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HRRS-Nummer: HRRS 2013 Nr. 447

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 29/13, Beschluss v. 10.04.2013, HRRS 2013 Nr. 447


BGH 5 StR 29/13 - Beschluss vom 10. April 2013 (LG Potsdam)

Verjährung beim Betrug (Tatbeendigung; Abgrenzung von Schadenseintritt und Schadensverlagerung).

§ 78 StGB; § 263 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revisionen der Angeklagten K. und L. wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 30. März 2012 gemäß § 349 Abs. 4 StPO, soweit es diese Angeklagten betrifft, und gemäß § 357 StPO, soweit es die Angeklagten S. und F. betrifft, aufgehoben

in den Schuldsprüchen hinsichtlich der Fälle 1 bis 5 (1. bis 5. Mittelabruf); das Verfahren wird insoweit auf Kosten der Staatskasse nach § 206a StPO eingestellt, die auch die notwendigen Auslagen der Angeklagten trägt;

im gesamten Strafausspruch.

Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten K. und L. werden gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung über die Strafzumessung gegen die genannten vier Angeklagten in den Fällen 6 bis 9 der Urteilsgründe sowie über die verbliebenen Kosten der Rechtsmittel an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Potsdam zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Betrugs in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten und den Angeklagten L. wegen Beihilfe zum Betrug in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafen wurde zur Bewährung ausgesetzt; gleichzeitig hat das Landgericht bei beiden Angeklagten bestimmt, dass jeweils vier Monate der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Die Revisionen haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg.

I.

Der Generalbundesanwalt hat Folgendes ausgeführt:

"Hinsichtlich der durch die jeweiligen Mittelabrufe in der Zeit zwischen dem 23. Dezember 1999 und dem 23. Mai 2000 beendeten ersten fünf Taten steht der Verurteilung der Angeklagten K., L., S., und F. das Verfahrenshindernis der Verjährung entgegen.

Zwar löste die ILB die in den Fällen 1 bis 5 in Form einer Zwischenkreditierung von der HNB ausgezahlten Geldbeträge erst am 16. Juni 2000 ab (UA S. 27). Gleichwohl ist für die Frage der Tatbeendigung auf die jeweilige Erlangung der fünf Teilsubventionen abzustellen, weil dies jeweils gesonderte Mittelanforderungen mittels einzelner gefälschter Bautenstandsbescheinigungen gegenüber der ILB und deren Freigabeentscheidungen voraussetzte (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Januar 2004 - 5 StR 415/03 -).

Die für jedes Vergehen des Betruges im besonders schweren Fall gesondert zu berechnenden absoluten Verjährungsfristen von jeweils zehn Jahren waren in diesen fünf Fällen folglich bereits vor Erlass des Eröffnungsbeschlusses am 7. Juni 2010 abgelaufen (letzter Mittelabruf im Fall 5 am 23. Mai 2000; § 78 Abs. 3 Nr. 4 und Abs. 4, § 78 b Abs. 4, § 78 c Abs. 3 StGB).

Die Verurteilungen der beiden Revidenten und - gemäß § 357 StPO - der in gleicher Weise von dem Rechtsfehler betroffenen Angeklagten S. und F. müssen daher in dem beantragten Umfang aufgehoben werden. In diesem Umfang ist das Verfahren einzustellen (§ 206a StPO).

Dies erfordert auch die Aufhebung der in den verbleibenden Fällen 6 bis 9 gegen die vorgenannten Angeklagten jeweils verhängten Einzelstrafen, über deren Bemessung sowie Zusammenfassung zu einer Gesamtstrafe neu verhandelt werden muss."

Dem tritt der Senat bei. Ergänzend weist er darauf hin, dass die erfolgten Ausgleichszahlungen der ILB gegenüber der HNB auch deshalb die frühere Beendigung der Taten nicht hindern, weil diese zu einer bloßen Schadensverlagerung geführt haben (soweit überhaupt auf den Schadenseintritt und nicht nur auf die endgültige Vorteilserlangung abgestellt werden soll - vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 78a Rn. 8a; Saliger in NK-StGB, 3. Aufl., § 78a Rn.12). Nach den Urteilsfeststellungen war nämlich auch gegenüber der HNB ein Mittelabruf nur aufgrund der tatsächlich erreichten Bautenstände gestattet, wobei die HNB lediglich die Zwischenfinanzierung sicherte (UA S. 17 f.). Dies belegt aber zugleich, dass nicht nur ein täuschungsbedingter rechtswidriger Mittelzufluss bei dem Unternehmen der Angeklagten, sondern auch ein Schaden endgültig mit der Auszahlung der Mittel eingetreten war.

II.

Die Aufhebung war gemäß § 357 StPO auf die nichtrevidierenden Mitangeklagten S. und F. zu erstrecken, weil sich dieser Fehler auch bei ihnen ausgewirkt hat. Sie haben beide, nachdem sie vom Senat auf den Antrag des Generalbundesanwalts nach § 349 Abs. 4 StPO i.V.m. § 357 StPO hingewiesen wurden, der Anwendung des § 357 StPO nicht widersprochen.

Die Feststellungen zum Strafausspruch können ebenso wie die rechtsfehlerfreie Kompensationsentscheidung des Landgerichts bestehen bleiben, weil sie von dem zur Aufhebung führenden Mangel nicht berührt sind. Das neue Tatgericht ist aber nicht gehindert, zusätzliche, den bisherigen nicht widersprechende Feststellungen zu treffen und im Fall einer neuerlichen rechtsstaatswidrigen Verzögerung eine weitergehende Anrechnung vorzunehmen.

HRRS-Nummer: HRRS 2013 Nr. 447

Bearbeiter: Christian Becker