HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 338
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 435/18, Beschluss v. 09.01.2019, HRRS 2019 Nr. 338
Auf die Revision des Angeklagten V. wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 23. April 2018 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Die Revision des Angeklagten S. gegen das vorgenannte Urteil wird mit der Maßgabe verworfen, dass
die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.460 Euro angeordnet und
die in Tschechien erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1 : 1 auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet wird.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten V. wegen schweren Bandendiebstahls in vier Fällen und wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Den Angeklagten S. hat es wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in zwei Fällen und wegen Beihilfe zum Diebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Daneben hat es jeweils die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. Hiergegen richten sich die jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten. Die Rechtsmittel haben die aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolge; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen hat zu den Schuldsprüchen wie auch zum Strafausspruch hinsichtlich des Angeklagten V. keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Die gegen den Angeklagten S. verhängten Strafen sind ungeachtet der Frage einer Verwertbarkeit in Tschechien verhängter Vorstrafen angesichts des durch professionelles Vorgehen geprägten Tatbildes jedenfalls angemessen im Sinne des § 354 Abs. 1a StPO.
2. Hinsichtlich des Angeklagten V. kann das Urteil jedoch keinen Bestand haben, soweit eine Entscheidung zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterblieben ist. Die Strafkammer hat sich nicht mit den Voraussetzungen der Anordnung einer Maßregel auseinandergesetzt, obwohl dies rechtlich geboten war. Nach den Feststellungen konsumierte der Angeklagte V., der schon früher gelegentlich Drogen zu sich genommen hatte, seit 2013 täglich bis zu einem Gramm Crystal (UA S. 4). Er gehörte im 14-monatigen Tatzeitraum seiner als gewerbsmäßig gewerteten Beteiligung an Bandendiebstählen dem „sozial randständigen Drogenmilieu“ an (UA S. 7). Seine Betäubungsmittelabhängigkeit führte zwar noch zu keiner erheblichen Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit nach § 21 StGB, jedoch hat das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung gewürdigt, dass „die Taten sicherlich auch der Drogenbeschaffung dienten“ (UA S. 39). Es liegt somit nahe, dass ein für die Taten mitursächlicher Hang im Sinne des § 64 StGB gegeben sein könnte. Den Urteilsgründen lässt sich auch nicht ohne weiteres entnehmen, dass beim Angeklagten keine hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges besteht.
Die zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene Strafkammer wird nunmehr mit Hilfe eines Sachverständigen (§ 246a StPO) zu klären haben, ob der Angeklagte V. gemäß § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert eine Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO).
Der aufgezeigte Rechtsfehler lässt den Strafausspruch unberührt. Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt mildere Freiheitsstrafen verhängt hätte.
3. Zu der von dem Angeklagten S. in Tschechien erlittenen Auslieferungshaft hat das Landgericht den Anrechnungsmaßstab (§ 51 Abs. 4 Satz 2 StGB) in den Urteilsgründen selbst festgesetzt, jedoch versäumt, ihn in den Tenor aufzunehmen. Der entsprechenden Anregung des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift folgend, holt der Senat dies nach.
Aufgrund der widersprüchlichen Angaben zu den Kaufpreisen der beiden im Fall 5 gestohlenen Fahrräder ist - wie bereits der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat - der Berechnung ihres Zeitwertes zu Gunsten des Angeklagten der jeweils niedrigste Wert zugrunde zu legen. Bei Anwendung der vom Landgericht rechtsfehlerfrei für seine Schätzung nach § 73d Abs. 2 StGB herangezogenen Berechnungsmethode ergeben sich für die Fahrräder danach Zeitwerte von 862 bzw. 380 Euro. Zusammen mit dem zutreffend ermittelten Zeitwert des im Fall 4 entwendeten Fahrrades in Höhe von 218 Euro errechnet sich eine Gesamtschadenssumme von 1.460 Euro. Entsprechend ist der Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß §§ 73 Abs. 1, 73c Satz 1 StGB abzuändern.
Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender Berechnung der Schadenshöhe im Fall 5 auf eine mildere Strafe erkannt hätte.
HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 338
Bearbeiter: Christian Becker