HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 492
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 602/23, Beschluss v. 13.02.2024, HRRS 2024 Nr. 492
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 28. Juni 2023
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall II.8 der Urteilsgründe wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt ist,
b) in der Urteilsformel dahin klargestellt, dass der Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechzehn Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen schuldig ist, und
c) im Ausspruch über die Einziehung dahin geändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 68.500 Euro angeordnet ist; die weitergehende Einziehungsanordnung (Fall II.10 der Urteilsgründe) entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünfzehn Fällen (Fälle II.1 bis II.7, II.9 bis II.11, II.13 bis II.15, II.17 und II.18 der Urteilsgründe) und wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen (Fälle II.8, II.12 und II.16 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und vier Monaten verurteilt. Die mit der Sachrüge geführte und auf die Rechtsfolgenentscheidung beschränkte Revision des Angeklagten führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs und der Einziehungsentscheidung. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Das Landgericht hat im Fall II.8 der Urteilsgründe festgestellt, dass der Angeklagte am 15. April 2020 ein Kilogramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 75 % Kokainhydrochlorid gewinnbringend für 35.500 Euro an einen Dritten verkaufte. Das Kokain hatte er einige Tage zuvor bei seinem Lieferanten erworben, zwischen dem und dem Dritten er zeitgleich den Verkauf von 1.978 kg Methamphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 70 % Methamphetaminbase vermittelt hatte. Der Angeklagte führte die Kommunikation zwischen den Kaufvertragsparteien und koordinierte die Übergabe. Er handelte aus Gefälligkeit und erlangte insoweit keinen materiellen Vorteil.
2. In den Urteilsgründen hat das Landgericht auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen die Tat II.8 rechtlich zutreffend als Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG; § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG iVm § 27 StGB) bewertet. Nach dem Tenor des Urteils hat es den Angeklagten aber allein wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Bei der Strafzumessung hat das Landgericht die Strafe aus dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG entnommen, wobei es nach Abwägung aller Gesichtspunkte einen minder schweren Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG verneint hat.
3. Der sich aufgrund der Abweichung von Tenor und Urteilsgründen ergebende Widerspruch ist auf die Sachrüge hin vom Senat zu berücksichtigen und der Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO abzuändern (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2020 - 5 StR 189/20, NStZ-RR 2020, 357).
Die erklärte Beschränkung der Revision steht dem nicht entgegen, da diese insoweit unwirksam ist. Zwar darf das Revisionsgericht grundsätzlich diejenigen Entscheidungsteile nicht nachprüfen, deren Überprüfung von keiner Seite begehrt wird (BGH, Beschluss vom 14. Februar 2023 - 5 StR 34/23 mwN). Dies gilt jedoch nur dann, wenn der nach dem Willen des Rechtsmittelführers allein angefochtene Entscheidungsteil losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbständig geprüft und beurteilt werden kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. November 2023 - 4 StR 347/23, NStZ-RR 2024, 48; vom 27. April 2017 - 4 StR 547/16, 3 4 5 BGHSt 62, 155, 161 mwN). Dies ist hier bezogen auf den Schuldspruch im Fall II.8 der Urteilsgründe nicht der Fall, da dieser mit den im Urteil getroffenen Feststellungen nicht im Einklang steht und mithin keine ausreichende Grundlage für die Strafzumessung darstellt.
Das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 StPO hindert die Verschärfung des Schuldspruchs nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2020 - 5 StR 189/20, NStZ-RR 2020, 357 mwN). Die Vorschrift des § 265 StPO steht ebenfalls nicht entgegen, weil die Tat so angeklagt war und sich der insoweit geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
Die Einziehungsentscheidung im Fall II.10 der Urteilsgründe hat keinen Bestand, da nicht festgestellt ist, dass der Angeklagte das für 900 Euro erworbene Haschisch tatsächlich weiterveräußerte und in dieser Höhe einen Erlös im Sinne des § 73 Abs. 1, § 73c StGB erlangte. Da nicht zu erwarten ist, dass ein neues Tatgericht in dieser Hinsicht nähere Feststellungen treffen können wird, vermindert der Senat den einzuziehenden Wert der Taterträge um den genannten Betrag.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Angesichts des nur geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten des Rechtsmittels zu belasten.
HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 492
Bearbeiter: Christian Becker