HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 206
Bearbeiter: Ulf Buermeyer
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 435/09, Beschluss v. 14.01.2010, HRRS 2010 Nr. 206
1. Auf die Revision des Angeklagten P. wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 5. Mai 2009 nach § 349 Abs. 4 StPO im Ausspruch über die Höhe der gegen diesen Angeklagten verhängten Jugendstrafe aufgehoben.
Seine weitergehende Revision und die Revision des Angeklagten W. werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Zu neuer Verhandlung und Entscheidung über die Höhe der Jugendstrafe gegen den Angeklagten P. wird die Sache an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die sofortige Beschwerde des Angeklagten P. gegen die Kostenentscheidung des vorausgehend bezeichneten Urteils wird zurückgewiesen.
3. Der Angeklagten W. hat die Kosten seiner Revision und die hierdurch den Nebenklägerinnen entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten P. die durch seine Rechtsmittel entstandenen Kosten und gerichtlichen Auslagen aufzuerlegen; er hat jedoch die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen der Nebenklägerinnen zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten P. unter Freisprechung im Übrigen wegen Mordes verurteilt und gegen ihn unter Einbeziehung eines Urteils des Amtsgerichts Prenzlau vom 5. Juni 2008 (Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung u. a. zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten) eine Einheitsjugendstrafe von zehn Jahren verhängt. Den Angeklagten W. hat das Landgericht wegen Beihilfe zum Mord (durch Unterlassen) und wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und drei Monaten verurteilt. Außerdem hat es ausgesprochen, dass auch der heranwachsende Angeklagte P. im Umfang seiner Verurteilung die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Nebenklägerinnen zu tragen hat.
Die Revision des Angeklagten P. hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie - wie die Revision des Angeklagten W. insgesamt - offensichtlich unbegründet. Ohne Erfolg bleibt auch die von dem Angeklagten P. gegen die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils eingelegte sofortige Beschwerde.
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen, die hinsichtlich der Beschreibung des Ablaufs des Kerntatgeschehens des Tötungsdelikts auf der durch Aussage des Vernehmungsbeamten in das Verfahren eingeführten polizeilichen Einlassung des Angeklagten W. beruhen:
Der zur Tatzeit 18 Jahre und neun Monate alte Angeklagte P. und der 21-jährige Angeklagte W. gehören zur rechtsradikalen Szene der Stadt Templin (Brandenburg). Wie W. trinkt auch der Angeklagte P. "gerne viel Alkohol" (UA S. 13).
Das spätere Tatopfer K. war ein 55 Jahre alter, schwer alkoholkranker Mann, welcher "der Trinkerszene von Templin angehörte" (UA S. 15). W. und K. kannten sich seit einigen Monaten; es verband sie ein "fast freundschaftliches Verhältnis" (UA S. 15). Den Tag vor der Tat verbrachten beide zum Teil gemeinsam; sie konsumierten dabei mit weiteren Personen Alkohol. K. schenkte W. ein Fahrrad, das sich in seiner ehemaligen Tischlerwerkstatt befand und zunächst auch dort verblieb. Gegen Abend wollte W., der zusammen mit seiner Lebensgefährtin in einem acht Kilometer von Templin entfernten Ort wohnt und mit dem Fahrrad seiner Freundin unterwegs war, nach Hause fahren. Er lud K. ein, mit ihm zu kommen. Auf ihrem Weg durch die Altstadt von Templin kam der bereits merklich betrunkene Angeklagte P. hinzu. Zu ihm hatte W. damals ein "recht ambivalentes Verhältnis" (UA S. 16), an diesem Abend begegneten sie sich allerdings freundschaftlich.
Die drei Männer tranken zunächst am Marktplatz weiteres Bier. K. wollte sich danach von beiden Angeklagten trennen und fuhr auf seinem Fahrrad davon. Diese holten ihn jedoch ein, P. beschimpfte ihn mit "Drecksau" und "Assi" und trat mit Füßen auf ihn ein. W. forderte P. auf, von K. abzulassen.
Da P. ebenfalls bei W. zu übernachten wünschte, wollten die drei zunächst das zuvor von K. dem W. geschenkte Fahrrad holen. Auf dem Weg zu seiner Werkstatt fiel K. mit seinem Fahrrad um. Die Angeklagten beschimpften ihn mit den Worten "Du alter Sack", "Du Assi", W. trieb ihn schimpfend und schubsend vor sich her. Der volltrunkene K. stolperte dabei und fiel auf eine Treppe. W. forderte ihn mit den Schimpfworten "blöde Sau" und "Drecksvieh" zum Aufstehen auf. Als eine Zeugin aus dem Fenster heraus den Angeklagten Vorwürfe machte, entspannte sich die Situation kurz und die drei setzten ihren Weg zu K.s Werkstatt fort.
