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HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 216

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 522/14, Beschluss v. 14.01.2015, HRRS 2015 Nr. 216


BGH 5 StR 522/14 - Beschluss vom 14. Januar 2015 (LG Braunschweig)

Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Zahlungsvorgänge als tatbestandliche Handlungsteile eines einheitlichen Handeltreibens bezüglich einer Betäubungsmittelmenge; Abgrenzung von Einbindung in Absatzorganisation und selbständiger Abnehmereigenschaft).

§ 29 BtMG; § 29a BtMG; § 25 Abs. 2 StGB; § 52 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 31. Juli 2014 im Schuldspruch gemäß § 349 Abs. 4 StPO dahin geändert, dass er des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln, und des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowie mit Erwerb von Betäubungsmitteln schuldig ist.

Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln, und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die gegen das Urteil eingelegte und auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts einigte sich der selbst Rauschgift konsumierende Angeklagte mit der gesondert Verfolgten N., ihr von seinem Drogenlieferanten Heroin für den gewinnbringenden Weiterverkauf zu besorgen. Durch diese Geschäfte wollte er sich eine regelmäßige und dauerhafte Einnahmequelle verschaffen, um seinen Drogenkonsum zu finanzieren. Beide vereinbarten, dass der Angeklagte für die Absprache und die Treffen mit dem Lieferanten zuständig sein würde; N. sollte den Angeklagten zur Abwicklung der Käufe zum Treffpunkt mit dem Lieferanten und zurück zu seiner Wohnung fahren.

Diesem Plan entsprechend kam es Anfang 2014 zunächst zu zwei Einkaufsfahrten, bei denen der Anklagte zehn bzw. 15 Gramm Heroin erwarb. Von diesen Mengen behielt er jeweils fünf Gramm zum Eigenkonsum; das restliche Rauschgift übergab er an N. teils als Entlohnung für die Fahrt, teils verkaufte er es ihr mit einem Aufschlag von fünf Euro pro Gramm auf seinen Einkaufspreis. Bei Tat 3 der Urteilsgründe kaufte der Angeklagte Mitte Februar 2014 mindestens 30 Gramm Heroin bei seinem Lieferanten. Davon behielt er erneut fünf Gramm für seinen Eigenkonsum, fünf Gramm erhielt N. für ihre Fahrdienste und weitere 20 Gramm verkaufte ihr der Angeklagte wiederum mit einem Aufschlag von fünf Euro pro Gramm auf seinen Einkaufspreis für insgesamt 240 Euro, wobei sie einen Teil dieses Betrages erst später bezahlen sollte. Bei dieser Gelegenheit bestellte N. beim Angeklagten 50 Gramm Heroin. Er versprach ihr, diese Menge beim nächsten Treffen von seinem Lieferanten für sie zu besorgen. Hierzu kam es am 13. März 2014 (Tat 4), nachdem der Angeklagte zuvor telefonisch 200 Gramm Heroin bei seinem Lieferanten bestellt hatte. Am selben Tag hatte der Angeklagte von N. 1.050 Euro erhalten; mit diesem Betrag tilgte sie die Schulden aus dem vorausgehenden Rauschgiftgeschäft (Tat 3) und leistete eine Vorauszahlung auf die von ihr bestellten 50 Gramm Heroin. Nach seiner nunmehr mit Dritten durchgeführten Einkaufsfahrt zu seinem Lieferanten ließ der Angeklagte die von N. bestellte Menge sowie weitere 100 Gramm Heroin, die für einen anderen Abnehmer bestimmt waren, bei sich abholen. Das Rauschgift und die vom Angeklagten noch verwahrte Restmenge wurden anschließend sichergestellt.

2. Der Schuldspruch zu den Taten 3 und 4 der Urteilsgründe hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

"Die Urteilsfeststellungen zur Tat 4 rechtfertigen eine Verurteilung wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln nicht, weil sie nicht belegen, dass ein Teil des am 13. März 2014 an den Angeklagten übergebenen Heroins für den Eigenkonsum vorgesehen war. Das Landgericht würdigt das Geschehen auf UA S. 17 auch nur als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG; der Tenor weicht allerdings davon ab.

Zudem begegnet die Annahme von Tatmehrheit zwischen den Taten 3 und 4 der Urteilsgründe durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Zeugin N. hat das ihr Mitte Februar 2014 überlassene Heroin (Tat 3) zum Großteil erst am 13. März 2014 bezahlt. Zugleich leistete sie eine Vorauszahlung auf die Bestellung von 50 Gramm Heroin. Damit fallen die als Taten 3 und 4 abgeurteilten Rauschgiftgeschäfte in einem Handlungsteil zusammen, denn auch die Zahlungsvorgänge sind tatbestandliche Handlungsteile eines einheitlichen Handeltreibens mit der konkret betroffenen Betäubungsmittelmenge. Zwischen beiden Geschäften besteht deshalb Tateinheit (vgl. BGH, NStZ 2011, 97; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 431 mwN).

Ein unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Mittäterschaft mit der gesondert Verfolgten N. im Sinne einer den Ankauf der Betäubungsmittel und deren Absatz über die gesondert Verfolgte umfassenden gemeinschaftlichen Geschäftstätigkeit, das die konkurrenzrechtliche Bewertung durch das Landgericht rechtfertigen würde, findet in den Urteilsfeststellungen keine Grundlage. Diese lassen weder eine unmittelbare Beteiligung des Angeklagten an dem mit dem Weiterverkauf verbundenen Risiko der an die gesondert Verfolgte N. überlassenen Betäubungsmittel noch Absprachen zu der Abwicklung des Weiterverkaufs und den Verkaufspreisen erkennen. Die Einigung zwischen dem Angeklagten und der gesondert Verfolgten N. ging dahin, dass er ihr Heroin für den gewinnbringenden Weiterverkauf besorgen würde (vgl. UA S. 8, auch UA S. 11 ‚für sie zu besorgen'). Dabei verfolgte er eigene Interessen; er wollte sich durch diese Geschäfte eine regelmäßige und dauerhafte Einnahmequelle verschaffen. Die gesondert Verfolgte N. bezahlte dem Angeklagten für das ihr verkaufte Heroin ein weit über dem Einkaufspreis liegendes Entgelt. Sie wurde für ihre im Fall 3 geleisteten Chauffeurdienste gesondert entlohnt. Der Angeklagte trat danach als Lieferant auf und die gesondert Verfolgte N. stand ihm auf Abnehmerseite selbständig gegenüber (vgl. zur Abgrenzung Senat, NStZ 2013, 49; Patzak, aaO, § 29 Teil 4 Rn. 253 ff.)."

Dem folgt der Senat.

Der aufgezeigte Rechtsfehler führt gemäß § 354 Abs. 1 StPO analog zur Änderung des Schuldspruchs. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil der geständige Angeklagte sich insoweit nicht hätte anders verteidigen können.

3. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der für Tat 3 verhängten Einzelstrafe, hat aber keine Auswirkungen auf den Gesamtstrafenausspruch. Vor dem Hintergrund der für Tat 4 erkannten Einsatzstrafe von drei Jahren Freiheitsstrafe und der angesichts der Vielzahl der auch einschlägigen Vorstrafen noch moderat bemessenen Gesamtstrafe schließt der Senat aus, dass das Landgericht ohne die weggefallene Einzelstrafe auf eine noch mildere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.

4. Der nur geringfügige Erfolg des Rechtsmittels rechtfertigt keine Kostenermäßigung (§ 473 Abs. 4 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 216

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2015, 114

Bearbeiter: Christian Becker