HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 583
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 603/18, Beschluss v. 17.04.2019, HRRS 2019 Nr. 583
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 24. Mai 2018 aufgehoben, soweit die Einziehung des Pkw Daimler Benz 124C AMG (FahrzeugIdentNummer ) angeordnet worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Einziehung des Wertes des Tatertrages in Höhe eines Teilbetrages von 3.480 Euro gegen den Angeklagten als Gesamtschuldner angeordnet wird.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung, Diebstahls in zwei Fällen, Beleidigung und unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Munition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt. Zudem hat es mehrere Einziehungsanordnungen getroffen. Das auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Rechtsmittel des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist seine Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Urteilsfeststellungen erlangte der Angeklagte die (Mit-)Verfügungsgewalt über den Ertrag aus der Tat 3 gemeinsam mit zwei unbekannten Mittätern. Er haftet daher insoweit als Gesamtschuldner, was im Tenor zum Ausdruck zu bringen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2018 - 1 StR 527/18). Der Senat holt dies in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nach.
2. Die auf § 73a StGB gestützte Einziehung des in der Beschlussformel bezeichneten Pkw des Angeklagten hat keinen Bestand.
a) Zwar ist das Landgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass das Bargeld in Höhe von 25.000 Euro, mit dem der Angeklagte das Fahrzeug erworben hat, aus einer - nicht konkret feststellbaren - rechtswidrigen Tat stammt, weshalb die erweiterte Einziehung eines entsprechenden Geldbetrages gemäß § 73a Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB anzuordnen gewesen wäre. § 73a StGB bietet aber keine Rechtsgrundlage für die erweiterte Einziehung des damit erworbenen Surrogates in Gestalt des Pkw. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift können Gegenstände des Beteiligten nur dann gemäß § 73a Abs. 1 StGB eingezogen werden, wenn „diese Gegenstände“ durch oder für eine rechtswidrige Tat erlangt worden sind. Die hier angeordnete erweiterte Einziehung eines Surrogates bedürfte daher einer gesonderten rechtlichen Grundlage in Form einer ausdrücklichen Ermächtigung oder eines Verweises auf die Surrogateinziehung in § 73 Abs. 3 StGB. § 73a StGB enthält aber weder das eine noch - im Gegensatz zu § 73d StGB aF (vgl. insofern BGH, Urteil vom 7. Juli 2004 - 1 StR 115/04) - das andere (vgl. auch Schönke/Schröder - Eser/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 73a Rn. 8; a.A. Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73a Rn. 14 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung zu § 73d StGB aF).
Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht (§ 337 Abs. 1 StPO), da mangels Feststellungen zum tatsächlichen Wert des Pkw nicht ausgeschlossen werden kann, dass dieser im Anordnungszeitpunkt über dem nach §§ 73a, 73c StGB einzuziehenden Geldbetrag von 25.000 Euro lag.
Die Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
b) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
Aufgrund der rechtskräftigen Feststellungen unterläge der erweiterten Einziehung nach §§ 73a, 73c StGB eigentlich ein Geldbetrag von 25.000 Euro. Wegen des Verbots der Schlechterstellung (§ 358 Abs. 2 StPO) ist die Höhe der Einziehungsanordnung nunmehr jedoch durch den Wert des im Tenor bezeichneten Pkw des Angeklagten begrenzt, der im Rahmen der Vollstreckung der Entscheidung verwertet (vgl. § 459g Abs. 2 i.V.m. 459 StPO, § 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrG, §§ 808 ff. ZPO) und zu deren Sicherung aufgrund eines Vermögensarrestes gepfändet werden kann (vgl. §§ 111e ff. StPO).
3. Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Der Senat bemerkt insoweit ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts: Die Beweiswürdigung zur Täterschaft des Angeklagten erweist sich auch betreffend die Taten 2 und 3 als rechtsfehlerfrei.
a) Insbesondere ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass sich das Landgericht bei der Darstellung der Ergebnisse der molekulargenetischen Gutachten auf die Mitteilung beschränkt hat, dass die an der Tatortspur nachgewiesene DNA-Merkmalskombination mit jener beim Angeklagten übereinstimmt und der diesbezügliche Wahrscheinlichkeitsquotient 1 : 57 Trilliarden bzw. 1 : 506 Quadrillionen beträgt. Denn in den wie hier vorliegenden Fällen eindeutiger Einzelspuren genügt es, wenn das Gutachtenergebnis in Form der biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage numerisch in den Urteilsgründen mitgeteilt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2018 - 5 StR 50/17, NJW 2018, 3192, 3193 [zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt]).
b) Weitergehende Darstellungsanforderungen ergeben sich auch nicht aus den hier vorliegenden Besonderheiten.
Allein aus dem Umstand, dass die Eltern des Angeklagten aus dem Libanon stammen, lässt sich dies nicht herleiten. Die Zugehörigkeit eines Angeklagten zu einer fremden Ethnie hat allenfalls dann Bedeutung, wenn die Beweisaufnahme konkrete Anhaltspunkte dafür ergibt, dass der Tatverdächtige ausschließlich in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe zu finden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2016 ? 2 StR 112/14, NStZ 2016, 490, 492). Dies ist indes hier nicht der Fall.
Gleiches gilt für die Tatsache, dass Teile des bei der Tat 3 entwendeten Bargeldes bei einem Verwandten des Angeklagten sichergestellt wurden. Denn aus den Urteilsgründen ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die am Tatort gesicherte Einzelspur, die in allen 16 untersuchten DNA-Systemen mit dem DNA-Merkmalmuster einer Speichelprobe des Angeklagten übereinstimmt, von diesem - nicht zu den nahen Familienangehörigen des Angeklagten (Eltern oder Geschwister) gehörenden - Verwandten stammen könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2018, aaO). Eine zulässige Aufklärungsrüge hat der Beschwerdeführer insofern nicht erhoben.
HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 583
Externe Fundstellen: NStZ 2020, 661; StV 2019, 739
Bearbeiter: Christian Becker