätze gegenüber dem Finanzamt anzugeben, um die entsprechenden Umsatzsteuern für sich zu behalten. Für 1979 und 1980 gab der Angeklagte Umsatzsteuervoranmeldungen ab, in denen er den grÖßten Teil seines Umsatzes verschwieg. Er hinterzog auf diese Weise 1979 487.930,24 DM Umsatzsteuer (UA S. 21) und 1980 766.286,38 DM (UA S. 23). Die letzte Voranmeldung für Dezember 1980 wurde am 10. Februar 1981 abgegeben. Umsatzsteuerjahreserklärungen gab der Angeklagte für 1979 und 1980 nicht ab. In den späteren Jahren änderte der Angeklagte sein Vorgehen. 1981 und 1982 gab er sowohl falsche Voranmeldungen als auch inhaltlich nicht mit den Voranmeldungen übereinstimmende falsche Umsatzsteuerjahreserklärungen ab. 1983 gab er zwar Voranmeldungen, aber keine Umsatzsteuerjahreserklärung ab, 1984 gab er in der Jahreserklärung zwar richtige Umsätze an, machte aber unberechtigt Vorsteuern geltend.
Die Strafkammer hat die Umsatzsteuerhinterziehungen für jedes Kalenderjahr als eine fortgesetzte Handlung angesehen.
b) Der Einwand der Revision ginge schon fehl, wenn auch in den Fällen der Umsatzsteuerhinterziehung eine fortgesetzte Handlung anzunehmen wäre. Indes hat das Landgericht hier zu Recht eine fortgesetzte Handlung nur für die Umsatzsteuerhinterziehung jeweils eines Kalenderjahres angenommen. Der Angeklagte war nicht von Anfang an entschlossen, immer nur einen bestimmten Teil seiner Umsätze anzugeben; vielmehr hat er sich von Jahr zu Jahr vorbehalten, die Umsatzzahlen mit der Jahreserklärung zu korrigieren oder auf andere Weise Umsatzsteuern zu hinterziehen (vgl. BGHSt 37, 45, 47).
c) Aber auch bei Annahme von Tatmehrheit zwischen den Umsatzsteuerhinterziehungen für die einzelnen Kalenderjahre ist die Umsatzsteuerhinterziehung 1980 nicht verjährt. Die Verjährung beginnt nach § 78 a StGB mit Beendigung der Tat. Bei der Steuerhinterziehung ist die Tat in der Regel mit der unrichtigen Steuerfestsetzung beendet. Dies gilt bei der Umsatzsteuer entsprechend; hier steht die Steueranmeldung durch den Unternehmer einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 Satz 1 AO).
Dementsprechend hat die Rechtsprechung entschieden, daß bei Abgabe von Voranmeldungen und Jahreserklärung die Umsatzsteuerhinterziehung mit der Abgabe der Jahreserklärung beendet ist, es sei denn - und dann läge der Zeitpunkt der Beendigung noch später -, daß die Steueranmeldung zu einer Steuerherabsetzung oder Steuervergütung führt (BGHR AO § 370 Verjährung 2).
Auch wenn weder Voranmeldungen noch eine Jahreserklärung abgegeben werden, ist die Tat mit dem Fristablauf für die Jahreserklärung beendet (BGHR AO § 370 Verjährung 3).
Der hier gegebene Fall, daß zwar Voranmeldungen, aber keine Jahreserklärung vorliegen, ist bisher noch nicht entschieden worden (vgl. BGHR AO § 370 Verjährung 4). Wäre die Umsatzsteuerhinterziehung für 1980, wie die Revision meint, mit der Abgabe der letzten Voranmeldung (10. Februar 1981) beendet, wäre die Tat wegen Ablaufs des Doppelten der gesetzlichen Verjährungsfrist verjährt (§ 78 c Abs. 3 Satz 2 StGB). Indes ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beendigung der Tat auch hier das Verstreichen des Fristablaufs für die Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung:
Steuern sind verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO). Bei der Umsatzsteuer ist neben den monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen eine Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben (§ 18 Abs. 1 und 3 UStG). Beide Arten von Umsatzsteuererklärungen stehen in ihrer Wirkung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 Satz 1 AO; Koch AO 3. Aufl. § 150 Rdn. 3; Trzaskalik in Hübschmann/Hepp/Spitaler AO 9. Aufl. § 150 Rdn. 13). Die Abgabe falscher Voranmeldungen führt zu einer Steuerverkürzung auf Zeit; die Abgabe einer falschen Jahreserklärung bewirkt die endgültige Steuerverkürzung. Zwar beziehen sich die Voranmeldungen und die Jahreserklärung auf dieselbe Steuer; der Schaden ist aber anderer Art. Deshalb ist anerkannt, daß keine straflose Nachtat vorliegt, wenn in der Jahreserklärung nur die Angaben aus den unrichtigen Voranmeldungen wiederholt werden (vgl. Kohlmann AO 1977 § 370 Rdn. 146.3; Hübner in Hübschmann/Hepp/Spitaler AO 9. Aufl. § 370 Rdn. 78; Schuhmann in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist UStG 6. Aufl. § 18 Rdn. 326; BGH NStZ 1982, 335). Nichts anderes gilt, wenn nach unterlassenen oder unrichtigen Voranmeldungen keine Jahreserklärung abgegeben wird.
Ob zwischen der Umsatzsteuerhinterziehung durch eine falsche Voranmeldung und der Umsatzsteuerhinterziehung durch eine falsche oder fehlende Jahreserklärung Tatmehrheit vorliegt oder ob ein Fortsetzungszusammenhang besteht, hängt nach den für die fortgesetzte Handlung geltenden Grundsätzen von den Vorstellungen des Täters ab.
Da der Angeklagte hier in der Hoffnung gehandelt hat, das Finanzamt werde sich mit den unrichtigen Voranmeldungen zufriedengeben (UA S. 23), hat das Landgericht die Umsatzsteuerhinterziehungen für das Jahr 1980 zu Recht als fortgesetzte Handlung angesehen. Diese war mit Ablauf der Frist zur Abgabe der Jahreserklärung am 31. Mai 1981 beendet und deshalb zum Zeitpunkt des Urteilserlasses nicht verjährt.
Externe Fundstellen: BGHSt 38, 165; NJW 1992, 1054; NStZ 1992, 189; StV 1992, 373
Bearbeiter: Rocco Beck