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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 44

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 173/21, Beschluss v. 12.10.2021, HRRS 2022 Nr. 44


BGH 5 StR 173/21 - Beschluss vom 12. Oktober 2021 (LG Hamburg)

Tateinheit zwischen Betrug und Fahren ohne Fahrerlaubnis.

§ 52 StGB; § 263 StGB; § 21 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18. Januar 2021 dahin geändert, dass

der Angeklagte in den Fällen 1 und 7 der Urteilsgründe jeweils des banden- und gewerbsmäßigen Betruges in Tateinheit mit banden- und gewerbsmäßiger Urkundenfälschung und mit Fahren ohne Fahrerlaubnis schuldig ist; die für das Fahren ohne Fahrerlaubnis gesondert festgesetzten Strafen von 30 und 40 Tagessätzen zu je 10 Euro entfallen;

b) gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 236.900 Euro, davon in Höhe von 193.400 Euro als Gesamtschuldner, angeordnet wird; die gesonderte Aufrechterhaltung der mit Urteil des Amtsgerichts Kassel vom 20. Mai 2019 ausgesprochenen „Anordnung der Einziehung eines Geldbetrages von 41.500 Euro“ entfällt.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten u. a. wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges sowie wegen zweier Fälle des Fahrens ohne Fahrerlaubnis schuldig gesprochen und gegen ihn - unter Einbeziehung von Strafen aus früheren Urteilen - Gesamtfreiheitsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten sowie von drei Jahren und sechs Monaten verhängt. Zudem hat es gegen ihn die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 195.400 Euro und eine isolierte Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis von einem Jahr angeordnet. Die in einem früheren Urteil angeordnete „Einziehung eines Geldbetrages von 41.500 Euro“ hat es aufrechterhalten. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die tatmehrheitliche Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in den Fällen 1 und 7 hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte Mitglied einer Bande, die sich zur deliktischen Beschaffung von Kraftfahrzeugen und deren Weiterverkauf zusammengeschlossen hatte. Im Rahmen der Bandenabrede mietete der Angeklagte unter Verwendung gefälschter Ausweispapiere in den Fällen 1 und 7 jeweils ein Wohnmobil. Die Rückgabewilligkeit nach Ablauf der Mietzeit spiegelte er dabei lediglich vor. Nachdem die gutgläubigen Vermieter ihm die Fahrzeuge überlassen hatten, fuhr er die Wohnmobile nach H., wo sie von anderen Mitgliedern der Gruppierung zum Verkauf vorbereitet wurden. Wie er wusste, verfügte er bei den Transferfahrten nicht über die dafür erforderliche Fahrerlaubnis.

b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts stellen die beiden - in Tateinheit mit Urkundenfälschung begangenen - Betrugstaten und das jeweils nachfolgende Fahren ohne Fahrerlaubnis danach keine eigenständigen Taten im Sinne des § 53 StGB dar. Denn das Wegfahren des Fahrzeugs stand in unmittelbarem Zusammenhang mit der Besitzüberlassung und somit der Vollendung des Betrugs (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juni 2018 - 3 StR 569/17); mindestens diente es der Sicherung des betrügerisch erlangten Besitzes. Das - jeweils als selbständige Tat ausgeurteilte - Fahren ohne Fahrerlaubnis war somit Teil eines einheitlichen Tatgeschehens. Damit stehen die Delikte im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB) zueinander (vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2018 - 5 StR 278/18; Beschlüsse vom 27. Januar 2016 - 5 StR 497/15; vom 27. November 2013 - 2 StR 82/13; vom 6. März 2012 - 1 StR 28/12; vom 27. Oktober 1987 - 1 StR 529/87, BGHR StVG § 21 Konkurrenzen 1). Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. Die Regelung des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

c) Dies entzieht den für die Delikte nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG verhängten Einzelstrafen die Grundlage; sie entfallen. Einer Aufhebung der Gesamtstrafenaussprüche bedarf es nicht. Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht angesichts der im unteren Bereich liegenden Geldstrafen bei zutreffender rechtlicher Bewertung zu milderen Gesamtfreiheitsstrafen gelangt wäre (§ 337 Abs. 1 StPO), zumal die konkurrenzrechtliche Bewertung den Unrechtsund Schuldgehalt des Tuns des Angeklagten unberührt lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juni 2019 - 3 StR 130/19).

2. Soweit das Landgericht die ersichtlich auf die Einziehung des Wertes von Taterträgen gerichtete Entscheidung aus einem früheren Urteil gemäß § 55 Abs. 2 StPO aufrechterhalten hat, begegnet dies durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zutreffend hat der Generalbundesanwalt insoweit ausgeführt:

Enthält eine nach § 55 StGB beachtliche Vorverurteilung … eine Einziehung des Wertes von Taterträgen und liegen auch bei dem neu abzuurteilenden Sachverhalt die Voraussetzungen für eine solche Einziehung vor, so muss im Rahmen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung eine einheitliche Entscheidung hierüber ergehen, die in die Urteilsformel aufzunehmen ist (BGH, Beschluss vom 3. April 2019 - 5 StR 87/19 …).

Der Senat hat die Einziehungsentscheidung entsprechend geändert.

3. Angesichts des geringen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 44

Bearbeiter: Christian Becker