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HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1243

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 435/23, Beschluss v. 15.08.2024, HRRS 2024 Nr. 1243


BGH 5 StR 435/23 - Beschluss vom 15. August 2024 (LG Itzehoe)

Änderung der Einziehungsentscheidung durch das Revisionsgericht.

§ 354 Abs. 1 StPO; § 73 StGB

Entscheidungstenor

Dem Angeklagten C. wird auf seinen Antrag und seine Kosten Wiedereinsetzung in den Stand vor Ablauf der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 31. Mai 2022 gewährt. Damit ist der Beschluss des Landgerichts Itzehoe vom 6. Juni 2023, mit dem es die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen hat, gegenstandslos.

Die Revisionen der Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil werden mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen

gegen den Angeklagten C. in Höhe von 73.709,45 Euro, davon in Höhe von 14.915,50 Euro als Gesamtschuldner,

gegen die Angeklagte W. in Höhe von 9.176,14 Euro, davon in Höhe von 6.780,71 Euro als Gesamtschuldnerin, sowie

gegen die Angeklagte Wa. in Höhe von 8.134,79 Euro als Gesamtschuldnerin angeordnet wird und die weitergehenden Einziehungen entfallen.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat - jeweils unter Freispruch im Übrigen - den Angeklagten C. wegen Betrugs in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten, die Angeklagte W. wegen Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten und die Angeklagte Wa. wegen Betrugs und Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der gegen die Angeklagten W. und Wa. verhängten Gesamtfreiheitsstrafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Es hat zudem die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 79.357,60 Euro gegen den Angeklagten C., in Höhe von 11.589,14 Euro gegen die Angeklagte W. und in Höhe von 8.358,70 Euro gegen die Angeklagte Wa. angeordnet. Hiergegen richten sich die Angeklagten mit ihren auf die Verletzung sachlichen Rechts, durch die Angeklagten C. und Wa. zudem auf Verfahrensbeanstandungen gestützten Revisionen. Der Angeklagte C. hat ferner die Wiedereinsetzung in die Revisionsbegründungsfrist beantragt. Die Rechtsmittel haben nach Gewährung der begehrten Wiedereinsetzung den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Dem Angeklagten C. ist dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision zu gewähren, da er die Säumnis seines Verteidigers nicht zu verschulden hat (§ 44 Satz 1, §§ 45, 46 Abs. 1 StPO).

2. Die Verfahrensrügen sind aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts aufgezeigten Gründen unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

3. Die umfassende materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils auf die Sachrügen hin deckt Rechtsfehler lediglich betreffend die Einziehungsentscheidungen auf. Die deshalb erforderlichen Änderungen kann der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst vornehmen.

a) Die gegen den Angeklagten C. im Fall 2 der Urteilsgründe nach §§ 73, 73c StGB angeordnete Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 7.145,44 Euro ist um 3.252,72 Euro herabzusetzen. Zutreffend weist der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift insoweit darauf hin, dass der Angeklagte durch seine Betrugstat nach den Urteilsfeststellungen lediglich Versicherungsleistungen im Wert von 3.892,72 Euro erlangte.

b) Die gegen den Angeklagten im Fall 19 getroffene Anordnung in Höhe von 2.395,43 Euro hat zu entfallen. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass er durch die Tat Versicherungsleistungen im Wert von 4.808,43 Euro erlangte, und hat hiervon seine zur Schadenswiedergutmachung an das Versicherungsunternehmen im Vergleichswege geleistete Zahlung in Höhe von 2.413 Euro in Anwendung des § 73e Abs. 1 Satz 1 StGB abgezogen. Wie sich jedoch aus den Urteilsausführungen zur Anwendbarkeit des § 46a Nr. 2 StGB ergibt, führte die Erfüllung des Vergleichs zur vollständigen Abgeltung des Anspruchs der Verletzten gegen den Angeklagten, so dass eine Einziehung gemäß § 73e Abs. 1 Satz 1 StGB insgesamt ausgeschlossen ist.

c) Für die Angeklagte W., die nach den Urteilsfeststellungen Mittäterin des Angeklagten im Fall 19 war und die Versicherungsleistungen ebenfalls erlangte, ist die angeordnete Wertersatzeinziehung in Höhe von 4.808,43 Euro gemäß § 73e Abs. 1 Satz 1 StGB um 2.413 Euro zu reduzieren. In dieser Höhe ist durch die Zahlung des als Gesamtschuldner haftenden Angeklagten auch der gegen sie gerichtete Anspruch der Verletzten erloschen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2020 - 2 StR 582/18 Rn. 7, BGHR StGB § 73e Abs. 1 Verletzter 1).

Eine weitergehende Reduzierung des Einziehungsbetrages kommt bei ihr nicht in Betracht. Dass die Zahlung des Angeklagten wegen des von ihm mit der Verletzten geschlossenen Vergleichs ausnahmsweise (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2011 - VII ZR 7/11, BGHZ 192, 182 Rn. 21 mwN) Gesamtwirkung zugunsten der Angeklagten entfaltet hätte, belegen die Feststellungen nicht.

d) Die gegen die Angeklagte Wa. wegen des Ladendiebstahls im Fall 28 angeordnete Wertersatzeinziehung in Höhe von 223,91 Euro hat zu entfallen. Das Stehlgut konnte ausweislich der Beweiswürdigung durch einen Mitarbeiter des Geschäfts bei einem der Mittäter vor Ort sichergestellt werden.

e) In der verbleibenden Höhe sind die Einziehungsaussprüche um Gesamtschuldanordnungen zu ergänzen, soweit der Angeklagte C. die Versicherungsleistungen im Fall 6 mit der Angeklagten W. und im Fall 22 mit der Angeklagten Wa. erlangt hat.

4. Der lediglich geringfügige Erfolg der Rechtsmittel lässt es nicht unbillig erscheinen, die Angeklagten jeweils mit den gesamten Kosten zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1243

Bearbeiter: Christian Becker