HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 224
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 493/23, Beschluss v. 02.01.2024, HRRS 2024 Nr. 224
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 27. Juli 2023
im Strafausspruch dahin ergänzt, dass die vom Angeklagten in diesem Verfahren in Belgien erlittene Freiheitsentziehung im Maßstab 1:1 auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wird, und
im Ausspruch über die Einziehung dahin ergänzt, dass der Angeklagte als Gesamtschuldner haftet. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 568 Euro angeordnet. Dagegen richtet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel führt zu den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Ergänzungen des Urteilstenors; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch, zur Festsetzung der Freiheitsstrafe und zur Einziehungsanordnung dem Grunde und der Höhe nach keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
2. Der Strafausspruch war aber gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB um die vom Landgericht unterlassene Bestimmung des Anrechnungsmaßstabes für die vom Angeklagten in dieser Sache in Belgien erlittene Auslieferungshaft zu ergänzen.
Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte in Belgien aufgrund des in dieser Sache erlassenen (europäischen) Haftbefehls sowie aufgrund eines weiteren vom Amtsgericht Hamburg wegen des Vorwurfs einer in Hamburg im Juli 2005 begangenen Vergewaltigung erlassenen Haftbefehls festgenommen worden war, bevor er nach Deutschland ausgeliefert wurde. Die in Belgien erlittene Auslieferungshaft ist deshalb anzurechnen.
Dies gilt selbst dann, wenn - wie hier ausweislich der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft - der Angeklagte in Belgien (vorrangig) wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung in Haft genommen worden sein sollte. Denn eine Anrechnung ist auch vorzunehmen, wenn eine sogenannte funktionale Verfahrenseinheit besteht, also dann, wenn sich eine formal verfahrensfremde vorläufige Freiheitsentziehung auf ein anderes Verfahren verfahrensnützlich ausgewirkt hat. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn in dem Verfahren, das später zu einer Verurteilung führt, Haftbefehl erlassen worden war, der aber nicht vollzogen, sondern für den Überhaft notiert wurde, weil in dem anderen Verfahren gegen denselben Beschuldigten bereits ein Haftbefehl vollstreckt wurde (BGH, Beschluss vom 26. Juni 1997 - StB 30/96, BGHSt 43, 112, 120). So verhält es sich hier.
3. Die Einziehungsanordnung war zur Vermeidung jeder Beschwer dahin zu ergänzen, dass der Angeklagte als Gesamtschuldner (mit seinen Mittätern) haftet, weil die Strafkammer festgestellt hat, dass der Angeklagte und seine Mittäter den erbeuteten Bargeldbetrag erlangten.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Der geringfügige Erfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten insgesamt mit den Kosten seines Rechtsmittels zu belasten.
HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 224
Bearbeiter: Christian Becker