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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 42

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 90/21, Beschluss v. 15.11.2021, HRRS 2022 Nr. 42


BGH 5 StR 90/21 - Beschluss vom 15. November 2021 (LG Berlin)

Aufhebung des Beschlusses über die Verwerfung der Revision als unzulässig.

§ 346 StPO

Entscheidungstenor

Der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 18. Februar 2021, mit dem die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, wird aufgehoben.

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 8. Dezember 2020 wird als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung, sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in acht Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit sexueller Nötigung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Zudem beantragt er die Wiedereinsetzung in die Revisionsbegründungsfrist.

1 1. Mit Beschluss vom 18. Februar 2021 hat das Landgericht die Revision als unzulässig verworfen, weil das rechtzeitig eingelegte Rechtsmittel des Angeklagten nicht innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO begründet worden sei. Dieser ist aufzuheben. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

1. Der Verteidigerin des Angeklagten war das Urteil des Landgerichts Berlin vom 8. Dezember 2020 am 15. Januar 2021 zugestellt worden. Eine Vollmacht der Verteidigerin, die im Ermittlungsverfahren ihre Bevollmächtigung lediglich anwaltlich versichert hatte, befand sich zu diesem Zeitpunkt nicht bei den Akten. Die mit Telefax übermittelte Revisionsbegründung der Verteidigerin ging am 16. Februar 2021 beim Landgericht Berlin ein. Dieses verwarf daraufhin die Revision des Angeklagten mit Beschluss vom 18. Februar 2021 gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23. Februar 2021 beantragt der Angeklagte nun Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision und erstrebt die Aufhebung des Urteils mit der allgemeinen Sachrüge.

Eine Vollmacht ist auch in der Zwischenzeit nicht zu den Akten gelangt; indessen hat das Landgericht Berlin dem Angeklagten das Urteil vom 8. Dezember 2020 unter dem 4. Mai 2021 erneut zugestellt.

2. Der als ein solcher nach § 346 Abs. 2 Satz 1 StPO auszulegende Antrag des Angeklagten (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Januar 1958 - 1 StR 236/57 - BGHSt 11, 152, 154) hat Erfolg, weil die Frist zur Begründung der Revision nicht versäumt worden war.

Die Zustellung des Urteils an die Verteidigerin des Angeklagten war mangels Vorliegens einer Vollmacht (§ 145a Abs. 1 StPO) unwirksam (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 1995 - 1 StR 474/95 -, BGHSt 41, 303 f.). Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Verteidigerin ein von ihr datiertes und unterschriebenes Empfangsbekenntnis zur Akte gereicht hat.

Denn aus diesem ergibt sich im hier gegebenen Fall (siehe demgegenüber BayObLG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 St RR 188/2003) nicht, dass sie im Vorhinein bereits rechtsgeschäftlich auch zur Entgegennahme von Zustellungen bevollmächtigt gewesen wäre. Die Zustellung des Urteils am 15. Januar 2021 konnte daher die Monatsfrist des § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO nicht in Lauf setzen.

Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an.

2. Die auf die Sachrüge gebotene Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 42

Bearbeiter: Christian Becker