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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1239

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 339/22, Beschluss v. 08.11.2022, HRRS 2022 Nr. 1239


BGH 5 StR 339/22 - Beschluss vom 8. November 2022 (LG Dresden)

Nachträgliche Gesamtstrafenbildung (Einbeziehung von Vorverurteilung nach Auslieferung; Spezialitätsgrundsatz).

§ 55 StGB

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten R. gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 12. April 2022 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Die Revision des Angeklagten W. gegen das vorbenannte Urteil wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die von ihm in dieser Sache verbüßte Auslieferungshaft im Maßstab 1:1 angerechnet wird, das Verfahren gegen ihn hinsichtlich der Anklagefälle 23 und 37 (Fälle VI.1.b der Urteilsgründe) eingestellt und er im Anklagefall 1 (Fall VI.1.a der Urteilsgründe) freigesprochen ist.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. 3. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das vorgenannte Urteil dahin ergänzt, dass die von ihm in dieser Sache verbüßte Auslieferungshaft im Maßstab 1:1 angerechnet wird, und - soweit es ihn betrifft - im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass die Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 22. Juli 2020 entfällt und über die Gesamtstrafe eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung nach §§ 460, 462 StPO, auch über die Kosten dieses Rechtsmittels, zu treffen ist.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: den Angeklagten R. wegen 24 Fällen des schweren Bandendiebstahls, wobei es in zwei Fällen beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren, den Angeklagten W. wegen schweren Bandendiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung und den Angeklagten B. wegen sechs Fällen der Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 22. Juli 2020 und unter Freispruch im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Zudem hat es Einziehungsentscheidungen getroffen. Die Revisionen erzielen lediglich den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und sind im Übrigen im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

Der Erörterung bedarf nur Folgendes:

1. Das Landgericht hat es versäumt, nach § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB einen Maßstab für die Anrechnung der in dieser Sache von den Angeklagten W. und B. in Polen verbüßten Auslieferungshaft zu bestimmen. Da im vorliegenden Fall nur ein Maßstab von 1:1 in Betracht kommt, setzt der Senat diesen in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst fest.

2. Die Revision des Angeklagten W. weist zutreffend darauf hin, dass bei diesem Angeklagten die Tenorierung eines Teilfreispruchs und der Einstellung zweier Anklagevorwürfe wegen eines Verfahrenshindernisses unterlassen worden ist. Da sich beides aus den Urteilsgründen ergibt, holt der Senat dies entsprechend § 354 Abs. 1 StPO nach.

Der lediglich geringfügige Erfolg lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten W. mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

3. Bei dem Angeklagten B. hat das Landgericht zu Unrecht die Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) ausgesprochen. Zwar ist diese Strafe an sich nach § 55 Abs. 1 StGB gesamtstrafenfähig. Der Einbeziehung steht aber der Grundsatz der Spezialität entgegen, da sich die Auslieferungsbewilligung nicht auf die Vollstreckung dieser Strafe erstreckt und der Angeklagte nicht auf die Beachtung des Spezialitätsgrundsatzes verzichtet hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Juni 2014 - 1 StR 218/14, NStZ 2014, 590; vom 24. Februar 2022 - 6 StR 48/22, NStZ-RR 2022, 154). Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die neue Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe aus den rechtsfehlerfrei bemessenen Einzelfreiheitsstrafen dem Verfahren nach §§ 460, 462 StPO zu überantworten (§ 354 Abs. 1b StPO).

4. Die vom Angeklagten R. erhobene Verfahrensrüge erachtet der Senat schon deshalb als unzulässig (vgl. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil sie sich nicht dazu verhält, dass der benannte Zeuge bereits geladen worden und gegen den nicht erschienenen Zeugen ein Ordnungsgeld verhängt sowie seine Vorführung zum nächsten Termin beschlossen worden war; zum Verständnis der Rüge wäre zudem der Vortrag der von der Staatsanwaltschaft in ihrer Gegenerklärung benannten Erklärungen von Verteidigung und Staatsanwaltschaft erforderlich gewesen.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1239

Bearbeiter: Christian Becker