Dort legte K. sich auf den Boden und schlief auf dem Rücken liegend fest ein. Ohne Erfolg versuchte W. ihn durch kräftiges Schütteln wieder aufzuwecken. Daraufhin begann P. auf den liegenden K. einzutreten. Anfangs trat er zweimal "mit voller Wucht" (UA S. 18) gegen K.s linke Wange, anschließend ebenfalls mit voller Wucht zweimal in Höhe der Nasenwurzel auf das Gesicht. "Er hatte in dem wehrlosen Mann ein Opfer gefunden, an dem er seine Lust an exzessiver Gewalt ausleben konnte" (UA S. 18). W. griff nicht ein, sondern versetzte selbst dem Opfer zwei harte Fußtritte gegen den linken Oberschenkel oder die Hüfte. P. zog den Oberkörper K.s hoch und stieß ihn mehrfach auf den Bretterboden, so dass der Kopf K.s hart aufschlug. W. griff nicht ein. P. trat weiterhin mit voller Wucht auf K.s Gesicht ein. Dabei war ihm klar, dass K. durch derartig exzessive Misshandlungen zu Tode kommen würde, was auch W. erkannte. Zwar folgte W. nicht den Aufforderungen P. s mitzumachen, sondern appellierte an ihn, er solle K. in Ruhe lassen, das reiche jetzt. Mehr tat er allerdings nicht, um das Leben K.s zu retten. Als dieser nur noch röchelte, zog W. den P. kurzzeitig von ihm weg und schlug dem Geschädigten zweimal leicht auf die rechte Wange, um ihn zu Bewusstsein zu bringen. Als P. plötzlich eine abgebrochene Bierflasche in der Hand hielt, um K. damit die Kehle aufzuschneiden, sagte W. zu ihm, "er solle aufhören zu spinnen, es sei langsam genug." P. antwortete daraufhin jedoch, dass er K. "jetzt tot mache" (UA S. 19), und trat dem Opfer noch dreimal ins Gesicht, ohne von W. hieran gehindert zu werden.
Danach verließen beide zunächst den Tatort. Nach etwa einer halben Stunde schlug W. vor, noch einmal zurück zu gehen, um nach dem Opfer zu sehen und sich das geschenkte Fahrrad zu nehmen. In der Werkstatt angekommen stellte W. fest, dass K. kein Lebenszeichen mehr von sich gab. P. trat K. noch zweimal ins Gesicht und zündete dessen leblosen Körper an, um Spuren zu beseitigen.
K. erlitt durch die Misshandlungen eine vollständige Zertrümmerung des Mittelgesichtsskeletts. Als Folge hiervon kam es zu einer Verschleppung von Luft in die rechte Herzkammer und zur Einatmung von Blut. Darüber hinaus erlitt er eine Hirnblutung und eine Hirnschwellung. Diese Verletzungsfolgen führten in ihrer Gesamtheit zum Tod des Opfers. Die ferner festgestellten "Anzeichen für einen massiven Würgevorgang" (UA S. 19), deren Urheber nicht festgestellt ist, waren nicht todesursächlich.
2. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen bejaht die Strafkammer eine Strafbarkeit P.s wegen Mordes aus Mordlust und sonstigen niedrigen Beweggründen. Das Landgericht geht dabei davon aus, dass es dem Angeklagten P. gerade darauf ankam, "einmal einen Menschen umzubringen und sterben zu sehen" (UA S. 64), und dass die Auswahl des Opfers im konkreten Fall auf seinem verinnerlichten neofaschistischen Menschenbild beruhte.
Das Verhalten des Angeklagten W. hat es als "Beihilfe zum Mord durch Unterlassen" (UA S. 64) gewertet. Er habe nicht als Mittäter, sondern nur als Gehilfe gehandelt, "weil er sich vom aktiven Täter äußerlich distanziert und sich die Tötung des Opfers durch den Angeklagten P. nicht zu eigen gemacht" (UA S. 65) habe.
Eine strafmildernde Berücksichtigung der alkoholbedingt verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten P. lehnt die Jugendkammer im Hinblick darauf ab, dass er aufgrund bereits zuvor unter Alkoholeinfluss begangener Gewaltdelikte wusste, dass er unter Alkoholeinfluss zu tätlichen Aggressionen neigt.
