HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1279
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 433/19, Urteil v. 27.05.2020, HRRS 2020 Nr. 1279
Das Verfahren wird mit Zustimmung des Generalbundesanwalts nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit dem Angeklagten A. ein weiterer Fall des Betruges (Tat 13 der Anklage [Fall 12 des Urteils]) und dem Angeklagten J. zwei weitere Fälle des Betruges (Taten 2 und 13 der Anklage [Fälle 11 und 12 des Urteils]) zur Last gelegt worden waren.
Insoweit werden die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten A. und J. der Staatskasse auferlegt.
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft betreffend die Angeklagten A. und J. wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 29. Januar 2019 dahin geändert, dass diese Angeklagten wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in zehn Fällen schuldig sind.
Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten der Rechtsmittel und die den Angeklagten A. und J. hierdurch erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen. 3. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorbenannte Urteil betreffend den Angeklagten E. wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten E. hierdurch erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Auf die Revision des Angeklagten J. wird das vorbenannte Urteil ihn betreffend im Einziehungsausspruch aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die Revision des Angeklagten A. gegen das vorgenannte Urteil wird mit der Maßgabe verworfen, dass gegen ihn die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 13.540 Euro angeordnet wird.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat die Angeklagten A. und J. - jeweils unter Freisprechung im Übrigen - wegen Betruges in zehn Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwei Jahren und zehn Monaten (A.) und drei Jahren und zwei Monaten (J.) verurteilt. Zudem hat es Einziehungsanordnungen gegen sie getroffen. Den wegen Beihilfe zu den abgeurteilten Betrugstaten angeklagten Notar E. hat es aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft führen zu der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs und bleiben im Hinblick auf den Angeklagten E. erfolglos. Im Übrigen ist sie unbegründet. Die mit der Sachrüge geführten Revisionen der Angeklagten A. und J. erzielen den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg.
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
Im Jahr 2012 fassten die Angeklagten A. und J. den Plan, unter Nutzung eines faktisch von J. beherrschten Firmengeflechts Immobilien günstig an- und möglichst schnell zu einem deutlich höheren Preis weiterzuverkaufen. Der Ankaufspreis sollte jeweils aus dem mit Bankdarlehen der Käufer finanzierten Verkaufserlös beglichen werden. Um das unter regulären Umständen schwierig zu gestaltende Vorhaben zu verwirklichen und den Gewinn zu steigern, beabsichtigten die beiden Angeklagten, die Immobilien nicht an „normale“ Erwerber zu veräußern. Vielmehr suchte der Angeklagte J. plangemäß - selbst oder über Vermittler - nach geschäftlich unerfahrenen Kaufinteressenten, die nicht über die erforderlichen finanziellen Möglichkeiten für den Erwerb verfügten, oder nach in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckenden Personen ohne Kaufinteresse, denen der Erwerb mit Rückvergütungen („Kick Backs“) aus dem Veräußerungserlös „schmackhaft“ gemacht werden sollte.
