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HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 991

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 51/23, Beschluss v. 20.06.2023, HRRS 2023 Nr. 991


BGH 5 StR 51/23 - Beschluss vom 20. Juni 2023 (LG Hamburg)

Aufklärungsrüge bei unzureichender Ausschöpfung des Sachverständigenbeweises.

§ 78 StPO; § 80 StPO; § 244 Abs. 2 StPO; § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

In welchem Umfang ein Sachverständiger der Beweisaufnahme beiwohnt, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Will der Beschwerdeführer rügen, dass der Sachverständige nur bei einem Teil der Beweisaufnahme anwesend war, muss er eine zulässige Aufklärungsrüge nach § 244 Abs. 2 StPO erheben.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 4. Oktober 2022 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Der Senat bemerkt ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts:

Die Verfahrensbeanstandung, mit der die Revision einen „Verstoß gegen §§ 72 ff. StPO“ rügt, ist schon unzulässig, weil sie nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entspricht.

Der Beschwerdeführer hat beanstandet, dass der vom Gericht zur Frage der Schuldfähigkeit herangezogene psychiatrische Sachverständige nicht bei sämtlichen Zeugenvernehmungen in der Hauptverhandlung anwesend gewesen sei. In welchem Umfang ein Sachverständiger der Beweisaufnahme beiwohnt, steht indes im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Will der Beschwerdeführer rügen, dass der Sachverständige nur bei einem Teil der Beweisaufnahme anwesend war, muss er daher eine zulässige Aufklärungsrüge nach § 244 Abs. 2 StPO erheben (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 1951 - 1 StR 530/51, BGHSt 2, 25, 27 f.; vom 22. Juli 1964 - 2 StR 247/64, BGHSt 19, 367, 370 f.; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 80 Rn. 5 f.; MüKoStPO/Trück, 2. Aufl., § 80 Rn. 14, 16).

Den an die Zulässigkeit einer Rüge der Verletzung des § 244 Abs. 2 StPO zu stellenden Anforderungen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14. Dezember 2022 - 6 StR 338/22, NStZ-RR 2023, 81 mwN) ist der Beschwerdeführer nicht gerecht geworden. Er hat weder vorgetragen, welchen Vernehmungen der Sachverständige beigewohnt, noch an welchen er nicht teilgenommen hat. Zudem hat er nicht mitgeteilt, zu welchen Themen die betreffenden Zeugen ausgesagt haben. Darüber hinaus hätte der Beschwerdeführer vortragen müssen, ob das Gericht den Sachverständigen vom Inhalt in seiner Abwesenheit erhobener Beweise unterrichtet hat. Ohne diese Informationen kann der Senat aber nicht überprüfen, ob sich das Gericht dazu gedrängt hätte sehen müssen, für die Anwesenheit des Sachverständigen bei weiteren Zeugenvernehmungen Sorge zu tragen.

HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 991

Bearbeiter: Christian Becker