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HRRS-Nummer: HRRS 2013 Nr. 818

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 260/13, Beschluss v. 25.06.2013, HRRS 2013 Nr. 818


BGH 5 StR 260/13 - Beschluss vom 25. Juni 2013 (LG Bremen)

Gehilfenvorsatz (keine subjektive Zurechnung eines vor dem Hinzutreten des nicht in den Tatplan eingeweihten Gehilfen verwirklichten Erschwerungsgrundes).

§ 27 StGB; § 15 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten U. wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 22. Januar 2013, soweit es ihn betrifft, nach § 349 Abs. 4 StPO

im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte wegen Beihilfe zur Freiheitsberaubung und zur Nötigung (§§ 239, 240 StGB statt § 239b StGB) verurteilt wird,

im Strafausspruch aufgehoben.

Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur Geiselnahme zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten U. erzielt mit der Sachbeschwerde den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.

1. Das Landgericht hat nicht festgestellt, dass der erst nach Abschluss der durch den Mitangeklagten P. verübten Gewalthandlungen und Bedrohungen des Nebenklägers mit dem Tod hinzugekommene und in den Tatplan nicht eingeweihte, vielmehr von der Situation überraschte (UA S. 38) Angeklagte U. bei seinem - für sich betrachtet rechtsfehlerfrei angenommenen - erst im zweiten Handlungsabschnitt geleisteten Gehilfenbeitrag die qualifizierte Nötigungsabsicht des Haupttäters im Sinne des § 239b Abs. 1 StGB (Drohung mit dem Tod des Opfers) in sein Vorstellungsbild aufgenommen hatte. Demgemäß ist ihm diese ebenso wenig nach § 27 Abs. 1 StGB zurechenbar wie - in Übereinstimmung mit der Auffassung des Landgerichts (UA S. 38) - die durch den Haupttäter im ersten Handlungsabschnitt verübten Körperverletzungshandlungen. Indessen waren vom Vorsatz des Angeklagten sämtliche Tatbestandsmerkmale der § 239 Abs. 1, § 240 Abs. 1 StGB umfasst, weswegen sich dieser wegen Beihilfe zu diesen Delikten strafbar gemacht hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1957 - 5 StR 505/57, BGHSt 11, 66). Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden könnten, die eine Verurteilung wegen Beihilfe zur Geiselnahme tragen, und ändert den Schuldspruch analog § 354 Abs. 1 StPO ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

2. Die Schuldspruchänderung entzieht dem Strafausspruch die Grundlage. Die Feststellungen sind hingegen durch den Rechtsfehler nicht berührt und können deshalb insgesamt bestehen bleiben. Das neue Tatgericht ist nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.

3. In der neuen Hauptverhandlung werden die Voraussetzungen des § 46a Nr. 1 StGB nochmals zu bewerten sein. Für den Fall der abermaligen Ablehnung eines Täter-Opfer-Ausgleichs werden der Abschluss der Schlichtungsvereinbarung und die Zahlung eines Schmerzensgelds durch den Angeklagten - anders als im angefochtenen Urteil geschehen - jedenfalls als gewichtige Strafmilderungsgründe in die Strafzumessungserwägungen einzustellen sein.

HRRS-Nummer: HRRS 2013 Nr. 818

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel