HRRS-Nummer: HRRS 2011 Nr. 1260
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 303/11, Beschluss v. 14.09.2011, HRRS 2011 Nr. 1260
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 31. März 2011 gemäß § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass in den Fällen II.19 bis II.22 der Urteilsgründe die tateinheitlichen Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen entfallen,
b) aufgehoben im Ausspruch der in den Fällen II.19 bis II.22 verhängten Einzelstrafen und im Ausspruch der Gesamtstrafe.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen, wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen in fünf Fällen und wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat den - über den auf entsprechende Änderung des Schuldspruchs gerichteten Antrag des Generalbundesanwalts hinausgehenden - aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO.
In den Fällen II.19 bis II.22 muss die jeweils tateinheitliche Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen (§ 174 StGB) entfallen, da zu Gunsten des Angeklagten von einer Verjährung dieser Taten auszugehen ist. Die Strafkammer hat nicht näher bestimmbare Tatzeitpunkte im Zeitraum nach dem 28. Juni 1997 (siebter Geburtstag der Geschädigten) bis spätestens Mitte 2003 angenommen. Innerhalb dieses Zeitraums ist nach dem Zweifelssatz eine so frühzeitige Begehung der Taten zu unterstellen, dass die für sie geltende fünfjährige Verjährungsfrist (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) spätestens Ende März 2004 abgelaufen war. Die Ruhensregelung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB, in deren Katalog § 174 StGB erst mit Wirkung zum 1. April 2004 aufgenommen wurde, gilt rückwirkend nur für Taten, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt waren.
Die in den Fällen II.19 bis II.22 verhängten Einzelstrafen (Freiheitsstrafen von neun Monaten im Fall 19, jeweils einem Jahr in den Fällen 20 und 21, zwei Jahren im Fall 22) sind aufzuheben. Es ist nicht auszuschließen, dass sich der Rechtsfehler auf die Bemessung dieser Einzelstrafen ausgewirkt hat, zumal die Strafkammer die tateinheitliche Verwirklichung von zwei Straftatbeständen in der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten gewertet hat. Die Aufhebung der hier genannten Einzelstrafen führt zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs.
HRRS-Nummer: HRRS 2011 Nr. 1260
Bearbeiter: Karsten Gaede