HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 795
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 179/22, Beschluss v. 05.07.2022, HRRS 2022 Nr. 795
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 11. Januar 2022 dahingehend abgeändert, dass
der Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall II.7 der Urteilsgründe und die zugehörige Einzelstrafe entfallen,
der Einziehungsbetrag um 2.147,76 Euro auf 33.975 Euro reduziert wird.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Die Kostenbeschwerde wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Rechtsmittel zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen sowie wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 36.122,76 Euro angeordnet. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet (vgl. Antragsschrift des Generalbundesanwalts). Die Kostenbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Der Schuldspruch bedarf der Korrektur.
Im Fall II.7 der Urteilsgründe wollte der Angeklagte von seinem Betäubungsmittellieferanten 100 Gramm Kokain kaufen, die zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt waren. Nachdem er die ihm angebotene Ware (zunächst 36 Gramm) nachmittags besichtigt hatte, nahm er von dem beabsichtigten Erwerb Abstand, weil das Kokain optisch nicht gut aussah (Wirkstoffgehalt mindestens 50 %). Am selben Tag bot ihm der Verkäufer aufgrund des weiter bestehenden Erwerbsinteresses 100 Gramm Kokain für 4.000 Euro an, das der Angeklagte am Abend erhielt (Wirkstoffgehalt mindestens 62,5 %, Fall II.8 der Urteilsgründe). Beide Fälle hat das Landgericht jeweils als selbständige Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewertet und Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr und drei Monaten (Fall II.7) und einem Jahr und sechs Monaten (Fall II.8) verhängt.
Da beide Taten nach zunächst erfolgter Reklamation auf die Abwicklung ein und desselben Rauschgiftgeschäfts gerichtet waren, liegt indes nur eine Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vor (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2017 - 1 StR 380/17 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 25. Januar 2011 - 4 StR 689/10, zur Erhöhung der Liefermenge nach Reklamation und Umtausch). Der Senat lässt deshalb in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch für Fall II.7 der Urteilsgründe entfallen.
2. Dies zieht den Wegfall der für diese Tat festgesetzten Einzelstrafe nach sich. Auswirkungen auf die Gesamtfreiheitsstrafe schließt der Senat angesichts der verbleibenden Einzelfreiheitsstrafen (fünf Jahre und sechs Monate, ein Jahr und sieben Monate, ein Jahr und sechs Monate, ein Jahr und fünf Monate, zweimal ein Jahr und vier Monate, ein Jahr und drei Monate, ein Jahr) aus.
3. Soweit das Landgericht im Fall II.1 der Urteilsgründe (bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: 200 Gramm Kokain mit mindestens 62,5 % Wirkstoffgehalt und 2 Kilogramm Marihuana mit mindestens 10 % Wirkstoffgehalt) im Rahmen der Strafzumessung ausgeführt hat, die nicht geringe Menge sei bei Kokain um das 125-fache überschritten, geht der Senat davon aus, dass es sich um einen bloßen Übertragungsfehler handelt und die Strafkammer dem Angeklagten tatsächlich nur die festgestellten 125 Gramm Wirkstoffgehalt bei dem gehandelten Kokain zur Last gelegt hat, weil sich die für diese Tat verhängte Strafe von fünf Jahren und sechs Monaten am unteren Rand des Strafrahmens von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG bewegt.
4. Die Einziehungsentscheidung ist um 2.147,76 Euro zu hoch ausgefallen. Das Landgericht hat sich bei seiner Berechnung auf den Wert der vom Angeklagten erworbenen Betäubungsmittel gestützt. Hierbei hat es nicht bedacht, dass lediglich die aus dem Abverkauf der Drogen tatsächlich erlangten Erlöse eingezogen werden können, nicht aber der Wert der in Weiterverkaufsabsicht erworbenen Betäubungsmittel angesetzt werden darf (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 2022 - 6 StR 650/21 mwN).
Abzuziehen sind deshalb neben den nach den Feststellungen des Landgerichts zum Eigenverbrauch bestimmten Mengen (10 % des Kokains = 1.200 Euro) diejenigen Mengen, in denen der Angeklagte lediglich eine „Gutschrift“ erhalten hat (75 Euro in Fall II.3, 600 Euro in Fall II.4 und 50 Euro in Fall II.6). Im Fall 9 wurden die Betäubungsmittel sichergestellt; dass dem Angeklagten ein Verkaufserlös zufloss, ist nicht festgestellt. Es verbleibt daher bei einem Betrag in Höhe von 33.975 Euro, für den das Landgericht zutreffend die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet hat; den überschießenden Betrag lässt der Senat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO entfallen.
5. Die Kostenbeschwerde bleibt ohne Erfolg, weil die Kostenentscheidung dem Gesetz entspricht; nähere Einwendungen hat der Beschwerdeführer insoweit nicht geltend gemacht.
6. Der nur geringfügige Teilerfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten mit deren gesamten Kosten zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 795
Bearbeiter: Christian Becker