Sobald ein Käufer gefunden war, ließ sich der Angeklagte A. dessen Gehaltsabrechnungen und Kontoauszüge geben, da er als erfahrener Darlehensvermittler wusste, wie hoch das Nettoeinkommen des betreffenden Erwerbers für die Bewilligung des erwünschten Kredits sein musste. Um diese - in keinem Fall erfüllte - Voraussetzung für die Darlehensgewährung zu schaffen, beauftragten die Angeklagten den bei einer der von J. beherrschten Gesellschaften als Bauzeichner angestellten Zeugen Ha., die vorhandenen Gehaltsabrechnungen und Kontoauszüge der Erwerber entsprechend abzuändern oder derartige Belege für ein ausreichendes Nettoeinkommen herzustellen. Soweit für die Kreditgewährung ein gewisses Eigenkapital benötigt wurde, fälschte Ha. ebenfalls weisungsgemäß Kontoauszüge des betreffenden Kaufinteressenten. Als Vorlage für die Fälschungen verwendete Ha. in der Regel die von den Erwerbern vorgelegten Unterlagen, die er - unter Verwendung der EDV der Angeklagten - digitalisierte und anschließend mit einem Computer manipulierte. In einem Fall griff er als Vorlage auf Kontoauszüge des Angeklagten J. zurück. Der Angeklagte A. reichte „die gefälschten Unterlagen“ - mit Wissen und Billigung des Angeklagten J. - und den jeweiligen Entwurf des notariellen Kaufvertrags an einen zuständigen Mitarbeiter des betreffenden Kreditinstituts weiter, um die zur Umsetzung des Tatplans notwendige Bewilligung des Darlehens zu erreichen. Zudem betreute er die Käufer bei der Unterschrift des Darlehensvertrages. Für seine Vermittlungstätigkeit erhielt er jeweils eine Provision von dem darlehensgebenden Geldinstitut (insgesamt 15.390 Euro).
Sobald die Finanzierungsbewilligung absehbar war, erwarb der Angeklagte J. für eine der von ihm faktisch beherrschten Gesellschaften eine geeignete (günstige) Immobilie, die ohne wertsteigernde Renovierungen binnen kurzer Zeit - teils innerhalb weniger Tage - mit einem Preisaufschlag von durchschnittlich 137 Prozent weiterverkauft wurde; lediglich im letzten Fall (Tat 10) lag zwischen An- und Verkauf eine Zeitspanne von deutlich mehr als einem Monat. Abgesehen vom letzten Verkauf wurden die jeweiligen Verträge vom Angeklagten E. notariell beurkundet, wofür dieser Gebühren von 13.737,39 Euro erlangte.
Nach der Beurkundung des betreffenden Kaufvertrags zahlte das Geldinstitut das - im Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben und Unterlagen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Käufer bewilligte - Finanzierungsdarlehen auf ein Notaranderkonto des gutgläubigen Angeklagten E. ein, der das Geld regelmäßig an den Verkäufer des Ankaufvertrags zur Bezahlung des Kaufpreises, an das Finanzamt zur Begleichung der Grunderwerbsteuer und im Übrigen an die jeweilige als Weiterverkäuferin auftretende Gesellschaft aus dem Firmengeflecht des Angeklagten J. auskehrte. In zwei Fällen (Taten 1 und 5) überwies er den gesamten Darlehensbetrag an eine der Gesellschaften. Im letzten Fall (Tat 10) kam es trotz der bereits erfolgten notariellen Beurkundung des Weiterverkaufs nicht zur Auszahlung des bewilligten Darlehens, da mittlerweile strafrechtliche Ermittlungen gegen die Angeklagten aufgenommen worden waren. In den Fällen 1 bis 9 erhielt die kreditgebende Bank eine erstrangige Sicherungsgrundschuld auf die betreffende Immobilie in Höhe des jeweiligen Darlehens.
Auf diesem Weg erreichten die Angeklagten, dass den Käufern der Immobilien zehn Darlehen in Höhe von insgesamt 1.725.000 Euro bewilligt und davon 1.550.000 Euro ausgezahlt wurden. Dem standen bei Kreditbewilligung Sicherheiten im Wert von 1.153.000 Euro gegenüber. Ohne die Sicherheiten wären die Rückzahlungsansprüche wertlos gewesen. Den darlehensgebenden Banken entstand ein Schaden von 572.000 Euro, der sich indes in Höhe von 25.000 Euro lediglich als konkrete Vermögensgefährdung darstellte. Zudem wurde der Schaden durch Erlöse aus Zwangsversteigerungen und Zahlungen der Kreditnehmer teilweise kompensiert.
