HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 229
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 545/23, Beschluss v. 02.01.2024, HRRS 2024 Nr. 229
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 14. August 2023 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz durch unerlaubtes Handeltreiben mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, und in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Handeltreiben mit einem neuen psychoaktiven Stoff zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Zudem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge hin zur Aufhebung der Unterbringungsentscheidung; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Der Senat hat seiner Entscheidung gemäß § 354a StPO die zum 1. Oktober 2023 in Kraft getretene Neufassung des § 64 StGB (BGBl. 2023 I Nr. 203) zugrunde zu legen. Die dort normierten und nach § 2 Abs. 6 StGB auch für Altfälle geltenden Voraussetzungen für die Unterbringung in einer Einziehungsanstalt werden durch das Urteil nicht hinreichend belegt. Das gilt namentlich für den erforderlichen symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Substanzkonsum des Täters und der Begehung von Straftaten - die Anlasstat muss nun „überwiegend“ auf den Hang zurückgehen, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Nach dem Willen des Gesetzgebers reicht eine bloße Mitursächlichkeit des Hangs für die Tat nur noch dann aus, wenn sie andere Ursachen quantitativ überwiegt. Das Vorliegen dieses Kausalzusammenhangs ist durch das Tatgericht - gegebenenfalls unter sachverständiger Beratung - positiv festzustellen (BT-Drucks. 20/5913 S. 69 f.; vgl. hierzu bereits BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2023 - 5 StR 246/23; vom 7. November 2023 - 5 StR 345/23).
Bei seiner vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens getroffenen Entscheidung hat das Landgericht diesen strengeren Anordnungsmaßstab nicht vor Augen gehabt. Es hat festgestellt, dass der zuletzt erwerbslose Angeklagte durch die abgeurteilte Tat seinen Lebensstil finanzieren wollte und er die aus den Drogengeschäften erwarteten Erlöse auch zur Absicherung seines nicht unerheblichen Eigenkonsums von Kokain benötigte. Damit ist zwar eine - zum Urteilszeitpunkt für die Unterbringung ausreichende - Mitursächlichkeit seines erheblichen Konsums für die Straftat des Angeklagten belegt, jedoch fehlt eine Aussage zu der nunmehr entscheidenden Frage, inwieweit letzterer die überwiegende Ursache für die verfahrensgegenständliche Tat war.
Die Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bedarf somit erneuter Prüfung und Entscheidung. Der Senat hebt die zugehörigen Feststellungen auf, um dem Tatgericht widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen.
HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 229
Bearbeiter: Christian Becker