1. Die Verfahrensrügen sind - mit Ausnahme der nachfolgend unter 3. behandelten Rüge - offensichtlich unbegründet. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils in sachlichrechtlicher Hinsicht ergibt, dass der Schuldspruch in Bezug auf den Angeklagten W. keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil erkennen lässt. Er wird nicht dadurch beschwert, dass die Jugendkammer ihn nicht als Mittäter und zudem seine Beihilfe als durch Unterlassen erbracht gewertet sowie keine tateinheitliche Verurteilung wegen (gemeinschaftlicher gefährlicher) Körperverletzung mit Todesfolge erwogen hat.
2. Der Schuldspruch betreffend den Angeklagten P. ist rechtsfehlerfrei. Sachlichrechtlich zu beanstanden ist jedoch der Strafausspruch. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass dieser auf einer fehlerhaften Beweiswürdigung hinsichtlich des Umfangs der Tatbeiträge der Angeklagten beruht.
a) Die Feststellungen des Landgerichts gründen insoweit auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung, als das Landgericht eine Beteiligung beider Angeklagter an der Tötung des Geschädigten annimmt und die Begehung der Tat durch mögliche dritte Täter ausschließt. Insoweit stand dem Landgericht als Beweismittel nicht nur die durch Anhörung des Vernehmungsbeamten in das Verfahren eingeführte polizeiliche Aussage des W. zur Verfügung, die es seinen Feststellungen zugrunde legt. Stützen konnte es sich insbesondere auch auf die Aussagen mehrerer neutraler Zeugen hinsichtlich der Beteiligung beider Angeklagter am Vorgeschehen der Tat, auf das Vorhandensein von DNA-Spuren der Angeklagten in der Werkstatt des Getöteten und auf die polizeiliche Aussage der Lebensgefährtin des W., der Zeugin C., der die Angeklagten unmittelbar nach der Tat Bericht erstattet und mit der sie ein Alibi verabredet hatten, das sich bereits nach kurzer Zeit aufgrund anderer Zeugenaussagen als falsch erwies. Ihr gegenüber hatte sich der Angeklagte P. als derjenige dargestellt, der mehrfach in das Gesicht des Opfers getreten habe, während W. dem K. nur zwei "Backpfeifen" gegeben habe, woraufhin der vom Stuhl gefallen sei. Auf die Frage, warum er dies gemacht habe, habe P. gesagt, er habe schon immer einmal sehen wollen, wie es ist, einen Menschen umzubringen. Er habe sogar noch geäußert, dass es schade sei, dass er keinen Fotoapparat dabeigehabt habe. Das Gesicht von "S." sei so verschoben und blutig gewesen, dies hätte er gern fotografiert.
Die Beweiswürdigung des Landgerichts ergibt auch nachvollziehbar, dass P. an der Tat nicht lediglich untergeordnet, sondern maßgeblich beteiligt war. Auf eine Beteiligung des P. an den Tritten in das Gesicht des Opfers weist bereits das Ausmaß der von der Zeugin C. bekundeten Blutspuren an dessen Kleidung, insbesondere an dessen rechtem Schuh ("so zwei Zentimeter blutdurchtränkt", UA S. 40) hin. Indem die Zeugin die Sachen gewaschen hatte, war die Auswertung von DNA-Spuren daran vereitelt worden.
Aufgrund rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung hat das Landgericht ausgeschlossen, dass der Angeklagte W. im Zusammenwirken mit der Zeugin C. "die tatsächliche Rollenverteilung beim Mord an K. einfach umgekehrt und die aktive Täterschaft wahrheitswidrig dem P. ‚in die Schuhe' geschoben hätte" (UA S. 46). Das Landgericht konnte sich hier auf Erkenntnisse aus dem Briefverkehr zwischen P. und W. während der Untersuchungshaft stützen, die auf ein - ungeachtet der belastenden Angaben des W. - ungetrübt freundschaftliches Verhältnis beider schließen ließen.