2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das Landgericht folgende rechtliche Wertungen getroffen:
a) Das Verhalten der Angeklagten A. und J. im Zusammenhang mit der Kreditgewährung hat es jeweils als einen in Mittäterschaft begangenen Betrug nach § 263 Abs. 1 StGB bewertet. An einer tateinheitlichen Verurteilung wegen Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB hat es sich gehindert gesehen, weil nicht erwiesen sei, dass die gefälschten Unterlagen als Originale vorgelegt worden seien. Kopien seien aber nur dann Urkunden im Sinne des § 267 StGB, wenn der Täter den Eindruck vermitteln will, es handle sich dabei um das Original, oder wenn die Kopie das Original ersetzen soll. Beides sei indes hier nicht zu beweisen gewesen.
b) Die Einziehungsanordnungen hat das Landgericht auf § 73 Abs. 1, § 73c StGB gestützt. Als Erlangtes hat es hinsichtlich des Angeklagten J. die Kaufpreisforderungen gegen die Erwerber angesehen, deren Wert es anhand der Summe der ausgezahlten Darlehensbeträge bestimmt hat; hinsichtlich des Angeklagten A. hat es die Vermittlungsprovisionen herangezogen.
c) An einer Verurteilung des Angeklagten E. wegen Beihilfe zu den Betrugstaten der Mitangeklagten hat es sich gehindert gesehen, weil es am Vorsatz hinsichtlich der Haupttaten fehle. Denn der Angeklagte habe bei der Vornahme der für ihn berufstypischen Handlungen in Form der notariellen Beurkundung der Grundstückskaufverträge weder gewusst, dass die Vermögensverfügungen der Kreditinstitute auf einem Irrtum über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer beruhten, noch hätte sich ihm dies aufdrängen müssen.
Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Revisionen der Staatsanwaltschaft richten sich - nach der Teileinstellung des Verfahrens betreffend die Taten 2 und 13 der Anklage gemäß § 154 Abs. 2 StPO - ausweislich der Revisionsanträge und deren Begründung ausschließlich gegen den Freispruch hinsichtlich des Angeklagten E. sowie die unterbliebene Verurteilung der Angeklagten A. und J. wegen Urkundenfälschung. Die Rechtsmittel haben teilweise Erfolg.
1. Zu Recht beanstandet die Beschwerdeführerin, dass das Landgericht die Angeklagten A. und J. nicht wie angeklagt - jeweils in Tateinheit mit Betrug - auch wegen Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) verurteilt hat.
a) Das Landgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass das Gebrauchen gefälschter Fotokopien grundsätzlich nicht den Tatbestand einer Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 1971 - 1 StR 387/70, BGHSt 24, 140, 141). Es hat aber übersehen, dass durch die mittels eines Computers vorgenommene Verfälschung der Gehaltsrechnungen und Kontoauszüge sowie deren Ausdruck nicht inhaltlich falsche Kopien, sondern unechte Urkunden im Sinne des § 267 Abs. 1 StGB hergestellt wurden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Juli 1999 - 5 StR 684/98, NStZ 1999, 620; vom 27. Januar 2010 - 5 StR 488/09, NStZ 2010, 703, 704; MüKoStGB/Erb, 3. Aufl., § 267 Rn. 106; LKZieschang, StGB, 12. Aufl., § 267 Rn. 135). Für das Gebrauchen unechter Urkunden gemäß § 267 Abs. 1 StGB ist es indes ohne Belang, ob der Angeklagte A. den zuständigen Mitarbeiter des betreffenden Kreditinstituts die Urkunden selbst oder von ihnen gefertigte Kopien derselben vorgelegt hat (vgl. BGH, Urteile vom 5. Mai 2004 - 5 StR 548/03, BGHSt 49, 136, 144 f.; vom 14. September 1993 - 5 StR 283/93, StV 1994, 18).
b) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen ist der Gebrauch der gefälschten Unterlagen durch den Angeklagten A. dem um die Unechtheit der Urkunden wissenden Angeklagten J. gemäß § 25 Abs. 2 StPO zuzurechnen. Er hatte ein überragend hohes eigenes Interesse am Taterfolg. Darüber hinaus beauftragte er den faktisch bei ihm angestellten Bauzeichner Ha. mit der Fälschung der Unterlagen unter Verwendung der Firmen-EDV und stellte in einem Fall zudem seine Kontoauszüge als Fälschungsvorlage zur Verfügung, weshalb das Landgericht hinsichtlich der Fälschung der Unterlagen zu Recht von der Tatherrschaft des Angeklagten ausgegangen ist. Dass es sich beim Gebrauchen der unechten Urkunden und dem vorhergehenden Herstellen derselben jeweils um eine einheitliche Tat nach § 267 Abs. 1 StGB handelt, stellt die mittäterschaftliche Beteiligung des Angeklagten J. nicht in Frage (vgl. auch BGH, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 4 StR 510/12, NStZ-RR 2013, 168; MüKoStGB/Erb, aaO Rn. 213).
c) Nach den Urteilsfeststellungen sind auch die subjektiven Tatbestandsmerkmale gegeben. Insbesondere handelten die Angeklagten danach zur Täuschung im Rechtsverkehr, da es ihnen darauf ankam, durch die Vorlage der gefälschten Unterlagen bei den zuständigen Bankmitarbeitern einen Irrtum über die Bonität der Käufer der Immobilien hervorzurufen und dadurch die sonst nicht mögliche Bewilligung der Darlehen zu erreichen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juli 1999 - 3 StR 68/99, NStZ 1999, 619, 620).
d) Der Senat hat den Schuldspruch daher in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO geändert. Er schließt indes aus, dass die verhängten Strafen auf dem Rechtsfehler beruhen (§ 337 Abs. 1 StPO), denn das Landgericht hat bei der Strafzumessung jeweils strafschärfend berücksichtigt, dass die Angeklagten „mit gefälschten Belegen arbeiteten“.
2. Der Freispruch betreffend den Angeklagten E. hält rechtlicher Nachprüfung stand. Entgegen der Revision ist die Beweiswürdigung des Landgerichts - eingedenk des nur eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfungsumfangs (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 24. März 2015 - 5 StR 521/14, NStZ-RR 2015, 178, 179) - rechtlich nicht zu beanstanden.
Ausgehend vom zutreffenden rechtlichen Maßstab zum Gehilfenvorsatz bei berufstypischen Handlungen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 21. Januar 2016 - 1 StR 112/16, NStZ 2017, 337, 338; Urteil vom 22. Januar 2014 - 5 StR 468/12; NZWiSt 2014, 139, 142) hat das Landgericht die den Vorsatz hinsichtlich der Betrugstaten bestreitende Einlassung des Angeklagten einer sorgfältigen Glaubhaftigkeitsprüfung unterzogen und dabei alle wesentlichen Gesichtspunkte einbezogen.
Für die Richtigkeit der Angaben hat es sich vor allem auf die Aussage des auf die Veräußerung von schwer verkäuflichen Immobilien spezialisierten Zeugen C. gestützt, wonach ein Geschäftsmodell wie das der Mitangeklagten (auch) „legal erfolgreich“ hätte betrieben werden können. Der Senat besorgt letztlich nicht, dass dem Landgericht dabei aus dem Blick geraten sein könnte, dass der Zeuge seine Aussage unter den Vorbehalt einer Renovierung der betreffenden Wohnobjekte gestellt hat. Denn es hat an anderer Stelle ausgeführt, dass einer der beiden Mitangeklagten dem Angeklagten in einem Fall auf Nachfrage mitgeteilt habe, die erhebliche Preissteigerung sei auf zwischenzeitlich durchgeführte Sanierungsarbeiten zurückzuführen. Ungeachtet dessen hat es - rechtlich unbedenklich - zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass es nach den Angaben eines Mitarbeiters einer Bausparkasse auf dem Immobilienmarkt immer wieder zu „irrationalen Erwerbsvorgängen“ kommt.
Bei der Würdigung der Einlassung hat es auch alle bedeutsamen gegen deren Glaubhaftigkeit streitenden Umstände eingestellt. Die erheblichen Preissprünge bei den teils binnen weniger Tage erfolgten An- und Verkäufe der Immobilien und die zum Teil deutlich erkennbare Naivität der bei der notariellen Beurkundung der Kaufverträge anwesenden Erwerber hat es gesehen und berücksichtigt.
Angesichts der rechtsfehlerfreien - insbesondere lückenlosen und widerspruchsfreien - Beweiswürdigung ist es vom Revisionsgericht hinzunehmen, dass sich das Landgericht auch mit Blick auf die Beurkundung von Grundstücksgeschäften als „notarielles Massengeschäft“ eingedenk der besonderen Anforderungen an die Feststellungen des Gehilfenvorsatzes bei berufstypischen Handlungen von Rechtsanwälten und Notaren nicht vom Vorliegen der subjektiven Tatseite hat überzeugen können. Dass eine andere Beurteilung nähergelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre, ist für die revisionsrechtliche Nachprüfung ohne Belang (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2015 - 5 StR 521/14, NStZ-RR 2015, 178,179).
Die Revisionen der Angeklagten A. und J. erzielen lediglich hinsichtlich der Einziehungsentscheidungen einen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet. Insbesondere bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass das insofern sachverständig beratene Landgericht die Annahme eines Vermögensschadens im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB bejaht hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 2 StR 422/12, NStZ 2013, 711, 712; BGH, Beschlüsse vom 17. August 2005 - 2 StR 6/05, NStZ-RR 2005, 374, 375).
1. Die gegen den Angeklagten J. gerichtete Anordnung der Einziehung des Wertes des Tatertrages hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Voraussetzungen für die Einziehung des Wertes des Erlangten nach §§ 73, 73c StGB liegen nach den Feststellungen des Landgerichts zwar dem Grunde nach vor; die Höhe des Einziehungsbetrages ist aber nicht rechtsfehlerfrei bestimmt.
a) Allerdings ist der Ansatz des Landgerichts unzutreffend, dass der Angeklagte J. durch die Betrugstaten die Kaufpreisforderungen aus den Verkaufsverträgen mit den Erwerbern erlangt hätte. Denn die Betrugstaten richteten sich nicht gegen die Immobilienkäufer, sondern - wie das Landgericht in der rechtlichen Würdigung zutreffend ausgeführt hat - gegen die darlehensgewährenden Banken.
aa) Erlangt aus den Betrugstaten wurde demnach von den getäuschten Banken die Auszahlung der Darlehenssumme. Diese floss nicht nur den Darlehensnehmern durch Zahlung auf das Notaranderkonto zu (vgl. zur Zuordnung von auf einem Treuhandkonto befindlichen Fremdgeldern zum Vermögen des Treugebers etwa BGH, Beschluss vom 11. November 2004 - 5 StR 299/03, BGHSt 49, 317, 337 f. mwN; BGH, Urteil vom 8. Februar 1996 - IX ZR 151/95, NJW 1996, 1543), sondern - weil der Notar beim Grundstückskaufvertrag als Treuhänder für beide Parteien tätig wird - mit Auszahlungsreife auch den Grundstücksverkäufern (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 21. April 2009 - 2 K 231/08, DStZ 2009, 630; Kube/Schomäcker in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 305. AL 5/2020, 6. Vereinnahmung und Verausgabung, D. Fallgruppen und Einzelnachweise zum Zu- und Abfluss, Notaranderkonto; BeckOK UStG/Sandra Müller, 24. Ed., 19. Februar 2020, UStG § 20 Rn. 258).
bb) Der Angeklagte hat die Darlehensbeträge auch selbst erlangt (§ 73 Abs. 1 StGB), da er die als Verkäufer agierenden und deshalb formal begünstigten Gesellschaften des von ihm beherrschten Firmengeflechts nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts lediglich als Mantel für sein betrügerisches Handeln nutzte (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2018 - 5 StR 185/18, NZWiSt 2019, 195).
