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HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1058

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 235/24, Beschluss v. 31.07.2024, HRRS 2024 Nr. 1058


BGH 5 StR 235/24 - Beschluss vom 31. Juli 2024 (LG Görlitz)

Strafzumessung bei Diebstahl und Hehlerei (objektiver Verkehrswert der Tatbeute zum Tatzeitpunkt als Strafzumessungskriterium).

§ 46 StGB; § 242 StGB; § 259 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 19. Dezember 2023 im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen zum Wert der gestohlenen und gehehlten Gegenstände mit Ausnahme derjenigen im Fall II.8 der Urteilsgründe aufgehoben.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen Diebstahls in drei Fällen und versuchten Diebstahls unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Görlitz vom 30. Juni 2022 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es gegen ihn wegen Diebstahls in 19 Fällen, wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in zwei Fällen und gewerbsmäßiger Bandenhehlerei in einem Fall eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verhängt. Zudem hat es gegen ihn die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 28.754,50 Euro angeordnet und ausgesprochen, dass der Angeklagte für verschiedene Teilbeträge als Gesamtschuldner haftet. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Strafausspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

Das Landgericht hat zur Bestimmung des Erfolgsunwerts der Taten für sich genommen rechtsfehlerfrei auf den Wert der gestohlenen und gehehlten Gegenstände abgestellt. Indessen hat es außer Betracht gelassen, dass allein deren objektiver Verkehrswert zum Zeitpunkt der Taten taugliches Strafzumessungskriterium ist (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Juli 2019 - 5 StR 130/19, Rn. 4; BGH, Beschluss vom 10. Januar 2023 - 1 StR 358/22, Rn. 4). Danach war das Landgericht gehindert, in den Fällen 1, 3, 4, 7, 11, 16, 18-22, 24 und 25 der Urteilsgründe seiner Wertbemessung die in der Vergangenheit gezahlten Ankaufpreise zugrunde zu legen, ohne Feststellungen dazu zu treffen, ob der - unter anderem von Alter und Zustand abhängige - Verkehrswert der Fahrräder im Entwendungszeitpunkt ihrem Neuwert entsprach. Soweit die Strafkammer in den Fällen 2, 5, 6, 15 und 17 Schadensbeträge ansetzt, die sich aus den in die Hauptverhandlung eingeführten Versicherungsabrechnungen und polizeilichen Vermerken ergeben, ist der jeweilige Bewertungsansatz nicht erkennbar; er entzieht sich damit einer Überprüfung durch den Senat. Gleiches gilt für die Fälle 9, 10, 12-14, 23 und 26, bei denen das Landgericht schon einen Beleg für die angenommenen Gegenstandswerte schuldig geblieben ist.

Dem kann sich der Senat nicht verschließen. Zutreffend weist der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift auch darauf hin, dass das Landgericht die Einzelstrafen ersichtlich anhand der Höhe der eingetretenen Schäden gestaffelt hat. Daher vermag der Senat nicht auszuschließen, dass die Strafkammer bei Zugrundelegung der Verkehrswerte der betroffenen Fahrräder zu niedrigeren Strafen gelangt wäre. Er hebt sämtliche Einzelstrafen auf, um dem neuen Tatgericht eine in sich stimmige Strafbemessung zu ermöglichen, dies auch im Fall II.3 der Urteilsgründe, in dem der Angeklagte bei einem versuchten Diebstahl keine Beute erlangte, sowie im Fall II.8 der Urteilsgründe, in welchem rechtsfehlerfrei der Zeitwert zugrunde gelegt wurde. Im zuletzt genannten Fall können daher auch die Feststellungen zum Wert des entwendeten Stehlguts Bestand haben, im Übrigen bedingt der Rechtsfehler deren Aufhebung (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzungen der bestehen bleibenden Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen. Der Wegfall der Einzelstrafen entzieht dem Gesamtstrafenausspruch die Basis.

2. Der angeordneten Einziehung nach §§ 73, 73c StGB liegt ebenfalls die fehlerhafte Bestimmung des Wertes der erlangten Tatbeute zugrunde (zur Maßgeblichkeit des Verkehrswerts vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2020 - 6 StR 386/20); sie kann daher keinen Bestand haben. Wie durch die bislang tätige Strafkammer - soweit ersichtlich - im Grundsatz bereits beachtet wurde, wird auch das neue Tatgericht bei der Bestimmung des Einziehungsbetrags zu berücksichtigen haben, dass die Einziehung nach § 73e Abs. 1 StGB ausgeschlossen ist, soweit sichergestellte Fahrräder oder Fahrradteile an die jeweiligen Geschädigten zurückgelangt sind.

HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1058

Bearbeiter: Christian Becker