b) Lückenhaft und widersprüchlich ist die Beweiswürdigung des Landgerichts indes hinsichtlich der Feststellung der Verteilung der Tatbeiträge zwischen beiden Angeklagten, also eines nur geringen Umfangs der Tatbeteiligung des W. und einer Alleintäterschaft des P. Das Landgericht selbst geht davon aus, dass dem Angeklagten W. "eine solche Tat in keinem geringeren Maße zuzutrauen wäre als P." und dass er darüber hinaus "die unangenehme Eigenschaft hat, eigenes Verschulden rücksichtslos auf andere zu verschieben" (UA S. 45), zieht daraus im Rahmen der Beweiswürdigung aber keine Schlüsse. Vielmehr macht es dessen polizeiliche Einlassung ohne Einschränkungen und in vollem Umfang zur Grundlage seiner Feststellungen zum Kerngeschehen des Tötungsdelikts, obgleich es selbst für wahrscheinlich erachtet, dass W. sein Verhalten "beschönigt" hat (UA S. 49). Seine Überzeugung von der - dennoch angenommenen - Glaubhaftigkeit seiner Angaben gründet es im Wesentlichen zum einen auf die Übereinstimmung des von W. geschilderten Tatgeschehens mit dem Verletzungsbild des Opfers, zum anderen auf den Inhalt der polizeilichen Aussage der Zeugin C. Dabei berücksichtigt die Strafkammer nicht, dass das Verletzungsbild keinen Aufschluss über die Verteilung der Tatbeiträge zwischen den beiden Angeklagten gibt; mit dem Verletzungsbild wäre es ohne Weiteres vereinbar, wenn W. sich aktiv am Treten in das Gesicht des Opfers beteiligt hätte.
Überdies stimmt das Verletzungsbild nicht in allen Punkten mit der Schilderung des Angeklagten W. überein. In seiner Aussage finden sich keine Angaben zur Entstehung der beim Opfer festgestellten Schnitt- und Würgeverletzungen, obgleich er nach eigenen Angaben bei der Tatbegehung ununterbrochen anwesend war. Dies allein ist bereits Hinweis darauf, dass W. zumindest keine umfassende, sondern eine selektive Schilderung des Geschehens abgegeben hat. Dabei liegt nicht fern, dass er sich bei der Auswahl der bekundeten Tatsachen von dem Bestreben zur Bagatellisierung des eigenen Tatbeitrags hat leiten lassen. Die Erklärungsversuche der Strafkammer zur Auflösung dieser Abweichungen der Darstellung des Angeklagten W. vom Verletzungsbild gehen fehl: Die "von dem Angeklagten W. geschilderte Episode mit dem abgebrochenen Flaschenhals" (UA S. 37) vermag die Schnittverletzungen des Opfers nicht zu erklären, da die Flasche nach W. s Bekundungen letztlich nicht eingesetzt wurde. Soweit die Strafkammer es für "möglich und nicht einmal fern liegend" hält, dass P. das Opfer, als er es mit dem Oberkörper und Kopf auf den Boden schlug, am Hals ergriffen und zugleich gewürgt hatte (UA S. 38) erscheint dies nicht nachvollziehbar. Der von W. geschilderte Vorgang ("am Oberkörper hochgezogen und mehrfach mit dem Kopf auf den Bretterboden aufschlagen lassen", UA S. 34) umfasst keinen mehrere Minuten anhaltenden Würgevorgang, der zu den festgestellten kräftig unterbluteten Brüchen von Schildknorpel und Zungenbein des Opfers (UA S. 37) geführt haben könnte.
Das Landgericht befasst sich auch nicht näher damit, dass der von W. selbst geschilderte eigene Tatbeitrag nicht mit dem übereinstimmt, was P. der Zeugin C. erzählt hatte (zwei Backpfeifen, woraufhin K. vom Stuhl gefallen sei). In diesem Zusammenhang bestand die zu erörternde Möglichkeit, dass P. den W. gegenüber dessen Lebensgefährtin C. bewusst entlastet hat. Es liegt nicht fern, dass beide Angeklagte der Zeugin C. einen nur geringeren Tatbeitrag des W. vorgespiegelt haben, um zum einen der von W. erkannten Gefahr zu begegnen, dass sie sich bei Kenntnis der Wahrheit von ihm trennen würde, und sie zum anderen zur Gewährung eines Alibis zu bewegen. Auch die Angabe des P. gegenüber der Zeugin, W. habe nach Verlassen der Werkstatt einen Krankenwagen rufen wollen, lässt auf eine bewusste Entlastung des W. durch P. schließen: Diese Einzelheit findet sich noch nicht einmal in der selbstentlastenden Schilderung des W.