Die gesamte Darlehenssumme wurde anschließend im Sinne des Angeklagten J. verwendet. Mit ihr wurden verabredungsgemäß der (vom Angeklagten bzw. seinen Firmen geschuldete) Ankaufspreis der Wohnung beglichen und die vom Verkäufer übernommenen Nebenerwerbskosten bezahlt. Der Restbetrag wurde an die vom Angeklagten J. beherrschten und als Immobilienverkäufer agierenden Firmen ausgekehrt (Restkaufpreis).
cc) Eigene Aufwendungen des Angeklagten J., die er in diesem Zusammenhang getätigt hat (insbesondere für den Ankauf der Wohnungen), unterliegen - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - dem Abzugsverbot des § 73d Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 StGB, da sie ausschließlich für die Begehung der Taten oder deren Vorbereitung aufgewendet wurden und der Angeklagte J. damit keine Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber den Verletzten der Taten (geschädigte Banken) erbracht hat (§ 73d Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 StGB). Dass die - gegebenenfalls gesamtschuldnerisch neben dem Angeklagten auf die Einziehungssumme haftenden - Immobilienkäufer den geschädigten Banken jeweils zur Sicherung der Darlehen Grundpfandrechte an den erworbenen Immobilien bestellt haben, mindert den Wert des vom Angeklagten J. Erlangten ebenfalls nicht. Denn nach § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB unterliegen dem Abzugsgebot nur die Aufwendungen, die der betreffende Täter selbst getätigt hat (Aufwendungen „des Täters“).
b) Das Landgericht hat jedoch übersehen, dass die Einziehung nach §§ 73, 73c StGB ausgeschlossen ist, soweit die Rückzahlungsansprüche der geschädigten Geldinstitute aus den Darlehensverträgen durch Erlöse aus Zwangsversteigerungen oder durch Zahlungen der Darlehensnehmer erloschen sind (§ 73e Abs. 1 StGB). Dass die Schadenskompensation nicht durch den Angeklagten J. erfolgt ist, steht dem angesichts des eindeutigen Wortlauts des zivilrechtlich auszulegenden Tatbestandsmerkmals „erloschen“ (vgl. BT-Drucks. 18/9525, S. 69) nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2018 - 2 StR 316/18, NZWiSt 2019, 119). In welchem Umfang die Darlehensschulden zurückgeführt worden sind, lässt sich den Urteilsgründen nicht hinreichend entnehmen, weshalb dem Senat eine eigene Entscheidung in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO verwehrt ist.
c) Die Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StGB); sie können um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.
2. Die gegen den Angeklagten A. gerichtete Anordnung der Einziehung des Wertes des Tatertrages nach §§ 73, 73c StGB hat lediglich in Höhe von 13.540 Euro Bestand.
Das Landgericht ist allerdings rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Angeklagte A. die Vermittlungsprovisionen durch die Betrugstaten zum Nachteil der darlehensgebenden Banken erlangt hat. Es hat jedoch übersehen, dass die Vermittlungsprovision im Fall 10 nicht von der durch die abgeurteilte Betrugstat geschädigten Bank geleistet worden ist, weshalb eine (unselbständige) Einziehung nach §§ 73, 73c StGB nicht zulässig war. Für eine selbständige Einziehung nach § 76a Abs. 1 StGB fehlt es schon an dem staatsanwaltschaftlichen Antrag nach § 435 Abs. 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2018 - 5 StR 541/18).
Der Senat hat die Einziehungsentscheidung in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO geändert. Angesichts des nur geringfügigen Teilerfolgs seines Rechtsmittels ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten ihrer Rechtsmittel zu belasten (§ 473 Abs. 4 Satz 1 StPO).
HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1279
Externe Fundstellen: NStZ-RR 2020, 373
Bearbeiter: Christian Becker