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HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 125

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 445/18, Beschluss v. 27.11.2018, HRRS 2019 Nr. 125


BGH 5 StR 445/18 - Beschluss vom 27. November 2018 (LG Zwickau)

Gewerbs- und bandenmäßiger Betrug (keine Feststellungen zur Erweiterung der Bandenabrede); Einziehung (Wertersatz; Verzicht auf Vermögensgegenstand; Tatmittel).

§ 73 StGB; § 73c StGB; § 74 StGB; § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 19. April 2018

im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des gewerbsmäßigen Bandenbetruges in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung, des Betruges, des versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetruges und der Hehlerei schuldig ist;

im Strafausspruch dahin geändert, dass die Einzelstrafe im Fall 4 der Urteilsgründe auf sechs Monate Freiheitsstrafe festgesetzt wird.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung, wegen versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetruges und wegen Hehlerei zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 83.680 € angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges gemäß § 263 Abs. 5 StGB hält im Fall 4 der Urteilsgründe rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts waren der Angeklagte und die beiden gesondert Verurteilten O. und D. sowie weitere Beteiligte übereingekommen, arbeitsteilig in einer Vielzahl von Fällen unter Vorspiegelung ihrer Zahlungswilligkeit Kraftfahrzeuge und Baumaschinen zu erwerben und anschließend unter Verdunkelung ihrer fehlenden Eigentümerstellung zum finanziellen Vorteil jedes Beteiligten weiter zu verkaufen. Nachdem auf diese Weise der Angeklagte zusammen mit drei Mittätern zunächst am 21. Dezember 2016 von dem Geschädigten E. einen Lkw nebst Fahrzeugpapieren und Schlüsseln ausgehändigt erhalten hatte (Fall 3 der Urteilsgründe), der noch am selben Tag weiterverkauft worden war, kam der Angeklagte mit O. und dem gesondert Verfolgten L. - den die Strafkammer nicht zu den Bandenmitgliedern zählt - überein, von dem vertrauensseligen Geschädigten E. auch noch Bargeld betrügerisch zu erlangen. Unter einem Vorwand nahm der Angeklagte im Fall 4 der Urteilsgründe erneut Kontakt zu dem Geschädigten auf und bat ihn um eine darlehensweise Zahlung von 5.000 €. Den wahrheitswidrigen Angaben des Angeklagten und seiner Rückzahlungsbereitschaft vertrauend, übergab ihm der Geschädigte am 28. Dezember 2016 das Geld.

b) Diese Feststellungen tragen die rechtliche Bewertung einer bandenmäßigen Tatbegehung im Fall 4 nicht. Die ursprüngliche Verabredung von Betrugstaten und die hierzu geplante Vorgehensweise bezogen sich auf Fahrzeuge und Baumaschinen als unmittelbare Tatbeute und erfassten nicht die Erschleichung eines Gelddarlehens. Eine entsprechende Erweiterung der Bandenabrede hat das Landgericht nicht festgestellt. Den Qualifikationstatbestand des § 263 Abs. 5 StGB hat es mithin zu Unrecht bejaht.

c) Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO in eine Verurteilung wegen Betruges, weil auszuschließen ist, dass sich weitere Feststellungen treffen lassen, die zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Tat führen könnten. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

d) Der Senat hat die Einzelstrafe für Fall 4 gemäß § 354 Abs. 1 StPO analog auf die Mindeststrafe des § 263 Abs. 3 StGB herabgesetzt. Mit der rechtsfehlerfreien - gegenüber der Bandenabrede weitergehenden - Feststellung der Gewerbsmäßigkeit durch das Landgericht liegt das Regelbeispiel des besonders schweren Falls nach § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB vor; die Erwägungen, mit denen es bei der Strafrahmenwahl einen minder schweren Fall der Qualifikation nach § 263 Abs. 5 2. Halbsatz StGB verneint hat, sprechen gleichermaßen gegen eine Entkräftung der Indizwirkung dieses Regelbeispiels. Auswirkungen der Herabsetzung der Einzelstrafe auf die Gesamtfreiheitsstrafe sind angesichts der Höhe der übrigen fünf Einzelstrafen (Einsatzstrafe: zwei Jahre Freiheitstrafe) auszuschließen.

2. Die Höhe des eingezogenen Wertersatzes begegnet keinen Bedenken. Das Landgericht hat bei der Begründung der Einziehungsentscheidung auch nicht erörtern müssen, ob bei dem nur im Zusammenhang mit der Strafzumessung erwähnten Fahrzeug, das „als Einziehungsgegenstand beschlagnahmt“ war und dessen amtlicher Verwertung der Angeklagte freiwillig zustimmte (UA S. 13), ein wirksamer Verzicht auf einen Vermögensgegenstand vorgelegen haben könnte, der sich auf die Höhe des noch abzuschöpfenden Wertes von Taterträgen auswirken kann (vgl. BGH, Urteile vom 5. April 2000 - 2 StR 500/99, NStZ 2000, 480, 481; vom 10. Oktober 2002 - 4 StR 233/02, BGHSt 48, 40, und vom 10. April 2018 - 5 StR 611/17, NJW 2018, 2278; Beschlüsse vom 18. November 2015 - 2 StR 399/15, NStZ-RR 2016, 83, 84, und vom 6. Juni 2017 - 2 StR 490/16). Denn insofern liegt nach den Urteilsgründen nahe, dass der PKW bei den Straftaten Verwendung fand und sich die Erklärung auf ein Tatmittel als Gegenstand einer Einziehung nach § 74 Abs. 1 StGB bezogen hat; ein diesbezüglicher Verzicht wäre für den Umfang der nach § 73c StGB angeordneten Vermögensabschöpfung von vornherein unbeachtlich gewesen. Aber selbst wenn es sich bei dem Fahrzeug um ein (weiteres) Surrogat für zunächst erlangte Tatbeute im Sinne des § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB gehandelt hätte, das der Angeklagte als Leistung erfüllungshalber zur Befriedigung des staatlichen Wertersatzanspruchs hätte „freigeben“ können, wäre dieser Anspruch erst mit der Verwertung (teilweise) erloschen. Auch in diesem Fall hätte somit der Wertersatzanspruch zum Zeitpunkt der Einziehungsanordnung noch in der vollen Höhe der vom Landgericht rechtsfehlerfrei berechneten Beuteerlöse bestanden.

HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 125

Bearbeiter: Christian Becker