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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 1102

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 218/21, Beschluss v. 18.08.2021, HRRS 2021 Nr. 1102


BGH 5 StR 218/21 - Beschluss vom 18. August 2021 (LG Flensburg)

Keine strafschärfende Berücksichtigung des auf die versuchte Tat gerichteten Vorsatzes nach Rücktritt.

§ 24 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Das Rücktrittsprivileg des § 24 StGB bewirkt, dass der auf die versuchte Straftat (hier: ein Tötungsdelikt) gerichtete Vorsatz nicht strafschärfend berücksichtigt werden darf (hier: bei der Verneinung eines minder schweren Falles der gefährlichen Körperverletzung).

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 11. März 2021 im Strafausspruch aufgehoben.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Das Landgericht hat angenommen, dass der Angeklagte, der seinem Opfer mehrere Messerstiche in den Oberkörper versetzt hatte, vom Tötungsversuch strafbefreiend zurückgetreten ist. Gleichwohl hat es im Rahmen der Verneinung eines minder schweren Falles des § 224 StGB straferschwerend berücksichtigt, dass der Angeklagte mit bedingtem Tötungsvorsatz zugestochen hat.

Zutreffend hat der Generalbundesanwalt darauf hingewiesen, dass diese Erwägung rechtsfehlerhaft ist. Denn das Rücktrittsprivileg des § 24 StGB bewirkt, dass der auf die versuchte Straftat gerichtete Vorsatz nicht strafschärfend berücksichtigt werden darf (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. April 2010 - 2 StR 51/10, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler 35; vom 8. Januar 2014 - 3 StR 372/13, StV 2014, 482 jeweils mwN).

2. Das Urteil beruht auf dem Rechtsfehler (§ 337 Abs. 1 StPO), weil nicht auszuschließen ist, dass sich dieser auf die Höhe der - durchaus maßvollen - Freiheitsstrafe ausgewirkt hat. Da es sich um einen bloßen Wertungsfehler handelt, können die Feststellungen zum Strafausspruch bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisher getroffenen nicht widersprechen.

3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass der Anrechnungsmaßstab für erlittene Auslieferungshaft (§ 51 Abs. 4 Satz 2 StGB) in der Urteilsformel zum Ausdruck kommen muss (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2021 - 2 StR 497/20).

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 1102

Bearbeiter: Christian Becker