Dafür, dass W. seine Beteiligung an der Tat bagatellisiert hat, spricht auch, dass er lediglich davon berichtet hat, K. sei auf dem Weg zur Werkstatt zweimal gestürzt, sein von einer Zeugin bekundetes aggressives Vorgehen gegen K. bereits auf der Straße (Beschimpfungen und Schubsen) dabei jedoch "geflissentlich verschwiegen" (UA S. 60) hat. Die Strafkammer stellt dies lediglich fest, setzt sich damit aber ebenso wenig auseinander wie mit Widersprüchlichkeiten innerhalb der Tatschilderung des Angeklagten: So erscheint es nicht nachvollziehbar, dass W. dem Opfer, nachdem dieses zuvor in der beschriebenen Weise über einen längeren Zeitraum brutal misshandelt worden war und bereits vorher alkoholbedingt bewusstlos auf dem Boden gelegen hatte, "zweimal leicht auf die rechte Wange" schlug. Angesichts des Zustands des Geschädigten war es erkennbar völlig ausgeschlossen, ihn auf diese Weise - wie von W. vorgegeben - zu Bewusstsein zu bringen.
c) Selbst wenn auch eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung die sichere Feststellung eines umfangreicheren Tatbeitrags zu Lasten des Angeklagten W. unter Umständen nicht gerechtfertigt hätte, wäre das Landgericht gegebenenfalls gehalten gewesen, im Rahmen der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten P. von einem solchen auszugehen. Es durfte nicht zum Nachteil des P. unterstellen, dieser habe als Alleintäter gehandelt. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Jugendstrafe, deren Verhängung wegen schädlicher Neigungen und Schwere der Schuld außer Frage steht (§ 17 Abs. 2 JGG) und deren Festsetzung im obersten Bereich des Strafrahmens unerlässlich erscheint, nicht mit dem gesetzlichen Höchstmaß bemessen worden wäre, wenn das Landgericht zugunsten des Angeklagten P. von einer Mittäterschaft des erwachsenen, uneingeschränkt schuldfähigen Angeklagten W. ausgegangen wäre. Daher war das Urteil hinsichtlich der Höhe der Jugendstrafe aufzuheben.
3. Angesichts des vorangegangenen Ergebnisses kommt es auf die Verfahrensrüge des Angeklagten P. zur Behandlung eines Hilfsbeweisantrags im Zusammenhang mit einer angeblichen Todesdrohung des Angeklagten W. gegen das Opfer kurz vor der Tat nicht mehr an. Das Landgericht hat diesen Hilfsbeweisantrag zwar im Hinblick auf das Ziel einer völligen Entlastung des Angeklagten P. zu Recht wegen Bedeutungslosigkeit der behaupteten Tatsache abgelehnt, dabei indes möglicherweise nicht ausreichend beachtet, dass aus einer Verifizierung der behaupteten Äußerung Hinweise auf ein eigenes Tatinteresse des Mitangeklagten W. zu ziehen gewesen wären.
4. Der Senat sieht von einer Aufhebung von Urteilsfeststellungen ab. Bei der Neufestsetzung der Höhe der Jugendstrafe gegen P. wird das neue Tatgericht von den rechtsfehlerfrei festgestellten todesursächlichen Verletzungen des Opfers und der vollen mittäterschaftlichen Verantwortung des Angeklagten P. hierfür auszugehen haben, wobei dieser in mindestens gleichem Maße wie sein Mittäter eigenhändig Gewalt auf das Opfer ausgeübt hat. Diese Mindestfeststellungen belegt der nicht rechtsfehlerbehaftete Gesamtzusammenhang des angefochtenen Urteils; weitergehende tragfähige Feststellungen zum Grad seiner konkreten Mitwirkung an der Tat sind von einer neuen Verhandlung nicht zu erwarten. Die Feststellungen zu den Voraussetzungen des angenommenen Mordmerkmals bei P. bleiben uneingeschränkt aufrecht erhalten.
5. In der Nichterörterung einer Maßregel nach § 64 StGB liegt vor dem Hintergrund des zur Schuldfähigkeit erhobenen Sachverständigenbeweises noch kein sachlichrechtlicher Mangel. Hinreichend deutliche Anhaltspunkte für einen Hang sind bei beiden Angeklagten nicht vorhanden.
Der Senat nimmt die Ermessensentscheidung der Jugendkammer, von der Möglichkeit der §§ 74, 109 Satz 2 JGG beim Angeklagten P. keinen Gebrauch zu machen, als eben noch tragfähig hin. Für die Rechtsmittelkosten trifft er selbst freilich eine abweichende Ermessensentscheidung. Dabei kann er angesichts der Bestätigung des Schuldspruchs trotz der Zurückverweisung der Hauptsache die auf §§ 74, 109 Satz 2 JGG, §§ 472, 473 StPO gestützte Kostenentscheidung bereits jetzt treffen.
HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 206
Bearbeiter: Ulf Buermeyer